Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.
Gemäß Beschluss 613/234/2023 soll die zum 01.01.2024 eingeführte Maßnahme „kostenloser Innenstadtbereich im ÖPNV“ von einer Evaluation begleitet werden. Die Vergabe der Evaluationsleistung an ein externes Gutachterbüro wurde aufgrund der Haushaltssituation abgebrochen. Stattdessen führt die Verwaltung die Evaluation in einem geringeren Umfang selbst durch. Die Evaluation wurde von der Verwaltung geplant und begonnen. Eine erste Fahrgast- und Passantenbefragung wurde am 17. und 19.12.2024 durchgeführt.
Bei der durchgeführten Befragung wurden an zwei Standorten insgesamt ca. 700 Passanten mit einem ausführlicheren Fragebogen und an fünf Bushaltestellen im kostenlosen Innenstadtbereich (kurz KIB) insgesamt ca. 1.500 Fahrgäste (dazu ca. 150 Fahrgäste in der City-Linie) mit einem verkürzten Fragebogen befragt. Insgesamt waren dies fast 2.400 Menschen. Neben direkten Fragen zum Themenkomplex „KIB“ wurden auch Fragen zum Verhalten in der Vergangenheit gestellt, um die fehlende Vorher-Befragung auszugleichen, sowie Fragen zum aktuellen Innenstadtbesuch, die zur Betrachtung weiterer Evaluationsindikatoren dienen sollen. Darüber hinaus wurden Informationen zur statistischen Einordnung und Abschätzung der Repräsentativität der Befragung abgefragt.
Insgesamt lässt sich absehen, dass die Wirkung vor allem aufgrund des konkurrierenden Deutschlandtickets deutlich geringer ist als erhofft.
Erste Erkenntnisse der Befragung sind folgende:
Deutschlandticket
Die Einführung des Deutschlandtickets war zum Zeitpunkt der Konzeption der Maßnahme noch nicht absehbar. Die Maßnahme wird davon jedoch massiv unterlaufen, weshalb die Nutzung des KIB überraschend gering scheint. Circa 81 % der Fahrgäste besitzen eine Zeitkarte für mindestens einen Monat (ca. 64 % der Fahrgäste besitzen das Deutschlandticket), weitere ca. 13 % einen Tages- oder Einzelfahrschein, da der KIB nicht die gesamte Fahrtstecke abdeckt. Damit nutzen nur ca. 6 % der Fahrgäste tatsächlich die kostenlose Beförderung. Es ist jedoch schwer abzuschätzen, welcher Anteil der aktuellen Deutschlandticket-Nutzenden andernfalls den KIB genutzt hätte. Das Deutschlandticket soll nach aktuellem Kenntnisstand auch über 2026 hinaus angeboten werden, sodass auch in Zukunft vorerst keine stärkere Nutzung der KIB zu erwarten ist.
Geringe Mitnahmeeffekte
Von den ca. 6 % KIB-Nutzern unter den Fahrgästen gaben zudem nur knapp die Hälfte (ca. 2,9 % der Gesamtfahrgäste) an, dass sie die Fahrt ohne KIB nicht durchgeführt hätten, und stellen so die eigentliche Zielgruppe dar. Der Mitnahmeeffekt derjenigen, die die Fahrt ohnehin mit dem ÖPNV durchgeführt hätten und somit ansonsten ein Ticket gekauft hätten, liegt bei nur ca. 1,9 % der Gesamtfahrgäste. Hinzu kommen ca. 1,3 %, die keine Aussage zu dieser Frage machten.
Werbung und Kennzeichnung / Verwechslung mit der
CityLinie
Die an den zwei Ständen befragten Passanten wiesen mit knapp 50 % eine deutlich geringere Quote an Zeitkarten-Inhabern auf. Unter den Befragten befanden sich je nach Standort bis zu ca. 31 %, die mit dem Kfz anreisten. Die Quote der Kfz-Anreisenden unter den Fahrgästen war mit ca. 4,5 % deutlich geringer. Betrachtet man nur die Fahrgäste der CityLinie war die Quote mit ca. 14 % deutlich höher.
Eine mögliche Erklärung dafür ist die offensive Darstellung auf der Außenhülle der E-Busse der CityLinie als kostenlos („Ich fahr dich gratis“), während der KIB-Gültigkeitsbereich an den Haltestellen nur durch die gelben (statt weißen) Haltestellenschilder angezeigt wird und auch auf den Fahrplanaushängen nicht weiter darauf hingewiesen wird. In den Gesprächen bei der Befragung wurde deutlich, dass diese farbliche Unterscheidung selbst unter den 75 % der Befragten, die bereits von der Existenz des KIB wussten, nur wenigen bekannt war und sich allgemein eine bessere Kennzeichnung gewünscht wurde. Dies führt dazu, dass die nur ca. drei Wochen vor dem KIB eingeführte kostenlose CityLinie in der Wahrnehmung oft mit diesem vermischt bzw. verwechselt wird. Anekdotisch wurde zudem berichtet, dass der KIB selbst unter den Fahrzeugführenden der Regionalbuslinien der Landkreise teilweise unbekannt ist und deshalb für Strecken, die gänzlich innerhalb des KIB liegen, ein Entgelt verlangt wurde.
Eine deutlichere Kennzeichnung der Haltestellen im Gültigkeitsbereich (etwa durch einen leicht lesbaren Plan des KIB bei den Fahrplanaushängen) sowie gezielte Werbung, die auch andere Zielgruppen als die bereits ÖPNV-Nutzenden erreicht (etwa Plakatwerbung an den Zufahrtsstraßen oder in den Parkhäusern) hat daher durchaus Chancen, noch vorhandenes Potential zu aktivieren.
Zusammenfassung
Insgesamt kann bereits jetzt festgehalten werden, dass selbst unter ÖPNV-freundlichsten Befragungsbedingungen (Winter mit saisonaler Nutzung; Umfeld Weihnachtsmarkt mit anlassbezogener Nutzung; KIB-Randhaltestellen unter der Annahme, dass hier die KIB-Nutzerquote am höchsten sein sollte) nur ein geringer Anteil der Fahrgäste tatsächlich die kostenlose Beförderung nutzt, d.h. die daraus resultierenden Einnahmeverluste an Fahrtgeldern gering ausfallen.
Weiteres Vorgehen
Daten zu weiteren Indikatoren, die zu einer vollständigen Evaluation der Maßnahme nötig sind, werden aktuell gesammelt und ausgewertet. Eine zweite Befragungsrunde ist für Ende Juni / Anfang Juli 2025 geplant, ein umfassenderer Evaluationsbericht kann nach deren Auswertung fertig gestellt werden. Wird die Maßnahme fortgeführt, ist eine halbjährliche Erhebung zur begleitenden Fortschreibung der Evaluation sinnvoll.
Einzelne Fragestellungen können zudem in einem geplanten Forschungsprojekt der Friedrich-Alexander-Universität in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Statistik und Stadtforschung zum Thema Mobilität vertieft betrachtet werden.
Zudem ist zum Zweck der Verhandlungen mit dem VGN über die von der Stadt Erlangen zu leistenden Kompensationszahlungen eine ergänzende Fahrgastzählung in den betroffenen Regionalbuslinien geplant, die Anfang Mai durchgeführt werden soll.
In Anlage 1 werden die gesamten Ergebnisse der vergangenen Befragung graphisch aufbereitet.
Anlagen: Anlage 1 – Auswertung der Fahrgast- und Passantenbefragung