Betreff
Antrag 202/2021 des Stadtteilbeirates Anger/Bruck: Radwege und Fahrradstraßen im Stadtteil Anger/Bruck
Vorlage
613/172/2022
Aktenzeichen
VI/61
Art
Beschlussvorlage

Die Verwaltung wird beauftragt,

-       die Michael-Vogel-Straße entsprechend der beschlossenen „Leitlinien für die einheitliche Gestaltung von Fahrradstraßen“ (613/228/2019) umzugestalten (vorbehaltlich der Ergebnisse der aktuell dazu laufenden Abstimmung);

-       gemäß Beschluss 614/018/2021 eine Einbahnstraßenregelung für den Kfz-Verkehr von Nord nach Süd einzurichten, während der Radverkehr weiterhin in beiden Fahrtrichtungen zulässig bleibt;

-       auf der Ostseite ein absolutes Haltverbot anzuordnen, um die regelkonform nötige Fahrgassenbreite herzustellen (dies betrifft ca. 236 m, umgerechnet ca. 39 Stellplätze, davon ein Behindertenstellplatz; entspricht weniger als 3 % der Stellplätze im Gebiet);

-       den auf der Ostseite entfallenden Behindertenstellplatz auf gleicher Höhe auf der Westseite der Straße neu anzuordnen und

-       an der Kreuzung Michael-Vogel-Straße/Am Anger eine Einengung des nördlichen Arms der Michael-Vogel-Straße zu prüfen, um das Einfahren von Kraftfahrzeugen entgegen der Fahrtrichtung zu erschweren (analog Verkehrsinsel im westlichen Arm der Kreuzung Friedrichstraße/Fahrstraße).

 

Der Antrag 202/2021 des Stadtteilbeirates Anger/Bruck ist damit abschließend bearbeitet.

 


1.   Ergebnis/Wirkungen
(Welche Ergebnisse bzw. Wirkungen sollen erzielt werden?)

Die Michael-Vogel-Straße als Hauptachse des Radverkehrs soll gestärkt werden.

 

2.   Programme / Produkte / Leistungen / Auflagen
(Was soll getan werden, um die Ergebnisse bzw. Wirkungen zu erzielen?)

Beschlusshistorie

Die Michael-Vogel-Straße ist seit 2011 eine Fahrradstraße. Bereits mit der Beschlussvorlage 613/200/2018 („Verkehrsentwicklungsplan Meilenstein F2 - Plannetz Radverkehr“) wurde die Michael-Vogel-Straße in die höchste Netzkategorie „Radschnellverbindung“ eingestuft. Dies wurde mit dem einstimmigen Stadtratsbeschluss des „Verkehrsentwicklungs- und Mobilitätsplan 2030“ (VEP; Beschlussvorlage 613/062/2020) im Jahr 2020 erneut bekräftigt. Mit der Beschlussvorlage 613/219/2018 („Qualitätsstandards von Radverkehrsanlagen in Erlangen“) wurde diesen Kategorisierungen Regelmaße hinterlegt, die nur bei ansonsten unverhältnismäßigem Aufwand (z. B. Brücken und Unterführungen) unterschritten werden sollen – für eine Fahrradstraße werden hier 5 m nutzbare Fahrradbreite zuzüglich mindestens 0,75 m Sicherheitsabstand zu Längsparkern vorgesehen.

Die Umgestaltung gemäß den städtischen „Leitlinien für die einheitliche Gestaltung von Fahrradstraßen“ wurde über die Beschlussvorlagen 613/228/2019 („Einheitliche Gestaltung von Fahrradstraßen“), 613/055/2020 („Umsetzung des "Leitfadens für einheitliche Gestaltung von Fahrradstraßen"; Antrag Nr. 146/2020 der Klimaliste Erlangen vom 21.07.2020“) und 614/018/2021 („Antrag 435/2021, Verkehrsregelungen in der Hertleinstraße, Fließbachstraße und Michael-Vogel-Straße, Ausweisung einer Einbahnstraße“) jeweils einstimmig im UVPA sowie über OBM/002/2021 („Zukunftsplan Fahrradstadt Erlangen“) im Stadtrat beschlossen. 

 

Verkehrssituation

Der Radverkehr ist mit Abstand die dominierende Verkehrsart auf der Michael-Vogel-Straße (ca. 83 % Anteil am Modal Split bzw. ca. 1500 Radfahrende/Tag und 300 Kfz/Tag, nördlich der Fließbachstraße ca. 2200 Radfahrende/Tag; Messungen im März 2022). Zwischen Freitagen (Freitagsgebet in der hier befindlichen Moschee) und anderen Werktagen wurden nur geringe Unterschiede im Kfz-Verkehr und keine im Radverkehr gemessen (siehe Anlage 2).

