Erlanger Linke - Stadtratsgruppe Nr. 065/2014 vom 29.04.2014
1. Die Ausführungen der Verwaltung werden zur Kenntnis genommen.
2. Der Antrag der Stadtratsgruppe der Linken Nr. 065/2014 vom 29.04.2014 gilt damit als bearbeitet.
Diese Vorlage lag am 25.6.2014 dem HFPA vor, wurde aber vertagt:
„Es wird beantragt, wie vom Sozialforum gefordert, dass die GGFA nicht mehr in Stellen vermittelt, für die weniger als 8,50 Euro/Stunde gezahlt wird.
Da jedes kommunale Jobcenter sein Handeln auf Bundesgesetzen begründet und das Land Bayern für die Rechts- und Fachaufsicht zuständig ist, wurde die Fragestellung an Herrn Ministerialrat Schumacher im bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration, weitergeleitet. Seine Antwort vom 2.Juni 2014 lautet wie folgt:
Sehr geehrter Herr Lindner,
wie Sie zutreffend
ausführen, muss das Jobcenter auf die Einhaltung arbeitsrechtlicher
Mindestbedingungen achten, ist jedoch nicht befugt, selbst arbeitsrechtliche
Standards zu setzen und hierfür seinen Integrationsauftrag oder seine Pflicht, mit
Bundesmitteln (ALG II, Eingliederungsbudget SGB II) sparsam und wirtschaftlich
zu wirtschaften (§ 14 S. 3 SGB II), zu vernachlässigen.
Bei der Vermittlung in
Beschäftigung sind vorzugswürdig solche Jobs anzubieten, die einen Lohn
ermöglichen, die den SGB II-Leistungsberechtigten unabhängig von SGB
II-Leistungen machen. Wo dies nicht möglich ist, ist dennoch zu vermitteln und
aufstockendes ALG II zu gewähren. In diesem Fall ist bevorzugt derjenige Job zu
vermitteln, der den SGB II-Leistungsberechtigten möglichst weitgehend
unabhängig von SGB II-Leistungen macht, so dass ein möglichst geringes
aufstockendes ALG II erforderlich ist. Nachrangig sind auch solche Jobs zu
vermitteln, die eine Bezahlung unterhalb des (künftigen) Mindestlohn-Niveaus
(von 8,50 €) mit sich bringen, solange hierdurch der Rahmen des geltenden
Arbeitsrechts nicht verletzt wird.
Dazu i. E.:
·
Bis zum Inkrafttreten
des gesetzlichen Mindestlohns darf ein solcher nicht als Jobcenter-Standard
vorgegeben werden.
·
Im Mindestlohngesetz
enthaltene Ausnahmen dürfen nicht durch Jobcenter-Standards unterlaufen werden.
·
Geltende
Tarifverträge sind zu beachten, soweit Tarifbindung des Arbeitgebers und
Gewerkschaftszugehörigkeit des zu Vermittelnden vorliegen.
·
Zu jedem Zeitpunkt
und unabhängig von o. g. Punkten ist zu beachten, dass kein sittenwidriger Lohn
bezahlt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Jochen Schumacher
Ministerialrat
Leiter Referat I 3 - Grundsicherung für Arbeitsuchende
Soweit die „negative“ fachliche Stellungnahme des Ministeriums zu den
Befugnissen und Ermessensspielräumen eines Jobcenters.
Aus der Praxis der Vermittlungsarbeit der GGFA im Jobcenter Erlangen ist
zu berichten, dass faktisch die Überprüfung der Integrationen und Vermittlungen
der letzten Monate zeigt, dass die Stundenlöhne in der Regel über 8,50 €
liegen. Vermittlungen in Zeitarbeit bieten bereits seit längerem einen
tariflich gebundenen Stundenlohn von über 8,50 €.
Lediglich bei wenigen Stellen, die in Eigeninitiative gesucht
wurden, war ein Stundenlohn unter 8,50 € festzustellen. (z.B. Privathaushalt
8,-- €, Billigmarkt 7,50 €, und teilweise im Fastfood -Bereich). Solche Stellen
werden vom Jobcenter nicht aktiv angeboten! Das Jobcenter greift dann ein, wenn
sittenwidrige Löhne festgestellt werden sollten. Die Bemessung der
Sittenwidrigkeit kann unterschiedlich ausgelegt werden, laut
Sozialgerichtsurteilen beginnt dies abhängig von der Tätigkeit bei Löhnen unter
6,-- € pro Stunde.
