Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.
Am 23.06.2021 ist das
„Baulandmobilisierungsgesetz“ in Kraft getreten, durch das die rechtlichen
Voraussetzungen geschaffen wurden, um den Wohnungsbau zu erleichtern, die
Verfahren zu vereinfachen und so die Prozesse zur Schaffung von Wohnraum zu beschleunigen.
Inhaltlich wurden die Empfehlungen der sog. Baulandkommission vom 02.07.2019
umgesetzt. Durch die Novelle werden das Baugesetzbuch (BauGB) und die
Baunutzungsverordnung (BauNVO) geändert. Im Folgenden werden die für Erlangen
wesentlichen Änderungen aufgezeigt und erläutert.
1.
Sofort einsetzbare Neuerungen:
Sektoraler Bebauungsplan, § 9 Abs. 2d BauGB
Mit dem neuen
Planungsinstrument für den unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) können gezielt
Bebauungspläne für den (geförderten) Wohnungsbau aufgestellt werden. Es können
Flächen festgesetzt werden, auf denen Wohngebäude oder Gebäude mit (einzelnen)
förderfähigen Wohnungen errichtet werden dürfen. Außerdem kann festgesetzt
werden, dass Vorhabenträger verpflichtet werden, die Förderbedingungen (insbesondere
Miet- und Belegungsbedingungen) einzuhalten und in geeigneter Weise
sicherzustellen. Die Regelung ist zeitlich befristet ins BauGB aufgenommen
(Aufstellungsbeschluss bis spätestens 31.12.2024 und Satzungsbeschluss bis
spätestens 31.12.2026).
Wiedereinführung des § 13b BauGB –
Einbeziehung von Außenbereichsflächen in das beschleunigte Verfahren:
Das Verfahren wurde
mit neuen Fristen wiedereingeführt (Aufstellungsbeschluss bis spätestens
31.12.2022 und Satzungsbeschluss bis spätestens 31.12.2024). Sollten nach der
alten Regelung bereits eingeleitete Verfahren nicht bis zum Stichtag 31.12.2021
abgeschlossen werden können, empfiehlt es sich für die Rechtssicherheit,
einzelne Verfahrensschritte auf Basis der neuen Regelung zu wiederholen.
Grundlage für städtebauliche Konzepte der
Innenentwicklung (§ 176 a BauGB)
Es wurde ein
Instrument in das Baugesetzbuch eingeführt, das die Entwicklung und bauliche
Nutzbarmachung ungenutzter Grundstücke und die Schließung von Baulücken auch
bei unzusammenhängend im Gemeindegebiet verteilt liegenden Grundstücken
erleichtern soll. Die Gemeinde kann das städtebauliche Entwicklungskonzept zum
Bestandteil der Begründung eines Bebauungsplans machen.
Neue Baugebietskategorie: dörfliche
Wohngebiete (§5a BauNVO)
Es wurde eine
neue Baugebietskategorie eingeführt, um das Zusammenleben in sich wandelnden
ländlichen Räumen und ein einvernehmliches Miteinander von Wohnen (Neubau und
Bestand), landwirtschaftlichen Betrieben und gewerblicher Nutzung zu
erleichtern. § 5 a BauNVO erhält eine stärkere wohnbauliche Prägung. Die
Nutzungsmischung muss nicht gleichgewichtig sein. Das dörfliche Wohngebiet kann wie das Urbane Gebiet (MU) nicht als faktisch
Gebietskategorie im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB herangezogen werden.
Orientierungswerte
statt Obergrenzen (§17 BauNVO)
Bisher galten die festgelegten Obergrenzen bezüglich des Maßes der
baulichen Nutzung hinsichtlich der Grundflächenzahl (GRZ), Geschossflächenzahl
(GFZ) und Baumassenzahl (BMZ). Aus städtebaulichen Gründen konnten diese Obergrenzen
überschritten werden (Absatz 2). Dies musste im Bebauungsplanverfahren
ausführlich begründet werden. Durch die Umwandlung der Maßobergrenzen in
Orientierungswerte entfällt die Ausnahmeregelung des Absatz 2, so dass bei Überschreitungen der Werte Erleichterungen
in Bezug auf die bisher erforderliche Begründungstiefe in
Bebauungsplanverfahren zu erwarten sind.
2.
Einsetzbare Instrumente nach Inkrafttreten
der Landesverordnung über angespannte Wohnungsmärkte
Der neu eingeführte §
201 a BauGB ermächtigt die Länder Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt
festzulegen. Es kann davon ausgegangen werden, dass Erlangen analog zur
Mieterschutzverordnung (MiSchuV vom 9.7.2019) wieder als angespannter
Wohnungsmarkt erklärt wird. Bisher liegt noch keine entsprechende
Landesverordnung für Bayern vor. Sobald diese Verordnung in Kraft getreten ist,
können folgende neu eingeführte Planungsinstrumente angewendet werden:
Erweiterte Befreiungsmöglichkeiten zugunsten
des Wohnungsbaus (§ 31 Abs. 2. Nr. 1 und Abs. 3 BauGB)
Die Aufnahme der
„Wohnbedürfnisse der Bevölkerung“ in § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB konkretisiert bzw.
stellt die Gründe des Wohls der Allgemeinheit, klar. Als weiterer
Befreiungstatbestand wird der neue Absatz 3 eingeführt. Er erlaubt eine
Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans unabhängig davon, ob die
Grundzüge der Planung berührt sind. Eine Würdigung der nachbarlichen Interessen
und die Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen muss weiterhin beachtet
werden.
Ausweitung kommunaler Vorkaufsrechte (§§ 24,
25, 28 BauGB)
Den Gemeinden werden
für Problemimmobilien und brachliegende Grundstücke Vorkaufsrechte eingeräumt.
Als Eigentümer können sie so Einfluss auf die Bebauung der Grundstücke mit
bezahlbarem Wohnraum nehmen. Kommunen können zudem Grundstücke in Zukunft
leichter zum Verkehrswert erwerben. Die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts
wird außerdem von zwei auf drei Monate verlängert.
Erweiterung des Baugebots (§ 176 BauGB)
Um Baulücken und
ungenutzte Grundstücke leichter schließen zu können und so die Innenentwicklung
zu stärken, wurde das Baugebot in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt
erweitert. Künftig besteht dort die Möglichkeit, dem Eigentümer eine
Wohnbebauung vorzuschreiben. Kann der Eigentümer hingegen glaubhaft machen,
dass ihm die Durchführung des Vorhabens nicht zuzumuten ist, so ist von dem
Baugebot abzusehen.
Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen (§
250 BauGB)
Mit der Vorschrift
wird in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt bei bestehenden Gebäuden die
Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nach § 1 WEG
einem Genehmigungsvorbehalt unterstellt. Zudem müssen gesondert mit
Landesverordnung (§ 250 BauGB ist hier die Ermächtigungsgrundlage) die Gebiete
bestimmt werden, in denen das Erfordernis einer Umwandlungsgenehmigung gelten
soll. Die Genehmigungspflicht soll maximal bis zum 31.12.2025 gelten.
3.
Ergänzungen des Festsetzungskatalogs
·
Elektromobilität: Ergänzung im Belange-Katalog unter § 1 Abs.
6 Nr. 9 BauGB und im Festsetzungskatalog unter § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB
(„Ladeinfrastruktur“); Ziel: Betonung der Bedeutung neuerer
Entwicklungen für Kraftfahrzeuge, u.a. die Elektromobilität, als Bestandteil
einer nachhaltigen Mobilität
·
Grün-
und Freiflächen: Ergänzung
im Belange-Katalog unter § 1 Abs. 6 Nr. 14 BauGB; Ziel: Hervorhebung der
Bedeutung von Grün- und Freiflächen als Bestandteil einer nachhaltigen
Stadtentwicklung
·
Naturerfahrungsräume: Ergänzung im Festsetzungskatalog unter § 9
Abs. 1 Nr. 14 BauGB nach „Dauerkleingärten“
Fazit:
Auf Antrag der SPD-Fraktion (Nr. 266/2020)
wurde am 17.11.2020 im UVPA beschlossen, dass nach Erlass des Gesetzes die
Verwaltung prüfen wird, welche rechtlichen Möglichkeiten des
Baulandmobilisierungsgesetztes in Erlangen zu Anwendung kommen können. Die
Prüfung hat folgendes ergeben:
·
Der sektorale Bebauungsplan ist zwar nach
dem Willen des Gesetzgebers insbesondere für die angespannten Innenstadtlagen
von Ballungszentren gedacht, da in Erlangen jedoch in der Innenstadt kaum
unbeplante Bereiche vorhanden sind, wäre das neue Planungsinstrument hier eher
von untergeordneter Bedeutung.
·
Das § 13 b BauGB-Verfahren wurde in der
Vergangenheit bereits im Stadtgebiet angewendet (u.a. Bebauungsplan Nr. E 466 –
Noetherstraße). Die Wiederaufnahme als Planungsinstrument wird von Seiten der
Verwaltung begrüßt. Das Instrument liefert insbesondere in Ballungsräumen mit
angespannten Wohnungsmarkt einen positiven Effekt, um bei bestehender
Flächenkonkurrenz die Inanspruchnahme von landwirtschaftlichen Flächen niedrig
zu halten.
·
Ob die erweiterte Befreiungsmöglichkeit nach §
31 Abs. 3 BauGB tatsächlich einen Effekt haben wird, ist fraglich, da die
bisher eingezogenen Grenzen (nachbarliche Interessen und öffentliche Belange)
weiterhin zu beachten sind.
·
Ob die Ausweitung der kommunalen Vorkaufsrechte
einen positiven Beitrag zur Generierung von Bauland leisten kann, muss sich aus
Sicht der Verwaltung noch erweisen, da in Erlangen kaum sog.
„Schrottimmobilien“ vorhanden sind und zudem auf den Verkehrswert der Immobilie
abzustellen ist.
·
Durch
die Erweiterung des Baugebots ergibt
sich aus Sicht der Verwaltung keine nennenswerte Erleichterung in der
kommunalen Praxis, um Bauland zu aktivieren. Es wäre im Einzelfall zu prüfen,
ob das Instrument angewendet werden kann. Da der Bezug auf die Zumutbarkeit
nicht weiter im Gesetz konkretisiert wurde, wird sich erst im Wege der
Rechtsprechung zeigen, welche Maßstäbe an die Zumutbarkeit geknüpft werden
müssen.
·
Von
Seiten der Verwaltung wird begrüßt, dass künftig nicht nur in Gebieten, in
denen eine Milieuschutzsatzung gilt, sondern im gesamten Stadtgebiet die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen einem
Genehmigungsvorbehalt unterliegt.
Anlagen: