Betreff
Neuerlass der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS/EWS)
Vorlage
30/003/2014
Aktenzeichen
III/30; VI/EBE
Art
Beschlussvorlage

Die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt Erlangen (BGS/EWS) (Entwurf vom 22.09.2014, Anlage 1.1., mit Gebietsabflussbeiwertkarte, Anlage 1.2) wird beschlossen.


1.   Ergebnis/Wirkungen
(Welche Ergebnisse bzw. Wirkungen sollen erzielt werden?)

Die Aufteilung der bisher einheitlichen Abwassergebühren in eine Schmutzwasser- und eine Niederschlagswassergebühr zum 01.01.2015 setzt die aktuellen rechtlichen Vorgaben um und führt zu einer höheren Gebührengerechtigkeit.
 

Die neuen Gebührensätze zum 01.01.2015 betragen für

- Schmutzwasser 1,73 €/m³ Frischwasserbezug (§ 10 Abs.1 Satz 2 BGS/EWS),

- Niederschlagswasser 0,39 €/m²/Jahr (§ 11 Abs. 5 BGS/EWS).
 

Diese Gebührensätze gelten für den Kalkulationszeitraum 2015/2016 und werden anschließend überprüft und ggf. angepasst.

Der bis 31.12.2014 geltende einheitliche Abwassergebührensatz von 1,89 €/m³ entfällt damit.

 

Die Stadt Erlangen bleibt damit auch weiterhin im Städtedreieck die Stadt mit den günstigsten Abwassergebührensätzen:

Schmutzwassergebühr (€/m³)                Niederschlagswassergebühr (€/m²/Jahr)

Erlangen                           1,73                 0,39

Fürth                                 1,80                 0,66

Nürnberg                          2,02                 0,65

Durchschnitt

Gesamtdeutschland *      2,13                 0,85

*(Quelle: DWA: Wirtschaftsdaten der Abwasserbeseitigung, Ausgabe 2014)

 

Stark vereinfachend lässt sich sagen, dass Durchschnittshaushalte durch die Einführung des Gebührensplittings circa gleich stark belastet werden. Haushalte im Geschosswohnungsbau werden oftmals entlastet. Gewerbebetriebe mit hohem Versiegelungsgrad und geringem Frischwasserbezug werden in der Regel belastet. Ein Berechnungsbeispiel, mit dem der einzelne gebührenpflichtige Haushalt seine künftige Gebührenbelastung ausrechnen kann, steht im Internet unter www.erlangen.de/abwassergebuehr (siehe Punkt 7 Informationsmaterial zum Download – Berechnungsbeispiel) zur Verfügung.

 

 

2.   Programme / Produkte / Leistungen / Auflagen
(Was soll getan werden, um die Ergebnisse bzw. Wirkungen zu erzielen?)

Um im Jahr 2015 weiterhin Abwassergebühren erheben zu können - erstmals getrennt nach Schmutzwasser- und Niederschlagswassergebühren -, muss die neue BGS/EWS zum 01.01.2015 in Kraft treten.

Der vorliegende, inhaltlich fortgeschriebene Satzungsentwurf war bereits Basis für die breit angelegte Bürgerinformation, die im Frühjahr 2014 gestartet wurde.

 

 

3.   Prozesse und Strukturen
(Wie sollen die Programme / Leistungsangebote erbracht werden?)

Voraussichtlich im Januar 2015 werden erstmals Gebührenbescheide für Niederschlagswasser an ca. 22.000 Grundstückseigentümer/Verwalter versandt.

 

Die Schmutzwassergebühren erhebt der EBE im sog. Verwaltungshelfermodell. Die Gebührenzahler erhalten seit 01.07.2014 einen gesonderten Bescheid des EBE über die derzeitigen Kanalbenutzungsgebühren (ab 01.01.2015: Schmutzwassergebühren). Diese Gebühren sind nicht mehr Teil der Verbrauchsabrechnung der ESTW AG. Die Stadt Erlangen ist nun wieder „Herrin“ des Gebührenerhebungsverfahrens und die ESTW AG lediglich unterstützende/
ausführende Dienstleisterin. Auf die Beschlussvorlage vom 22.10.2013, Vorlagennummer
EBE-V/024/2013, wird verwiesen.

 

Die Dr. Pecher AG, Erkrath, erstellte die notwendige Kostenträgerrechnung für die Aufteilung der Abwasserentsorgungskosten auf die Kostenträger Schmutz- und Niederschlagswasser. Darauf basierend wurden die Gebührensätze für Schmutzwasser i. H. v. 1,73 €/m³ und für Niederschlagswasser i. H. v. 0,39 €/m²/Jahr ermittelt.