Im gesamtstädtischen Verkehrsnetz ist die Michael-Vogel-Straße eine der bedeutendsten Nord-Süd-Verbindungen des Radverkehrs und im VEP-Zielnetz in der höchsten Kategorie eingestuft. Über diese Straße verlaufen sowohl die bereits im Bestand ausgewiesene Pendlerroute 3 in Richtung Fürth sowie die Vorzugstrasse der in Planung befindlichen Radschnellverbindung Erlangen-Herzogenaurach. Die Michael-Vogel-Straße ist zudem eine wichtige Schülerverbindung zwischen der Innenstadt im Norden und der Werner-von-Siemens-Realschule, der Eichendorff-Mittelschule und dem Emmy-Noether-Gymnasium im Süden.

Für den Kfz-Verkehr besitzt die Michael-Vogel-Straße hingegen nur eine untergeordnete Bedeutung.

 

Parksituation

Im Quartier, dass durch die Paul-Gossen-Straße im Süden, die Äußere Brucker Straße im Westen, die Werner-von-Siemens-Straße im Norden und die Bahnlinie im Osten begrenzt wird, wohnen etwa 2.600 Einwohner (davon etwa 2.300 älter als 18 Jahre). Diesen stehen insgesamt mindestens 1.321 Kfz-Stellplätze zur Verfügung (bei 6 m pro Stellplatz am Straßenrand, bei Berechnung mit den von den „Empfehlungen für den Ruhenden Verkehr“ der FGSV vorgesehenen 5,20 m sogar 1.412 Stellplätze). Nicht mitgerechnet wurden zudem zwei Parkhäuser und (mindestens) drei Tiefgaragen unbekannter Größe sowie die Stellplätze auf dem Parkplatz des Nahversorgungszentrums an der Kreuzung Am Anger / Äußere Brucker Straße und auf Flächen der Gewerbebetriebe entlang der Resenscheckstraße und südlichen Michael-Vogel-Straße sowie die Parkflächen unter der Werner-von-Siemens-Hochstraße und der dort befindlichen Nahversorger. Von den verfügbaren Stellplätzen sind etwa 700 öffentlich und kostenfrei, weitere 616 (plus die unbekannte Anzahl in Parkhäusern und Tiefgaragen) sind vermietet. Ein Mangel an verfügbarem Parkraum besteht daher nicht.

 

3.   Prozesse und Strukturen
(Wie sollen die Programme / Leistungsangebote erbracht werden?)

Am 28.04.2022 nahmen zwei Vertreter der Verwaltung an der öffentlichen Sitzung des Stadtteilbeirates Anger/Bruck teil und informierten über den gegenwärtigen Stand der Planung bezüglich der Anforderungen der leitfadengerechten Umgestaltung sowie der in Beschlussvorlage 614/018/2021 beschlossenen Einbahnstraßenführung in der Michael-Vogel-Straße (von der Kreuzung Fließbachstraße zur Kreuzung Am Anger). Die Umsetzung der Einbahnstraßenregelung ist nach gegenwärtiger Beschlusslage zeitlich an die Umgestaltung entsprechend der „Leitlinien für die einheitliche Gestaltung von Fahrradstraßen“ gebunden.

 

Eine Beibehaltung des Status Quo ist in Anbetracht aktueller Gerichtsurteile und des angestrebten Verbindungsstandards für den Radverkehr nicht möglich. Aufgrund des beidseitigen Parkens verbleibt nur eine Fahrgasse von 3,0 bis 3,5 m. Bereits der Begegnungsfall Fahrrad-Fahrrad ist daher oft nur bei Unterschreiten des seitlichen Sicherheitsabstandes (mind. 1 m zu Längsparkern) möglich. Zudem geht vom Begegnungsfall Fahrrad-Auto sowie dem ohnehin nur an einzelnen Einfahrten oder anderweitig nicht beparkten Fahrbahnrandbereichen möglichen Fall Auto-Auto eine erhebliche Behinderung und Gefährdung des Radverkehrs aus, die auf einer Fahrradstraße auszuschließen sind. Aktuelle Urteile der Verwaltungsgerichte Karlsruhe und Hannover werfen die Frage auf, in wie weit solche Engstellen beziehungsweise Behinderungen durch den Kfz-Verkehr in Fahrradstraßen zulässig sind, die aufgrund widersprüchlicher Entscheidungen der beiden Gerichte jedoch nicht abschließend geklärt ist. Unstrittig ist jedoch, dass für den im VEP angestrebten Ausbaustandard der Michael-Vogel-Straße das Parken auf der gesamten Ostseite eingeschränkt werden muss. Die aktuellen Erfahrungen bei der Einrichtung der Fahrradstraße Universitätsstraße lassen jedoch auch für die Umgestaltung der bestehenden Fahrradstraße Michael-Vogel-Straße aufgrund der entfallenden Kfz-Abstellmöglichkeiten am Fahrbahnrand einen hohen Abstimmungsaufwand erwarten, der in Anbetracht der Personalsituation und Arbeitsbelastung der Verwaltung nicht ohne Weiteres und insbesondere nicht ohne ein eindeutiges Mandat aus dem Stadtrat zu leisten ist.

 

Eine denkbare – jedoch aus Sicht der Verkehrsplanung nicht wünschenswerte – Alternative wäre die Aufhebung der hier seit 11 Jahren bestehenden Fahrradstraße (die Einbahnstraßen-Regelung für den Kfz-Verkehr würde dennoch umgesetzt). Auch bei dieser Lösung müssten mehrere Parkmöglichkeiten entfallen, um Ausweichstellen für den Begegnungsfall Auto-Rad zu schaffen.

Die Verwaltung spricht sich jedoch ausdrücklich für die Umgestaltung der Fahrradstraße und den Entfall der Parkmöglichkeiten auf der Ostseite aus. Wie dargelegt hat die Michael-Vogel-Straße eine sehr hohe Bedeutung für das gesamtstädtische Radverkehrsnetz und sollte daher nicht zugunsten des sehr geringen Kfz-Verkehrs entwidmet werden. Auch in Anbetracht des sehr reichhaltigen Stellplatzangebots im Gebiet „Am Anger“ und der künftigen Bedeutung als Teil der Radschnellverbindung Erlangen-Herzogenaurach sollte diese Entscheidung zu Gunsten des Radverkehrs ausfallen. Zudem wäre dies ein deutliches Zeichen, dass sich zur Förderung des Radverkehrs nicht nur in gesamtstädtischen Konzepten bekannt wird, sondern dieses Bekenntnis zur Mobilitätswende anschließend auch in konkreten Planungen Niederschlag findet.

Selbst diese Lösung ist bereits ein Kompromiss zugunsten des ruhenden Kfz-Verkehrs: Würden die vom UVPA beschlossenen Qualitätsstandards konsequent umgesetzt, so könnten in der Michael-Vogel-Straße lediglich drei Stellplätze erhalten werden.

 

Die farbliche Gestaltung der Fahrradstraßen, wie sie neben Erlangen auch in vielen weiteren deutschen und auch bayrischen Städten bereits in unterschiedlichen Formen Standard ist und vom DIFU-Leinfaden zu Fahrradstraßen (explizit in Rot, S. 27) empfohlen wird, ist derzeit noch in der Diskussion, da die Erlanger Polizei davon ausgeht, dass diese unzulässig sei. Eine Anfrage zur Bestätigung der Zulässigkeit farblicher Straßengestaltung wurde daher bereits an die Landesregierung versandt. Bis zur Klärung dieser Frage soll mit der Markierung des roten Beistrichs abgewartet werden.

 

Die Bürger*innen und der Stadtteilbeirat werden mit Wiederaufnahme des Projektes und fortschreitendem Planungsstand erneut informiert und beteiligt. Die betrifft ebenfalls die Umsetzung der bereits beschlossenen Einbahnstraßenregelung.

 

4.   Klimaschutz:

 

Entscheidungsrelevante Auswirkungen auf den Klimaschutz:

 

             ja, positiv* - V1: Förderung des Radverkehrs

             ja, negativ* - V2: Benachteiligung des Radverkehrs zu Gunsten des Kfz-Verkehrs

             nein

 

Wenn ja, negativ:

Bestehen alternative Handlungsoptionen?

 

              ja* - Entscheidung für Variante V1

              nein*

 

*Erläuterungen dazu sind in der Begründung aufzuführen.

 

 

Falls es sich um negative Auswirkungen auf den Klimaschutz handelt und eine alternative Handlungsoption nicht vorhanden ist bzw. dem Stadtrat nicht zur Entscheidung vorgeschlagen werden soll, ist eine Begründung zu formulieren.

 

 

5.   Ressourcen
(Welche Ressourcen sind zur Realisierung des Leistungsangebotes erforderlich?)

Investitionskosten:

bei IPNr.:

Sachkosten:

bei Sachkonto:

Personalkosten (brutto):

bei Sachkonto:

Folgekosten

bei Sachkonto:

Korrespondierende Einnahmen

bei Sachkonto:

Weitere Ressourcen

 

 

Haushaltsmittel

              werden nicht benötigt

              sind vorhanden auf IvP-Nr.      

                        bzw. im Budget auf Kst/KTr/Sk        

                    sind nicht vorhanden


Anlagen:        Anlage 1 – Antrag 202/2021 des Stadtteilbeirates Anger/Bruck

                        Anlage 2 – Verkehrszählungen Michael-Vogel-Straße