Der Sachbericht dient zur Kenntnis.
Dieser Bericht nimmt Stellung zur Anfrage der Erlanger Linke vom 28.02.2022 zum Sozialbericht 2021.
Die Beantwortung der statistischen Fragestellungen erfolgte durch die Statistik und Stadtforschung, die weiteren Ausführungen wurden durch die entsprechenden Fachämter beigetragen.
Welche der im Sozialbericht 2021 dargestellten Daten und Analysen
basieren auf Daten von Erlanger*innen mit Hauptwohnsitz in Erlangen, welche auf
Daten von Erlanger*innen mit Zweitwohnsitz in Erlangen und welche auf Daten aus
beiden Gruppen?
Sämtliche Daten und Analysen beziehen sich ausschließlich auf die Bevölkerung mit Hauptwohnsitz in Erlangen.
Falls die Daten ausschließlich von Erlanger*innen mit Hauptwohnsitz
stammen: Liegen Daten zu Erlanger*innen mit Zweitwohnsitz vor? Welche? Falls nein: Welche Maßnahmen sind
vorgesehen, um die vorliegende Datenlücke zu schließen? Falls Daten aus beiden
Gruppen vorliegen: Welche Unterschiede bestehen zwischen beiden Gruppen?
Über Personen, die lediglich mit Zweitwohnsitz in Erlangen gemeldet sind, existieren nur Grundinformationen aus dem Einwohnermeldewesen, also demografische Merkmale. Es sind aktuell keine Maßnahmen vorgesehen, um zusätzliche Informationen über Menschen mit Nebenwohnsitz in Erlangen zu ermitteln. Zwar existiert jeder gemeldete Nebenwohnsitz im Erlanger Einwohnermeldewesen, aber es ist weitgehend unklar, wie relevant diese Personen in Bezug auf das Erlanger Stadtgeschehen sind. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei einem nicht quantifizierbaren Teil der mit Nebenwohnsitz Gemeldeten um „Karteileichen“ handelt, also Personen, die längst weggezogen sind, jedoch ihren Nebenwohnsitz nicht abgemeldet haben. Um hier Klarheit zu verschaffen, müsste das Bürgeramt sämtliche Personen mit Nebenwohnsitz anschreiben, um deren Status zu klären. Die im Sozialbericht dargestellten soziostrukturellen Merkmale resultieren aus Bürgerbefragungen, in denen grundsätzlich nur Menschen mit Hauptwohnsitz angeschrieben werden. Wer seinen Lebensmittelpunkt in Erlangen hat, sollte dort auch mit Hauptwohnsitz gemeldet sein.
Ein Vergleich der Altersverteilungen von Menschen mit Haupt- und Nebenwohnsitz verdeutlicht, dass es sich bei einem großen Teil der Personen mit Nebenwohnsitz um Studierende handelt. Im Alter zwischen 25 und 30 Jahren ist eine Abmeldewelle bei den Nebenwohnsitzen zu verzeichnen, allerdings verbleibt die Zahl der Nebenwohnungsbevölkerung im Alter ab 30 Jahren auf einem relativ hohen Niveau (ca. 150 bis 200 Personen pro Altersjahr) und sinkt erst ab 60 Jahren.
Zu Abb. 4.4: Streuung
des Nettoäquivalenzeinkommens
Wie ist die Streuung des Nettoäquivalenzeinkommens definiert? Welche
Kenngrößen werden verwendet, um eine Kategorisierung der Streuung vorzunehmen?
Handelt es sich um normalverteilte Streuung? Falls nein: In welchen Bezirken
gibt es andere Verteilungen, wie sehen sie aus?
In Abbildung 4.4 wurde die Standardabweichung der Nettoäquivalenzeinkommen verwendet. Die statistische Analyse der Verteilungsfunktion (verwendetes Instrument: Q-Q-Plot) zeigt bei der Verteilung der Nettoäquivalenzeinkommen eine starke Übereinstimmung mit der Gaußschen Normalverteilung. Es geht bei Abbildung 4.4 allerdings nicht darum, Einkommensverteilungen zu quantifizieren, sondern um die Veranschaulichung der Heterogenität der Bevölkerung innerhalb der Bezirke. An dieser wie auch an anderen Stellen im Sozialbericht dient dies der besseren Einordnung von kleinräumigen Ergebnissen. Insbesondere im Zentrum zeigt sich eine hohe Streuung, was auf den hohen Anteil an Studierenden zurückzuführen ist.
Zu 6.3 Sozialwohnungen
(speziell: Abb. 6.10):
Welche Gründe gibt es,
dass Sozialwohnungen stark ungleich über die Stadtteile verteilt sind?
Warum werden wenige
Sozialwohnungen in einkommensstarken Bezirken (z.B. 20 Burgberg) und viele in
bereits einkommensschwachen Bezirken (z.B. 40 Anger) vergeben?
Sieht die Stadtverwaltungen Maßnahmen vor, um Sozialwohnungen stärker
über das Stadtgebiet zu verteilen? Welche?
Wo sozial geförderte Wohnungen entstehen und damit vergeben werden können,
hängt von verschiedenen Faktoren ab, v.a.
-
von
zur Verfügung stehenden freien Baugrundstücken für Wohnungsbau;
-
von
den Planungen der Bauträger hinsichtlich der Lage und des Umfangs der
Wohneinheiten bei einem Neubau;
-
eine
seit 2018 bestehende Quote von 30 Prozent gefördertem Wohnraum besteht nur für
Wohnanlagen, die 24 und mehr Wohneinheiten umfassen; damit entsteht geförderter
Wohnraum v.a. in größeren Bauvorhaben, d.h. dort, wo entsprechend großes
Bauland (oder Baulücken) zur Verfügung steht.
-
hinzu
kommt, dass geförderte Wohnungen mit bestehender Sozialbindung zum Teil bereits
vor vielen Jahren oder sogar Jahrzehnten unter damals anderen baulichen und
planerischen Rahmenbedingungen erstellt wurden; so liegen in Büchenbach-Nord
die Bindungsabläufe der geförderten Wohnungen fast ausschließlich ab 2041 und
später;
-
mit
der 1994 eingeführten einkommensorientierten Förderung (EOF) erfolgte seit etwa
dem Jahr 2000 eine leichte geringfügige Neuverteilung von geförderten Wohnungen
auch auf andere statistische Bezirke;
-
während
die Wohnungen aus dem 1. Förderweg überwiegend in den Bezirken 76, 77 und 78
(Büchenbach-Dorf, Nord, -West) liegen, liegen die EOF-geförderten Wohnungen
überwiegend im Bereich der Bezirke Röthelheim/Röthelheimpark und Bachfeld; dies
sind die Gebiete, die lt. Wohnungsbericht 2020 (Amt für Stadtentwicklung und
Stadtplanung) mit dem größten Zuwachs an Wohnungsbestand haben;
Entsprechend des
Wohnungsberichts 2020 des Amtes für Stadtentwicklung und Stadtplanung stehen
aktuell im Stadtgebiet keine großflächigen Baulandflächen mehr in der
Vermarktung. Im Wesentlichen findet der individuelle Wohnungsbau und der
Geschosswohnungsbau deshalb aktuell auf Baulücken bzw. auf freigelegten
Bestandsgrundstücken statt.
Beim Neubau einkommensgeförderten Wohnraums erfolgen zwar nach Möglichkeit im Vorfeld Abstimmungsprozesse der GEWOBAU und anderer Wohnungsbaugesellschaften mit der Abteilung Wohnungswesen im Sozialamt hinsichtlich der Bedarfe, der sozialen „Durchmischung“ und der Anteile geförderter Wohnungen je nach Einkommensstufe I bis III.
Auf die sozialräumliche Verteilung des sozialen Wohnungsbaus und belegungsgebundener Wohnungsbestände hat das Sozialamt jedoch keinen Einfluss.
Bei der Frage nach einer stärkeren sozialen „Durchmischung“ von Wohnvierteln stellt sich deshalb die Frage, wo weitere Baugebiete bestehen oder Verdichtungen überhaupt möglich sind, aber auch, wie dies im Hinblick auf andere Bedarfe und Interessen (z.B. Klimaschutzziele, Vermeiden von zunehmender „Versiegelung“ von Boden, Vorbehalte der angestammten Bewohnerschaft gegenüber Verdichtung) abgewogen werden kann.
Zu 6.5 Aspekte des
Wohnumfelds:
Liegen Daten zur
Zufriedenheit mit der Mobilität und ÖPNV Anbindung vor? Welche?
Wenn keine Daten vorliegen: Welche Maßnahmen plant die Stadtverwaltung,
um die Datenlücke zu schließen?
Hier liegen Ergebnisse aus Befragungen vor:
Statistik aktuell 02/2019: Fuß- und Radverkehr in Erlangen
Statistik aktuell 01/2017: Wohnsituation und Wohnumgebung aus Sicht der Erlanger Bevölkerung
Statistik aktuell 02/2017: Nahversorgung in Erlangen
Ähnliche Erhebungen sind wiederkehrend Bestandteil der Erlanger Bürgerbefragungen, welche in zweijährigen Abständen durchgeführt werden. Sämtliche Befragungsergebnisse stehen auf der städtischen Homepage unter www.erlangen.de/statistik unter der Rubrik „Veröffentlichungen“ zum Download bereit.
Zu 8.
Gesellschaftliche Partizipation (speziell Abb. 8.11 und Abb. 8.14):
Welche Maßnahmen sieht
die Stadtverwaltung vor, um die Bürgerbeteiligung zu erhöhen?
Welche Maßnahmen sieht die Stadtverwaltung vor, um dem erhöhten
Informationsbedarf von Studierenden und Auszubildenden zu begegnen?
Laut
Bürgerbefragung „Leben in Erlangen 2020“ (Statistik aktuell 02/2021) haben 83
Prozent der Erlangerinnen und Erlanger angegeben, sie seinen „sehr zufrieden
oder zufrieden “ mit den Möglichkeiten zur Bürgerbeteiligung. Das ist ein sehr
erfreuliches Umfrageergebnis – dennoch gibt es also noch 17 Prozent, die wir
noch nicht gut erreichen oder die nicht zufrieden mit den Angeboten sind.
Wichtig ist dabei zu wissen, dass in Erlangen eine große Zahl von Menschen leben,
die Erlangen nur „streifen“, für zwei Jahre hier sind und sich nicht auf die
Stadt und Ihre Entwicklung einlassen.
Es gibt vor allem zwei Momente, die Menschen motivieren, sich zu beteiligen.
Das ist zum einen die persönliche Betroffenheit und zum anderen das ganz
persönliche Interesse. Wer direkt von städtischen Baumaßnahmen oder Planungen
betroffen ist, weil er/sie dort wohnt, wird sich interessierter zeigen als
jemand, der überhaupt nicht unmittelbar betroffen ist. Wer unmittelbar
betroffen ist, will möglicherweise aktiv teilnehmen und mitgestalten – will
entweder verhindern oder unterstützen und mitgestalten. Wer sich grundsätzlich
für das Thema Verkehrswende interessiert oder den Naturschutz bedeutsam findet,
wird sich für Planungen und Vorhaben interessieren, die diese Themen berühren.
Wenn die beiden genannten Motive nicht gegeben sind, dann können verschiedene
Marketingansätze die Formate von Bürgerbeteiligung bewerben. Frühzeitige,
transparente Information sind Basis der Bewerbung. Interessante Begleitprogramme,
gute Social-Media-Kampagnen und dann vor allem aufsuchende Arbeit und
Kommunikation dort, wo andere Kanäle nicht wahrgenommen oder genutzt werden,
sind weitere Maßnahmen.
Auffallend ist,
dass mangelnde Information häufig als Grund genannt wird, wenn die Frage
gestellt wird, warum einzelne sich nicht beteiligen. Dass diese Antwort vor
allem Vertreter*innen der jüngeren Generation genannt haben, ist
aufschlussreich. Die Generation der Studierenden oder Auszubildenden sind
„digital Natives“, aufgewachsen mit einer selbstverständlichen Nutzung von
digitalen Endgeräten: geschult, sich Informationen zu verschaffen und im Netz
zu suchen, was sie wissen wollen.
Was gibt es also zu tun?
Mit dem Relaunch der städtischen Homepage ist die Darstellbarkeit auf
Smartphones deutlich verbessert und das Thema Bürgerbeteiligung wird dort einen
prominenten Platz einnehmen. Wir werden ein Onlinetool bereitstellen, dass es
ermöglicht, Stimmungsbilder zu ganz vielen unterschiedlichen Fragestellung zu
erzeugen. Das sollte mit Social-Media-Kampagnen beworben werden.
Die städtische
Vorhabenliste muss stärker beworben und bekannt gemacht werden. Dort können
sich die Bürger*innen einen Überblick über alle Vorhaben und Planungen
verschaffen. Es kann gefiltert werden, eine Themen - oder stadtteilspezifische
Suche ist möglich. Wir sehen hier ebenfalls im neuen städtischen
Internetauftritt Chancen.
Wir werden weiter das tun, was wir begonnen haben - aufsuchend arbeiten, vor Ort gehen. Ziel der Arbeit ist, Momente der Selbstwirksamkeit zu erzeugen und erfahrbar zu machen, dass es sich lohnt, sich in der Stadt einzubringen.
Anlagen: Anfrage der Erlanger Linken vom 28.02.2022