Betreff
Sachstandsbericht zum SGB II-Vollzug in der Stadt Erlangen von Sozialamt und GGFA
Vorlage
50/090/2012
Aktenzeichen
V/50/VOA - 2249
Art
Beschlussvorlage

Die Sachstandsberichte von Sozialamt und GGFA zum SGB II-Vollzug in Erlangen werden zur Kenntnis genommen.

 


1.      Aktuelle Zahlenentwicklung

 

Die Zahlen der SGB II-Leistungen beziehenden Personen in Erlangen (Anlage Tabelle 1, Personen) zeigen seit Beginn des Jahres eine weitgehend stabile Situation mit nur geringfügigen, jahreszeitlichen Schwankungen.

 

Dagegen ist bei der Arbeitslosigkeit in Erlangen (siehe Anlagen Tabellen 2 und 3) seit Jahresbeginn ein spürbarer Anstieg zu verzeichnen. Die Zahlen über die arbeitslosen Personen zeigen, dass dieser Anstieg überwiegend im Bereich der SGB II-Empfänger stattfindet – dies dürfte wohl ein Anzeichen dafür sein, dass der örtliche Arbeitsmarkt für diese Personengruppe kaum noch eine Aufnahmefähigkeit besitzt. Eine ähnliche Entwicklung scheint sich auch bei den überörtlichen Arbeitslosenquoten von Bund und Land – bei entsprechend höherem Ausgangsniveau – anzudeuten.

 

2.      Zielnachhaltedialog

 

Bekanntlich war nach dem neuen § 48 b SGB II zwischen der Stadt und dem BayStMAS für 2012 erstmals eine sogenannte Zielvereinbarung abzuschließen. Danach musste sich die Stadt zwar nicht zur Erreichung einer bestimmten Anzahl olympischer Goldmedaillen verpflichten, wohl aber zur Erreichung folgender Ziele für 2012:

 

·         Verringerung der Hilfebedürftigkeit in Form von Reduzierung der SGB II-Bundesleistungen gegenüber dem Vorjahr (Ziel 1)

·         Steigerung der Arbeitsmarktintegrationen gegenüber 2011 um 5 % (Ziel 2)

·         Reduzierung des Bestandes an Langzeitleistungsbeziehern um 2,5 % gegenüber 2011 (Ziel 3).

 

Ende Juli hat das BayStMAS erstmals eine Zwischenbilanz über die Zielerreichung im ersten Quartal 2012 gezogen. Danach liegen unsere Werte aus dem ersten Quartal 2012 sowohl bei Ziel 1, wie auch bei Ziel 3 im grünen Bereich – nicht jedoch bei Ziel 2. Die Reaktion des BayStMAS beschränkte sich im Wesentlichen auf die Feststellung, wonach das Potenzial in Erlangen noch besser ausgeschöpft werden sollte zur Erzielung noch besserer Ergebnisse – vor allem beim Vergleich in der Gruppe der besten deutschen Kommunen seien die Erlanger Zahlen nur unterdurchschnittlich.

 

Nach Auffassung der Verwaltung sollte die Bedeutung dieses neuen Instrumentes der Zielvereinbarungen nicht überbewertet werden – zumal jetzt erst einmal nur die Zahlen des 1. Quartals 2012 herangezogen werden konnten. Eine Bewertung der Sinnhaftigkeit und Eignung dieses Instrumentariums als Steuerungsinstrument, in das vor allem das BMAS große Hoffnungen zu setzen scheint, sollte einem späteren Zeitpunkt vorbehalten bleiben.

 

3.      Planungen des Bundes für 2013

 

Im August hat die Bundesregierung den Entwurf für den Bundeshaushalt 2013 vorgelegt. Für den Bereich des SGB II sind dabei folgende Ansätze vorgesehen:

 

 

Soll

2013

Soll

2012

Ist

2011

 

Beträge in Mio. €

Forschungen, Untersuchungen

13

12

8

Bundesbeteiligung KdU

4.600

4.900

4.855

Verwaltungskosten

4.050

4.050

4.339

Arbeitslosengeld II

18.760

19.370

19.384

Leistungen zur Eingliederung in Arbeit

3.900

4.400

4.445

Bundesmittel insgesamt

31.326

32.735

33.391

 

