Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.
Im
Jobcenter Stadt Erlangen werden Antragstellende, die einer selbständigen
Tätigkeit nachgehen und Existenzgründungswillige, die bereits Leistungen nach
dem SGB II beziehen, jeweils in den Bereichen der Passivleistungen
(Leistungssachbearbeitung Amt 55) und der Aktivleistungen (Integrationsbereich)
von den Fachkräften für Selbständige im SGB II beraten und betreut. Die
Antragstellung erfolgt in der Leistungssachbearbeitung. Nach Prüfung der
Antragsunterlagen werden die Fälle an den Integrationsbereich gemeldet, wo
zunächst im Eingangsgespräch die statistisch notwendigen Daten der Personen
erfasst werden. Gleichzeitig wird die persönliche Situation der
antragstellenden Personen in Bezug auf die Arbeitsmarktfähigkeit und der
aktuelle Stand der Selbständigkeit erfragt. Auf dieser Grundlage beginnt der
individuelle Beratungsprozess im Fachteam für Selbständige im
Integrationsbereich.
Mit
Beginn der Corona-Pandemie nahm der Zugang an Selbständigen im SGB II
überproportional zu. Insgesamt wurden seit dem 16.03.2021 bis zum 31.05.2021 156 Antragstellende von der Leistungssachbearbeitung des
Jobcenters in den Integrationsbereich gemeldet. Davon entfallen 124
Antragstellungen auf das Jahr 2020. Der höchste Zugang wurde in den Monaten
April 2020 (35) und Mai 2020 (46) verzeichnet. Die Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB
II erfolgte im Jahr 2020 in nur 5 Fällen nicht Pandemie-bedingt. Im Jahr
2021 lagen die Gründe für die Antragstellungen bisher in 3 Fällen nicht in der
Pandemie-Situation.
Die
Antragstellenden sind den folgenden Branchen zuzuordnen:
Neuzugänge Selbständige nach Branchen |
|
16.03.2020 bis 31.05.2021 |
|
Friseur/ Nagelstudios/ Kosmetik |
22 |
Gastronomie |
25 |
Grafik/ Design/ PR / IT |
11 |
Handel/ Märkte/ Schausteller |
19 |
Handwerk/ Reinigung / Messebau |
23 |
Transport |
6 |
Unterricht/ Trainer |
34 |
Veranstaltungen/ Events /Foto |
14 |
Unbekannt |
2 |
Summe: |
156 |
Im
gesamten Berichtszeitraum konnten bisher 5 Personen auf eigenen Wunsch die
selbständige Tätigkeit durch die Aufnahme eines sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnisses in Vollzeit beenden. Die Arbeitsaufnahmen erfolgte
hauptsächlich als „Quereinstieg“ in den Bereichen Pflege, Garten- und
Landschaftsbau, telefonische Kundenbetreuung, Sicherheitsgewerbe und im Bereich
des produzierenden Gewerbes.
Eine
Person wurde im Rahmen der weiteren Integrationsplanung zur Ausbildungssuche an
das Fachteam „Ausbildung“ übergeben. Eine Person wurde auf Grund
gesundheitlicher Einschränkungen an das Fachteam „Reha“ im Fallmanagement
angebunden.
Einige
Fälle wurden bereits wieder beendet:
Beendigung der Hilfebedürftigkeit Selbständiger nach
Antragstellung |
|
16.03.2020 bis 31.05.2021 |
|
Rücknahme Antrag |
27 |
fehlende Hilfebedürftigkeit |
50 |
fehlende Mitwirkung |
10 |
Umzug |
5 |
sonstiges/unbekannt/in Bearbeitung |
4 |
Summe: |
96 |
Beratung Selbständiger im Integrationsbereich des Jobcenters
in der Corona-Pandemie
Auf Grund der Corona-Pandemie wurde
es notwendig die Beratungsprozesse ab dem 16.03.2021 an die
Kontaktbeschränkungen anzupassen. Die Kontaktaufnahme der Kundschaft mit dem
Fachteam war innerhalb der regulären Servicezeiten sichergestellt, u. a. durch
die Einrichtung einer Servicehotline. Die Beratung fand im ersten Lockdown
ausschließlich telefonisch statt. Diese alternative Beratungsform wird vor
allem von der Zielgruppe der Selbständigen sehr positiv bewertet, da z. B. die
Wegezeit eingespart werden kann.
Die Beratung der Zielgruppe
erfolgte regelmäßig je nach individueller Bedarfslage. Die
Arbeitsvermittler*innen für Selbständige analysieren gemeinsam mit der
Kundschaft die aktuelle Situation der Selbständigkeit sowie die persönliche
Situation und planen ggf. die weitere Integrationsstrategie. Die Mehrzahl der
Selbständigen, die auf Grund der Corona-Pandemie einen Antrag auf Leistungen
nach dem SGB II gestellt haben, sind sich sicher, die Hilfebedürftigkeit wieder
beenden zu können, sobald sie ihrer Tätigkeit wieder wie gewohnt nachgehen
können. In einigen Fällen liegen bereits Aufträge vor, die erst nach der
„Wiedereröffnung“ realisiert werden können. In diesen Fällen ist keine
alternative Integrationsplanung notwendig. Hinweise auf aktuelle staatliche
Hilfen für Selbständige sowie auf die Unterstützungsleistungen bei der
Beantragung dieser Leistungen durch die Steuerberatungsbüros erfolgen in jedem
Beratungsgespräch.
Die häufigsten Anliegen der
Kundschaft sind Fragen zum Weiterbewilligungsabtrag sowie zur
Einkommensprognose. Einige Personen sprechen offen ihre Existenzängste an.
Generell herrscht eine sehr hohe
Akzeptanz hinsichtlich der Beratung. Die Erreichbarkeit der Zielgruppe ist sehr
gut.
Äußert eine Person den Wunsch, die
Selbständigkeit aufgeben zu wollen, um einer alternativen Beschäftigung
nachzugehen, findet hierzu im Fachteam für Selbständige die Beratung zur
Abwicklung der Selbständigkeit statt. Es erfolgt die Übergabe an die Fachteams
(Arbeitsvermittlung, Fallmanagement oder Team Ausbildung), wo die
Integrationsplanung mit dem Ziel der Aufnahme einer Arbeit oder Ausbildung
erfolgt.
Die Mitglieder einer
Bedarfsgemeinschaft eines/einer Selbständigen werden über das Eingangsgespräch
in den Regelintegrationsprozess aufgenommen.
Erfahrungen aus der
Leistungssachbearbeitung des Jobcenters in der Corona-Pandemie
Auch in der
Leistungssachbearbeitung wurden die Arbeitsprozesse für die Antragsstellung
sowie für die Beratung den Vorgaben entsprechend angepasst. Die Antragstellung
erfolgt seit März 2020 telefonisch, per Mail oder postalisch. Die telefonische
Erreichbarkeit der Mitarbeitenden in der Leistungssachbearbeitung ist innerhalb
der Servicezeiten gegeben.
Bei Antragsstellung muss von der
antragstellenden selbständig Tätigen Person eine EKS (Angaben zum Einkommen
Selbständiger) mit einer realistischen Prognose der Einnahmen und Ausgaben für
die kommenden 6 Monate erstellt werden.
Für die meisten Antragstellenden
war und ist dies auf Grund der Unwägbarkeiten mit
Schließungs-/Öffnungsregelungen schlicht unmöglich. Für die Berechnung der
Leistungen ist jedoch eine plausible Prognose unerlässlich.
Es wird daher häufig von einem sehr
niedrigen Einkommen ausgegangen, um die Bedarfsdeckung entsprechend § 41 a SGB
II zu gewährleisten. Gleichzeitig erfolgt die Aufforderung, dass die
Antragstellenden mit der Wiederaufnahme der selbständigen Tätigkeit oder
anderweitigen Einkommensveränderungen umgehend eine korrigierte Prognose
abgeben müssen.
Dies führt zu einem erheblichen
zusätzlichen Bearbeitungsaufwand für die Kundschaft und auch die
Leistungssachbearbeitung. Um hohe Rückforderungen von Leistungen zu vermeiden,
ist eine kontinuierliche Anpassung der Prognose notwendig und gesetzlich
vorgeschrieben.
Viele Selbständige waren und sind
mit der Beantragung der finanziellen Hilfen überfordert (Soforthilfen,
November-/Dezemberhilfe, Überbrückungshilfen I bis III, Neustarthilfen). Es ist
sehr häufig unklar, welche finanzielle Hilfe für die eigene selbständige
Tätigkeit in Frage kommen. Die Steuerberatungsbüros sind seit einiger Zeit
überlastet, so dass sich die Antragstellung und damit auch die Auszahlung der
Hilfen erheblich verzögert. Die meisten Antragsstellenden hatten sich vom Staat
schnellere und deutlichere Hilfe erhofft, einige andere wiederum waren erstaunt
über die Höhe und teilweise auch über die Schnelligkeit der Zahlung.
Auch für die Mitarbeitenden in der
Leistungssachbearbeitung war und ist die Ausgestaltung der Hilfen für
Selbständige bis heute schwierig, da jede Hilfe andere Zugangsvoraussetzungen
hat und sich die Regelungen zur Anrechnung auf das SGB II ebenfalls erheblich
unterscheiden. Diese Anrechnungsvorschriften waren bzw. sind teilweise zu lange
unklar. Die hierzu bestehenden Rechtsauffassungen wurden vor allem zu Beginn
teilweise wöchentlich neu gefasst.
Auf Grund der unklaren, teils
strittigen Rechtsauffassungen waren klare Aussagen über die Anrechnung
gegenüber Kundschaft oft nicht möglich. Hier ist ein erheblicher Beratungs- und
Erklärungsaufwand notwendig.
Anlagen: