Betreff
Bereitstellung von mind. 600 nicht mehr der Sozialbindung unterliegende GEWOBAU-Wohnungen für Sozialwohnungsberechtigte; Antrag der SPD-Fraktion und der Fraktion der Grünen Liste vom 21.02.2018
Vorlage
50/113/2018
Aktenzeichen
V/50/WM021 T.2442
Art
Beschlussvorlage

1. Der Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung, in der die GEWOBAU die erneute Bereit-stellung von 600 nicht mehr der Sozialbindung unterliegenden Wohnungen zusichert, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht das geeignete Mittel zur Bereitstellung von preisgünstigem Wohnraum.

 

2. Das Sozialamt der Stadt Erlangen wird – gemeinsam  mit der GEWOBAU – möglichst große Anstrengungen unternehmen, bezahlbaren Wohnraum anzubieten.

 

3. Der Antrag der SPD-Fraktion und der Grünen Liste vom 21.02.2018 (027/2018) ist damit bearbeitet.


Die Lage auf dem Erlanger Wohnungsmarkt ist nach wie vor sehr angespannt; die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum ist groß und kann nur sehr begrenzt befriedigt werden.

Personen, die bezahlbaren Wohnraum suchen, stehen derzeit folgende „Teilwohnungsmärkte“ zur Verfügung:

     Sozialwohnungen

     EOF-geförderte Wohnungen

     Wohnpartnerschaften (Wohnen für Hilfe)

     frei finanzierte Wohnungen mit einer angemessenen Miete

     Belegrechtswohnungen

 

Belegrechtswohnungen

Mit Stadtratsbeschluss vom 25.03.2010 wurde zwischen der Stadt Erlangen und der GEWOBAUeine sog. Zuschussvereinbarung geschlossen. Der Vertragsgegenstand wurde wie folgt definiert:

Die Stadt gewährt der GEWOBAU zur Sanierung von (konkret benannten) Wohnungen einen sog. Mietzuschuss zur sozialverträglichen Gestaltung der Miete. Im Gegenzug gewährt die GEWOBAU der Stadt das Recht der Belegung an insgesamt 598 (konkret) benannten freifinanzierten Wohnungen, sog. Belegrechtswohnungen. Die Miethöhen entsprechen den angemessenen Mieten nach dem SGB II/ SGB XII und werden wie „klassische“ Sozialwohnungen vergeben. Die Bindungsdauer, während der die vertraglichen Regelungen Gültigkeit haben, beträgt für jede einzelne Wohneinheit 20 Jahre ab dem 01.01. des Folgejahres nach Erstbezug durch einen von der Stadt benannten Mieter. 

Der Vertrag trat zum 01.01.2010 in Kraft.

Die Erfüllung des Vertrages gestaltet sich für die GEWOBAU sehr schwierig; selbst nach 8 Jahren Laufzeit konnte die angestrebte Zahl von 598 nicht erreicht werden; folgende Hauptursachen wurden von der GEWOBAU benannt:

1.   Im Zuge der jährlichen Einkommensüberprüfung wird festgestellt, dass Mieter/innen mit ihrem Einkommen die geltenden Einkommensgrenzen überschreiten und damit das Mietverhältnis nicht länger als (für den Vertrag) aktives Mietverhältnis gewertet werden kann. Zudem legt eine nicht unerhebliche Zahl der Mieter/innen trotz mehrmaliger Aufforderung die Einkommensnachweise nicht vor. Diese Wohnungen können nach Ablauf einer angemessenen Rückmeldefrist nicht mehr als Belegrechtswohnung gewertet werden und fallen weg, da keine Belegungsberechtigung nachgewiesen wurde.

2.   Bei der GEWOBAU gibt es häufig Gründe, dass nicht zwingend zu meldende Wohnungen als Ersatz- oder Umsetzwohnungen freigehalten werden müssen. Beispielhaft sind hier die Abriss- und Neubaumaßnahmen in der Johann-Jürgen-Straße oder die umfangreichen Sanierungsarbeiten in der Housing Area zu nennen.

3.   Die aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes seit Jahren anhaltend geringe Fluktuation bei den GEWOBAU-Wohnungen erschwert zudem die Bereitstellung von geeigneten Belegrechtswohnungen.

 

Anfang des Jahres 2018 wurde umfangreiches Datenmaterial ausgewertet und Gespräche mit der GEWOBAU geführt um den aktuellen Erfüllungsstand des Vertrages zu ermitteln.

Wie aus Anlage 02 zu entnehmen ist, hat die GEWOBAU – trotz Berücksichtigung der bereitgestellten Ersatzwohnungen  für die Johann-Jürgen-Str. 24 und die Wilhelminenstr. 14 – bis zum 31.12.2017 den Vertrag erst zu 56,80 % erfüllt.

Es ist davon auszugehen, dass der für den Zeitraum vom 01.01.2010 – 31.12.2017 ermittelte Rückstand  von der GEWOBAU nicht - wie vertraglich angenommen - erfüllt werden kann. Vielmehr verlängert sich die Nachwirkungsfrist der Belegungsbindungen mit jedem Tag, an welchem die angestrebte Zahl von 598 Wohnungen nicht erreicht ist, deutlich. Eine vollständige Erfüllung des Vertrages ist daher erst weit nach Ende des Vertrages in den Jahren ab 2030  zu erwarten. Die GEWOBAU muss folglich auch nach Ende der Vertragslaufzeit sog. Belegrechtswohnungen zur Verfügung stellen, ohne dass die Stadt in dieser Zeit einen Mietzuschuss entrichten wird.

 

1.   Ergebnis/Wirkungen
(Welche Ergebnisse bzw. Wirkungen sollen erzielt werden?)

Ziel des Antrages vom 21.02.2018 ist, dass die GEWOBAU der Stadt Erlangen mindestens weitere 600 Wohnungen, die nicht mehr der Sozialbindung unterliegen, wieder für Sozialwohnungsberechtigte zu einer Miete, die nicht über die Obergrenze in Erlangen für Alg-II-Bezieher/innen liegt zur Verfügung stellt. Auf diese Weise könnten zahlreiche Antragsteller/innen auf Sozialwohnungen mit angemessenem Wohnraum versorgt werden.

 

2.   Programme / Produkte / Leistungen / Auflagen
(Was soll getan werden, um die Ergebnisse bzw. Wirkungen zu erzielen?)

Aktuell sind von den vertraglich vereinbarten 598 Belegrechtswohnungen 522 Belegrechtsmietverhältnisse aktiv. Die GEWOBAU ist aufgrund von (zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses) nicht absehbaren Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt derzeit nicht in der Lage den bestehenden Vertrag umfänglich zu erfüllen. Der Abschluss eines neuen Vertrages zum Erwerb von Belegrechtswohnungen erscheint daher nicht zielführend: die GEWOBAU kann über eine weitere Vereinbarung der Stadt keine zusätzlichen Wohnungen als Belegrechtswohnungen zur Verfügung stellen.

Die schwierige Situation am Erlanger Wohnungsmarkt kann letztlich nur durch den Bau von neu-em bezahlbaren Wohnraum auf der einen Seite und durch eine sozial ausgewogene Vergabe der günstigen freifinanzierten Wohnungen auf der anderen Seite erfolgen. Diese „Selbstverpflichtung“ der GEWOBAU ist in § 2 des Gesellschaftsvertrages festgeschrieben: die GEWOBAU verpflichtet sich eine sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung von breiten Schichten der Bevölkerung in der Stadt Erlangen zu gesamtwirtschaftlich vertretbaren Bedingungen zu gewährleisten.

Mit ihrer Wohnungsbauoffensive will die GEWOBAU in den nächsten fünf Jahren ca. 1.000 Wohnungen für Bezieher mittlerer und geringer Einkommen schaffen bzw. ca. 2.000 Bürger und Bürgerinnen mit bezahlbarem Wohnraum versorgen. Nur über die Schaffung von neuem zusätzlichem Wohnraum kann der schwierigen Situation angemessen begegnet werden.

Eine Vergabe von günstigem freifinanziertem Wohnraum durch die Stadt Erlangen an sozialwoh-nungsberechtigte Menschen würde zwar diesen Antragsteller/innen helfen, aber an anderer Stelle zu massiven Versorgungsschwierigkeiten führen: potentiellen Mieter/innen, die mit ihrem Einkom-men knapp über den Einkommensgrenzen liegen, könnte kein oder nur teurer Wohnraum angebo-ten werden. Das Risiko, dass auch dieser Personenkreis durch eine hohe Mietbelastung Transferleistungen beantragen muss, besteht durchaus. Das grundsätzliche Problem würde nicht gelöst, sondern nur verlagert werden.

Aus Sicht der Verwaltung erscheint – in dieser Zeit des angespannten Wohnungsmarktes - eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Sozialamt und GEWOBAU mehr denn je entscheidend; folgende Grundsätze erscheinen essentiell:

       Jede potentiell mögliche Wohnung muss als Belegrechtswohnung gemeldet werden; die Verpflichtung aus dem Vertrag besteht nach wie vor und sollte in möglichst großem Maße während der Vertragslaufzeit erfüllt werden.

       Die moderate Mietpreispolitik der GEWOBAU bei freifinanzierten und EOF-Wohnungen sollte möglichst beibehalten werden.

·         Bei Härtefällen, die durch Mietpreisanpassungen entstehen, sollten im Einzelfall sozialverträgliche Individuallösungen gefunden werden, wie z.B. die bewährte Subjektförderung der GEWOBAU. Eine enge Abstimmung zwischen GEWOBAU und Amt 50 erscheint weiterhin angezeigt.

       Bei Neubauprojekten sollte bezüglich der Belegung der Wohnungen mit den Einkommens-stufen (I – III) eine enge Abstimmung zwischen GEWOBAU und der Abteilung Wohnungs-wesen stattfinden. Die Erfahrungen der städtischen Wohnungsvermittlung sollten stärker miteinfließen.

·         Das Konzept „Wohnungstausch“ wird von Stadt und GEWOBAU weiter verfolgt. Bei Bedarf ist ein höherer personeller Einsatz (persönliche Beratung) angezeigt.   

Die Verwaltung schlägt vor, dass die GEWOBAU ihre „Grundsätze der Vergabe von Wohnungen“ überprüft und die Grundsätze der Zusammenarbeit mit aufnimmt.

 


Anlagen:

 

Anlage 01: Antrag der SPD-Fraktion und der Fraktion der Grünen Liste vom 21.02.2018 (Nr. 027/2018)

Anlage 02: Übersicht Erfüllungsrückstand zum 31.12.2017