Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.
Bericht
„Selbständige im SGB II während der Corona-Pandemie“
Im
Jobcenter Stadt Erlangen werden Antragstellende, die einer selbständigen
Tätigkeit nachgehen und Existenzgründungswillige, die bereits Leistungen nach
dem SGB II beziehen, jeweils in den Bereichen der Passivleistungen
(Leistungssachbearbeitung Amt 55) und der Aktivleistungen (Integrationsbereich)
von den Fachkräften für Selbständige im SGB II beraten und betreut. Die
Antragstellung erfolgt in der Leistungssachbearbeitung. Nach Prüfung der Antragsunterlagen
werden die Fälle an den Integrationsbereich gemeldet, wo zunächst im
Eingangsgespräch die statistisch notwendigen Daten der Personen erfasst werden.
Gleichzeitig wird die persönliche Situation der antragstellenden Personen in
Bezug auf die Arbeitsmarktfähigkeit und der aktuelle Stand der Selbständigkeit
erfragt. Auf dieser Grundlage beginnt der individuelle Beratungsprozess im
Fachteam für Selbständige im Integrationsbereich.
Mit
Beginn der Corona-Pandemie nahm der Zugang an Selbständigen im SGB II
überproportional zu. Es wurden seit dem 16.03.2020 bis zum 03.01.2022 insgesamt
171 Antragstellende von der
Leistungssachbearbeitung des Jobcenters an den Integrationsbereich gemeldet.
Davon entfallen 49 Antragstellungen auf das
Jahr 2021.
Die
Antragstellenden sind den folgenden Branchen zuzuordnen:
Neuzugänge Selbständige nach Branchen
16.03.2020 bis 03.01.03.01.2022 |
|
Friseur/
Nagelstudios/ Kosmetik |
21 |
Gastronomie |
27 |
Grafik/
Design/ PR / IT |
12 |
Handel/
Märkte/ Schausteller |
23 |
Handwerk/
Reinigung / Messebau |
28 |
Transport |
6 |
Unterricht/
Trainer |
37 |
Veranstaltungen/
Events /Foto |
15 |
Unbekannt |
2 |
Summe: |
171 |
Im
gesamten Berichtszeitraum konnten bisher 5 Personen auf eigenen Wunsch die
selbständige Tätigkeit durch die Aufnahme eines sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnisses beenden. Die Arbeitsaufnahmen erfolgten
hauptsächlich als „Quereinstieg“ in den Bereichen Pflege, telefonische
Kundenbetreuung, Sicherheitsgewerbe und im Bereich des produzierenden Gewerbes.
Eine Person
wurde im Rahmen der weiteren Integrationsplanung zur Ausbildungssuche an das
Fachteam „Ausbildung“ übergeben. Eine andere Person wurde auf Grund
gesundheitlicher Einschränkungen an das Fachteam „Reha“ im Fallmanagement
angebunden.
Generell
ist anzumerken, dass ein Großteil der Kund*innen weiterhin in der angestammten
Selbstständigkeit verbleibt und teilweise kurz vor Beendigung der
Hilfebedürftigkeit steht.
Einige
Fälle wurden bereits wieder beendet:
Beendigung der Hilfebedürftigkeit
Selbständiger nach Antragstellung 16.03.2020 bis 03.01.2022 |
|
Rücknahme
Antrag |
28 |
fehlende
Hilfebedürftigkeit |
76 |
fehlende
Mitwirkung |
10 |
Umzug |
5 |
sonstiges/unbekannt/in
Bearbeitung |
5 |
Summe: |
124 |
|
|
Beratung
Selbständiger im Integrationsbereich des Jobcenters in der Corona-Pandemie
Auf Grund der Corona-Pandemie wurde
es notwendig die Beratungsprozesse ab dem 16.03.2020 an die
Kontaktbeschränkungen anzupassen. Die Kontaktaufnahme der Kund*innen mit dem
Fachteam war innerhalb der regulären Servicezeiten sichergestellt, u. a. durch
die Einrichtung einer Servicehotline. Die Beratungen fanden in dem
Berichtszeitraum zum überwiegenden Teil telefonisch statt. Diese alternative
Beratungsform wird vor allem von der Zielgruppe der Selbständigen sehr positiv
bewertet, da z. B. die Wegezeit zum persönlichen Termin eingespart werden kann.
Die enge zeitliche Anbindung an das Fachteam wird ebenfalls sehr positiv
gewertet.
Es
ist zu beobachten, dass aktuell eine große Verunsicherung bei den Kund*innen
hinsichtlich der ständig wechselnden gesetzlichen Vorschriften wie 3G, 2G, 3G
plus etc. und den Auswirkungen auf ihr Gewerbe besteht. Kund*innen des
Jobcenters sind zwar in ihrem Gewerbe tätig, dies jedoch mit sehr geringen
Umsätzen. Eine vollständige Schließung stellt meist keine Option dar, da dies
eventuell einen Ausschluss der staatlichen Hilfen bedeuten und vor allem auch
einen Verlust der letzten Kundschaft oder Geschäftsbeziehungen bedeuten kann.
Die
aktuell bestehenden Hilfeprogramme „Überbrückungshilfe III“ Plus bzw.
„Neustarthilfe“ Plus seitens des Bayer. Staatsministerium für Wirtschaft,
Landesentwicklung und Energie sind den Kund*innen zum Großteil bekannt und
werden auch in Anspruch genommen. Es erfolgt in jedem Fall eine individuelle
Information und Beratung seitens des Fachteams.
Erfahrungen aus
der Leistungssachbearbeitung des Jobcenters in der Corona-Pandemie
Auch in der
Leistungssachbearbeitung wurden die Arbeitsprozesse für die Antragsstellung
sowie für die Beratung den Vorgaben entsprechend angepasst. Die Antragstellung
erfolgt seit März 2020 telefonisch, per Mail oder postalisch. Die telefonische
Erreichbarkeit der Mitarbeitenden in der Leistungssachbearbeitung ist innerhalb
der Servicezeiten gegeben.
Die Corona-Hilfen stellen noch
immer ein Problem für die Sachbearbeitung dar. Insbesondere die Masse an
Unterlagen, die die Selbständigen vorlegen, erfordert einen extrem erhöhten
Prüfaufwand. Speziell besteht das Problem, dass sich die Rechtsauffassungen zur
Anrechnung im SGB II stark unterscheiden oder ändern, was vor allem zu
Unverständnis bei den Beziehern*innen führt.
Die Arbeitslast ist noch immer
hoch, aktuell sind beispielsweise Schausteller*innen, Caterer oder
Messeveranstalter*innen in Bezug, die ohne Corona gute Gewinne erzielen
könnten. Allgemein hat sich die Arbeitslast aber (etwas) verringert, da die
Sachbearbeitung nun von zwei Personen durchgeführt wird. Somit kann mehr Zeit
für die selbständigen Kund*innen aufgebracht werden.
Weiterhin ist festzuhalten, dass
durch Corona der Ärger/ das Unverständnis über die Bürokratie gestiegen ist.
Oftmals erwarten Antragsteller*innen, dass die Leistungen komplett ohne vorige
Prüfung ausgezahlt werden. Das ist aber unmöglich und vor allem rechtlich nicht
zulässig. Hier kommt es immer wieder zu Diskussionen und längeren Erklärungsversuchen.
Wie auch schon 2021 überfordert
vor allem die Prognose zukünftiger Umsätze bzw. Kosten die Selbständigen.
Insbesondere Gewerbe, die durch Corona stark betroffen sind, tun sich extrem
schwer, Prognosen für das nächste halbe Jahr abzugeben.
Anlagen: