Betreff
Mietobergrenze bei energiesanierten Wohnungen
Vorlage
55/028/2021
Aktenzeichen
Amt 55
Art
Beschlussvorlage

I.          Der Zuschlag für energiesanierte Wohnungen zur Mietobergrenze für Bezieher*innen von Leistungen nach dem SGB II und SGB XII wurde überprüft und wird ab 01.08.2021 auf 10% der jeweils geltenden Mietobergrenze erhöht.

II.         Der Antrag der SPD Fraktion 408/2020 vom 17.11.20 ist hiermit bearbeitet.

 


Bisher wird bei der Festsetzung der angemessenen Kosten der Unterkunft im Bereich SGB II/SGB XII ein Zuschlag von 5% auf die jeweilige Angemessenheitsgrenze anerkannt, wenn die fragliche Wohnung energiesaniert ist. Dabei werden Gebäude mit den Energieeffizienzklassen A+, A und B als energiesaniert qualifiziert.

Hintergedanke dieses Zuschlages ist es, den ökologisch höchst wünschenswerten Markt an energieeffizienten Wohnungen auch für Leistungsbeziehende zugänglich zu machen. Damit wurde auf den Umstand reagiert, dass mehr und mehr Wohnungen energetisch saniert werden. Auch Gebäude, die ab ca. 2002 neu errichtet wurden, verfügen über die Energieeffizienzklassen B – A+.

Für die Rechtsgebiete SGB II und SGB XII gilt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich, dass eine Wohnung nur dann angemessen ist, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist.

Im Bereich des SGB II werden die Kosten der Unterkunft und Heizung zu einem großen Teil nicht durch die Kommune, sondern durch den Bund getragen. Gemäß Bundesbeteiligungs-Festlegungsverordnung 2020 (BBFestV 2020) wurde für 2020 eine Bundesbeteiligung an den Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II von 72,1% und für 2021 von 70,6% festgelegt. Entscheidungen, die die Höhe der Kosten der Unterkunft betreffen, belasten also in erster Linie den Bund.

Bei Wohngebäuden, die einem hohen energetischen Standard entsprechen, handelt es sich regelmäßig um Neubauten oder um sanierte Altbauten, mithin um Wohnraum, der gerade nicht dem zugrunde zu legenden Maßstab „einfache und grundlegenden Bedürfnissen entsprechende Ausstattung und Bausubstanz“ zuzuordnen ist. Zudem darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es dem sozialen Frieden nicht zuträglich wäre, wenn Menschen, die auf existenzsichernde Leistungen angewiesen sind, Normalverdienern gegenüber auf dem Wohnungsmarkt durch die Förderung einen Wettbewerbsvorteil erreichen könnten. Die sparsame Verwendung von Steuermitteln darf überdies nicht aus dem Blick geraten.

Dennoch geschieht es im Interesse der notwendigen Energiewende und somit im Interesse des Gemeinwohls, wenn möglichst zügig so viel Wohnraum als möglich energetisch saniert wird, wenngleich Ökologie nicht unmittelbare Zielrichtung des SGB II ist.

Zu berücksichtigen ist schließlich, dass die Heizkosten energiesanierter Wohnungen grundsätzlich günstiger sind als diejenigen unsanierten Wohnraums. Heizkosten werden vom Jobcenter in der Regel in voller Höhe übernommen. Von daher ist davon auszugehen, dass Mehrkosten bei der Bruttokaltmiete zu einem gewissen Teil durch geringere Heizkosten kompensiert werden können.

Demzufolge ist eine moderate Erhöhung des Zuschlags für energiesanierte Wohnungen auf 10% der Bruttokaltmiete in der Gesamtschau vertretbar, um sowohl ökologischen Gesichtspunkten als auch den sozialpolitischen Grundgedanken des SGB II zu genügen.


Anlagen: Antrag der SPD Fraktion 408/2020 vom 17.11.2020