Stellungnahme zu dem o. a. Fraktionsantrag:
Bürgerhaushalte stellen eine neue Qualität der Beteiligung dar, die insbesondere durch Rechenschaftslegung über den Umgang mit Vorschlägen der Bürger erreicht wird. Nach Schrifttum sind folgende fünf Bedingungen für einen Bürgerhaushalt zu erfüllen:
- Im Zentrum der Beteiligung stehen finanzielle Angelegenheiten, es geht um begrenzte Ressourcen.
- Die Beteiligung findet auf der Ebene der Gesamtstadt mit eigenen politischen und administrativen Kompetenzen statt. Ein Stadtteilfonds allein ohne Partizipation auf der gesamtstädtischen Ebene ist kein Bürgerhaushalt.
- Es handelt sich um ein auf Dauer angelegtes und wiederholtes Verfahren. Ein einmaliges Referendum zu haushalts- oder steuerpolitischen Fragen ist kein Bürgerhaushalt.
- Der Prozess beruht auf einem eigenständigen Diskussionsprozess, der mittels Internet oder Versammlungen bzw. Treffen geführt wird. Eine schriftliche Befragung allein ist demnach kein Bürgerhaushalt. Ebenso nicht die bloße Öffnung bestehender Verwaltungsgremien oder Institutionen der repräsentativen Demokratie.
- Die Organisatoren müssen Rechenschaft in Bezug darauf ablegen, inwieweit die im Verfahren geäußerten Vorschläge aufgegriffen und umgesetzt werden.
In Deutschland gibt es einige wenige Beispiele mit der Implementierung von Bürgerhaus-halten, so z.B. Köln oder Potsdam (bei einer Präsentation im Dezember 2007 wurde dort von einem Bürger kritisiert: „Es grenzt schon an Zynismus, in einer Zeit, in der die Mittel gegen Null tendieren, die Bürger zu beteiligen“).
Für Erlangen ist folgende Position zu formulieren: Ohne
Einbindung der Mitarbeiter aus der Abt. 201 Haushalt wird die Entwicklung eines
Bürgerhauses nicht möglich sein. Die Mitarbeiter in dieser Abteilung sind aber
seit Jahren durch die Einführung der Doppik extrem belastet. Von einem
Abschluss der ersten Phase des Projektes mit Erstellung und Prüfung von
Eröffnungsbilanz und erstem Jahresabschluss kann aller frühestens ab 2011
gesprochen werden, wahrscheinlich eher später. Ungelöst sind nach wie vor die
Themen flächendeckende Kosten- und Leistungsrechnung, Innere
Leistungsverrechnung, Mieter-/ Vermietermodell, Budgetierung und Steuerung.
Auch an der besseren Verständlichkeit des neuen Haushalts ist noch zu arbeiten,
wie das Doppikseminar und der darauffolgende Antrag der Erlanger Linken gezeigt
hat.
Gerade in 2009 sind in der Kämmerei viele Themen liegen geblieben zum einen
wegen personeller Engpässe, zum anderen wegen zusätzlicher Aufgaben wie z. B.
die Gründung des gkU-IT. Deswegen die
dringende Bitte an den Stadtrat: Bevor die „Baustelle“ Doppik nicht weitgehend
abgeschlossen ist, bitte keine neue „Baustelle“ wie z. B. Bürgerhaushalt
eröffnen, die zu einer noch weiteren Arbeitsbelastung der 201 Mitarbeiter
führt. Die Frage des „Bürgerhaushalts ja oder nein“ sollte deshalb erst in
einigen Jahren – je nach Fortschritt der Doppikarbeiten – wieder aufgegriffen
werden.
Die Abstimmung erfolgt anhand des Abstimmungsskriptes. Der Antrag ist durch die Abstimmung bearbeitet.