Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.


Anlass

In Zusammenhang mit der Fortschreibung des Erlanger Verkehrsentwicklungsplanes wird derzeit der Meilenstein F mit dem Teilbaustein motorisierter Individualverkehr und ruhender Verkehr bearbeitet. Als Grundlage hierfür erfordert die Aufgabenstellung eine fundierte Analyse der Verkehrsentwicklung. Diese wurde bereits mit dem im Jahre 2013 erschienenen Verkehrsbericht (vgl. 613/187/2014) gelegt und soll mit vorliegendem Sachstandsbericht konkretisiert und aktualisiert werden. Die Erkenntnisse aus der Untersuchung der verkehrlichen Verflechtungen bieten auch eine wichtige Basis für die weitere Bearbeitung des bereits beschlossenen ÖPNV-Plannetzes, das eine Grundlage für weitere detailliertere Netzkonzeptionen darstellt (vgl. 613/033/2015).   

Pendler- und Beschäftigtendaten als wichtiger Indikator

Die Entwicklung von Pendlerbewegungen über einen gewissen Zeitraum dient als wichtiger Indikator, um die ökonomischen Verflechtungen und die Zentralität einer Region abschätzen zu können. Diese sind Kennzeichen für Prosperität und Wirtschaftskraft. Als Datengrundlage liefert die
Bundesagentur für Arbeit jährlich gemeindescharfe Daten mit Angaben zu den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und den Ein- und Auspendlern.

Studierende, Beamte und Selbständige sind darin nicht enthalten, bilden aber ebenfalls einen wichtigen Anteil in Bezug auf die regionale Mobilität. Man kann davon ausgehen, dass es aktuell insgesamt mehr als 110.000 Erwerbstätige, also sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, Beamte und Selbstständige, in Erlangen gibt und somit die Zahl der Arbeitsplätze größer ist wie die der gemeldeten Einwohner. Dieses Missverhältnis zeigt sich noch deutlicher, wenn man die Zahl der Studienplätze berücksichtigt. Daten zu Pendelverflechtungen von  Studenten, Beamten und Selbstständigen liegen jedoch nur begrenzt vor, weswegen nachfolgend der Schwerpunkt auf die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gelegt werden soll.

Einpendler- und Beschäftigtenentwicklung in Erlangen

Bei der Analyse der Entwicklung der Einpendler und der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist der bereits Jahrzehnte andauernde kontinuierliche Anstieg besonders auffällig (vgl. Anlage 1). Eine triviale Erkenntnis aus diesen Werten ist ein stetiges Arbeitsplatzwachstum in der Stadt. Aufgrund der stadtstrukturellen Gegebenheiten ist eine Entwicklung an Wohnflächen in gleichem Ausmaß nicht möglich. Aus diesem Umstand ergibt sich die Schlussfolgerung, dass der Anstieg an Arbeitsplätzen mit dem Anstieg an Einpendlern korreliert. Mit der Darstellung in Anlage 1 wird dies verdeutlicht.

Entwicklung des motorisierten Verkehrs

Eine naheliegende Fragestellung in Zusammenhang mit dem geschilderten Sachverhalt ist, welches Verkehrsmittel von der wachsenden Zahl an Einpendlern für den Weg von und zur Arbeit in Erlangen genutzt wird. Um dies beurteilen zu können, werden seit über 30 Jahren regelmäßige Verkehrszählungen im gesamten Stadtgebiet und jährlich an den stadtgrenzüberschreitenden Bundes-, Staats- und Kreisstraßen durchgeführt (sog. Außenkordon). Dabei kommen neben mehreren Verkehrszählgeräten auch zahlreiche Schülerinnen und Schüler Erlanger Gymnasien sowie Studierende zum Einsatz. Aufgrund der turnusmäßig stattfindenden Verkehrszählungen am Außenkordon sowie dem zusätzlichen Einsatz von Verkehrszählgeräten können die erhobenen Werte jährlich auf Plausibilität überprüft und damit deren Belastbarkeit gesichert werden. Mit den Daten kann neben der Entwicklung an einzelnen Straßen auch die gesamte Verkehrsentwicklung über die Stadtgrenze in einer Zeitreihe berechnet werden (vgl. Anlage 2). Im Hinblick auf die oben dargestellte Entwicklung der Einpendler ist der ebenfalls kontinuierliche Anstieg des motorisierten Verkehrs über die Stadtgrenze wenig überraschend. Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich der Verkehr am Außenkordon in den letzten 40 Jahren nahezu verdreifacht hat. Die damit verbundenen Effekte erhöhter Staubildung und Lärm- und Schadstoffemissionen, die eine wachsende Belastung für die Erlanger Bürger mit sich bringen, sind ein Ergebnis. Das derzeitige Niveau des Verkehrsaufkommens in Erlangen entspricht dabei mittlerweile dem einer Großstadt mit etwa 150.000 bis 200.000 Einwohnern.

