Beantwortung einer Anfrage der Grüne Liste Stadtratsfraktion
Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.
Die Grüne Liste-Stadtratsfraktion stellte eine Anfrage an
den Oberbürgermeister bezüglich des Sachstands zum Leerstand von acht konkret
benannten Objekten. Die einzelnen Fragen hierzu werden im Folgenden
wiedergegeben und von der Verwaltung, soweit datenschutzrechtlich zulässig, wie
folgt beantwortet:
·
Wurde
Kontakt zu den Besitzer*innen der angegebenen oder weiteren betroffenen
Immobilien aufgenommen?
Mit den Eigentümer*innen bzw. zuständigen Stellen wurde – teilweise auch
bereits in anderem Zusammenhang – Kontakt aufgenommen.
In
zwei Fällen steht eine Veräußerung zeitnah bevor bzw. wurde bereits vollzogen;
anschließend sollen die Objekte abgerissen und neuer Wohnraum am gleichen Ort
geschaffen werden. Bei zwei Fällen wird die tatsächliche Wohnsituation eruiert.
In einem Fall muss die bauliche Situation noch näher betrachtet werden. Bei
einem Fall ist die Erbsituation noch ungeklärt, in einem weiteren Fall laufen
die Kontaktaufnahmen noch. Ein Fall wurde beendet, da es sich um keinen
Wohnraum i.S.d. Zweckentfremdungsverbotssatzung (ZwEVS) handelt.
Im Zuge der Sachbearbeitung werden ggf. auch weitere betroffene Immobilien
recherchiert und abgehandelt.
·
Welche
Instrumente kann die Stadt nutzen, um diese Gebäude wieder einer Wohnnutzung
zukommen zu lassen?
Aufgrund der Zweckentfremdungsverbotssatzung (ZwEVS) besteht für die
Zweckentfremdung von Wohnraum ein präventives
Verbot mit dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Stadt. Dies stellt
bereits das erste Instrument auf Basis des Zweckentfremdungsrechts dar. Der Antrag auf Genehmigung muss schriftlichen mit den erforderlichen
Unterlagen gestellt werden – hierin kann bereits ein zweites Instrument
gesehen werden.
Grundsätzlich stellen die Informationen
der Öffentlichkeit über das Thema Zweckentfremdung von Wohnraum und Kontaktaufnahmen im Rahmen des
Verwaltungsvollzugs zu Eigentümer*innen, Nutzer*innen und Planungsbüros als
auch das Verbreiten der Informationen
unter den Betroffenen daneben wichtige, niederschwellige Instrumente dar.
Die Satzung schafft hierfür aber erst die Grundlage, um auf diesem Gebiet als
Stadtverwaltung tätig werden zu können und ermöglicht so auch erst ein
durchsetzbares Verwaltungshandeln. Daneben erfolgen interne Erfahrungs- und Informationsaustausche, mit anderen
Dienststellen, Kommunen usw., um mögliche Zweckentfremdungen zu erkennen,
hierfür zu sensibilisieren und diesen zu begegnen.
Im Rahmen der Fallbearbeitung wird jeweils geprüft, ob es sich im Sinne der
Satzung überhaupt um Wohnraum und eine Zweckentfremdung handelt und wenn ja, ob
diese genehmigungsfähig ist. Als weitere Instrumente sind die dinglich
Verfügungsberechtigten, Besitzer*innen, Verwalter*innen und Vermittler*innen
der Wohnung – sowie grds. auch Diensteanbieter i.S.d. Telemediengesetzes –
gegenüber der Stadt zur Erteilung von Auskünften und Vorlage von Unterlagen verpflichtet,
die erforderlich sind, um die Einhaltung der Vorschriften des
Zweckentfremdungsgesetzes (ZwEWG) und darauf erlassener Satzungen zu
überwachen. Sie haben dazu auch den von der Stadt beauftragten Personen zu
ermöglichen, zu angemessener Tageszeit Grundstücke, Gebäude, Wohnungen und
Wohnräume zu betreten.
Im Falle eines negativen Prüfergebnisses muss vor Erlass eines ablehnenden
Bescheides eine förmliche Anhörung im Verwaltungsverfahren erfolgen. Hierin
wird den Antragsteller*innen auch mitgeteilt, welche weiteren Maßnahmen, z.B. Anordnung der Beendigung einer nicht
genehmigungsfähigen Zweckentfremdung und
Wiederzuführung des Wohnraumes zu Wohnzwecken, von Seiten der Verwaltung
als weitere Instrumente beabsichtigt sind. Hierzu wird Gelegenheit zur
Stellungnahme gegeben.
Die Genehmigung zur Zweckentfremdung
von Wohnraum kann befristet, bedingt
oder unter Auflagen erteilt werden, insbesondere um Genehmigungshindernisse
auszuräumen oder die Zweckentfremdung so gering wie möglich zu halten. Von
diesen Instrumenten wird in jeder Fallbearbeitung Gebrauch gemacht. Die
Genehmigung, deren Nebenbestimmungen oder Anordnungen können mit Mitteln des Verwaltungszwangs
durchgesetzt werden.
Darüber hinaus kann mit Geldbuße bis
zu fünfhunderttausend Euro belegt werden, wer ohne die erforderliche
Genehmigung Wohnraum für andere als Wohnzwecke verwendet oder überlässt. Mit Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro
kann belegt werden, wer Auskünfte nicht, nicht richtig oder nicht vollständig
erteilt oder Unterlagen nicht oder nicht vollständig vorlegt.
·
Führt die
Stadt eine vollständige Auflistung von Leerständen in Bezug auf Wohnen und
Gewerbe? Warum greift hier die Zweckentfremdungssatzung nicht?
In Bezug auf Wohnen besteht verwaltungsintern eine fallbezogene Auflistung von
Leerständen. Diese umfasst alle abgeschlossenen, laufenden und noch zu
bearbeitenden Fälle.
Sie könnte aus Sicht der Verwaltung aber nicht ohne erheblichen personellen und
finanziellen Aufwand mit dem vermutlich implizierten bzw. erwarteten
Vollständigkeits- und Aktualitätsgrad geführt werden. Gleichwohl werden aber
natürlich alle uns bekannt werdenden Objekte aufgenommen, sukzessive geprüft
und dem Sachstand entsprechend bearbeitet.
Darüber hinaus wird angemerkt, dass auf Basis der ZwEVS so eine – vollständige
und anlasslose – Datenerhebung nicht gestützt werden kann. Einer generellen und
flächendeckenden Auskunftsberechtigung begegnet gemäß Urteil des Bayerischen
Verwaltungsgerichtshofs vom 20. August 2019 (Az.: 12 ZB 19.333) nämlich
durchgreifenden Bedenken. Die Datenerhebung ist demnach lediglich im jeweiligen
Einzelfall zulässig. Erforderlich ist immer ein konkreter personen- oder
objektbezogener Anfangsverdacht, dem auf Grundlage der Satzung nachgegangen wird.
Andere Rechtsgrundlagen hierfür sind der Verwaltung auch nicht bekannt.
Bezogen auf Gewerbe kann mitgeteilt werden, dass hierfür die ZwEVS auch
inhaltlich keine Grundlage darstellen würde. Unter Federführung der
Wirtschaftsförderung in enger Koordination mit dem City Management wird jedoch
ein Leerstandsmanagement systematisiert und intensiviert. Ziel ist es, einen
engeren Kontakt zu Eigentümer*innen/Vermieter*innen aber auch Mieter*innen zu
etablieren und so drohenden Leerständen besser entgegenwirken zu können.
Erfasst werden erdgeschossige Gewerbeeinheiten in der Innenstadt (= von der
Nördlichen Stadtmauerstraße bis Werner-von-Siemens-Straße und Westliche
Stadtmauerstraße bis Bismarckstraße). Der Leerstand beträgt rund 7,9 % (Stand
08/2020).
·
Könnte
eine Leerstandssteuer oder Leerstandsabgabe eingeführt werden?
Die Verwaltung kann hierzu folgendes mitteilen:
Die Zulässigkeit der Erhebung örtlicher Verbrauchs- oder Aufwandssteuern ist im
Freistaat Bayern an den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes (KAG) messen. Eine
Steuer auf leerstehende Wohnungen wäre als Aufwandssteuer zu qualifizieren, so
dass diese grundsätzlich Art. 3 KAG unterfallen würde. Auch höherrangiges Recht
würde durch eine Einführung nicht verletzt, da diese Steuer den in Art. 105 und
106 GG genannten Steuertypen nicht widerspräche. Die Einführung einer
derartigen Steuer bedürfe allerdings einer rechtsaufsichtlichen Genehmigung und
einer Zustimmung des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren, für Sport und
Integration (Art. 2 Abs. 3 Satz 2 KAG).
Jedoch hat der bayerische Gesetzgeber in Gebieten, in denen Wohnraummangel
besteht, die Gemeinden zum Erlass einer Zweckentfremdungssatzung ermächtigt,
die Wohnungsleerstände mit Geldbußen belegt (Art. 4 Satz 1 ZwEWG). Eine
entsprechende Satzung hat die Stadt Erlangen bereits erlassen. Der Freistaat
Bayern hat sich für die Sanktionierung des Leerstandes von Wohnungen bereits
für die Einordnung als Ordnungswidrigkeit und Erhebung von Geldbußen
entschieden. Für eine zusätzliche „Wohnungsleerstandssteuer“ ist daher kein
Raum mehr (Widerspruch gegen höherrangiges Recht, Art. 2 Abs. 3 Satz 3 KAG), so
dass die Rechtsaufsichtsbehörde eine solche Steuer nicht genehmigen würde.
Anlagen: