Betreff
Inklusion - Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in der Stadt Erlangen hier: SPD-Fraktionsantrag Nr. 101/2009 vom 23.03.2009 Antrag der Fratkon Grüne Liste Nr. 63/2010 vom 23.06.2010 SPD-Fraktionsantrag Nr. 64/2010 vom 24.06.2010 SPD-Fraktionsantrag Nr. 65/2010 vom 29.06.2010 SPD-Fraktionsantrag Nr. 49/2011 vom 10.05.2011
Vorlage
50/046/2011
Aktenzeichen
V/50/VOA - 2249
Art
Beschlussvorlage
  1. Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in der Stadt Erlangen ist eine dienststellenübergreifende und dauerhaft fordernde Aufgabenstellung für sämtliche städtische Dienststellen und Tochtergesellschaften. Auf die Umsetzungsvorschläge des Forums „Behinderte Menschen in Erlangen“ aus dem Workshop vom 04.05.2011 wird verwiesen. Die Vorschläge sind allen städtischen Dienststellen und Tochtergesellschaften zu übersenden.
  2. Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention durch umfassende Verwirklichung der Inklusion in allen Lebensbereichen ist viel zu komplex und zu vielgestaltig, um diese Aufgabe durch Formulierung eines, von einer einzigen Dienststelle aufzustellenden kommunalen Aktionsplanes gerecht werden zu können. Die Absicht des Forums „Behinderte Menschen in Erlangen“ für maximal drei Jahre bei einem Erlanger Behindertenverband eine feste Planstelle zu schaffen mit der alleinigen Aufgabenstellung, aus der Sicht der Betroffenen wichtige Inklusionsprojekte anzuregen und voranzutreiben, wird deshalb begrüßt. Zur Unterstützung diese Projekts sind im Budgetergebnis 2010 des Sozialamtes insgesamt 20.000 € reserviert.
  3. Die oben genannten Fraktionsanträge gelten damit als bearbeitet. Unabhängig davon sind alle Dienststellen der Stadtverwaltung jedoch verpflichtet, das Thema „Inklusion – Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention“ bei ihrer Arbeit umfassend zu berücksichtigen und den Stadtratsgremien gegenüber darüber jährlich Rechenschaft abzulegen.
    Bei der Formulierung der Arbeitsprogramme ist deshalb künftig das Thema „Inklusion – Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention“ grundsätzlich immer anzusprechen und ein entsprechender Handlungsbedarf, bzw. Verbesserungsmöglichkeiten ausdrücklich zu benennen.

 


1. Zielsetzung der BRK

Im Dezember 2006 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention – BRK). Die BRK schafft keine neuen Rechte für behinderte Menschen – sie knüpft vielmehr an die allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1946 an und konkretisiert diese für die Situation von Menschen mit Behinderung. Die allgemeinen Menschenrechte sind demnach so anzuwenden und auszulegen, dass sie auch von Menschen mit Behinderung gleichberechtigt in allen Lebensbereichen zur Anwendung kommen („Dabei sein – von Anfang an“). Ziel des Übereinkommens ist es, „den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern“ (Art. 1 Satz 1 BRK). Insbesondere die Art. 8 bis 30 BRK konkretisieren die Verpflichtungen der Vertragsstaaten um behinderten Menschen den Genuss der Menschenrechte und die selbstbestimmte Teilhabe in allen Lebensbereichen zu gewährleisten (insbesondere Bewusstseinsbildung, Abbau von Barrieren, persönliche Mobilität, Teilhabe am kulturellen Leben, Bildung und Ausbildung oder Arbeit und Beschäftigung).

 

Durch ein entsprechendes Transformationsgesetz ist die BRK am 26.03.2009 innerstaatlich umgesetzt worden und für Deutschland in Kraft getreten. Damit ist die BRK geltendes Recht – Bund, Länder und Kommunen sind verpflichtet an der Umsetzung der BRK mitzuarbeiten.

 

2. Vorliegende Fraktionsanträge zur Umsetzung der BRK in Erlangen

 

·       SPD-Fraktionsantrag Nr. 101/2009 vom 23.03.2009

Unter Hinweis auf das unmittelbar bevorstehende Transformationsgesetz vom 26.03.2009 wird von der SPD-Fraktion beantragt, eine Sondersitzung des SGA unter Beteiligung des ZSL und der Lebenshilfe, sowie unter Einbeziehung der anderen betroffenen Fachausschüsse durchzuführen. Dabei soll über das Thema „Umsetzung der BRK unter besonderer Berücksichtigung der kommunalen Ebene“ informiert werden. Gleichzeitig soll festgelegt werden, dass Baumaßnahmen im Rahmen des Konjunkturpaketes barrierefrei zu gestalten sind (Anmerkung der Verwaltung: Dieses Erfordernis ist durch die vom Stadtrat bereits mehrfach bekräftigte, Erklärung von Barcelona, bereits gesichert).

 

·       Fraktionsantrag Grüne Liste Nr. 63/2010 vom 23.06.2010

Die Verwaltung soll beauftragt werden gemeinsam mit dem Forum „Behinderte Menschen in Erlangen“, einen umfassenden Aktionsplan zur Umsetzung der BRK auf der örtlichen Ebene zu erarbeiten. Der Aktionsplan für Erlangen soll sich auf folgende Artikel konzentrieren: Art. 8 (Bewusstseinsbildung), Art. 9 (Zugänglichkeit/Barrierefreiheit), Art. 24 (Bildung), Art. 25 (Gesundheit), Art. 27 (Arbeit und Beschäftigung) und Art. 29 (Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben).

 

·       SPD-Fraktionsantrag Nr. 64/2010 vom 24.06.2010

Zur Umsetzung der BRK in Erlangen – konkret im Schwerpunktbereich Bildung – wird die Durchführung einer gemeinsamen Sitzung von Schulausschuss und Jugendhilfeausschuss unter Beteiligung von Behindertenorganisationen beantragt.

 

·       SPD-Fraktionsantrag Nr. 65/2010 vom 29.06.2010

Die Verwaltung soll beauftragt werden einen umfassenden Aktionsplan zur Umsetzung der BRK in Erlangen zu erarbeiten. Dabei ist Wert zu legen auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Forum „Behinderte Menschen in Erlangen“, mit anderen Behindertenorganisationen, mit möglichst vielen gesellschaftlichen Gruppen aus den betroffenen Bereichen, sowie mit allen betroffenen Ämtern und Einrichtungen der Stadt.

 

·       SPD-Fraktionsantrag Nr. 49/2011 vom 10.05.2011

Im Anschluss an den Workshop des Forums „Behinderte Menschen in Erlangen“ vom 04.05.2011 wird gefordert, die dort vorgestellten Vorschläge des Forums an die einzelnen Referate und Fachämter, sowie an die betroffenen Fachausschüsse weiterzugeben. Über den Stand der Umsetzung sollte jeweils in den Arbeitsprogrammen 2012 berichtet werden.

 


3. Umsetzungsvorschlag der Verwaltung

 

Die UN-Behindertenrechtskonvention zielt – unter Berufung auf die allgemeinen Menschenrechte – auf eine gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen. Daraus verpflichtet sind nicht nur alle staatlichen Ebenen (Bund, Länder, Kommunen), angesprochen sind auch alle Lebensbereiche (z. B. Mobilität, Bauen und Verkehr, Kultur, Bildung, Arbeit usw.). Angesprochen ist deshalb nicht nur eine städtische Dienststelle (Sozialamt) sondern angesprochen sind generell alle städtischen Dienststellen und die städtischen Töchter.

 

Zum Zweiten war klar, dass die Erarbeitung von Umsetzungsvorschlägen nur dann Erfolg versprechend sein kann, wenn die Vorschläge nicht einseitig von der Verwaltung formuliert werden, sondern wenn von Anfang an die Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen zugrunde gelegt werden und auch bei den einzelnen Umsetzungsschritten beachtet werden.

 

In einer Zusammenkunft des Forums „Behinderte Menschen in Erlangen“ im Oktober 2010 wurden deshalb zwischen dem Sozialreferat und dem Forum die ersten Umsetzungsschritte gemeinsam abgestimmt. Danach sollten zunächst die im Forum vertretenen Einzelpersonen und Verbände die aus ihrer Sicht vorrangigen Handlungsfelder benennen, sowie Ziele und Vorschläge für eine schrittweise Umsetzung der BRK in der Stadt Erlangen formulieren. Im Forum wurden dazu verschiedene Arbeitsgruppen gebildet. Die zusammengefassten Vorschläge dieser Arbeitsgruppen wurden dann in einem Workshop des Forums, das am 04.05.2011 im Ratssaal stattfand, den Vertreterinnen und Vertretern der Stadtratsfraktionen und der Verwaltung vorgestellt.

