- Das Ergebnis der Machbarkeitsstudie wird zur Kenntnis genommen.
- Die Verwaltung wird beauftragt, die Konzeption des Lern- und Gedenkorts gemeinsam mit den Projektpartnern weiter zu vertiefen und dabei die Stadtgesellschaft in geeigneter Weise einzubeziehen.
- Die Verwaltung wird beauftragt, in der weiteren Konzeption des Lern- und Gedenkorts den Vorschlag weiterzuverfolgen, eine Wegeverbindung auf dem Areal mit Bezug zu Behindertenrechten zu benennen. Der Fraktionsantrag 176/2024 ist damit erledigt.
- Der Vorschlag, den Platz vor dem Gebäude Schwabachanlage 10 nach Lucie Adelsberger zu benennen, wird zur Kenntnis genommen. Es wird empfohlen, den Vorschlag im Rahmen entsprechender Formate öffentlich vorzustellen.
1. Ergebnis/Wirkungen
(Welche Ergebnisse bzw.
Wirkungen sollen erzielt werden?)
Eingebettet in den im Entstehen begriffenen modernen Klinik- und Forschungscampus soll in den beiden verbliebenen Gebäuden der ehem. Heil- und Pflegeanstalt Erlangen und dem umliegenden Areal ein Lern- und Gedenkort entstehen. Er soll an die NS-Medizinverbrechen in Erlangen erinnern und dieses Erinnern mit gegenwärtigen und zukünftigen Fragestellungen der Medizinethik verbinden.
2. Programme / Produkte / Leistungen / Auflagen
(Was soll getan werden, um die
Ergebnisse bzw. Wirkungen zu erzielen?)
Aufbauend auf dem Rahmenkonzept aus dem Jahr 2020 und den Ergebnissen eines städtebaulichen und freiraumplanerischen Ideenwettbewerbs aus dem Jahr 2023 hat eine interdisziplinär besetzte Steuerungsgruppe aus Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Universitätsklinikum Erlangen und Stadt Erlangen (beteiligt: Amt 45, PET) eine Machbarkeitsstudie erarbeitet. Die Leitung der Steuerungsgruppe hat Prof. Christoph Safferling, Inhaber des Lehrstuhls Strafrecht, Strafprozessrecht, Internationales Strafrecht und Völkerrecht an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Direkter der Internationalen Akademie Nürnberger Prinzipien. Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit der Agentur chezweitz und dem Architekturbüro Hoskins Architects aus Berlin.
Die Studie beinhaltet ein Leitbild für den künftigen Lern- und Gedenkort, eine umfassende bauliche Analyse, konzeptionelle und bauliche Vorschläge für die Gestaltung, eine Analyse möglicher Besuchszahlen, eine Roadmap bis zur möglichen Eröffnung 2030 und eine Kostenschätzung. Den Schwerpunkt bildet dabei die detaillierte Konzeption eines Lern- und Gedenkort im ehemaligen Patiententrakt Schwabachanlage 10 auch im Hinblick auf einen ersten Entwicklungsschritt. Im Weiteren sind auch die Verbindungsstellen zwischen ehemaligen Gelände der Heil- und Pflegeanstalt und der Stadt zu betrachten. So könnte der Maximiliansplatz als Scharnier zwischen Innen- und Altstadt und dem künftigen Lern- und Gedenkort ausgebildet werden.
In den kommenden zwei Jahren gilt es, die nun vorliegenden Vorschläge zu vertiefen, um konkrete Planungs- und Bauleistungen vergeben zu können. Die Verwaltung wird diesen Prozess weiter maßgeblich mitgestalten und dabei die Stadtgesellschaft in geeigneter Weise einbeziehen. Die Studie wurde am 9. Januar 2025 öffentlich vorgestellt und ist online unter folgendem Link verfügbar: https://www.str1.rw.fau.de/2025/01/09/veroeffentlichung-machbarkeitsstudie-gedenk-und-lernort-heil-und-pflegeanstalt-erlangen/.
Mit Fraktionsantrag 176/2024 (Anlage 1) wird vorgeschlagen, in Anlehnung an die Nürnberger „Straße der Menschenrechte“ eine Wegeverbindung auf dem Areal als „Straße der Behindertenrechte“ zu benennen. In den konzeptionellen Ausführungen in der Machbarkeitsstudie ist dieser Vorschlag als „Pfad der Behindertenrechte“ ebenfalls enthalten. Die Verwaltung schlägt vor, den Vorschlag im Rahmen der anstehenden Konzeptvertiefung weiter zu bearbeiten. Es handelt sich aber formal nicht um eine Benennung von Straßen, Wegen und Plätzen nach dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz. Eine Straße im eigentlichen Sinne ist auf dem Areal nicht vorhanden. Was genau wie bezeichnet wird, ist offen und abhängig von der weiteren Konzeption.
Weiterhin haben die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), das Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin, die Medizinische Fakultät und das Universitätsklinikum Erlangen in einem gemeinsamen Brief (Anlage 2) an die Stadt vorgeschlagen, den Platz vor der Schwabachanlage 10 nach der Ärztin Dr. Lucie Adelsberger zu benennen.
Lucie Adelsberger (1895–1971) war eine herausragende jüdische Wissenschaftlerin und Medizinerin. Aufgewachsen in Nürnberg, promovierte sie in Erlangen und lieferte mit ihren Arbeiten in der Immunologie und Onkologie bedeutsame Beiträge zur medizinischen Forschung des 20. Jahrhunderts. Sie gehörte zu den wenigen Frauen, die während der Weimarer Republik für einen längeren Zeitraum am Robert-Koch-Institut in Berlin forschten. Zugleich steht sie exemplarisch für die medizinische Praxis unter den Bedingungen nationalsozialistischer Verfolgung: Als Häftlingsärztin im Vernichtungslager Auschwitz überlebte sie unter extremen Umständen und wurde später zu einer wichtigen Stimme des Gedenkens.
Eine Benennung des Platzes nach Lucie Adelsberger würde nicht nur ihre wissenschaftliche Exzellenz, sondern auch ihre biografische Bedeutung und ihr erlittenes Schicksal in angemessener Weise würdigen. Denn der Platz liegt inmitten des sog. Nord-Campus des Universitätsklinikums und ist eingerahmt von Gebäuden, in denen medizinische Spitzenforschung betrieben wird. Aufgrund seiner zentralen Lage ist davon auszugehen, dass er täglich von einer Vielzahl von Menschen passiert werden würde. Einziges Gebäude mit der Anschrift „Lucie-Adelsberger-Platz“ wäre der Lern- und Gedenkort. Als Jüdin war Lucie Adelsberger der Verfolgung der Nationalsozialisten ausgesetzt, sie durfte nicht mehr als Ärztin praktizieren und entkam dem Tod im Vernichtungslager Auschwitz nur knapp. Ein direkter Bezug zu den Opfern der Verbrechen in der Heil- und Pflegeanstalt besteht nicht. Mit der Benennung würde vielmehr eine jüdische Ärztin mit Bezug zu Erlangen gewürdigt, die trotz Verfolgung weiter praktizierte und so in dunkelsten Tagen Menschlichkeit und Medizinethik verkörperte. Die umliegenden Forschungsgebäude haben die Anschrift Kussmaulallee.
Angesichts dieser Rahmenbedingungen wird vorgeschlagen, den Vorschlag zur Benennung des Platzes nach Lucie Adelsberger den bisher im Prozess der Konzeption des Lern- und Gedenkorts beteiligten Akteuren zeitnah vorzustellen und dann über das weitere Vorgehen zu entscheiden.
Das gesamte Areal befindet sich im Eigentum des Freistaats Bayern, dem damit die Entscheidung über die Benennung der dortigen Straßen, Wege und Plätze obliegt. Es ist allerdings gängige Praxis, dass Benennungen auch vom zuständigen Fachausschuss des Erlanger Stadtrats beschlossen werden. Die Verwaltung strebt dieses Verfahren auch in diesem Fall an.
3. Prozesse und Strukturen
(Wie sollen die Programme /
Leistungsangebote erbracht werden?)
Zur Vertiefung der Machbarkeitsstudie wird die Verwaltung auch weiterhin mit den Projektpartnern zusammenarbeiten. Ein besonderer Fokus wird dabei auf der Einbeziehung der Stadtgesellschaft und von Angehörigen liegen. Etabliert ist das Forum, welches in der Vergangenheit bereits mehrfach getagt hat. Im Rahmen der Erstellung der Machbarkeitsstudie haben aber auch andere Formate wie ein World Café stattgefunden. In der Studie selbst wird die Bildung eines Inklusionsbeirats vorgeschlagen. Eine Überprüfung der Zusammensetzung des Forums und dessen Erweiterung um andere Interessenvertreter*innen wird erfolgen. Entsprechende Formate für die Einbeziehung der Stadtgesellschaft sind im weiteren Verlauf zu entwickeln.
Auf der strukturellen Ebene ist die Gründung einer Stiftung vorgesehen. Diese Stiftung wird Träger des Lern- und Gedenkorts. Ein Satzungsentwurf für die Stiftung liegt vor und ist im weiteren Verlauf des Jahres 2025 abzustimmen, so dass die Stiftung gegründet werden kann.
Große Teile des bisherigen Projekts wurden maßgeblich durch die Stadt Erlangen finanziert. Weitere Partner waren beteiligt, u.a. am Forschungsprojekt zur NS-„Euthanasie“. Die Machbarkeitsstudie wurde zu gleichen Teilen von Stadt und FAU finanziert. In der Zwischenzeit hat der Freistaat für die kommenden Jahre bis 2027 jeweils 200.000 Euro Mittel zugesagt. Für 2025 wurden diese Mittel schon in den Nachtragshaushalt des Innenministeriums aufgenommen. Die übrigen Mittel werden für den Doppelhaushalt 2026/2027 angemeldet. Die Federführung auf Seiten des Freistaats liegt beim Innenministerium.
4. Klimaschutz:
Entscheidungsrelevante Auswirkungen auf den
Klimaschutz:
ja, positiv*
ja, negativ*
nein
Wenn ja, negativ:
Bestehen alternative Handlungsoptionen?
ja*
nein*
*Erläuterungen dazu sind in der Begründung
aufzuführen.
Falls es
sich um negative Auswirkungen auf den Klimaschutz handelt und eine alternative
Handlungsoption nicht vorhanden ist bzw. dem Stadtrat nicht zur Entscheidung
vorgeschlagen werden soll, ist eine Begründung zu formulieren.
5. Ressourcen
(Welche Ressourcen sind zur
Realisierung des Leistungsangebotes erforderlich?)
Investitionskosten: |
€ |
bei IPNr.: |
Sachkosten: |
€ |
bei Sachkonto: |
Personalkosten (brutto): |
€ |
bei Sachkonto: |
Folgekosten |
€ |
bei Sachkonto: |
Korrespondierende Einnahmen |
€ |
bei Sachkonto: |
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Haushaltsmittel
werden nicht benötigt
sind vorhanden auf IvP-Nr.
bzw. im Budget auf Kst/KTr/Sk
sind nicht vorhanden
Anlagen: Fraktionsantrag 176/2024
Schreiben der FAU Oktober 2024