 

Der Satzungsentwurf vom 01.06.2013 (siehe Beschlussvorlage vom 27.06.2013, Vorlagen-nummer EBE-V/022/2013) wurde fortgeschrieben und mit der Regierung von Mittelfranken und dem Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband abgestimmt. Neben redaktionellen/
verfahrenstechnischen Anpassungen ergaben sich aufgrund aktueller Rechtsprechung auch inhaltliche Änderungen:
 

-       Die sog. „Bagatellgrenze“ bei den Schmutzwasser-Absetzungsmengen wurde aus dem ursprünglichen Satzungsentwurf gestrichen. Die Bagatellgrenze hätte dazu geführt, dass insb. bei der Abrechnung der Gartenwasserzähler die Gebühren für Kleinmengen unter 10 m³ nicht mehr von EBE erstattet worden wären. Es bleibt somit – wie bisher – bei der bürgerfreundlichen Regelung, dass auch für zurückgehaltene Kleinmengen die Schmutzwassergebühren rückerstattet werden.

-       Die Einführung einer Gebührenpflicht für Drainage-Wasser (=Fremdwasser) begegnet ebenfalls rechtlichen Bedenken. Die Stadt würde einen Gebührentatbestand für eine grundsätzlich nicht zugelassene Einleitung schaffen. Wird ausnahmsweise die Einleitung von Drainage-Wasser erlaubt, kann die Stadt das dafür zu entrichtende Entgelt in der Einleitungsgenehmigung festschreiben.

 

Die Änderungen, die sich im Vergleich zur bisher geltenden BGS/EWS 2008 ergeben, sind der Synopse (siehe Anlage 2) zu entnehmen.

Auf folgende Punkte sei besonders hingewiesen:

1.    Einführung der Niederschlagswassergebühr (§ 11 BGS/EWS)

1.1 Maßstab Gebietsabflussbeiwert (GAB)

Der Maßstab GAB wurde wegen der Klarheit für den Bürger einerseits und des nach der erstmaligen Einführung geringen Verwaltungsaufwands andererseits gewählt. Die Niederschlagswassergebühr kann dadurch in Zukunft kosteneffizient erhoben werden, weil geringe Änderungen an der Versiegelungssituation eines Grundstücks i.d.R. keine Auswirkung auf die Gebührenbemessung haben und damit keinen Verwaltungsaufwand erzeugen. Die Stadt Erlangen zieht dadurch mit vergleichbaren Städten ihrer Größenordnung (z. B. Würzburg, Regensburg) gleich. Auch größere Städte wie München oder Augsburg erheben ihre Abwassergebühren nach diesem Maßstab.

 

1.2. Einzelveranlagung nach der tatsächlich einleitenden Fläche

Grundstücke, deren einleitende Fläche erheblich (mind. 20 % bzw. 250 m²) von der reduzierten Fläche abweicht, werden auf Antrag mit der tatsächlichen Fläche veranlagt. Laut Mustersatzung wären als mindeste Abweichungswerte für die Einzelfall-veranlagung 25 % bzw. 400 m² zulässig. Im Interesse der Bürgerinnen und Bürger wurde dieser Rahmen nicht voll ausgeschöpft.

 

1.3. Situation in den Büchenbacher Neubaugebieten

Die Büchenbacher Neubaugebiete wurden im modifizierten Mischsystem erschlossen, wobei das Niederschlagswasser in oberflächlichen Rinnen und Mulden abgeführt wird. Diese (weiterführenden) Rinnen und Mulden liegen auf öffentlichem Grund, müssen vom EBE unterhalten und gepflegt werden und leiten das Niederschlagswasser zu einem Vorfluter, wofür der EBE das entsprechende Wasserrecht vorhalten muss. Sie sind daher regulärer Teil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung und gebührenrechtlich wie ein unterirdisches Trennsystem zu behandeln. Die daran angeschlossenen Anwesen sind daher normal an der Gebührenlast zu beteiligen.

In einigen Bereichen der Büchenbacher Neubaugebiete wurden jedoch die ersten Meter der Entwässerungsrinnen den privaten Grundstücken zugemessen bzw. den dortigen Anliegern im Gemeinschaftseigentum verkauft. Gleichzeitig wurde eine dingliche Sicherung für die Entwässerungsanlage zugunsten der Stadt Erlangen im Grundbuch eingetragen. Dort mussten die Grundstückskäufer also zusätzliche Flächen zum regulären Quadratmeterpreis erwerben, die sie niemals selbstbestimmt nutzen können. Hier liegt daher eine ungerechtfertigte finanzielle Benachteiligung der Grundstücksbesitzer vor, die bei der Erhebung der Niederschlagswassergebühr im Verwaltungsvollzug berücksichtigt werden soll. Es ist dabei an eine zeitlich begrenzte teilweise Gebührenreduzierung aufgrund unbilliger Härte gem. § 163 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) gedacht.

