Betreff
Niederschrift über die 5. Sitzung des Baukunstbeirates am 16.09.2010
Vorlage
611/047/2010
Aktenzeichen
VI/611/T. 1335
Art
Mitteilung zur Kenntnis

Beiliegende Niederschrift über die 5. Sitzung des Baukunstbeirates am 16.09.2010 hat in der heutigen Sitzung zur Kenntnis gedient.


 

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

TOP 1: Zahn-, Mund- und Kieferklinik                
           
Ecke Glückstraße / Östl. Stadtmauerstraße

 

TOP 2: Errichtung einer Wohnanlage in der Jenaer Straße

TOP 3: Ergebnis Wettbewerb Thomas-Dehler-Straße

 

TOP 4: Mitteilungen zur Kenntnis/Anfragen/Sonstiges

 


TOP 1:  Zahn-, Mund- und Kieferklinik
             
Ecke Glückstraße / Östl. Stadtmauerstraße

Gutachten des Baukunstbeirates vom 16.09.2010

 

Das Gebäude der Zahn-, Mund- und Kieferklinik ist ein ausgesprochen plastischer Baukörper, der die typischen Architekturmerkmale der 70er-Jahre in sich trägt: ausgeprägte Horizontalität mit Sichtbetonbrüstungselementen, Bandfenster, zurückspringendes Erdgeschoss mit freigestellten Stützen, herausgestelltes Treppenhaus als markantes Gliederungselement im Zuge der Östlichen Stadtmauerstraße und ein zurückgesetztes, gestalterisch anders formuliertes oberstes Geschoss im Sinne einer klassischen Dreigliederung, welches durch eine geschosshohe „Schattenfuge“ vom zweigeschossigen Basiskörper auf Stützen abgesetzt ist.

 

Schäden durch mangelhaften Bauunterhalt und energetische Maßnahmen erfordern eine umfassende Sanierung bei laufendem Betrieb. Nun diesem Bau ein neues „Glitzerkleid“ mit Glaspaneelen in der Signetfarbe Ultramarinblau überzustülpen, ist nach Auffassung des BKB zu weit vom Charakter der originären Architektursprache entfernt. Auch wird es dem farblich eher zurückhaltend gestalteten Stadtraum nicht gerecht. Die bessere Strategie ist es ohnehin, dem ursprünglichen Architekturkonzept auf die Spur zu kommen und diesem zu einer besseren Erscheinung zu verhelfen als ihm eine Maske zu geben.

 

Auf die extrovertierte Farbigkeit der ersten Entwurfsfassung hat der Bauträger bereits reagiert: die Variante 2 mit einer Bänderung in Grau wird dem Ort und dem Bau deutlich gerechter.

 

Der BKB ist aber weitergehend der Auffassung, dass auch die Plastizität der Fassade erhalten werden sollte. Sie trägt entscheidend dazu bei, den fünfgeschossigen Baukörper in den Ort zu integrieren. In diesem Zug ist zu prüfen, ob nicht der Austausch der Sichtbetonelemente eine mindestens kostenneutrale Alternative ist. Die heutige Betontechnologie hält wesentlich dauerhaftigere Elemente bereit.

 

Es ist dem BKB wichtig, dass sich die plastische Gliederung auch in der Farbigkeit widerspiegelt. Folgende Fassadenabschnitte sollten durch eigene Farben differenziert werden: das zurückgesetzte Erdgeschoss, die „Schattenfuge“ (3. OG), das oberste Geschoss und der Zwischenbaukörper („Gelenk“) zum östlichen Nachbargebäude.

 

Die Ecken der Fensterbänder sind transparent und nicht opak auszubilden, um den Charakter des umlaufenden „Bandes“ nicht aufzuheben. Glaspaneele sind nur im Zuge der Fensterbänder einzusetzen, ansonsten sind z.B. beschichtete Paneelbleche mit Struktur besser als stark reflektierende und spiegelnde Gläser. Das Liniennetz der Pressleisten ist unter gestalterischen Aspekten sorgfältig zu planen.

 

Die auf die derzeit dargestellte Pfosten-Riegel-Fassade aufgesetzten Kästen der Sonnenschutzanlagen sind grundsätzlich zu hinterfragen. Allerdings lässt sich hier durchaus eine bessere Integration der Anlagen finden, wenn die oben angeführte plastische Ausbildung bzw. ein Austausch der Betonfertigteilbrüstungen zur Ausführung kommen sollte.

