Die Geschäftsordnung für den Erlanger Stadtrat vom 28.10.2020 in der Fassung vom 16.02.2023/gültig ab 01.03.2023 wird wie in Anlage 1 (Entwurf vom 27.06.2024) dargestellt zum 01.08.2024 geändert.t
1.
Ausgangssituation
Der zwischen der Stadt Erlangen („Stadt“) und der Erlanger Stadtwerke AG („ESTW“) bestehende Konzessionsvertrag, der die Sparten Strom, Gas, Wasser und Wärme umfasst, endet am 31.12.2026. Vor diesem Hintergrund sind neue Konzessionsverträge für die einzelnen Sparten abzuschließen. Aufgrund der zwischenzeitlich geänderten Rechtslage sind für die einzelnen Sparten gesonderte Konzessionsverträge abzuschließen. Für die Sparten Strom und Gas ist ein Konzessionsverfahren gemäß den §§ 46 ff. EnWG durchzuführen. Es ist davon auszugehen, dass die ESTW sich in beiden Konzessionsverfahren als Bieterin beteiligen wird.
Die Stellung der Stadt als Gesellschafterin der ESTW hat unter anderem zur Folge, dass einzelne Mitglieder des Stadtrates ein sogenanntes „Doppelmandat“ innehaben. Dies bedeutet, dass einzelne Personen sowohl eine Stellung im Stadtrat als auch in einem Organ der ESTW (vorliegend im Aufsichtsrat) einnehmen. Vor dem Hintergrund der Wahrung des Neutralitätsgebotes im Konzessionsverfahren muss die Stadt daher Maßnahmen zur personellen und organisatorischen Trennung im Stadtrat treffen.
2. Rechtliche Rahmenbedingungen
Die Konzessionsverfahren nach §§ 46 ff. Energiewirtschaftsgesetzt (EnWG) sind transparent und diskriminierungsfrei durchzuführen. Aus dem grundlegenden Prinzip der diskriminierungsfreien Verfahrensdurchführung leitet sich insbesondere auch das Neutralitätsgebot ab. Dieses gebietet, dass die vergebende Kommune allen Bietern neutral gegenübersteht und keinem der Bieter Vor- oder Nachteile verschafft.
Die Neutralität der Kommunen bei der Durchführung von Konzessionsverfahren nach § 46 Abs. 2, 4 EnWG und das damit verknüpfte Thema der personellen und organisatorischen Trennung wird durch die Rechtsprechung stetig fortentwickelt. In den jüngsten (höchstrichterlichen) Entscheidungen zeichnet sich deutlich ab, dass die Anforderungen strikter werden.
In Konstellationen wie der vorliegenden, in der mit der Teilnahme eines kommunalen Beteiligungsunternehmens am Wettbewerb um die Konzession zu rechnen ist, ist das Neutralitätsgebot von zentraler Bedeutung. In diesen Konstellationen geht die Rechtsprechung aufgrund der Nähe zwischen Kommune und kommunalen Beteiligungsunternehmen regelmäßig von einem Interesse an dessen wirtschaftlichen Wohlbefinden und daher am Obsiegen im Wettbewerb aus. Zudem wird unterstellt, dass dieses Interesse insbesondere bei Personen mit Doppelmandat besonders ausgeprägt ist. Zugleich eröffnet die Doppelmandatsträgerschaft grundsätzlich eine unzulässige Möglichkeit eines Informationsflusses zwischen der vergebenden Kommune und dem kommunalen Bieter außerhalb der im Konzessionsverfahren vorgesehenen Kommunikationswege.
Die Thematik der personellen und organisatorischen Trennung in den kommunalen, politischen Gremien wurde insbesondere in der Entscheidung des Bundesgerichthofs zum Gasnetz Leipzig (Urt. v. 28.10.2020 – EnZR 99/18) vertieft behandelt. In dieser Entscheidung verdeutlichte der Bundesgerichtshof, dass eine Einflussnahme von Mitgliedern mit Doppelmandaten auf Konzessionsverfahren nach §§ 46 ff. EnWG auszuschließen ist. Insbesondere eine Einflussnahme im Rahmen der Beratung und Beschlussfassung über die Verfahrensunterlagen wird als besonders kritisch bewertet. Käme es dennoch zu einer Mitwirkung, müsste die Stadt darlegen und beweisen, dass ausgeschlossen ist, dass sich dies nicht auf die Entscheidung ausgewirkt hat. Jedenfalls unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Verfahren der Stadt Bargteheide (Urt. v. 12.10.2021 – EnZR 43/20), wird eine solche Beweisführung nur schwerlich möglich sein. Denn in dieser Entscheidung reichte es nach Ansicht des Bundesgerichtshofs aus, dass aufgrund als unzureichend bewerteter Maßnahmen zur personellen und organisatorischen Trennung ein böser Schein der mangelnden Neutralität geschaffen wurde, um einen Verstoß gegen das Neutralitätsgebot zu bejahen. In dieser setzte sich der Bundesgerichtshof zwar mit der personellen und organisatorischen Trennung in der Stadtverwaltung auseinander, jedoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Rechtsprechung künftig auch auf die personelle und organisatorische Trennung in den kommunalen, politischen Gremien übertragen werden wird.
Aufgrund der sich verschärfenden Anforderungen der Rechtsprechung an die Neutralität der Kommunen in Konzessionsverfahren nach §§ 46 EnWG ist an die Einhaltung der personellen und organisatorischen Trennung besondere Sorgfalt anzulegen.
Für die Vergabe der Konzessionen für Wärme und Wasser gelten die §§ 46 ff. EnWG zwar nicht, jedoch ergibt sich die Vorgabe eines transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens auch aus dem EU-Primärrecht und dem deutschen Kartellrecht. Für die Vergaben der Konzessionen für Wärme und Wasser gilt daher gleichermaßen das Neutralitätsgebot. Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage wird derzeit davon ausgegangen, dass beide Konzessionsverträge im Wege einer Inhouse-Vergabe ohne wettbewerbliches Verfahren direkt an die ESTW Stadtwerke AG vergeben werden können. Sollte entgegen dieser Annahme zukünftig doch eine Ausschreibung erforderlich sein, so wird auch in diesem Fall durch die Einrichtung und Zuständigkeit des Konzessionsausschusses das notwendige Maß an Neutralität und weitestgehende Diskriminierungsfreiheit gewährleistet.
3. Umsetzung der personellen und
organisatorischen Trennung im Stadtrat
Zur Umsetzung der personellen und organisatorischen Trennung im kommunalen, politischen Gremium wird in Bundesländern, in denen die Einrichtung beschließender Ausschüsse kommunalrechtlich zulässig ist, regelmäßig ein gesonderter Konzessionsausschuss eingerichtet. In Art. 32 Abs. 2 S. 1 Bayerische Gemeindeordnung (BayGO) ist die Bildung beschließender Ausschüsse ausdrücklich vorgesehen. Der Katalog des Art. 32 Abs. 2 S. 2 BayGO steht einer Übertragung der Durchführung von Konzessionsverfahren nach §§ 46 ff. EnWG auf einen beschließenden Ausschuss nicht entgegen.
Für die Übertragung auf einen beschließenden Ausschuss spricht insbesondere die dargestellte sich abzeichnende Tendenz der strengeren Anforderungen an die Wahrung des Neutralitätsgebots in der (höchstrichterlichen) Rechtsprechung.
Die Einrichtung eines Konzessionsausschusses, dem die Aufgabe der Durchführung der Konzessionsverfahren übertragen wird, bietet die Möglichkeit einer klaren Trennung zwischen der Stadt als vergebender Stelle und der ESTW als (potentieller) Bieterin auf der Ebene des Stadtrates. Bei der Besetzung der Mitglieder des Konzessionsausschusses ist hierbei darauf zu achten, dass alle Personen mit einer besonderen Nähe zu den ESTW, insbesondere alle Mitglieder des Aufsichtsrates, nicht Mitglied des Konzessionsausschusses werden und somit die Einflussnahmemöglichkeit auf das Konzessionsverfahren weitergehend minimiert wird.
Mit
der Übertragung der Aufgabe der Durchführung der Konzessionsverfahren nach §§
46 EnWG auf den Ausschuss, wird dieser insbesondere folgende Themen beraten und
beschließen: die Verfahrensunterlagen (insbes. Verfahrensbrief und
Auswahlkriterien), sofern erforderlich die Abhilfe-/ Nichtabhilfeentscheidungen
zu etwaigen Rügen sowie die Auswahlentscheidung.
Bei der Beratung und Beschlussfassung im
Konzessionsausschuss wird zu beachten sein, dass die dort geteilten
Informationen in Vorbereitung auf die Ausschusssitzungen (Beratungsunterlagen)
sowie in den Ausschusssitzungen lediglich den Mitgliedern des Ausschusses
zugänglich sind und nicht außerhalb des Konzessionsausschusses geteilt werden.
Die Einladung zur Sitzung erfolgt nur
schriftlich an die Ausschussmitglieder unter Beifügung der Tagesordnungspunkte.
Daher werden – ausnahmsweise – alle sitzungsbezogenen Unterlagen (z.B.
Beschlussvorlagen) erst zu Beginn einer jeden Sitzung im Sitzungsraum
ausgegeben. Es wird selbstverständlich ausreichend Zeit zur Kenntnisnahme
eingeräumt werden. In den Sitzungen werden je nach Bedarf Vertreter*innen der
Verwaltung sowie der in dieser Sache mandatierten Anwaltskanzlei Rödl &
Partner anwesend sein und den Sachbericht ergänzend erläutern. Am Ende der
Sitzung werden alle Unterlagen wieder eingesammelt und sicher verwahrt.
4. Klimaschutz:
Entscheidungsrelevante Auswirkungen auf den
Klimaschutz:
ja, positiv*
ja, negativ*
nein
Wenn ja, negativ:
Bestehen alternative Handlungsoptionen?
ja*
nein*
*Erläuterungen dazu sind in der Begründung
aufzuführen.
Falls es
sich um negative Auswirkungen auf den Klimaschutz handelt und eine alternative
Handlungsoption nicht vorhanden ist bzw. dem Stadtrat nicht zur Entscheidung
vorgeschlagen werden soll, ist eine Begründung zu formulieren.
5. Ressourcen
(Welche Ressourcen sind zur
Realisierung des Leistungsangebotes erforderlich?)
Investitionskosten: |
€ |
bei IPNr.: |
Sachkosten: |
€ |
bei Sachkonto: |
Personalkosten (brutto): |
€ |
bei Sachkonto: |
Folgekosten |
€ |
bei Sachkonto: |
Korrespondierende Einnahmen |
€ |
bei Sachkonto: |
|
Haushaltsmittel
werden nicht benötigt
sind vorhanden auf IvP-Nr.
bzw. im Budget auf Kst/KTr/Sk
sind nicht vorhanden
Anlagen: 1. Entwurf zur Änderung der Geschäftsordnung zum 01.08.2024 (Stand 27.06.2024)
2. synoptische Darstellung der geplanten Änderungen (Stand 27.06.2024)