Ein weiterer jährlicher Schwerpunkt der Verkehrszählungen ist die Erfassung des Verkehrs über die drei Talquerungen Herzogenauracher, Büchenbacher und Dechsendorfer Damm. Auch hier lässt sich ein kontinuierlicher Anstieg des Verkehrs erkennen, was in Zusammenhang mit dem Anstieg am Außenkordon zu sehen ist (siehe Anlage 3). Dem Büchenbacher Damm kann im Vergleich die höchste Verkehrsbedeutung zugeschrieben werden. Bedingt durch die Baustelle der DB und der damit verbundenen Teilsperrung der Martinsbühler Straße hat die Verkehrsmenge, die den Dechsendorfer Damm an einem Werktag passiert, letztes Jahren abgenommen. Am Herzogenauracher Damm wurde in den letzten Jahren eine stetige Zunahme des Verkehrs registriert.

Räumliche Verteilung der Einpendler

Weitere wichtige Erkenntnisse bei der Einpendler- und Beschäftigtenanalyse liefern die Daten der Bundesagentur für Arbeit im Hinblick auf die räumliche Verteilung der Einpendler. Anlage 4 ist eine thematische Karte mit der räumlichen Verteilung der Einpendler nach bzw. der Auspendler aus Erlangen zu entnehmen. Bei genauer Betrachtung zeigt sich, dass alle größeren Gemeinden im Umfeld Erlangens wichtige Wohnorte für die Einpendler nach Erlangen darstellen. Besonders hervorzuheben sind die Relationen mit den Städten Nürnberg und Fürth sowie Herzogenaurach. Im Hinblick auf die Stadtgröße Herzogenaurachs ist der überdurchschnittlich hohe Ein- und Auspendleranteil, der fast die Größenordnung der deutlich größeren Stadt Fürth erreicht, zu betonen.

In Anbetracht der Siedlungsentwicklung im Erlanger Westen sowie den Planungen der Stadt Herzogenaurach zur weiteren Entwicklung des Wohn- und Gewerbestandortes Herzo Base ist zu erwarten, dass der stadtgrenzüberschreitende Verkehr in dem betroffenen Korridor in beide Richtungen weiter deutlich ansteigt. Besonders ins Gewicht fällt hier die Entwicklung in der sog. „world of sports“, in deren Rahmen bis 2025 bis zu 6.300 Arbeitsplätze entstehen sollen (vgl. 611/036/2015). Die räumliche Nähe zwischen dem in Entwicklung befindlichen Siedlungszentrum im Erlanger Westen und den Gewerbestandorten in Herzogenaurach unterstreicht die Annahme weiterhin ansteigender Verkehrsverflechtungen. Dies wird sowohl auf die Einpendler nach Erlangen als auch  die auspendelnden Erlanger zutreffen.

Die engen Pendlerbeziehungen zwischen Erlangen und seinen Nachbargemeinden mit den Schwerpunkten in Herzogenaurach und Nürnberg lassen sich auch auf Basis sogenannter Verflechtungsmatrizen verdeutlichen, die mit dem städtischen Verkehrsmodell berechnet wurden. Ein wesentlicher Vorteil darin besteht in der räumlich feingliedrigeren Unterteilung auf Basis von Verkehrszellen. Die entsprechende graphische Darstellung ist Anlage 5 zu entnehmen.

 

Kfz-Verfügbarkeit der Erlanger Bürger

Mit vorangehend beschriebenen Daten können Aussagen über den stadtgrenzübergreifenden Verkehr und die Verkehrsmittelnutzung der Einpendler nach Erlangen angestellt werden. Nachdem sich die Verkehrsmittelwahl der Erlanger Bürger jedoch deutlich von der im Umland unterscheidet, muss das Verkehrsverhalten der Erlanger gesondert analysiert werden. Bekanntlich nutzt der Erlanger das Verkehrsmittel Fahrrad in überdurchschnittlichem Ausmaß. Nichtsdestotrotz ist bei Betrachtung des Kfz-Bestandes und der Kfz-Dichte (Kfz je 100 Einwohner) festzustellen, dass jeder zweite Erlanger in Besitz eines Kraftfahrzeuges ist. Exakt beläuft sich die Kfz-Dichte auf 56 Kfz je 100 Einwohner. Damit ist die Motorisierung in Erlangen sogar höher als in Nürnberg (54 Kfz je 100 Einwohner im Jahr 2015).

Auch für den Indikator des Kfz-Bestandes besteht die Möglichkeit der Bildung einer Zeitreihe von 2008 bis 2014 (vgl. Anlage 6). Dieser Darstellung ist zu entnehmen, dass der Bestand an zugelassenen Kfz in Erlangen in vorgenanntem Zeitraum um rund 3.700 Fahrzeuge zugenommen hat. Das entspricht einem Anstieg an Kraftfahrzeugen in Erlangen um 6,5 % im betrachteten Zeitraum. Daraus resultiert eine wachsende Flächeninanspruchnahme für den ruhenden Verkehr. Eine wachsende Kfz-Nutzung mit ansteigendem Kfz-Bestand kann derzeit für Erlangen nicht gesichert nachgewiesen werden, die Vermutung liegt jedoch nahe. Ein Umstand, der die oben beschriebene Belastung der Verkehrsinfrastruktur mit den damit verbundenen Effekten weiter verschärft.