 

Für die künftige Begutachtung der Farbigkeit sind Vor-Ort-Termine mit großflächigen Mustern unerlässlich. Außenfarben können nicht im Innenraum entschieden werden.

 

Der BKB bittet um Wiedervorlage.

 

 

Der Vorsitzende:                                                        Der Berichterstatter:
gez. Prof. Niederwöhrmeier                                           gez. Willmann-Hohmann

 


TOP 2: Errichtung einer Wohnanlage in der Jenaer Straße

 

Gutachten des Baukunstbeirates vom 16.09.2010

 

Die viergeschossige Wohnanlage schließt die städtebauliche Neuordnung auf dem Gelände der ehem. Fa. Frieseke & Höpfner nördlich des Bachgrabens ab. Die Auflockerung der geschlossenen Blockbebauung wie noch im Bebauungsplan dargestellt – in nunmehr 5 einzelne Baukörper wird als sinnvolle Weiterentwicklung erachtet. Offene Räume zwischen den Bauten verknüpfen Nachbarschaften und sorgen für Besonnung und Durchlüftung im gut gestalteten Binnenbereich.

 

An den Straßen werden in Höhe dieser Zwischenräume Nebenanlagen für Fahrräder und Müll angeordnet. Normalerweise liegen diese nicht so prominent, sondern eher an den Giebelwänden. Hier wird aber durch die Landschaftsarchitekten das Argument einer weiteren Raumschicht – auch soziale Kontrolle bewirkend - angeführt, was nachvollziehbar ist. Dies bedingt allerdings, dass die Nebenanlagen somit zur Straßenraum begleitenden „Visitenkarte“ werden und folglich in enger Abstimmung mit den Landschaftsarchitekten einer überzeugenden architektonischen Qualität hinsichtlich Konstruktion, Detail, Werkstoff und Farbe zugeführt werden müssen.

 

Die Bauten 1, 2 und 4 sind Laubengangtypen. Diese Planungsentscheidung verwundert und hält auch unter eingehender Abwägung aller Vor- und Nachteile nicht überzeugend stand. Gerade die Bauten 2 und 4 könnten durch eine Zweispänner- bzw. Dreispännerorganisation eine deutlichere Adressenbildung erfahren und vor allen Dingen der Wohnqualität eine höhere Stufe verleihen. Ost-West-Orientierungen der Wohnungen gestatten ein Durchwohnen, eine Durchsonnung und eine bessere natürliche Ausleuchtung der Räume. Gerade in Verbindung mit den durchlaufenden Balkonen bzw. Gängen ist aber bei der vorgelegten Lösung die natürliche Belichtung in den Kernzonen der Grundrisse stark eingeschränkt, was im täglichen Gebrauch zu einem relativ hohen Kunstlichtanteil und damit Energieverbrauch führt. Die Wohnungen in Bau 4 haben zudem keinen nennenswerten Bezug zum Binnenbereich.

 

Der BKB empfiehlt, die Planung gründlich zu überprüfen.

 

Die Fassaden werden durch die Balkonbänder und Laubengangbrüstungen wesentlich bestimmt. Die Leichtbauweise der Brüstungen mit bunten (weinroten und anthrazitfarbigen) Faserzementplatten ist grundsätzlich zu hinterfragen. Die oben bereits kritisierte Belichtung der Innenräume wird durch die unter den Brüstungen ansetzende Bekleidung der Stahlträger („Stürze“) weitergehend erheblich eingeschränkt. Auch das freie Spiel der Stützen kann nicht überzeugen. Die Konstruktion muss daher nach Auffassung des BKB einer Überarbeitung unterzogen werden. Der BKB empfiehlt, z.B. die Ausführung mit Sichtbetonfertigteilelementen zu erwägen.

 

Das Terrassengeschoss ist zu wenig ausgeprägt. Rücksprünge im Zentimeterbereich reichen nicht. Lediglich farbliche Differenzierungen bei durchgehenden Bauteilen (Wände, auch Fensterbänder) sind ebenfalls ein ungeeignetes Gestaltungsmittel. Richtiger wäre es, die Fassade in einer Ebene bis zum Pultdach zu führen. Gliederungen durch loggienartige Einschnitte sind denkbar.

 

Unter ähnlichen Gesichtspunkten sind die Seiten mit den Hauseingängen und den Laubengängen zu bewerten. Auch hier liegen verschiedene Bauelemente und Werkstoffe in einer Ebene. Solche Fügungen sind architektonisch nicht richtig. Es kann z.B. erwogen werden, die Brüstungen der Laubengänge in der Art der Wände – dann durchaus in einer Ebene mit den seitlichen Außenwänden bzw. dem Treppenhaus liegend – auszuführen.

 

Die Hauseingänge mit den zu kleinen Vordächern sind zu überdenken. Sie sollten eher in der Wohnungsaußenwandebene zurückversetzt liegen. Auf die schrägen Zugänge über Eck vor den Treppenhäusern hin zu den Wohnungstüren im EG sollte unbedingt verzichtet werden. Eine direkte Zugänglichkeit zu den Erdgeschosswohnungen von der Straße aus ist zu überlegen. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob die Entwässerungsrinne mit der Hecke unmittelbar vor der Hauswand sinnvoll ist. Die Eingangszone an der Ostseite von Haus 3 ist sogar äußerst kritisch zu beurteilen.

 

Die Laubengänge müssen – wenn sie trotz der oben angeratenen Überprüfung - zur Ausführung gelangen, auch sozialen und psychologischen Belangen Rechnung tragen. Die Wohnungseingangstüren sind räumlich zu differenzieren (z.B. halböffentliche Vorzonen etc.). Beim Haus 4 sind raumhohe optische Bezüge zum Binnenbereich bis hin zu kleinen, den Wohnungen gewidmeten Balkonen denkbar.

 

Die Wohnungsgrundrisse weisen zahlreiche unvorteilhaft proportionierte Räume auf. Die Nutzbarkeit muss über Regel-Möblierungen geprüft werden. In diesem Zusammenhang wird auch auf die innere Erschließung der Wohnungen hingewiesen. Verwinkelte Flure und ungünstige Lagen von Türen etc. sind zu vermeiden.

 

Der BKB bittet um Wiedervorlage.

 

 

Der Vorsitzende:                                                     Der Berichterstatter:
gez. Prof. Niederwöhrmeier                                      gez. Willmann-Hohmann

 

 


TOP 3: Ergebnis Wettbewerb Thomas-Dehler-Straße

 

Gutachten des Baukunstbeirates vom 16.09.2010

 

Frau Willmann-Hohmann und Prof. Dr. Niederwöhrmeier als Vorsitzender des Preisgerichts berichten vor den Plänen der 4 Preisträger über das Verfahren, die Preisgerichtssitzung und das Ergebnis des Realisierungswettbewerbs Wohnquartier nördlich der Thomas Dehler Straße im Röthelheimpark. Frau Messmer von der ARGE Rößner, Waldmann, Franke, Messmer aus Erlangen/Emskirchen mit Landschaftarchitekt Tautorat, Fürth, die den ersten Preis erhalten hat, erläutert die Überlegungen im Entwurfsprozess.

 

Der BKB begrüßt ausdrücklich dieses Wettbewerbsverfahren, zumal es in überzeugender Weise gezeigt hat, dass auch Investoren bzw. Investorengemeinschaften in alternativen Verfahren einen Gewinn sehen, der ihren Investitionen und geschäftlichen Erfolgen eine höhere Qualität und dem Objekt einen Mehrwert gibt.

 

 

 

Der Vorsitzende:                                                        Der Berichterstatter:
gez. Prof. Niederwöhrmeier                                           gez. Willmann-Hohmann

 

 

 

 

 

 

 

TOP 4: Mitteilungen zur Kenntnis/Anfragen/Sonstiges

 

Protokollvermerk des Baukunstbeirates vom 16.09.2010

 

 

Nächste Sitzung des BKB: Donnerstag, 11.11.2010, „Museumswinkel“ Gebäude C 1, EG.

 

Folgende Sitzungstermine: 16.12.2010, 03.02.2011, 07.04.2011.

Die weiteren Termine 2011 werden im Sitzungskalender mitgeteilt werden.

 

 

 

Der Vorsitzende:                                                     Der Berichterstatter:
gez. Prof. Niederwöhrmeier                                      gez. Willmann-Hohmann

 

 


Anlagen: