Betreff
Anfrage der Grünen Liste Stadtratsfraktion zur Versammlung der sog. "Studenten stehen auf Nürnberg/Erlangen"
Vorlage
33/022/2022
Aktenzeichen
III/33
Art
Mitteilung zur Kenntnis

Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.


Die Polizei und die Abteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung nehmen zu den Fragen der Grünen Liste Stadtratsfraktion (siehe Anlage) wie folgt Stellung:

 

1. Die Versammlung „Kein 2G an der Uni!“ am 20.11.2021 wurde von einer Gruppierung angezeigt, die den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie kritisch bis ablehnend gegenübersteht. Es war bekannt, dass der Aufruf zur Versammlung in sozialen Netzwerken aus dem Bereich des Querdenker*innen-Milieus Zuspruch erfährt.

 

2. Die angezeigte Versammlung war weder hinsichtlich des Versammlungsthemas noch hinsichtlich des Versammlungszwecks erkennbar antisemitisch ausgerichtet, entsprechende Vorkommnisse oder gar Straftaten wurden auch nicht festgestellt. Die Durchführung von Versammlungen und damit auch die Wahl des Versammlungsortes ist durch Art. 8 GG geschützt und kann durch die Versammlungsbehörde nur aufgrund eines Gesetzes unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit beschränkt werden. Einer Genehmigung von Versammlungen bedarf es nicht. Nach der 15. Infektionsschutzmaßnahmenverordnung sind Beschränkungen möglich, die erforderlich sind, damit die von der Versammlung ausgehenden Infektionsgefahren auf ein vertretbares Maß beschränkt bleiben. Das hat im konkreten Fall zu einer Verlegung der ursprünglich durch die Innenstadt geplanten Aufzugsstrecke auf dezentraler gelegene Straßen und Plätze geführt. Entscheidend war hierbei, dass dort genügend Platz zur Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstände vorhanden war. Gleichzeitig musste angesichts des Versammlungsthemas aus Verhältnismäßigkeitsgründen eine Strecke gewählt werden, die einen Sichtbezug zu einem zentralen Universitätsgebäude ermöglicht. Dies führte zu der Aufzugsstrecke von der Lewin-Poeschke-Anlage zum Röthelheimpark.

 

3. Im Versammlungsbescheid wurde die Maskenpflicht angeordnet. Auf den von Gesetzes wegen geltenden Mindestabstand wurde hingewiesen.

 

4. Die Polizei hat im Verlauf der Versammlung im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf die Einhaltung der Beschränkungen hingewirkt:

Zum Beginn der Versammlung sammelten sich auf der Lewin-Poeschke-Anlage ca. 350 Teilnehmende. Erst mit Verlesen des Beschränkungsbescheides, gegen 13:35 Uhr, begannen die Versammlungsteilnehmenden Masken anzulegen. Ein erheblicher Teil zeigte dabei Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht vor, die stichpunktartig überprüft wurden.

Bei Formierung des Zuges wurden die Personen mit Attest aufgefordert, sich hinten am Aufzug anzuschließen. Kurz vor Abmarsch trugen ca. 90 % der Teilnehmenden Masken.

Dieses Bild änderte sich im Laufe des Aufzuges. Die Problematik bestand dabei, dass während des Aufzuges große Personengruppen hinzukamen. Der Aufzug wuchs auf das Dreifache an. In dieser Phase war ein Stoppen des Zuges aus polizeilicher Sicht nicht angezeigt, da dies zu einer unkontrollierten Verdichtung der Teilnehmenden und zudem zu einer weiteren Emotionalisierung geführt hätte. Aus diesem Grund entschied sich die polizeiliche Einsatzleitung, auf eine Erhöhung des Lauftempos im vorderen Bereich hinzuwirken. So gelang es in weiten Teilen des Aufzuges die Abstände zu vergrößern. Im Mittelpunkt stand dabei die Gewährleistung des größtmöglichen Infektionsschutzes.

Zeitgleich wurde immer wieder auf den Versammlungsleiter eingewirkt, gemeinsam mit seinen Ordnerinnen und Ordnern für die Einhaltung der Beschränkungen zu sorgen. Dies gelang dem Versammlungsleiter aufgrund des mittlerweile erheblichen Umfangs des Aufzugs (bis zu 1.000 Teilnehmende) jedoch nicht in dem erforderlichen Umfang.

 

5. Beim Einbiegen des Aufzuges in die Grünfläche des Röthelheimparks konnte festgestellt werden, dass einige Personen gerade dabei waren, auf einen Baum, an welchem Unbekannte ein Banner mit einem Aufruf zum Impfen angebracht hatten, zu klettern.

Das Erklettern des Baumes wurde umgehend unterbunden. Nach polizeilicher Ansprache aus einiger Entfernung, traten die Personen schnell zur Seite. Die letzte am Baum verbliebene Person hielt sich dabei am Banner fest und stürzte mit diesem vom Baum. Dadurch brach ein Ast des Baumes ab. Von einer vorsätzlichen Sachbeschädigung konnte aufgrund der Umstände nicht ausgegangen werden. Eine Personalienfeststellung war nicht möglich, da sich die Personen, bevor eine Anhaltung durch die Einsatzkräfte erfolgen konnte, in die Versammlung entfernten. Somit ist es der Stadt auch nicht möglich, beim Verursacher einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen.

 

6.  Um 17:30 Uhr ging bei der Polizei die Mitteilung ein, dass sich eine Personengruppe am Audimax befinde.

Nach einer ersten Aufklärung wurde bekannt, dass die Gruppenmitglieder dort eine große Menge von Kerzen im Eingangsbereich abstellen. Weiterhin wurden am Gebäude mehrere Aufkleber angebracht. Mit Kräften des Einsatzzuges Erlangen wurde diese Gruppe schließlich angehalten. Es wurden dabei zahlreiche Identitäten festgestellt. Eine Zuordnung der Verschmutzungen vor Ort konnte jedoch nicht erfolgen. Sämtlichen Personen wurde eine Platzverweisung ausgesprochen. Größere abwandernde Personengruppen wurden dabei von Kräften des Einsatzzuges begleitet.

Über weitere Personengruppen mit Versammlungscharakter ist nichts bekannt.

Nachdem jedoch viele Teilnehmende überregional angereist sind, liefen viele Personen, auch in Gruppen, für die Abreise zu ihren Fahrzeugen.

 

7. Vor jeder Versammlung erstellt die Ordnungsbehörde gemeinsam mit der Polizei eine Gefahrenprognose. Hier fließen selbstverständlich auch die Erfahrungen aus vorangegangenen einschlägigen Versammlungen ein. Zwischenzeitlich wurden bei mehreren Versammlungen aus dem Bereich der „Querdenkenbewegung“ Aufzüge verboten oder Aufzugsrouten modifiziert. Aus den oben genannten Gründen muss dies jedoch jeweils im Lichte des Versammlungsrechts und der Verhältnismäßigkeit geschehen.


Anlagen:        Anfrage der Grünen Liste