Betreff
Zisternenpflicht in Bebauungsplänen und Steingärten/Schotterflächen sowie Verbot der Nutzung fossiler Energieträger in Bebauungsplänen;
Fraktionsantrag Nr. 369/2021 der SPD-Fraktion,
Fraktionsantrag Nr. 049/2022 der Erlanger Linke
Vorlage
611/110/2022
Aktenzeichen
VI/61
Art
Beschlussvorlage

1. Die Ausführungen der Verwaltung werden zur Kenntnis genommen.

 

2. Die Fraktionsanträge Nr. 369/2021 der SPD-Fraktion und Nr. 049/2022 der Erlanger Linke sind damit bearbeitet.

 


1.   Ergebnis/Wirkungen
(Welche Ergebnisse bzw. Wirkungen sollen erzielt werden?)

 

Fraktionsantrag Nr. 369/2021 (Anlage 1)

Die SPD-Fraktion hat beantragt, die Möglichkeiten der Festsetzung von Zisternennutzung in Bebauungsplänen zu prüfen. Zudem wurde beantragt, dass die Verwaltung eine Einschätzung darüber gibt, ob und wenn ja in welchem Maße es angesichts der Einstufung von Steingärten oder Schotterflächen als bebaute Fläche in Erlangen zum Überschreiten der zulässigen bebauten Flächen kam. In einem nächsten Schritt sind Handlungsmöglichkeiten hiergegen zu entwickeln.

 

Hierbei wird Bezug auf das Rundschreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr (BayStMWBV) zum „Klimasensiblen Umgang mit Niederschlagswasser in der Bauleitplanung“ vom 27.07.2021 genommen.

 

 

Fraktionsantrag Nr. 049/2022 (Anlage 2)

Mit Bezug auf eine Handreichung des niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz beantragt die Erlanger Linke, in neue und zu ändernde Bebauungspläne ein Verbot der Nutzung fossiler Brennstoffe aufzunehmen.

 

 

 

 

 

2.   Programme / Produkte / Leistungen / Auflagen
(Was soll getan werden, um die Ergebnisse bzw. Wirkungen zu erzielen?)

 

Zisternennutzung in Bebauungsplänen

 

Zisternen bieten die Möglichkeit, anfallendes Niederschlagwasser zu sammeln und als Nutzwasser verfügbar zu machen. Damit können sie einen Beitrag zur Umsetzung des Schwammstadt-Prinzips leisten und gewährleisten einen ressourcenschonenden Umgang mit Regenwasser. Aus ökologischer Sicht ist eine Zisternennutzung demnach grundsätzlich in vielfacher Hinsicht zu befürworten. Zisternen haben keine Auswirkung auf die erforderliche Dimensionierung von öffentlichen Kanälen, da sie regelmäßig überlaufen werden. Das Vorhalten einer Zisterne bzw. deren Nutzung zur Regenwassernutzung und -bewirtschaftung wird deshalb grundsätzlich nicht mit Abschlägen bei den Abwassergebühren honoriert. Aufgrund dessen und durch ein relativ geringes Speichervolumen, sind Zisternen für das Abwassernetz eher von untergeordneter Bedeutung.  

 

Zwingende Voraussetzung für die Festsetzung der Zisternennutzung in einem Bebauungsplan ist eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage in § 9 Baugesetzbuch (BauGB). Demnach können in einem Bebauungsplan Flächen für die Rückhaltung von Niederschlagswasser festgesetzt werden. Nach Lage der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht bisher jedoch mangels Ermächtigungsgrundlage nicht die Möglichkeit, die Regenwassernutzung in Form einer Zisternennutzungspflicht festzusetzen. Demgegenüber steht die Haltung des bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau, und Verkehr sowie auch teilweise in der Kommentar-Literatur, dass eine entsprechende Festsetzung auf Ebene eines Bebauungsplans aufgrund der Klimaschutznovelle des BauGB im Jahre 2011 möglich sei. Eine abschließende Klärung der Frage nach einer vorhandenen Ermächtigungsgrundlage ist bisher nicht erfolgt. Demnach unterliegt eine Festsetzung einer Zisternenpflicht grundsätzlich der Gefahr der Nichtigkeit. Einem entsprechenden Bebauungsplan droht ein Vollzugsdefizit bzw. die Unwirksamkeit.

 

Unbenommen davon müsste eine Festsetzung einer Zisternenpflicht dem Grundsatz der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit genügen. Je nach Volumen der Zisterne läuft das überschüssige Niederschlagswasser früher oder später über. Ist eine Versickerung oder Ableitung des Überlaufs in ein Gewässer unzulässig oder nicht möglich, ist jedoch aus fachlicher Sicht, auch im Hinblick auf den Nutzen sowie die ökologische und ökonomische Bilanz von einer Zisterne abzusehen. Eine Zisterne ist aus ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten nur dann sinnvoll, wenn der Überlauf der Zisterne im Anwesen versickert werden kann. Insofern der Überlauf einer Zisterne an die öffentliche Entwässerungsanlage angebunden werden muss, besteht in aller Regel das Erfordernis, das Niederschlagswasser durch Pumpen abzuführen. Dies kann in der heutigen Zeit des Klimanotstandes unter Berücksichtigung des dauerhaften Stromverbrauches in Bezug auf die CO²-Vorgaben nicht als sinnvoll erachtet werden.

 

Zudem müssen die notwendigen Flächen für Zisternen zur Verfügung stehen. In Bebauungsplänen im verdichtetem Innenstadtbereich mit begrenzenten Garten- bzw. Versickerungsflächen, unterkellert durch Tiefgaragen scheiden Zisternen mangels zur Verfügung stehenden Raums u.U. aus.

 

Eine besondere Konfliktsituation besteht in Bestandsgebieten. Die Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind grundsätzlich nur bei der Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von baulichen Anlagen anzuwenden. Die Festsetzung wäre in Bestandsgebieten somit nicht per se umsetzbar. Während bei der Neuerrichtung ggf. gut auf die Errichtung und Nutzung von Zisternen eingegangen werden kann, ist dies bei baulichen Änderungen und Nutzungsänderungen von Bestandsgebäuden mit bestehenden Entwässerungskonzepten häufig nur vergleichsweise schwer und mit erheblichem Aufwand umsetzbar. Hierbei bestünde die Gefahr einer unverhältnismäßigen Belastung und damit auch eines Abwägungsfehlers des Bebauungsplans.

 

Somit unterliegt die Möglichkeit der Festsetzung von Zisternennutzung in Bebauungsplänen der Prüfung des Einzelfalls mit Bezug auf die vorhandenen Begebenheiten. Es verbleibt die Unklarheit der vorhandenen Ermächtigungsgrundlage. Die Verwaltung verfolgt im Weiteren die Rechtslage und prüft in Bebauungsplanverfahren auch weiterhin unter Gewährleistung der Rechtssicherheit, ob eine entsprechende Zisternenpflicht in Abhängigkeit der jeweiligen städtebaulichen Situation (insbesondere bei neuen Einfamilienhausgebieten) umsetzbar ist. Grundsätzlich ist die Nutzung von Zisternen auch ohne eine dezidierte Festsetzung in einem Bebauungsplan möglich.

 

 

Einstufung von Steingärten und Schotterflächen als bebaute Fläche

 

Mit der Novelle der Baunutzungsverordnung (BauNVO) im Jahre 1990 wurde die Anrechnung von baulichen Anlagen auf die in einem Bebauungsplan festgesetzte Grundflächenzahl (GRZ) bzw. zulässige Grundfläche gemäß 19 Abs. 4 BauNVO erstmalig auf bauliche Anlagen außerhalb des Hauptbaukörpers, wie etwa Garagen und Stellplätzen mit ihren Zufahrten und Nebenanlagen erweitert. Es handelte es sich hierbei um eine Umkehrung des bisherigen Ansatzes, nur den Hauptbaukörper zu betrachten, mit dem Ziel der Bodenversiegelung entgegenzuwirken.

 

Mit Bezug auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover v. 26.11.19 empfiehlt das BayStMWBV den Bauaufsichtsbehörden, als Neuerung diesbezüglich nun auch Schotterflächen und Steingärten als bauliche Nebenanlage einzuordnen und somit in die Ermittlung der GRZ und zulässigen Grundfläche einzustellen.

 

Es handelt sich hiermit um eine erfreuliche Klarstellung, die die Erlanger Freiflächengestaltungssatzung positiv ergänzt und im bauaufsichtlichen Vollzug ein wichtiges Instrument zur Verhinderung von Bodenversiegelungen und zur Abminderung des Wärmeinseleffekts darstellt. Die Regelung kann jedoch nur auf Bebauungspläne, die Festsetzungen zur GRZ oder zulässigen Grundfläche enthalten und mit der BauNVO 1990 als Rechtsgrundlage erstellt wurden angewandt werden. Demnach betrifft die Anrechenbarkeit von Steingärten und Schotterflächen nur einen geringen Anteil des Stadtgebiets. Es ist somit davon auszugehen, dass es in Bezug auf die Neuauslegung der Anrechenbarkeit aufgrund des begrenzenten Anwendungsrahmens der Rechtsprechung im Stadtgebiet Erlangen zu sehr wenigen Fällen kam, in den es zur Überschreitung der zulässigen bebauten Fläche durch Schotterflächen und Steingärten kam. Dies trifft insbesondere zu, da antragsgegenständliche Steingärten und Schotterflächen bereits unabhängig vom angeführten klarstellenden Urteil als bebaute Flächen behandelt wurden, sofern die BauNVO 1990 der Beurteilung der Zulässigkeit zugrunde lag. Quantifizierbar ist die Anzahl der Fälle nicht.

 

Die Entwicklung in der Rechtsprechung ist im Sinne des Klimawandels zu begrüßen. Da das    BayStMWBV den Unteren Bauaufsichtsbehörden, die neue Auslegung betreffend, weisungsbefugt ist, wird die Empfehlung im bauaufsichtlichen Vollzug durch das Bauaufsichtsamt der Stadt Erlangen fortlaufend umgesetzt. Weiterhin wird im Zuge der bauberatenden Tätigkeit das Ziel der Minimierung von Bodenversiegelungen verfolgt.

 

Hierbei besteht die Problematik darin, dass geplanten Steingärten und Schotterflächen erfahrungsgemäß oftmals nicht bereits Inhalt von Genehmigungsplänen darstellen, sondern im Nachgang dazu errichtet werden.

 

 

Verbot der Nutzung fossiler Brennstoffe

 

Auch die Umsetzung eines Ausschlusses von fossilen Brennstoffen auf Ebene eines Bebauungsplans erfordert eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage in § 9 BauGB. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 23a BauGB können in einem Bebauungsplan aus städtebaulichen Gründen Gebiete festgesetzt werden, in denen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte luftverunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen.

 

Während diese Festsetzungsermächtigung nach ihrer ursprünglichen Konzeption rein auf Luftreinhaltgebiete bzw. Gebiete mit besonderer Schutzwürdigkeit (bspw. Kur- und Erholungsgebiete) beschränkt waren, geht die mittlerweile herrschende Meinung aufgrund der Klimaschutznovelle 2011 von einer erweiterten Anwendungsmöglichkeit zum Zwecke des Klimaschutzes aus.

 

Dennoch steht außer Frage, dass die Festsetzungsmöglichkeit an Grenzen gebunden ist. Es ist unbestritten, dass die Festsetzung nur auf einzelne Gebiete einer Gemeinde anwendbar ist. Demnach ist der flächendeckende stadtweite Ausschluss fossiler Brennstoffe analog zu einer allgemeinen solaren Baupflicht nicht möglich. Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, dass eine entsprechende Festsetzung zum allgemeinen Klimaschutz nicht zulässig ist. Es ist im Sinne der Erforderlichkeit, Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit auf die spezifische örtliche Situation abzustellen. Hierbei sind u.a. die räumlichen Gegebenheiten, Vorbelastungssituationen, Ersatzversorgungsmöglichkeiten und Kostenaspekte in die Betrachtung einzubeziehen. Die planerische Entscheidung unterliegt hierbei den Grundsätzen der Abwägung.

 

Somit könnte der Ausschluss fossiler Brennstoffe allenfalls im Einzelfall auf Neubaugebiete mit wohnbaulichem Bezug angewandt werden. Gewerblich geprägte Gebiete scheiden aufgrund des in der Regel vorhandenen Bedarfs nach Nutzung fossiler Brennstoffe ebenso wie Bestandsgebiete aufgrund der Frage der Verhältnismäßigkeit bzw. Umsetzbarkeit einer entsprechenden Festsetzung in aller Regel aus.

 

Die Verwaltung prüft in Bebauungsplanverfahren einzelfallbezogen und abstellend auf die spezifische örtliche Situation, ob im Sinne der Rechtssicherheit der Ausschluss fossiler Brennstoffe möglich ist und setzt diesen ggf. um.

 

 

3.   Prozesse und Strukturen
(Wie sollen die Programme / Leistungsangebote erbracht werden?)

Die Verwaltung verfolgt im Weiteren die Rechtslage und prüft in Bebauungsplanverfahren unter Gewährleistung der Rechtssicherheit, ob eine Festsetzung einer Zisternennutzung in jedem Einzelfall umsetzbar ist und setzt diese gegebenenfalls um.

 

Die Verwaltung setzt die Anrechenbarkeit von Steingärten und Schotterflächen auf die zulässige Grundfläche bzw. GRZ in Bebauungsplänen, die auf Grundlage der BauNVO 1990 erlassen wurden, um.

 

Die Verwaltung prüft in Bebauungsplanverfahren einzelfallbezogen und abstellend auf die spezifische örtliche Situation, ob unter Gewährleistung der Rechtssicherheit der Ausschluss fossiler Brennstoffe möglich ist und setzt diesen gegebenenfalls um.

 

 

4.   Klimaschutz:

 

Entscheidungsrelevante Auswirkungen auf den Klimaschutz:

 

             ja, positiv*

             ja, negativ*

             nein

 

Wenn ja, negativ:

Bestehen alternative Handlungsoptionen?

 

              ja*

              nein*

 

*Erläuterungen dazu sind in der Begründung aufzuführen.

 

 

Falls es sich um negative Auswirkungen auf den Klimaschutz handelt und eine alternative Handlungsoption nicht vorhanden ist bzw. dem Stadtrat nicht zur Entscheidung vorgeschlagen werden soll, ist eine Begründung zu formulieren.

 

 

5.   Ressourcen
(Welche Ressourcen sind zur Realisierung des Leistungsangebotes erforderlich?)

Investitionskosten:

bei IPNr.:

Sachkosten:

bei Sachkonto:

Personalkosten (brutto):

bei Sachkonto:

Folgekosten

bei Sachkonto:

Korrespondierende Einnahmen

bei Sachkonto:

Weitere Ressourcen

 

 

Haushaltsmittel

              werden nicht benötigt

              sind vorhanden auf IvP-Nr.      

                        bzw. im Budget auf Kst/KTr/Sk        

                    sind nicht vorhanden


Anlagen:        1. Fraktionsantrag Nr. 369/2021 der SPD-Fraktion

                        2. Fraktionsantrag Nr. 049/2022 der Erlanger Linke