Eine Regelung in der Satzung ist aufgrund der relativ geringen Fallzahl nicht erforderlich (unter 3% der Gebührenvorgänge). EBE erarbeitet derzeit zusammen mit dem Amt für Recht und Statistik eine tragbare Lösung.

 

1.4. Unterscheidung von Zisternen mit und ohne Notüberlauf

Für Dachflächen und versiegelte Bodenflächen, die in eine Zisterne ohne Notüberlauf entwässern, müssen keine Niederschlagswassergebühren gezahlt werden. Das gleiche gilt, wenn der Notüberlauf einer Zisterne in eine Versickerungsanlage oder in einen Vorfluter mündet. Diese Flächen sind nicht an die Kanalisation angeschlossen; das Risiko bei auftretenden Starkregen liegt beim Grundstückseigentümer.

Ist die Zisterne jedoch mit einem Notüberlauf an den Kanal angeschlossen, müssen alle dorthin entwässernden Flächen als angeschlossen gewertet werden, weil die Zisterne bei Starkregen oder in den Wintermonaten Niederschläge nicht ganz bzw. gar nicht mehr speichern kann und alles Regenwasser zum Kanal weiterleitet. Wer Regenwasser in Zisternen (oder auch Regentonnen) sammelt, spart jedoch Wassergebühren, da das gesammelte Wasser den Frischwasserverbrauch verringert.

Brauchwasserzisternen werden dagegen ganzjährig zur Speisung von Toilettenspülungen und Waschmaschinen genutzt. Das hierzu verwendete Regenwasser wird über Zwischenzähler gemessen und anschließend als Schmutzwasser und in den Schmutzwasserkanal eingeleitet. Um die gleiche Wassermenge nicht doppelt für Entwässerungsgebühren zu erfassen (einmal über die Niederschlagswassergebühr und anschließend noch einmal über die Schmutzwassergebühr) ist geplant, bei der Abrechnung der Einleitungsgebühren für Brauchwasserzisternen die hierin einleitende Dachfläche abhängig vom Speichervolumen der Zisterne ganz oder teilweise von der Niederschlagswassergebühr auszunehmen.

Auch für Zisternen ist eine Regelung in der Satzung aufgrund der geringen Fallzahlen nicht nötig.

 

2. Reduzierung der Gartenwasser-Pauschale (§ 10 Abs. 6 BGS/EWS)

Der Pauschalabzug bei den Schmutzwassergebühren für Gießwasser, die sog. „Gartenwasserpauschale“, wird derzeit von mehr als 9.000 Grundstückseigentümern in Anspruch genommen. Hintergrund der Reduzierung ist, dass Eigentümer großer Gartenflächen durch das Gebührensplitting bei der Bemessung der Niederschlagswassergebühren ohnehin profitieren. Die Beibehaltung der bisherigen Regelung zur Gartenwasserpauschale (je nach Gartengröße zw. 10 m³ und 120 m³) würde die Eigentümer großer Gärten unverhältnismäßig bevorzugen, was im Sinne der Gebührengerechtigkeit nicht zulässig ist.

Bisher konnte häufig beobachtet werden, dass kleine Haushalte mit großen Gärten eine pauschale Kanalbenutzungsgebühren-Ermäßigung erhalten, die so groß ist wie der gesamte Frischwasserbezug oder sogar noch darüber hinausgeht. Diese Haushalte zahlen dann keine Kanalbenutzungsgebühr, weil sie rechnerisch kein Abwasser einleiten.

Dies widerspricht Art. 8 Abs. 4 KAG, wonach Gebühren nach dem Ausmaß zu bemessen sind, in dem die Gebührenschuldner die öffentliche Einrichtung benutzen. Durch die Neuregelung werden diese offensichtlichen und rechtswidrigen Ungerechtigkeiten abgeschafft. Es ergibt sich eine größere Verteilungsgerechtigkeit für alle Gebührenschuldner (steigende gebührenrelevante Einleitungsmengen).

Wer große Mengen Frischwasser zur Gartenbewässerung nutzt, kann diese Mengen auch weiterhin über einen geeichten Gartenwasserzähler erfassen und erhält eine entsprechende Rückerstattung der Schmutzwassergebühren.

 

4.   Ressourcen
(Welche Ressourcen sind zur Realisierung des Leistungsangebotes erforderlich?   )

Die Mittel für die Gebührenumstellung (Erhebungsverfahren, Verwaltungshelfermodell) wurden bereits im Wirtschaftsplan EBE und in der Gebührenkalkulation berücksichtigt. Städtische Haushaltsmittel werden nicht benötigt.

 


Anlagen:

Anlage 1.1      Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt Erlangen

Anlage 1.2      Gebietsabflussbeiwertkarte

Anlage 2         Synoptische Darstellung der Änderungen der BGS/EWS