Betreff
Vorläufige Sicherung des Überschwemmungsgebietes am Röthelheimgraben und geplante Hochwasserschutzmaßnahmen zur Eindämmung der Hochwassergefahren
Vorlage
31/082/2021
Aktenzeichen
VII/31
Art
Mitteilung zur Kenntnis

Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.


Die Hochwasserereignisse der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es wichtig ist, aktiv vorzusorgen, um Hochwasserschäden zu minimieren. Eine Voraussetzung dafür ist, die Gebiete zu ermitteln, die bei Hochwasser voraussichtlich überschwemmt werden. Das Bayerische Wasser-gesetz (BayWG) verpflichtet deshalb die Wasserwirtschaftsämter, die Überschwemmungsgebiete in Bayern zu ermitteln und zu kartieren (Art. 46 Abs. 1 BayWG). An Gewässern dritter Ordnung können auch die Gemeinden im Einvernehmen mit dem Wasserwirtschaftsamt die Überschwemmungsgebiete ermitteln, fortschreiben, auf Karten darstellen und den Kreisverwaltungsbehörden zum Zwecke der Information der Öffentlichkeit, der vorläufigen Sicherung oder der Festsetzung übermitteln.

Ein Überschwemmungsgebiet i.S.d. Wassergesetze ist der Bereich, der bei einem Hochwasser überflutet ist, das im statistischen Mittel einmal alle 100 Jahre auftritt (sog. HQ100).

Der Röthelheimgraben ist ein sog. Gewässer dritter Ordnung. Für den Röthelheimgraben, hat das Amt für Umweltschutz und Energiefragen, Kommunale Wasserwirtschaft, das Überschwemmungsgebiet ermittelt und der Kreisverwaltungsbehörde (ebenfalls Amt für Umweltschutz und Energiefragen, untere Wasserbehörde) zur Information der Öffentlichkeit und zur vorläufigen Sicherung übermittelt. Überschwemmungsgebiete, die von den wasserwirtschaftlichen Fachbehörden oder von den Gemeinden ermittelt und kartiert wurden und noch nicht als Überschwemmungsgebiete festgesetzt sind, gelten als vorläufig gesicherte Überschwemmungsgebiete, wenn sie als solche ortsüblich bekannt gemacht sind. Dies erfolgte im Amtsblatt der Stadt Erlangen, Nr. 11 vom 04.06.2021. Damit sind die §§ 78 ff WHG und die darin enthaltenen Verbote für die Bauleitplanung, Einzelbauvorhaben sowie weitere Verbotsvorschriften (z.B. Heizölverbraucheranlagen) weitestgehend für das Gebiet anwendbar (Bekanntmachungstext inkl. Rechtsfolgen siehe Anlage).

Neben der gesetzlichen Verpflichtung zur vorläufigen Sicherung dient diese auch der Information der betroffenen Bürger*innen, da auch bebaute Gebiete etc. betroffen sind (Karten siehe Bekanntmachung).

 

Die Stadt Erlangen als Gemeinde, insbesondere die Kommunale Wasserwirtschaft, ist für die Unterhaltung und Sicherung des Röthelheimgrabens verantwortlich. Hierzu zählen unter anderem Hochwasserschutzmaßnahmen, die das Ziel haben, die Stadtbevölkerung vor Überflutungen zu schützen. Dieser Schutz erfolgt in erster Linie durch die drastische Verkleinerung der vom HQ100 betroffenen Bereiche. Diese Verkleinerung kann durch verschiedene Elemente wie z.B. frühzeitiger Rückhalt des Wassers im Einlaufbereich, Drosselung des Abflusses in nicht relevanten Gebieten, Bau von Rückhaltemulden, technische Hochwasserschutzeinrichtungen wie Mauern und Wälle o.ä. erfolgen.

Für den Röthelheimgraben wurde der Baustein des frühzeitigen Rückhaltes außerhalb des Stadtgebietes gewählt.

Der Röthelheimgraben setzt sich im Wesentlichen aus vier Zuflüssen bzw. Teileinzugsgebieten zusammen:

• Langer Fichtengraben

• Altschmiedlesgraben

• Dreibrücklesgraben

• Weißenseegraben

 

Mit dem Bau der Osttangente (Kurt-Schumacher-Straße) wurde bereits Ende der 1970er ein erster Hochwasserschutz für den Röthelheimgraben umgesetzt. Im Zuge der Ermittlung des Überschwemmungsgebietes nach allgemein anerkannten Regeln der Technik wurden verschiedene innerörtliche Überflutungsbereiche ermittelt. Diese Situation kann nur zum Teil mit lokalen Maßnahmen verbessert werden. Eine grundsätzliche Verbesserung für die Unterlieger liegt in der Reduzierung des Abflusses östlich der Kurt-Schumacher-Straße, d.h. es soll nur noch ein Drosselabfluss bei HQ100 über den Röthelheimgraben abgeleitet werden.

In der aktuellen hydrotechnischen Berechnung zur Ermittlung des Überschwemmungsgebietes werden Maßnahmen zum HW-Schutz vorgeschlagen. Im Zuge einer Machbarkeitsstudie wurden zwei Varianten zum Rückhalt des Hochwassers außerorts im Bereich des Sebalder Reichswaldes untersucht. Zum einen ein zentraler Rückhalt parallel zur Kurt-Schumacher-Straße, zum anderen mehrere dezentrale Rückhalte im Sebalder Reichswald. Es zeigt, dass beide Varianten technisch umsetzbar wären und die Hochwassersituation innerorts verbessern würden:

  1. Eine Erhöhung des bestehenden Rückhaltevolumens östlich der Kurt-Schumacher-Straße. Eine mögliche Rückhaltemaßnahme kann über den direkten Einstau vor dem Durchlass der Kurt-Schumacher-Straße hergestellt werden. Hierbei kommt es zu einer Vergrößerung der Überflutungsbereiche im Sebalder Reichswald. Der Eingriff befindet sich am Rand des Trinkwasserschutzgebietes Erlangen-Ost und ist verkehrstechnisch für den Baustellenverkehr und Unterhalt bereits gut erschlossen. Als bauliche Maßnahme wäre nur die Querschnittsverringerung des bestehenden Straßendurchlasses auf städtischem Grund erforderlich.
  2. Der Rückhalte erfolgt direkt im Sebalder Forst über verschiedene dezentrale Rückhalteflächen im Waldgebiet. Die 4 Zuflüsse, die den Röthelheimgraben speisen, werden frühzeitig einzeln in ihrem Einzugsgebiet zurückgehalten- bevor sie zum Röthelheimgraben zusammenfließen. Hierbei wurden mittels topographischer Analyse bereits vorhandene Mulden und Senken ermittelt, die mittels Ausbau für den Hochwasserrückhalt geeignet wären. Das Konzept sieht umfangreiche Verwallungen der Flächen bzw. der Wegeführung vor. Diese Rückhalteflächen liegen jedoch zum Teil im inneren Bereich des Trinkwasserschutzgebietes Erlangen-Ost, des Weiteren sind Eingriffe in den Baumbestand unumgänglich.

 

Bereits am 04.04.2019 fand ein Ortstermin mit beteiligten Behörden und Einrichtungen statt um die Rückhaltepotentiale vor Ort aufzeigen zu können. Anwesend waren Teilnehmer folgender Gebiete:

·         Amt für Umweltschutz und Energiefragen

·         Gaul Ingenieure

·         Bayerische Staatsforsten (BaySF)

·         Erlanger Stadtwerke

·         Gesundheitsamt Erlangen- Höchstadt

·         Wasserwirtschaftsamt Nürnberg

 

Während der Begehung wurden insbesondere von Seiten des Bayerischen Staatsforstes als Grundstückseigentümer, aber auch von Seiten des Gesundheitsamtes Bedenken gegenüber beider Varianten geäußert.

 

Bedenken bzw. Forderungen des Bayerischen Staatsforstes:

·         Verwallungen werden kritisch gesehen, da eine Zufahrt vom Weg in den Wald immer gewährleistet sein muss, d.h. bei Detailplanung muss eine Anhebung aller Wege des gesamten Netzes im betroffenen Bereich mit vorgesehen werden

·         Wege müssen für forstwirtschaftliche Geräte ausgelegt sein, d.h. Wegbreite mind. 3,0m und als angelegt Dachprofil um eine Entwässerung zu gewährleisten

·         Ggf. Kampfmitteluntersuchungen im gesamten Bereich erforderlich

·         Bannwald- ggf. separate Rodungsgenehmigung und Ausgleich erforderlich; ggf. saP erforderlich

·         Einstaubereiche müssen genau abgestimmt werden z.B. darf eine zusätzliche Drosselung des Kurt- Schumacher-Durchlasses nicht zu einer Verschlechterung bzw. Einstauung des Wildschweingeheges führen

 

Bedenken bzw. Anmerkungen bzgl. Wasserschutzgebiet (Gesundheitsamt Erlangen- Höchstadt):

·         Keine Maßnahmen im Wasserschutzgebiet Zone II und in den Fassungsbereichen der Trinkwasserbrunnen gestattet

·         Maßnahmen in Wasserschutzgebiet Zone IIIa nur gemäß Schutzgebietsverordnung, d.h. keine Abgrabungen und nur Aufschüttungen möglich

·         Dammschüttungen/ Wegebau nur mit nachweislich unbelastetem Material

·         Kein zusätzlicher Einstau im Wasserschutzgebiet Zone II

 

Das weitere Vorgehen würde eine Vorplanung mit Variantenstudie unter Berücksichtigung der oben genannten Punkte beinhalten und eine Vermessung des gesamten Geländes- insbesondere der Waldwege.

Fazit
Nach derzeitigem Stand stellt einzig die Drosselung mit direktem Einstau östlich der Kurt-Schumacher-Straße eine wirtschaftliche und ökologisch sinnvolle Lösung dar. Bei Variante 2 (dezentrale Rückhalteflächen) ist mit deutlich höherem Aufwand zu rechnen, insbesondere was den Bauablauf, die Baukosten als auch die Eingriffe in den Waldbestand betrifft. Es gilt abzuwägen, ob die Sicherheit des Wildschweingeheges über den Hochwasserschutz und das Wohl der betroffenen Anlieger entlang des Röthelheimgrabens zu stellen ist. Möglicherweise gibt es auch hierfür eine einfache Lösung wie z.B. eine Umwallung des Geheges oder eine Umsiedelung. Oberste Priorität sollte es sein, die bestmöglichste Lösung für alle Beteiligte zu finden und das Stadtgebiet wirkungsvoll vor Hochwasser und die damit verbundenen Folgen zu schützen und vor Schaden zu bewahren. Als Vorhabensträger wird Amt 31/Kommunale Wasserwirtschaft die Planung der Variante 1 weiterverfolgen. Hierfür werden weitere notwendige Untersuchungen z. B. hinsichtlich Standfestigkeit und Durchlässigkeit des Straßenkörpers beauftragt und nachfolgend eine wasserrechtliche Plangenehmigung bei der örtlich zuständigen Wasserrechtsbehörde beantragt
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Anlage:

Bekanntmachung Amtsblatt Nr. 11 vom 04.06.2021