Betreff
Fraktionsantrag Nr. 79/2020 der SPD-Fraktion vom 28.05.2020: Solare Baupflicht - den Klimanotstand bekämpfen
Fraktionsantrag Nr. 83/2020 der Grünen Liste vom 04.06.2020: Grundsatzbeschluss - Ausbau der Stromproduktion aus Photovoltaikanlagen als Beitrag zur dezentrale Stromversorgung
Antrag Nr. 88/2020 der Klimaliste Erlangen vom 16.06.2020: Erweiterung der solaren Baupflicht: Verpflichtender Plusenergiehaus-Standard für Neubauten
Vorlage
611/010/2020
Aktenzeichen
VI/61
Art
Beschlussvorlage
  1. Die Ausführungen der Verwaltung werden zur Kenntnis genommen.

2.    Der Fraktionsantrag Nr. 79/2020 der SPD-Fraktion und der Fraktionsantrag Nr. 89/2020 der Grünen Liste sind damit bearbeitet. Der Antrag Nr. 88/2020 der Klimaliste Erlangen ist damit teilweise bearbeitet.

3.    Bei der Schaffung von neuem Bauplanungsrecht bzw. der Änderung von bestehendem Bauplanungsrecht soll die Pflicht zur flächendeckenden Installation von Photovoltaikanlagen auf Gebäuden (solare Baupflicht) eingeführt werden.

4.    Das Ziel soll wie folgt erreicht werden:

a)    Beim Verkauf von städtischen Baugrundstücken für Vorhaben, bei denen die vorgesehene Bebauung einen Strombedarf bedingt, sollen in den Kaufverträgen Verpflichtungen für den Käufer entsprechend Ziff. 3 vereinbart werden. Die Verpflichtung zur Installation einer Photovoltaikanlage soll entfallen, sofern die Pflichten aus dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) vollständig über eine Solarthermieanlage auf dem Dach der Gebäude erfüllt werden kann.

b)    Beim Abschluss von bebauungsplanbegleitenden Städtebaulichen Verträgen sollen Regelungen entsprechend I. Ziff. 3 vereinbart werden, wenn die vereinbarten Leistungen den gesamten Umständen nach angemessen sind (§ 11 Abs. 2 S. 1 BauGB).

c)    Bei Baugebieten, die nicht im Eigentum der Stadt sind bzw. für die kein Städtebaulicher Vertrag geschlossen wird, soll entsprechend Ziff 3 die Installation von Photovoltaikanlagen unter Beachtung des Abwägungsgebots, der örtlichen Situation, Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit in Bebauungsplan gemäß § 9 (1) Nr. 23 b) BauGB festgesetzt werden.

  1. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Gewobau wird aufgefordert, einen entsprechenden Aufsichtsratbeschluss herbeizuführen, sich bei Projektentwicklungen eng an das städtische Vorgehen zur Installation von Photovoltaikanlagen anzulehnen.

 


1.   Ergebnis/Wirkungen
(Welche Ergebnisse bzw. Wirkungen sollen erzielt werden?)

Die SPD-Fraktion und die Grüne Liste Erlangen beantragen, dass zukünftig in Erlangen eine Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen auf neuen Gebäuden (solare Baupflicht) eingeführt wird. Die Verwaltung soll einen Vorschlag hierfür vorlegen, wie dies durch Verankerung bei Grundstücksverkäufen durch die Stadt, in städtebaulichen Verträgen sowie in Bebauungsplänen festgesetzt werden kann. Die Verpflichtung zur Installation einer Photovoltaikanlage soll entfallen, sofern die Pflichten aus dem EEWärmeG (Hinweis: Das GEG ist am 1. November 2020 in Kraft getreten. Das bisherige Energieeinsparungsgesetz (EnEG), die bisherige Energieeinsparverordnung (EnEV) und das bisherige Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) treten mit dem Inkrafttreten des GEG außer Kraft. Es wird daher im Weiteren davon ausgegangen, dass die Pflichten aus dem GEG gemeint sind.) vollständig über eine Solarthermieanlage auf dem Dach des Gebäudes erfüllt werden.

In Zusammenarbeit mit den Erlanger Stadtwerken sollen Vorschläge für eine kommunale »Contracting-Initiative« erarbeitet werden. Die Stadt oder die Stadtwerke könnten private Dächer pachten um dort Photovoltaik-Anlagen zu betreiben.

Die Klimaliste Erlangen beantragt, dass in Bebauungsplänen, städtebauliche Verträgen und Grundstückskaufverträgen bei Grundstücken, die die Stadt Erlangen verkauft, die Verpflichtung zur Bebauung im Plusenergiehaus-Standard aufgenommen wird. Dabei soll auf maximale Ausnutzung der Dachfläche zur Energiegewinnung Wert gelegt werden, aber mindestens sollen die Anforderungen erfüllt werden, die der Stadtrat bereits im Jahr 2014 für den Bebauungsplan 411 (Plusenergiesiedlung) aufgestellt hat.

Die Verwaltung wird weiter beauftragt zu prüfen, wie auch bei Um- und Anbauten bestehender Gebäude der Plusenergiehaus-Standard festgelegt werden kann.

 

2.   Programme / Produkte / Leistungen / Auflagen
(Was soll getan werden, um die Ergebnisse bzw. Wirkungen zu erzielen?)

Als erste Stadt in Bayern hat Erlangen am 29. Mai 2019 den Klimanotstand erklärt. Mit dem Beschluss hat der Stadtrat mit großer Mehrheit die Eindämmung des Klimawandels und seiner schwerwiegenden Folgen als Aufgabe von höchster Priorität anerkannt. Der Erlanger Stadtrat hat sich verpflichtet künftig bei seinen Beschlüssen die Auswirkungen auf das Klima sowie die ökologische, gesellschaftliche und ökonomische Nachhaltigkeit besonders zu berücksichtigen. Wo immer möglich, sollen die Maßnahmen priorisiert werden, die den Klimawandel oder dessen Folgen abschwächen.

Der Ausbau der Stromproduktion aus Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) stellt einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, zur dezentralen Energieversorgung und zur Reduktion von Luftschadstoffen dar. Zudem werden dadurch Energieversorgungs- und Energiepreisrisiken reduziert.

Vor diesem Hintergrund erhielt die Verwaltung in der Sitzung des Stadtrates am 26. März 2020 den Auftrag, eine verbindliche Nutzung von Photovoltaik im städtebaulichen Vertrag zum Bebauungsplan Nr. E 466 aufzunehmen. Mit der Deutschen Reihenhaus AG als Vorhabenträgerin konnte diesbezüglich eine Einigung erzielt werden. Die Vorhabenträgerin verpflichtet sich im Rahmen des städtebaulichen Vertrages Photovoltaikanlagen auf den Dachflächen der Hauptgebäude zu errichten und diese mindestens 10 Jahre zu betreiben.

Auf Basis der Erfahrungen, die in diesem Zusammenhang und bei der Aufstellung und Vermarktung der Grundstücke im Baugebiet Nr. 411 gemacht wurden, wird nun der im Antragstext formulierte und unter II. Punkt 3. der Vorlage näher erläuterte Grundsatzbeschluss vorgeschlagen. Im Einzelfall ist künftig jedoch jeweils zu prüfen, ob die Verpflichtung zur Herstellung mit einem wirtschaftlich angemessenen Aufwand errichtet und betrieben werden kann. Es wird zu prüfen sein, ob dies für alle Nutzungsarten (Wohnen, Gewerbe, Lagern u.a.) darstellbar sein wird.

Es wird jedoch auch darauf hingewiesen, dass die verpflichtende Umsetzung von Photovoltaikanlagen und die Verpflichtung zur Bebauung im Energiehaus-Standard jedoch teilweise auch in Konkurrenz zu anderen Zielen oder gesetzlichen Regelungen treten können, u. a.:

·         Im Hinblick auf die Errichtung von kostengünstigem Wohnungsbau können u.a. die Baukosten steigen.

·         PV-Anlagen können zudem in Konkurrenz zu Fassadenbegrünungen und Gründächern stehen. Integrative Lösungen können auch hier zu Kostensteigerungen führen.

·         Denkmalschutzrechtliche Belange

 

3.   Prozesse und Strukturen
(Wie sollen die Programme / Leistungsangebote erbracht werden?)

Verkauf von städtischen Bauflächen

Beim Verkauf von städtischen Baugrundstücken für Vorhaben, bei denen die vorgesehene Bebauung einen Strombedarf bedingt, sollen in den Kaufverträgen Verpflichtungen für den Käufer entsprechend I. Ziff. 3 vereinbart werden. Die Verpflichtung zur Installation einer Photovoltaikanlage soll entfallen, sofern die Pflichten aus dem GEG vollständig über eine Solarthermieanlage auf dem Dach der Gebäude erfüllt werden können.

Regelungen über städtebauliche Verträge

Beim Abschluss von bebauungsplanbegleitenden Städtebaulichen Verträgen sollen, soweit rechtlich zulässig, Regelungen entsprechend I. Ziff. 3 vereinbart werden, wenn die vereinbarten Leistungen den gesamten Umständen nach angemessen sind (§ 11 Abs. 2 S. 1 BauGB).

Die vereinbarten Leistungen eines Städtebaulichen Vertrages müssen den gesamten Umständen nach angemessen sein. Dazu ist eine Gesamtbetrachtung aller vertraglichen Verpflichtungen sowie der wirtschaftlichen Begleitumstände vorzunehmen.

Hierbei ist zu beachten, dass alle der solaren Baupflicht dienenden Regelungen in städtebaulichen Verträgen der Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele dienen müssen. Somit muss in jedem Bebauungsplanverfahren, auf das der Städtebauliche Vertrag Bezug nimmt, die Erforderlichkeit von Photovoltaikanlagen für den Einzelfall städtebaulich begründet werden. Dies kann zum Beispiel über das städtebauliche Ziel einer klimaangepassten Planung und der Verbesserung der gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse (Reduzierung von Luftschadstoffen) erfolgen.

Festsetzungen im Bebauungsplan

Bei Baugebieten, die nicht im Eigentum der Stadt sind bzw. für die kein Städtebaulicher Vertrag geschlossen wird, soll entsprechend I. Ziff. 3 die Installation von Photovoltaikanlagen unter Beachtung des Abwägungsgebots, der örtlichen Situation, Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit in Bebauungsplan gemäß § 9 (1) Nr. 23 b) BauGB festgesetzt werden.

Befreiung von der Bindung

In Grundstückskaufverträgen und städtebaulichen Verträgen soll die Verpflichtung zur Installation einer Photovoltaikanlage entfallen, sofern die Pflichten aus dem GEG vollständig über eine Solarthermieanlage auf dem Dach des Gebäudes erfüllt werden oder es wirtschaftlich nicht zumutbar ist, um nicht beabsichtigte Härten zu vermeiden.

 

Gewobau

Die städtische Wohnungsbaugesellschaft soll als gutes Vorbild vorausgehen und die von ihr umgesetzten Vorhaben ebenfalls mit der flächendeckenden Installation von Photovoltaikanlagen auf neuen Gebäuden (solare Baupflicht) entwickeln.  Der Aufsichtsratsvorsitzende der Gewobau wird daher aufgefordert, einen entsprechenden Aufsichtsratbeschluss herbeizuführen, sich eng an das im Antragstext genannte städtische Vorgehen anzulehnen.

Contracting

Die Verwaltung wird im Rahmen der AG Energieversorgung gemeinsam mit den Erlanger Stadtwerken prüfen, inwieweit ein Contracting für Photovoltaikanlagen angeboten werden kann. Darüber hinaus wird geprüft, inwieweit die Angebote von Bürgergenossenschaften oder privatwirtschaftliche Unternehmen, die entsprechende oder ähnliche Angebote in ihrem Portfolio anbieten, eine Alternative darstellen.

Verpflichtung zur Bebauung im Plusenergiehaus-Standard

Das zum 1. November in Kraft getretene GEG formuliert Anforderungen an die energetische Qualität von Gebäuden und an den Einsatz erneuerbarer Energien in Gebäuden. Durch die Gesetzesnovellierung kann der Antrag der Klimaliste Erlangen noch nicht abschließend bearbeitet werden.

Die Verwaltung wird den Kontakt zur Gewobau und anderen Wohnungsbaugesellschaften mit größerem Bestand in Erlangen aufnehmen und in einen Dialog dazu eintreten, welche Erfahrungen mit energieeffizienten Gebäuden bereits gemacht wurden und welche Auswirkungen sie durch einen Plusenergiehaus-Standard insbesondere im Hinblick auf den Mietwohnungsbau erwarten würden.

Weiter gilt es auch zu klären, inwiefern die Verpflichtung im Rahmen von gewerblichen Vorhaben umgesetzt werden kann, bzw. welche betriebsbedingten und technischen Einschränkungen bzw. Mehrkosten mit der Umsetzung verbunden wären.

Die Verwaltung wird im Anschluss über die Ergebnisse berichten und den Gremien des Stadtrats eine Empfehlung zur weiteren Vorgehensweise zum Beschluss vorlegen. Vor diesem Hintergrund kann der Antrag der Klimaliste Erlangen zum heutigen Zeitpunkt nicht abschließend bearbeitet werden.

Veränderungen an Bestandsgebäuden

Bei Um- und Anbauten bestehender Gebäude im Rahmen des bestehenden Bauplanungsrechts ist die Festlegung eines Plusenergiehaus-Standards rechtlich nicht möglich. Die Verwaltung weist im Rahmen von Bauberatungen bereits auf über die bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen hinausgehende Standards hin und wird dies auch künftig weiterverfolgen.

 

4.   Klimaschutz:

 

 

Entscheidungsrelevante Auswirkungen auf den Klimaschutz:

 

             ja, positiv*

             ja, negativ*

             nein

 

Wenn ja, negativ:

Bestehen alternative Handlungsoptionen?

 

              ja*

              nein*

 

*Erläuterungen dazu sind in der Begründung aufzuführen.

 

 

Falls es sich um negative Auswirkungen auf den Klimaschutz handelt und eine alternative Handlungsoption nicht vorhanden ist bzw. dem Stadtrat nicht zur Entscheidung vorgeschlagen werden soll, ist eine Begründung zu formulieren.

 

 

5.   Ressourcen
(Welche Ressourcen sind zur Realisierung des Leistungsangebotes erforderlich?)

Investitionskosten:

bei IPNr.:

Sachkosten:

bei Sachkonto:

Personalkosten (brutto):

bei Sachkonto:

Folgekosten

bei Sachkonto:

Korrespondierende Einnahmen

bei Sachkonto:

Weitere Ressourcen

 

 

Haushaltsmittel

              werden nicht benötigt

              sind vorhanden auf IvP-Nr.      

                        bzw. im Budget auf Kst/KTr/Sk        

                    sind nicht vorhanden


Anlagen:        Anlage 1: Fraktionsantrag Nr. 79/2020

                        Anlage 2: Fraktionsantrag Nr. 83/2020

                        Anlage 3: Antrag Nr. 88/2020