Betreff
Einführung einer kostenfreien Innenstadtzone für den ÖPNV zum 01.01.2024 als dreijähriges Pilotprojekt
Vorlage
613/234/2023
Aktenzeichen
VI/61
Art
Beschlussvorlage

1.    Die Verwaltung wird beauftragt, eine kostenfreie Innenstadtzone für den ÖPNV zum 01.01.2024 als Pilotprojekt für einen Zeitraum von drei Jahren einzuführen.

2.    Die Verwaltung wird beauftragt, die erforderlichen vertraglichen Vereinbarungen zu schließen.

3.    Die notwendigen Finanzmittel für das Haushaltsjahr 2024 sowie für die mittelfristige Finanzplanung sind bei Referat II zum Haushalt anzumelden.

4.    Die Verwaltung wird beauftragt, ein Konzept für die begleitende Evaluation der Maßnahme zu erstellen, umzusetzen und fortlaufend durchzuführen.

 


1.   Ergebnis/Wirkungen
(Welche Ergebnisse bzw. Wirkungen sollen erzielt werden?)

Mit Beschluss 613/168/2022 wurde die Verwaltung beauftragt, Maßnahmen für die Umsetzung einer kostenfreien Innenstadtzone zum Tarifwechsel am 01. Januar 2024 vorzubereiten. Als Schritt eines Stufenkonzepts zur Verbesserung der Erreichbarkeit und Durchlässigkeit der Innenstadt wird die KlinikLinie bereits seit dem 01. Januar 2022 kostenlos angeboten.

 

Als nächsten Schritt soll neben der Einführung der CityLinie zum Fahrplanwechsel im Dezember 2023 die Ausweitung des kostenfrei nutzbaren ÖPNV-Angebots von einer einzelnen Linie auf eine Innenstadtzone zum 1. Januar 2024 ausgeweitet werden.

 

2.   Programme / Produkte / Leistungen / Auflagen
(Was soll getan werden, um die Ergebnisse bzw. Wirkungen zu erzielen?)

Ausgangslage

 

Die Innenstadt ist geprägt von einer hohen Auslastung an parkenden Kfz, wie bei den Auswertungen im Rahmen der Erarbeitung des Parkraumkonzepts festgestellt wurde. Die Aufenthaltsqualität leidet zudem unter Einschränkungen im Fußverkehr durch (auf-)parkende Kfz und unter eine Belastung durch Parksuchverkehr. Des Weiteren sind die Distanzen in der Innenstadt oft zu weit für eine fußläufige Erschließung, aber gleichzeitig zu kurz für die Bereitschaft, 2,60 € für ein Einzelticket im ÖPNV zu zahlen (siehe Anlage 1).

 

Die Innenstadt Erlangens stellt für umliegende Gemeinden das nächste Oberzentrum dar und es besteht ein hohes Pendleraufkommen über die Stadtgrenze hinweg. Während der öffentliche Raum in der Innenstadt durch Parker sehr stark belastet bzw. zeitweise sogar überlastet ist, befinden sich an deren Rand jedoch Parkhäuser und Parkplätze, die teilweise noch erhebliche freie Kapazitäten haben. Auch die südlich in der Innenstadt gelegenen Parkhäuser (z.B. Henkestraße / Neuer Markt) sind fußläufig insbesondere für die Altstadt zu weit entfernt.

 

Zielsetzung

 

Eine nachhaltige Entlastung der Innenstadt vom Kfz-Verkehr und eine Verbesserung der Aufenthaltsqualität sowie der Durchlässigkeit kann zielführend nur durch eine Verzahnung verschiedener Maßnahmen erreicht werden. Die kostenfreie Innenstadtzone ist daher nicht als reine Tarifmaßnahme zu betrachten, um grundsätzlich kostenfreien ÖPNV anzubieten. Sie gliedert sich vielmehr in eine Reihe von Maßnahmen ein, die ihre Wirkung gegenseitig verstärken.

 

Die kostenfreie Innenstadtzone dient als Katalysator für:

 

-       Höhere Durchlässigkeit der Innenstadt, Belebung der nördlichen Altstadt und des Einzelhandels

-       Reduzierung des Parksuchverkehrs und der Umweltbelastung durch den motorisierten Individualverkehr (MIV)

-       Gezielte Bündelung des MIV in Parkhäusern und Parkplätzen

-       Parkraumkonzept und neue Parkgebührenordnung

-       Vermeidung des bisherigen Nutzungshemmnisses des ÖPNV (2,60 € je Einzelfahrt)

-       Gleichzeitigte Integration der ursprünglich ohnehin kostenlos geplanten CityLinie

 

3.   Prozesse und Strukturen
(Wie sollen die Programme / Leistungsangebote erbracht werden?)

Tarifmodell und Genehmigung

 

Die Stadt Erlangen hat auf Basis der bestehenden Beschlusslage die Einführung einer kostenfreien Innenstadtzone im September 2022 beim Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) beantragt. Aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips im VGN muss diese Änderung der Tarifstruktur einstimmig von allen Grundvertragspartnern und Gesellschaftern getragen werden. Bereits Ende 2022 wurde das Vorhaben in den VGN-Gremien andiskutiert.

Der VGN hat daraufhin die tarifliche Umsetzungsmöglichkeit geprüft und der Stadt Erlangen sowie den Erlanger Stadtwerken Stadtverkehr GmbH (ESTW) vorgestellt.

 

Genehmigungsfähig umsetzbar sind drei Tarifvarianten, siehe Anlage 2. Neben der Ausweitung der bestehenden Regelung zur Kurzstreckenlösung (siehe KlinikLinie) und der Einrichtung eines „Nulltarif“-Bereichs ist als dritte Variante auch eine fahrscheinfreie Nutzung des ÖPNV im Geltungsbereich genehmigungsfähig. Letztere weist den großen Vorteil auf, dass keine gesonderte Fahrkarte ausgestellt werden muss, sondern Fahrgäste ohne Fahrschein im Geltungsbereich kostenfrei fahren können. Der Ausgleich der Mindereinnahmen erfolgt durch den VGN auf Basis seiner regelmäßigen Verkehrserhebungen. Es wurde sich daher mit dem VGN darauf verständigt, dass die fahrscheinlose Variante 3 als umzusetzendes Tarifmodell gewählt wird. Das fahrscheinlose Fahren wird im VGN-Verbundraum und darüber hinaus damit eine einzigartige Neuerung darstellen.

Das Ergebnis dieser Vorabstimmung und das Vorhaben wurde anschließend auch den unmittelbar von der Maßnahme betroffenen Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen präsentiert. Wie bereits bei den Diskussionen in den VGN-Gremien Ende 2022 wurden Bedenken bezüglich der Wirkung und der Strahlkraft eines solchen Vorhabens geäußert. Unter der Voraussetzung einer begleitenden Evaluation (siehe unten) und der Durchführung als ein zunächst befristetes Pilotprojekt könne aber eine Zustimmung erfolgen. Der VGN hat unter diesen Voraussetzungen die Durchführung des Projekts empfohlen.

 

Grundlagen und Annahmen der Innenstadtzone

 

Der Geltungsbereich der Innenstadtzone richtet sich nach dem Innenstadtbereich der Stadt Erlangen und ist deckungsgleich mit der Umgriffsdefinition aus dem Parkraumkonzept. Der Geltungsbereich und die betroffenen Haltestellen sind in Anlage 3 dargestellt.

 

Fahrgäste, die ausschließlich in der Innenstadtzone verkehren, können kostenfrei fahren. Dies betrifft alle in der Zone über den VGN-Tarif angebotenen ÖPNV-Leistungen. Fahrgäste, die sonst ein Ticket für eine einzelne Fahrt lösen würden, fahren somit kostenlos (Bartarif). Fahrgäste, die aber Zeitfahrausweise haben, fahren zum größten Teil vermutlich auch außerhalb dieser Zone. Der Anteil der Fahrgäste mit Zeitfahrausweisen, die sich zukünftig keinen Fahrausweis mehr kaufen, weil sie nur innerhalb der Innenstadtzone fahren, kann anhand der Verkehrserhebung nicht ermittelt werden. Daher muss dieser geschätzt bzw. verhandelt werden (siehe unten).

Einige Bushaltestellen sind weniger als 500m von der nächstgelegenen Bushaltestelle innerhalb der Innenstadtzone entfernt. Daher wurde angenommen, dass die Fahrgäste zur Innenstadtzone

laufen und dort ihre Fahrt beginnen.

 

Ausgleich der Mindereinnahmen

 

Durch die Kostenfreiheit der Innenstadtzone entstehen Mindereinnahmen bei den betroffenen Verkehrsunternehmen. Die Mindereinnahmen werden durch den VGN anhand seiner Verkehrserhebung, die zur Ermittlung der Fahrgeldeinnahmen dient, errechnet. Die Stadt Erlangen wird auf Basis einer vertraglichen Vereinbarung die Mindereinnahmen mit Berücksichtigung folgender Punkte ausgleichen:

 

-       Die Einnahmenansprüche aller betroffenen Verkehrsunternehmen sind auszugleichen.

-       Eine tarifliche Fortschreibung dieser Ausgleichszahlungen erfolgt (durchschnittliche Tariferhöhung).

-       Eine Fortschreibung dieser Ausgleichszahlungen mit Fahrgastzahlen, ausgegebene Stückzahlen bzw. der Verzicht darauf muss vertraglich vereinbart werden.

-       Bei Fortschreibung der Ausgleichszahlungen mit Fahrgastzahlen sind jährlich die unternehmensbezogenen Fahrgastzahlen für die betroffenen Linienabschnitte an die VGN GmbH zu melden; diese werden als Basis akzeptiert.

-       Über Einnahmenansprüche hinaus fallen Kosten für den entgangenen Schwerbehindertenausgleich nach § 231 Abs. 2 SGB IX an

-       Da nahezu keine Schüler betroffen sind, müssen Kosten für entgangenen Ausgleich nach § 45 a PBefG nicht ausgeglichen werden.

-       Der Schlüssel für die Ausgleichsleistung wird für die betroffenen Verkehrsunternehmen bis zu einer Neuregelung z.B. durch die Veränderung der Fahrgastzahlen festgeschrieben.

 

Unter der Berücksichtigung der oben genannten Effekte (Umsteiger von Monatskarten/Abos) wird die Annahme einer Maximalvariante in Höhe von 30 % Umsteigern vorgeschlagen.

 

Die Höhe des Mindesteinnahmenausgleichs beträgt mit diesen Annahmen für das Jahr 2024 rund 305.000 Euro zuzüglich der Tarifsteigerung im Jahr 2024.

 

Begleitende Evaluation

 

Die Wirkung der Maßnahme sowie deren Erfolg werden anhand von gemeinsam zu treffenden Kennziffern gemessen und bewertet (z.B. Fahrgastzahlen, MIV-Belastungszahlen etc.). Über den Fortgang wird anhand dieser Kriterien entschieden. Wie beschrieben, wurde in den oben genannten Abstimmungsterminen und VGN-Gremiensitzungen von Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen Bedenken und Kritik an der Maßnahme geäußert sowie auf mögliche negative Effekte hingewiesen. Die begleitende Evaluation sowohl positiver als auch negativer Effekte ist eine zentrale Voraussetzung für die Zustimmung der Vertragspartner und Gesellschafter. Nur unter diesen Voraussetzungen wurde eine Durchführung von der VGN GmbH empfohlen.

 

Die Verwaltung wird die Evaluation federführend konzipieren und durchführen. Die dadurch anfallenden Kosten werden von der Stadt Erlangen getragen. Die VGN GmbH bringt sich bei dieser Evaluation mit ihrem Fachwissen ein.

 

Weiteres Vorgehen

 

Nach den Abstimmungen im Frühjahr hat der VGN-Grundvertragsausschuss in seiner Sitzung am 11.05.2023 bereits einen Richtungsbeschluss für die Einführung der kostenfreien Zone mit den dargestellten Rahmenbedingungen gefasst. Nach Beschlussfassung durch den Erlanger Stadtrat kann der finale Beschluss in den VGN-Gremien im Juli erfolgen. Wird der Maßnahme hierbei final zugestimmt, erfolgt die Umsetzung zum Tarifwechsel am 01. Januar 2024.

 

Unabhängig hiervon wird auch die Umsetzung der CityLinie zum Fahrplanwechsel im Dezember 2023 vorangetrieben. Mit der Umsetzung der Innenstadtzone ist die CityLinie zum 01. Januar 2024 kostenfrei nutzbar.

 

 

4.   Klimaschutz:

 

Entscheidungsrelevante Auswirkungen auf den Klimaschutz:

 

             ja, positiv*

             ja, negativ*

             nein

 

Wenn ja, negativ:

Bestehen alternative Handlungsoptionen?

 

              ja*

              nein*

 

*Erläuterungen dazu sind in der Begründung aufzuführen.

 

 

Falls es sich um negative Auswirkungen auf den Klimaschutz handelt und eine alternative Handlungsoption nicht vorhanden ist bzw. dem Stadtrat nicht zur Entscheidung vorgeschlagen werden soll, ist eine Begründung zu formulieren.

 

 

5.   Ressourcen
(Welche Ressourcen sind zur Realisierung des Leistungsangebotes erforderlich?)

Investitionskosten:

bei IPNr.:

Sachkosten:

Je 305.000€ zzgl. Tarifsteigerungen in 2024, 2025, 2026

bei Sachkonto: 531501 Vorabdatierung: 61.547VGN

Personalkosten (brutto):

bei Sachkonto:

Folgekosten

bei Sachkonto:

Korrespondierende Einnahmen

bei Sachkonto:

Weitere Ressourcen

 

 

Haushaltsmittel

              werden nicht benötigt

              sind vorhanden auf IvP-Nr.      

                        bzw. im Budget auf Kst/KTr/Sk        

                    sind nicht vorhanden. Die notwendigen Finanzmittel für das Haushaltsjahr 2024 sowie für die mittelfristige Finanzplanung sind bei Referat II zum Haushalt anzumelden.


Anlagen:

Anlage 1: Innenstadtbereich – Distanzen, Parkplätze und Parkhäuser

Anlage 2: Tarifliche Umsetzungsmöglichkeiten

Anlage 3: Umgriff kostenfreie Innenstadtzone für den ÖPNV