 

Die Wünsche, Forderungen und Vorschläge des Forums befassen sich jeweils in einem Kapitel mit den Bereichen Bewusstseinsbildung, Barrierefreiheit, barrierefreie Kommunikation, Bildung, Arbeit und Beschäftigung sowie Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben und umfassen sowohl grundsätzliche, allgemeine Zielvorstellungen, wie auch konkrete Umsetzungsvorschläge für den Bereich der Stadt Erlangen. Es entspricht dem Wunsch aller Beteiligten, dass jetzt im zweiten Schritt diese zusammengefassten Vorschläge des Forums „Behinderte Menschen in Erlangen“ an alle städtischen Dienststellen und an die städtischen Töchter weitergegeben werden mit dem Ziel, die Umsetzungsmöglichkeiten im eigenen Aufgabenbereich zu prüfen.

 

Da es sich dabei nicht nur um eine fach- und dienststellenübergreifende Aufgabenstellung handelt, sondern auch um eine längerfristige, bzw. dauerhaft zu berücksichtigende Zielsetzung, sollte das Thema „Inklusion – Umsetzung der BRK in Erlangen“ künftig in jedem Jahr in den Arbeitsprogrammen der städtischen Dienststellen angesprochen werden und über erreichte Erfolge, über eventuelle Verbesserungsmöglichkeiten und über weiter bestehende Handlungsbedarfe ausdrücklich Auskunft gegeben werden.

 

Nach Meinung der Verwaltung ist dieser Weg, die Eigenverantwortung der einzelnen Fachämter für Ihren jeweiligen Aufgabenbereich bei der Umsetzung der BRK zu betonen und eine regelmäßige Berichterstattung hierzu vorzusehen, für eine wirkungsvolle Umsetzung besser geeignet als einem einzelnen Amt die einmalige Aufgabe der zusammenfassenden Darstellung eines übergreifenden Aktionsplanes und Maßnahmekatalogs zu übertragen.

 

 

4. Weiterhin Leitfunktion der Behindertenverbände bei der Umsetzung der BRK in Erlangen

 

Um auch weiterhin eine tragende Funktion der Behindertenverbände bei der Umsetzung der BRK in Erlangen zu gewährleisten, wird derzeit folgende Planung vorangetrieben: Bei einem der im Forum vertretenen Behindertenverbände (voraussichtlich der Firma Access) soll eine hauptamtliche Stelle für drei Jahre geschaffen werden, deren Aufgabe darin besteht, die Umsetzung der BRK in Erlangen aus der Sicht der behinderten Menschen zu begleiten, Initiativen zu ergreifen und im Zusammenarbeit mit den städtischen Dienststellen voranzutreiben. Es wird angestrebt, einen großen Teil der Kosten dieser Planstelle über einen Zuschuss der Aktion Mensch zu decken. Aus dem Budgetergebnis 2010 des Sozialamtes ist nach dem SGA-Beschluss vom 11.05.2011 eine Summe von 20.000 € für die noch nicht gedeckten Kosten dieser Stelle reserviert. Auf diese Weise wird es den, im Forum zusammengeschlossenen Erlanger Behindertenverbänden zumindest für einen Zeitraum von drei Jahren ermöglicht, als treibende Kraft bei der Umsetzung der BRK in der Stadt Erlangen zu wirken – und damit auch die inhaltliche Ausrichtung dieser Aktivitäten aus der Sicht der behinderten Menschen wesentlich zu beeinflussen.

 


Anlagen:        1. SPD-Fraktionsantrag Nr. 101/2009 vom 23.03.2009

                        2. Antrag Fraktion Grüne Liste Nr. 63/2010 vom 23.06.2010

                        3. SPD-Fraktionsantrag Nr. 64/2010 vom 24.06.2010

                        4. SPD-Fraktionsantrag Nr. 65/2010 vom 29.06.2010

                        5. SPD-Fraktionsantrag Nr. 49/2011 vom 10.05.2011

6. Aktualisierte Vorschläge des Forums „Behinderte Menschen in Erlangen“

aus dem Workshop mit Stadträten der Stadt Erlangen im Rathaus am 04.05.2011