Aus diesen Zahlen lässt sich die offenkundige Zielsetzung ablesen, die Belastungen des Bundes aus dem SGB II‑Bereich Jahr für Jahr um etwa 1 Milliarde Euro zu verringern. Die Hauptlast dieser Reduzierung soll dabei offenbar auch weiterhin über eine deutliche Verringerung der, den Jobcentern zur Verfügung stehenden Eingliederungsmittel realisiert werden. In den bevorstehenden parlamentarischen Beratungen können natürlich noch Änderungen erfolgen – es zeichnet sich aber dennoch ab, dass auch in Zukunft mit weiter zurückgehenden Eingliederungsmitteln zu rechnen ist. Die konkret auf die Stadt Erlangen entfallenden Bundesmittel werden sich erst aus der Eingliederungsmittelverordnung 2013 ergeben, die für den Januar zu erwarten ist.

 

Darüber hinaus hat das BMAS auch im August einen Entwurf einer Regelbedarfsstufenfortschreibungsverordnung 2013 vorgelegt, nach der zum 01.01.2013 eine Anhebung der Regelsätze um 2,26 % vorgesehen ist.

 

 

derzeit

geplant

ab 01.01.2013

Regelbedarfsstufe 1

Regelbedarf für Alleinstehende, Alleinerziehende oder Leistungsberechtigte, deren Partner minderjährig ist

374 €

382 €

Regelbedarfsstufe 2

Regelbedarf für volljährige Partner der Bedarfsgemeinschaft

337 €

345 €

Regelbedarfsstufe 3

Regelbedarf für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft über 18 Jahre

299 €

306 €

Regelbedarfsstufe 4

Regelbedarf für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft unter 18 Jahre und für Leistungsberechtigte im 15. Lebensjahr

287 €

289 €

Regelbedarfsstufe 5

Regelbedarf für Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres

251 €

255 €

Regelbedarfsstufe 6

für Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres

219 €

224 €

 

Durch diese Anhebungen ergeben sich im SGB II-Bereich rechnerisch ca. 490 Millionen Euro jährliche Mehrausgaben, von denen ca. 25 Millionen Euro auf die Kommunalhaushalte entfallen sollen.

 

4.      Leistungsausschluss von Beziehern ausländischer Altersrenten aus dem SGB II

 

Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II erhält keine SGB II-Leistungen mehr, wer eine Altersrente oder vergleichbare Leistungen erhält. Für Personen im Rentenalter (in Deutschland derzeit ab 65 Jahren) greift dann die Grundsicherung im Alter.

 

Mit Urteil vom 16.05.2012 hat das Bundessozialgericht entschieden, dass ausländische Altersrenten mit einer deutschen Altersrente gleichzusetzen sind, auch wenn es sich nur um vergleichsweise geringe Geldbeträge handeln sollte und unabhängig davon, ob die betroffenen Personen tatsächlich noch arbeiten oder noch arbeiten möchten. Nachdem jedoch in einigen ausländischen Rentensystemen (z. B. Russland, Rumänien, Türkei, Griechenland, Polen) ein relativ frühzeitiger Beginn der Altersrente möglich ist (zum Teil schon ab 55 Jahren), führt dies zu einer – in doppelter Hinsicht – problematischen Konsequenz:

 

·         Bezieher ausländischer Altersrenten haben – selbst wenn sie erst 55 Jahre alt sein sollten – generell keine Ansprüche mehr nach dem SGB II, also auch keinerlei Ansprüche mehr auf Hilfen zur Integration in den Arbeitsmarkt. Dies gilt unabhängig von ihrem Lebensalter und unabhängig davon, ob sie noch erwerbstätig sind oder sein möchten. Sie erhalten stattdessen die Fürsorgeleistungen in vergleichbarer Höhe nach dem dritten Kapitel des SGB XII, und zwar auf Kosten des örtlichen Sozialhilfeträgers. Dieses Ergebnis wurde vom BayStMAS in Absprache mit dem BMAS bestätigt. Deutsche Leistungsempfänger sind hingegen grundsätzlich bis zum Erreichen der Rentenaltersgrenze von 65 Jahren verpflichtet, den Lebensunterhalt vorrangig und soweit möglich selbst durch den Einsatz eigener Fähigkeiten zu sichern.

 

·         In finanzieller Hinsicht scheidet diese Personengruppe aus der überwiegenden Finanzierungslast des Bundes (SGB II) aus. Ihr Lebensunterhalt ist bis zum Erreichen des vollendeten 65. Lebensjahres über das dritte Kapitel des SGB XII, also in alleiniger Kostenverantwortung der Stadt zu finanzieren. Betroffen sind in Erlangen – Stand Juli 2012 – insgesamt 20 Personen, bei weiteren 11 Personen läuft die Prüfung noch. In den 20 gesicherten Fällen sind bisher Bundesleistungen in Höhe von jährlich ca. 54.000 € angefallen, die künftig aus dem städtischen Haushalt zu bestreiten sind. Kämen die 11 weiteren Personen noch hinzu, dürfte sich die kommunale Mehrbelastung auf ca. 84.000 € jährlich belaufen.

 

5.      Bildungs- und Teilhabeleistungen – insbesondere Modellprojekt optimierte Lernförderung

 

Bei den Bildungs- und Teilhabeleistungen zeichnet sich in 2012 eine deutlich gestiegen Inanspruchnahme gegenüber den Zahlen von 2011 ab. Bei einigen Leistungsarten (Schulausflüge, Kita - Ausflüge, Lernförderung, Schulbedarf, soziale und kulturelle Teilhabe) sind bereits nach 8 Monaten insgesamt höhere Beträge ausgezahlt worden als für das gesamte Jahr 2011.

 

Das Modellprojekt „Optimierte Lernförderung“, das im Mai 2012 beschlossen wurde und an dem sich vier Erlanger Schulen beteiligen, ist mit Beginn des neuen Schuljahres angelaufen. Erfreulicher Weise konnte vor den Sommerferien hierzu auch die Zustimmung des staatlichen Schulamtes zur Durchführung dieses Modellprojekts erreicht werden.

 

6.      Externe Prüfungen

 

Im November 2011 fand im Auftrag des Bundesversicherungsamtes eine dreiwöchige Außenprüfung über die korrekte Berechnung und vollständige Abführung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Erlanger SGB II-Empfänger in den Jahren 2009 bis 2011 statt. Das Prüfungsergebnis vom 05.07.2012 bescheinigte unserer Sachbearbeitung eine außerordentlich geringe Fehlerquote mit einer vergleichsweise geringen Nachforderung an Beiträgen von 17.638,74 € und Säumniszuschlägen in Höhe von 1.196,50 €.

 

Trotzdem sind wir mit dem Prüfungsergebnis nicht einverstanden und haben unsere Einwände dem Prüfungsorgan übermittelt. So erscheint uns zum Beispiel insbesondere die sehr rigide Rechtsauffassung der Prüfer nicht nachvollziehbar, wonach tatsächlich erzieltes und bei der SGB II-Leistung angerechnetes Erwerbseinkommen dann bei der Berechnung des Krankenkassenbeitrages nicht herangezogen werden könne, wenn nicht für jeden einzelnen Monat eine schriftliche Lohnbescheinigung des Arbeitgebers in der Akte abgelegt ist. Dies ist nämlich bei monatlich gleichbleibender Lohnhöhe weder nötig noch üblich. Über unsere Einwände, die im Erfolgsfall noch zu einer deutlichen Reduzierung der Nachzahlung an Beiträgen und Säumniszuschlägen führen würden, ist derzeit noch nicht entschieden.

 

Daneben fand im Februar 2012 auch noch eine Prüfung der deutschen Rentenversicherung über die korrekte Abführung von Rentenversicherungsbeiträgen für SGB II-Empfänger in den Jahren 2009 und 2010 statt (die Rentenbeitragspflicht für SGB II-Empfänger endete bekanntlich durch Gesetzesänderung zum 31.12.2010). Die Prüfungsfeststellungen bestätigten auch hier erneut eine sehr gute Sachbearbeitung und weisen nur minimale Nachzahlungen aus (1.572,02 € an Beiträgen und 293,00 € an Säumniszuschlägen).

 

7.      Abschluss der BMAS-Prüfung zur Jahresabrechnung 2009

 

Mit Schreiben vom 19.07.2012 wurde die seit Langem erwartete BMAS-Prüfung über unsere Jahresabrechnung 2009 abgeschlossen. Dabei haben sich lediglich zwei Beanstandungen ergeben:

·           Im Verwaltungsbereich war das Jahresgehalt einer Mitarbeiterin versehentlich um 649,15 € zu hoch angesetzt. Der Betrag wurde selbstverständlich umgehend an den Bund zurückgezahlt.

·           Im Integrationsbereich wurden zwei Maßnahmen – ebenso wie in den Vorjahren – als nicht rechtmäßig und damit als nicht erstattungsfähig beanstandet (Nachholung von Hauptschulabschlüssen, Verbundausbildung). Die eigentlich daraus zu erwartende Rückforderung des Bundes in Höhe von 12.172,98 € wurde vom BMAS angesichts der mittlerweile nicht mehr eindeutigen Rechtslage vorerst zurückgestellt. Denn in der Zwischenzeit sind sozialgerichtliche Urteile (unter anderem vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen) verkündet worden, die dem Bund das Recht für derartige Rückforderungen gegenüber Optionskommunen absprechen. Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung bleibt insoweit also abzuwarten.

·           Weitere Beanstandungen waren in der BMAS-Prüfung unserer Jahresabrechnung 2009 nicht enthalten.

 

Die zeitliche Verzögerung dieser BMAS-Prüfung ist vermutlich auf einen personellen Engpass im BMAS zurückzuführen, der mit der Ausweitung der Anzahl von Optionskommunen um weitere 41 zkTs zum 01.01.2012 zusammenhängen dürfte. Möglicherweise wegen der oben beschriebenen Tendenz in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung, die dem Bund mit verfassungsrechtlichen Argumenten weniger direkte Prüfungs- und Rückforderungsansprüche einräumt, als vom BMAS gewünscht, wollte der Bund auf freiwilliger, vertraglicher Basis von den neuen Optionskommunen umfangreichere Prüfungs- und Rückforderungsrechte eingeräumt erhalten, als nach dem Gesetz vorgesehen. Da dazu nur eine Minderheit der 41 neuen Optionskommunen bereit war, verweigerte das BMAS der Mehrheit der neuen zkTs die Befugnis, die für den Bund verauslagten SGB II‑Ausgaben selbst aus dem Bundeshaushalt an die Kommune abzubuchen (diese Befugnis ist allen Altoptierern seit 2005 eingeräumt, um eine Vorfinanzierung von Bundesleistungen durch die Kommune zu vermeiden). Stattdessen erhält die Mehrheit der Neuoptierer lediglich eine monatliche Abschlagszahlung des Bundes – um den Rest der für den Bund verauslagten Ausgaben zu erhalten, müssen diese neuen Optionskommunen monatlich genaue und umfangreiche Abrechnungen einreichen, die alle vom BMAS im Detail geprüft werden müssen. Die sich daraus ergebende (unnötige) Mehrarbeit im BMAS dürfte zu einer Verzögerung bei den übrigen Prüfungsarbeiten und zur Notwendigkeit einer Personalaufstockung im BMAS geführt haben.

 

8.      Interne Arbeitsstrukturen in Erlangen

 

Innerhalb des Sozialamtes stehen im zweiten Halbjahr 2012 folgende Arbeitsschwerpunkte im Vordergrund:

·         Softwareertüchtigung und Vorbereitung auf die rechtzeitige Auszahlung der erhöhten Regelsätze 2013

·         Aufbau einer eigenen Ordnungswidrigkeitenstelle (diese Funktion wurde bisher von der bisherigen zentralen Owi-Stelle des Rechtsamtes wahrgenommen)

·         Überarbeitung der Organisationsstrukturen in der Abteilung 501 entsprechend den Ergebnissen einer externen Organisationsuntersuchung

·         Wiederaufnahme der Benchmarkaktivitäten der Optionskommunen ab September 2012, nachdem das zentrale, bundesweite Ausschreibungsverfahren durch den deutschen Städtetag und den deutschen Landkreistag für die Benchmarkaktivitäten aller 110 Optionskommunen zwischenzeitlich abgeschlossen ist und

·         weitere Optimierung, des, seit April laufenden Systems der Werkakademie (siehe hierzu der Sachstandsbericht der GGFA).

 


Anlagen:        - 1. Eckwerte zum SGB II

- 2. monatlicher Mittelverbrauch

                        - 3. Sachstandsbericht der GGFA