Es fehlt in
Erlangen schlichtweg die Angebotsstruktur an Einfacharbeitsplätzen in der Produktion
und in Dienstleistungen, sodass die Thematik eines arbeitsvertraglich
festgeschriebenen sittenwidrigen Stundenlohns größenmäßig relevant werden
könnte.
Wie Herr Schumacher
vom STMAS festgestellt hat, ist es der Auftrag des Jobcenters den SGB II
Empfänger weitgehend unabhängig vom SGB II Bezug zu machen. Aus dieser Warte
heraus besteht unmittelbar der Auftrag, eine leistungsgerechte Entlohnung auf
möglichst hohem Niveau als Ziel einer Integration zu erreichen.
Fazit: Zum einen hat das Jobcenter nicht die
Kompetenz eigenständige Standards zu setzen. Zum anderen zeigt die Praxis, dass
die Personalvermittlung der GGFA keine Vermittlungen unter 8,50 € vorgenommen
hat. Die festgestellten Fälle beruhten auf Eigeninitiative der
Arbeitssuchenden.“
Die Vorlage wurde
am 25.06.2014 diskutiert, aber nicht beschlossen. Der HFPA bat um Vertagung und
formulierte einige Fragen (siehe Protokollvermerk – Anlage Nr. 3).
Zum
Protokollvermerk und den Fragen aus der HFPA-Sitzung wird wie folgt Stellung
genommen:
- Es wird um Information gebeten, wo eine Arbeit
begonnen wird (Firmen und Jobs), wenn eine Beschäftigung angenommen wird,
die unter dem zukünftigen Mindestlohn liegt. Es wird um eine Aufstellung
für das gesamte Jahr 2013 gebeten.
Diese Frage kann
aus Datenschutzgründen nicht beantwortet werden.
- Das Rechtsamt bzw. die Datenschutzbeauftragte
wird um Stellungnahme gebeten, ob es zulässig ist, dem (zukünftigen)
Arbeitgeber mitzuteilen, dass es sich bei dem Bewerber um einen Langzeitarbeitslosen
handelt, der nicht unter die Mindestlohnregelung fällt.
Hierzu hat das
Rechtsamt bereits im HFPA vom 24.09.14 Stellungnahme abgegeben.
- Es wird um eine Stellungnahme der
Gewerkschaften (insbes. verdi und NGG) gebeten.
Es liegt dazu eine
Antwort vom DGB Erlangen vor (siehe Anlage Nr. 4).
- Es wird eine Aussage gebeten, ob ein Verzicht
auf Sanktionen möglich ist, wenn die Vermittlung in eine Beschäftigung mit
weniger als dem Mindestlohn abgelehnt wird.
In der
Stellungnahmen zum Antrag der Linken vom 25.06.2014 wurde auf die
rechtsleitende Position des bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und
Soziales hingewiesen: d.h. in der Regel kann bis zur Einführung des
Mindestlohns nachrangig unterhalb des Mindestlohns vermittelt werden, wenn kein
Tarif vorliegt. Dies ist jedoch nicht das Arbeitsziel des Jobcenters.
Sanktionen können
im Beriech der Personalvermittlung (in nur wenigen Einzelfällen tatsächlich
praktiziert) eine vom Gesetzgeber notwendige Maßnahme darstellen, wenn
tatsächlich der Verdacht auf grundsätzliche Arbeitsverweigerung bzw.
Schwarzarbeit vorliegt.
Es geht somit um
eine Ermessensentscheidung bis ob bis zur Einführung des Mindestlohns eine
Verweigerung einer Vermittlung unterhalb des Mindestlohns sanktioniert wird.
Aufgrund der
Jobcenterinternen Zielvorgabe immer mindestens zum Mindestlohn zu vermitteln,
wurden keine Vermittlungen unterhalb des Mindestlohns durchgeführt
- Wie viele Menschen arbeiten Vollzeit und
erhalten ergänzend ALG 2?
Im Monat
September sind 107 Personen die in einem Vollzeitarbeitsverhältnis und erhalten
ergänzenden Leistungsbezug.
Die Stellungnahme
des Deutschen Gewerkschaftsbundes ist als Anlage Nr. 4 beigefügt.
Anlagen:
Anlage 1_Antrag der Erlanger-Linke – Stadtratsgruppe Nr. 065/2014 vom 29.04.2014
Anlage 2_Erklärung des Sozialforums
Anlage 3_Protokollvermerk aus der Sitzung des HFPA vom 25.06.2014
Anlage 4_Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes