Betreff
VGN-Strategieprozess 2022, Bericht zum Sachstand; Fraktionsantrag der Grünen Liste 068/2022: "Bericht zum 365€-Ticket", Dringlichkeitsantrag der Erlanger Linke 137/2022
Vorlage
13/134/2022
Aktenzeichen
OBM/PMA
Art
Beschlussvorlage

Der Bericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen. Der Antrag 068/2022 der Grünen Liste und der Dringlichkeitsantrag 137/2022 der Erlanger Linke sind damit bearbeitet.

 

 


1.    Ergebnis/Wirkungen
(Welche Ergebnisse bzw. Wirkungen sollen erzielt werden?)

 

Mit dem Fraktionsantrag 068/2022 beantragt die Fraktion der Grünen Liste eine Vorstellung des VGN-Gutachtens zum 365-Euro-Ticket sowie die Beantwortung weiterer Fragen zu Zukunft und Finanzierung des ÖPNV. Mit dem Dringlichkeitsantrag 137/2022 thematisiert die Erlanger Linke ein Schreiben von Vertretern des Bayerischen Landkreistages und des Bayerischen Städtetags aus dem VGN-Raum zum Bürgerbegehren für ein 365-Euro-Ticket in Nürnberg, das auch vom Oberbürgermeister unterzeichnet worden ist.

 

2.    Programme / Produkte / Leistungen / Auflagen
(Was soll getan werden, um die Ergebnisse bzw. Wirkungen zu erzielen?)

 

Vor dem Hintergrund der Forderungen nach Einführung eines 365-Euro-Tickets im VGN, u.a. auch im Rahmen eines erfolgreichen Bürgerbegehrens in Nürnberg, beauftragte der VGN im Jahr 2021 die Fa. civity mit der Erstellung eines Gutachtens, das die Einführung eines 365-Euro-Tickets im VGN zum Gegenstand hatte. Untersucht wurden dabei Kosten und Nutzen eines solchen Tickets in verschiedenen Modellen. Die Ergebnisse des Gutachtens wurden den Fraktionen und Ausschussgemeinschaften im Erlanger Stadtrat im Rahmen einer Videokonferenz am 15. November 2021 vorgestellt. Das wichtigste Ergebnis des Gutachtens ist dabei, dass Kosten und Nutzen der Maßnahme unter den gegebenen Finanzierungsvoraussetzungen des ÖPNV in Deutschlang in keinem akzeptablen Verhältnis stehen. Das Modell, welches dabei die größte Nachfragesteigerung erzielt, kommt bei einem Mitteleinsatz (Mindererlöse) i.H.v. von rund 100 Mio. Euro brutto pro Jahr auf eine Mehrnachfrage von nur 3,2 %. Der Gutachter empfahl daher, entsprechende Mittel für andere Maßnahmen zur Stärkung des ÖPNV (Angebotsausbau) einzusetzen. Über die anstehende Beschlussfassung des VGN in der Sache war im Rahmen der Videokonferenz ebenso informiert worden mit der Möglichkeit der Rückmeldung im Nachgang.

 

Die Aufgabenträger des ÖPNV haben sich im Grundvertragsausschuss des VGN in der Sitzung am 16. Dezember 2021 mit dem 365-Euro-Ticket befasst. Der Ausschuss ist dabei den Ergebnissen des Gutachtens gefolgt. Die Ergebnisse des Gutachtens zur Einführung eines 365-Euro-Tickets VGN für Alle zeigten, dass die Umsetzung der Tarifmaßnahme dauerhaft einen hohen finanziellen Einsatz erfordern würde, ohne dass dabei das ÖPNV-Angebot in seiner Substanz angemessen verbessert würde. Vor diesem Hintergrund sei die Einführung eines 365-Euro-Tickets VGN für Alle in einem verbundweiten Modell zum 1. Januar 2023 nicht möglich. Weiterhin stellte der Grundvertragsausschuss erneut fest, dass eine Einführung unter den Partnern im VGN unter den derzeitigen Rahmenbedingungen nicht konsensfähig sei.

 

In der Folge hat der Stadtrat der Stadt Nürnberg am 30. März 2022 vom Vorhaben Abstand genommen. In der Zwischenzeit wurden in Nürnberg erneut Unterschriften für ein Bürgerbegehren gesammelt. Der Bezirksverband Mittelfranken des Bayerischen Städtetags sowie des Bayerischen Landkreistags hat am 30. Juni in einem Schreiben an den Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg, Marcus König, die vor dem Hintergrund des Gutachtens ablehnende Haltung der übrigen Aufgabenträger im VGN zu einem 365-Euro-Ticket bekräftigt (vgl. Anlage). Ein Beschluss der Gremien des VGN für die Einführung eines 365-Euro-Tickets im Verbundraum ist weiterhin in keinster Weise absehbar.

 

Das aktuelle Bürgerbegehren wird von der Stadt Nürnberg als nicht zulässig eingestuft. Am 8. Juli ist der Stadtrat dieser Einschätzung gefolgt. Inwiefern es hier noch zu juristischen Auseinandersetzungen kommen wird, bleibt abzuwarten, die Diskussion in Nürnberg verläuft dynamisch.

 

Die Ergebnisse des Gutachtens zum 365-Euro-Ticket zeigen aus Sicht der Stadtspitze einmal mehr zwei Aspekte. Zum einen reicht es nicht aus, nur Änderungen am Preis vorzunehmen. Das Beispiel Wien zeigt im Gegenteil eindrücklich, dass parallel zum Preis auch an anderen Stellschrauben gedreht werden muss. In Wien wurde das ÖPNV-Angebot über Jahre massiv ausgebaut. Gleichzeitig wurde der vorhandene Parkraum eingeschränkt und stadtweit bewirtschaftet und verteuert. Durch Begrünung, Radabstellanlagen, Flächen für Außengastronomie und den ÖPNV wurde zudem dem motorisierten Individualverkehr konsequent vielerorts Fläche entzogen. Arbeitgeber beteiligen sich ebenso wie Bund und Land an der Finanzierung des ÖPNV.

 

Für all das fehlen zweitens in Deutschland die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Ein echter Quantensprung im Bereich des ÖPNV wird Kommunen in Deutschland erst gelingen, wenn Bund und Land sich deutlich stärker als bislang an der Finanzierung des ÖPNV beteiligen und die rechtlichen Rahmenbedingungen für Veränderungen schaffen. Die Stadt Erlangen setzt sich dafür im Rahmen der Gremien ein.

 

Im Zuge des sog. 9-Euro-Tickets ist auf Landes- und Bundesebene große Dynamik in die Diskussion um ÖPNV-Preise gekommen. Das Ticket war nach ersten Erhebungen stark nachgefragt, inwiefern es eine dauerhafte Stärkung des ÖPNV in Form einer deutlich erhöhten Mehrnachfrage bewirkt hätte, bleibt aktuell Spekulation. Eine Nachfolgeregelung für ein bundesweites Nahverkehrsticket ist im dritten Entlastungspaket der Bundesregierung in Aussicht gestellt, die konkrete Ausgestaltung zwischen Bund, Ländern und Verkehrsverbünden bleibt abzuwarten.

 

Eine (erneute) Vorstellung des Gutachtens in Erlangen für ein 365-Euro-Ticket im VGN erachtet die Verwaltung zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht als zielführend. Vielmehr sollten Entwicklungen in Nürnberg, insbesondere aber auf Bundes- und Landesebene, abgewartet werden.

 

Parallel ist bayernweit auch eine Diskussion über ein 365-Euro-Ticket für Studierende im Gange. Dazu lag in Erlangen ein Bürgerantrag vor, der durch den Stadtrat am 30. Juni 2022 für zulässig erklärt wurde. Die Verwaltung schlägt vor, dass die Stadt die Einführung eines 365-Euro-Tickets für Studierende im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützt (vgl. 613/189/2022).

 

 

3.    Prozesse und Strukturen
(Wie sollen die Programme / Leistungsangebote erbracht werden?)

 

Gemeinsam mit den Erlanger Stadtwerken als Verkehrsunternehmen arbeitet die Verwaltung in Erlangen im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten an der weiteren Stärkung des ÖPNV. Wichtige Maßnahmen in den vergangenen Jahren waren dabei u.a. die Neukonzeption der Linien 20 und 30 sowie der Linie 280. Mit den Linien wurden wichtige Pendelbeziehungen im Stadtgebiet und in die Nachbarlandkreise und -städte, insbesondere Nürnberg und der Landkreis Erlangen-Höchstadt, gestärkt - eine umfassende Diskussion im Rahmen des Verkehrsentwicklungsplanes war vorausgegangen. Zuletzt erfolgte mit der Einführung der Klinik-Linie die Stärkung des ÖPNV-Angebots in der nördlichen Innenstadt. Mit den Echtzeitauskünften (DFIS) auch für Regionalbusse wurde zudem der Service deutlich verbessert. Tariflich sticht die Einführung des Sozialtickets und die im Jahr 2021 ergänzte weitere Ermäßigung für Inhaber*innen des ErlangenPass für Fahrkarten im Stadtverkehr (Tarifzone 400/Tarifstufe C) heraus.

 

Weitere Maßnahmen im direkten oder indirekten Zusammenhang mit dem ÖPNV sind in den kommenden Jahren von ESTW und Verwaltung geplant, die nachfolgende Auflistung stellt dabei nur eine Auswahl der wichtigsten Maßnahmen dar.

 

  • Eine wichtige Rolle spielt auch hier die Klinik-Linie, welche mit Vorlage 613/168/2022 bis zum Fahrplanwechsel 2023 verlängert wurde. Anschließend soll die City-Linie und zum Tarifwechsel am 1. Januar 2024 eine kostenlosen Innenstadttarifzone eingeführt werden.
  • Weiterhin wird im Rahmen des Parkraumkonzepts das Thema Parken in Erlangen neu geordnet und auch die Parkgebühren werden angepasst. Hierzu wird ein Pilotprojekt vorbereitet (vgl. 613/180/2022).
  • Die Zahl der Mobilpunkte im Stadtgebiet wird ausgebaut, um verschiedene Mobilitätsangebote und Verkehrsarten an geeigneten Standorten im Stadtgebiet noch besser miteinander zu verknüpfen.
  • Die Verwaltung wird an der Ausschreibung des VAG-Leihradsystems in der Städteachse Erlangen-Fürth-Nürnberg-Schwabach teilnehmen mit dem Ziel, ein Leihfahrradsystem in Erlangen dauerhaft zu etablieren (vgl. VI/142/2022).
  • Die neuen „Umweltspuren“ im Straßenzug Am Europakanal / Frauenauracher Straße sind ein weiterer Beitrag zur Stärkung des ÖPNVs, des Radfahrens und des Zu-Fuß-Gehens in Erlangen (vgl. 613/167/2022). Sie stehen in Zusammenhang mit dem Zukunftsplan Fahrradstadt Erlangen.
  • Die Verwaltung strebt an, Flächen für Außengastronomie, die im bisherigen Verlauf der Corona-Pandemie zur Verfügung gestellt worden waren, dauerhaft zu erweitern (vgl. 610.3/042/2022). Vielerorts wurden und werden neue Baumstandorte identifiziert oder bestehende Standorte aufgewertet, zuletzt z.B. in der Palmstraße/Palmssanlage (vgl. 773/048/2022).
  • Die dynamischen Fahrgastinformationsanzeigen werden erneuert und auf weitere wichtige Verknüpfungshaltestellen ausgeweitet.
  • Mit dem zentralen Busverknüpfungspunkt wird eine übersichtliche und kurzwegige Verknüpfung der kommunalen und regionalen Buslinien sowie Anbindung an den SPNV bzw. DB Fernverkehr angestrebt. Eine multimodale Verkehrsdrehscheibe zwischen StUB, städtischen / regionalen Buslinien und weiteren Angeboten des Umweltverbundes (z.B. Mobilitätsdrehscheibe) soll entstehen.
  • Aktuell wird der Nahverkehrsplan für die Jahre 2022 bis 2027 erarbeitet. Mit dem Landkreis Erlangen-Höchstadt wurde dazu eine Vereinbarung geschlossen, die die Abstimmung grenzüberschreitender Linienverkehre verbessern soll. Ziel ist drüber hinaus künftig eine intensivere inhaltliche Abstimmung der Nahverkehrspläne von Stadt und Landkreis sowie eine zeitliche Gleichtaktung der Nahverkehrspläne und im letzten Schritt auch die Erstellung eines gemeinsamen Nahverkehrsplans (vgl. VI/043/2021). Insbesondere die für Erlangen besonders relevanten stadtgrenzüberschreitenden Verkehre können so integriert geplant und optimiert werden.
  • Nicht zuletzt laufen die Planungen für die Stadt-Umland-Bahn auf Hochtouren. Das schienengebundenen Verkehrsmittel ist der zentrale Baustein der Verkehrswende und der Stärkung des ÖPNV in Erlangen, insbesondere aufgrund der prognostizierten starken Wirkung auf die Pendelbeziehungen Erlangen/Nürnberg und Erlangen/Herzogenaurach.

 

Der VGN hat für das Jahr 2022 einen Strategieprozess aufgesetzt, der am 12. Mai mit einem Auftaktworkshop begonnen hat und der u.a. große Entwicklungsfragen des Verbundes vor dem Hintergrund der im Antrag aufgeworfenen Fragestellungen beleuchtet. Über die Ergebnisse, mit denen nach aktuellem Stand bis Mitte 2023 zu rechnen ist, wird der Stadtrat wieder informiert.

 

 

 

4.    Klimaschutz:

 

Entscheidungsrelevante Auswirkungen auf den Klimaschutz:

 

                ja, positiv*

                ja, negativ*

                nein

 

Wenn ja, negativ:

Bestehen alternative Handlungsoptionen?

 

                 ja*

                 nein*

 

*Erläuterungen dazu sind in der Begründung aufzuführen.

 

 

Falls es sich um negative Auswirkungen auf den Klimaschutz handelt und eine alternative Handlungsoption nicht vorhanden ist bzw. dem Stadtrat nicht zur Entscheidung vorgeschlagen werden soll, ist eine Begründung zu formulieren.

 

 

5.    Ressourcen
(Welche Ressourcen sind zur Realisierung des Leistungsangebotes erforderlich?)

Investitionskosten:

bei IPNr.:

Sachkosten:

bei Sachkonto:

Personalkosten (brutto):

bei Sachkonto:

Folgekosten

bei Sachkonto:

Korrespondierende Einnahmen

bei Sachkonto:

Weitere Ressourcen

 

 

Haushaltsmittel

                 werden nicht benötigt

                 sind vorhanden auf IvP-Nr.      

                               bzw. im Budget auf Kst/KTr/Sk        

                         sind nicht vorhanden


Anlagen:             Bürgerbegehren 365-Euro-Ticket in Nürnberg – Schreiben an OBM König

                               Fraktionsantrag 068/2022 der Grünen Liste

                               Dringlichkeitsantrag 137/2022 der Erlanger Linke