Weiterhin Anstieg an Arbeitsplätzen in Erlangen

Die Entwicklung der Bevölkerung und der Arbeitsplätze in Erlangen wird das Verkehrsaufkommen aller Voraussicht nach auch in naher Zukunft ansteigen lassen. Im Vordergrund stehen in diesem Zusammenhang die bereits sehr konkreten Planungen zur Erschließung des Siemens Campus, die bereits dieses Jahr beginnen soll. Als größere Projekte sind weiterhin die Ansiedlung der Firma Schaeffler am Geisberg sowie die Eröffnung des Max-Planck-Instituts in der Staudtstraße zu nennen. Erwähnung finden sollte auch das zu erwartende Bevölkerungswachstum in Zusammenhang mit den Flüchtlingen in Erlangen, die in nicht zu vernachlässigender Anzahl ebenfalls an der Mobilität in Erlangen partizipieren werden. Diese Aspekte der wirtschaftlichen und demographischen Entwicklung bieten große Herausforderungen und Handlungsbedarf für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung in Erlangen.

Zusammenfassung

Zusammenfassend ergeben sich bei Betrachtung der vorliegenden Daten und Zeitreihenanalysen zur Verkehrs- und Einpendlerentwicklung in Erlangen und Umgebung folgende Erkenntnisse:

-       Wachsende Einpendler- und Beschäftigtenzahlen in Erlangen lassen Rückschlüsse auf eine positive wirtschaftliche Entwicklung zu

-       Das Wachstum an Arbeitsplätzen und Einpendlern korreliert mit dem seit langem kontinuierlich verlaufenden Anstieg des motorisierten Verkehrs über die Stadtgrenze

-       Der motorisierte Verkehr über die Erlanger Stadtgrenze hat sich in den letzten 40 Jahren nahezu verdreifacht

-       Auch innerhalb Erlangens steigt der motorisierte Verkehr stetig an. Dies zeigt die Verkehrsentwicklung über die Talquerungen Herzogenauracher, Büchenbacher und Dechsendorfer Damm

-       Das zu beobachtende Verkehrsaufkommen in Erlangen entspricht dabei mittlerweile dem einer Großstadt mit etwa 150.000 bis 200.000 Einwohnern

-       Die räumliche Verteilung der Wohnorte der Einpendler ist heterogen. Alle größere Gemeinden im Erlanger Umland stellen Wohnschwerpunkte der Einpendler dar

-       Die ausgeprägtesten Pendelverflechtungen bestehen mit der Stadt Nürnberg (2014: 16.700 Pendler)

-       Im Hinblick auf die Stadtgröße weist die Stadt Herzogenaurach einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Einpendlern nach Erlangen auf

-       Ein deutlicher Anstieg der verkehrlichen Verflechtungen zwischen Herzogenaurach und Erlangen (sowohl Einpendler nach als auch Auspendler aus Erlangen) ist durch die Siedlungs- und Gewerbeentwicklung in Erlangen West und der Herzo Base zu erwarten

-       Das Verkehrsverhalten der Erlanger Bürger unterscheidet sich von dem der Umlandbewohner. Dennoch besitzt im Durchschnitt jeder zweite Erlanger Einwohner ein Kfz

-       Der Kfz-Bestand in Erlangen ist von 2008 bis 2014 um 3,5 % angestiegen

-       Die Kfz-Dichte (Kfz je 100 Einwohner) ist in Erlangen mit 56 KFZ je 100 Einwohner höher als in Nürnberg (54 Kfz je 100 Einwohner im Jahr 2015)

-       Mit der Entwicklung des Siemens Campus, der Ansiedlung der Firma Schaeffler am Geisberg und die Eröffnung des Max-Planck-Instituts in der Staudtstraße werden in naher Zukunft  weitere Arbeitsplätze in Erlangen in nennenswertem Ausmaß geschaffen. Ein Umstand der weiteres Wachstum des Verkehrs mit sich bringt und nachhaltige Mobilitätslösungen verlangt

 


Anlagen:

Anlage 1: Entwicklung der Einpendler nach Erlangen und sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Erlangen von 1994 bis 2014

Anlage 2: Entwicklung des motorisierten Verkehrs über die Erlanger Stadtgrenze von 1974 bis 2015

Anlage 3: Entwicklung des motorisierten Verkehrs über die Regnitzbrücken von 1974 bis 2015

Anlage 4: Räumliche Verteilung der Ein- und Auspendler nach/aus Erlangen

Anlage 5: Räumliche Quellen und Ziele des stadtgrenzüberschreitenden Verkehrs

Anlage 6: Entwicklung des Kfz-Bestandes in Erlangen von 2008 bis 2014