Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.
Die Hochwasserereignisse der vergangenen Jahre haben
gezeigt, dass es wichtig ist, aktiv vorzusorgen, um Hochwasserschäden zu
minimieren. Eine Voraussetzung dafür ist, die Gebiete zu ermitteln, die bei
Hochwasser voraussichtlich überschwemmt werden. Das Bayerische Wasser-gesetz
(BayWG) verpflichtet deshalb die Wasserwirtschaftsämter, die
Überschwemmungsgebiete in Bayern zu ermitteln und zu kartieren (Art. 46 Abs. 1
BayWG). An Gewässern dritter Ordnung können auch die Gemeinden im Einvernehmen
mit dem Wasserwirtschaftsamt die Überschwemmungsgebiete ermitteln,
fortschreiben, auf Karten darstellen und den Kreisverwaltungsbehörden zum
Zwecke der Information der Öffentlichkeit, der vorläufigen Sicherung oder der
Festsetzung übermitteln.
Ein Überschwemmungsgebiet i.S.d. Wassergesetze ist der Bereich, der bei einem Hochwasser überflutet ist, das im statistischen Mittel einmal alle 100 Jahre auftritt (sog. HQ100).
Der Röthelheimgraben ist ein sog. Gewässer dritter Ordnung. Für den Röthelheimgraben, hat das Amt für Umweltschutz und Energiefragen, Kommunale Wasserwirtschaft, das Überschwemmungsgebiet ermittelt und der Kreisverwaltungsbehörde (ebenfalls Amt für Umweltschutz und Energiefragen, untere Wasserbehörde) zur Information der Öffentlichkeit und zur vorläufigen Sicherung übermittelt. Überschwemmungsgebiete, die von den wasserwirtschaftlichen Fachbehörden oder von den Gemeinden ermittelt und kartiert wurden und noch nicht als Überschwemmungsgebiete festgesetzt sind, gelten als vorläufig gesicherte Überschwemmungsgebiete, wenn sie als solche ortsüblich bekannt gemacht sind. Dies erfolgte im Amtsblatt der Stadt Erlangen, Nr. 11 vom 04.06.2021. Damit sind die §§ 78 ff WHG und die darin enthaltenen Verbote für die Bauleitplanung, Einzelbauvorhaben sowie weitere Verbotsvorschriften (z.B. Heizölverbraucheranlagen) weitestgehend für das Gebiet anwendbar (Bekanntmachungstext inkl. Rechtsfolgen siehe Anlage).
Neben der gesetzlichen Verpflichtung zur vorläufigen Sicherung dient diese auch der Information der betroffenen Bürger*innen, da auch bebaute Gebiete etc. betroffen sind (Karten siehe Bekanntmachung).
Die Stadt Erlangen als Gemeinde, insbesondere die Kommunale
Wasserwirtschaft, ist für die Unterhaltung und Sicherung des Röthelheimgrabens
verantwortlich. Hierzu zählen unter anderem Hochwasserschutzmaßnahmen, die das
Ziel haben, die Stadtbevölkerung vor Überflutungen zu schützen. Dieser Schutz
erfolgt in erster Linie durch die drastische Verkleinerung der vom HQ100
betroffenen Bereiche. Diese Verkleinerung kann durch verschiedene Elemente wie
z.B. frühzeitiger Rückhalt des Wassers im Einlaufbereich, Drosselung des
Abflusses in nicht relevanten Gebieten, Bau von Rückhaltemulden, technische
Hochwasserschutzeinrichtungen wie Mauern und Wälle o.ä. erfolgen.
Für den Röthelheimgraben wurde der Baustein des frühzeitigen
Rückhaltes außerhalb des Stadtgebietes gewählt.
Der
Röthelheimgraben setzt sich im Wesentlichen aus vier Zuflüssen bzw.
Teileinzugsgebieten zusammen:
• Langer Fichtengraben
• Altschmiedlesgraben
• Dreibrücklesgraben
• Weißenseegraben
Mit dem Bau der Osttangente (Kurt-Schumacher-Straße) wurde bereits Ende der 1970er ein erster Hochwasserschutz für den Röthelheimgraben umgesetzt. Im Zuge der Ermittlung des Überschwemmungsgebietes nach allgemein anerkannten Regeln der Technik wurden verschiedene innerörtliche Überflutungsbereiche ermittelt. Diese Situation kann nur zum Teil mit lokalen Maßnahmen verbessert werden. Eine grundsätzliche Verbesserung für die Unterlieger liegt in der Reduzierung des Abflusses östlich der Kurt-Schumacher-Straße, d.h. es soll nur noch ein Drosselabfluss bei HQ100 über den Röthelheimgraben abgeleitet werden.
In der aktuellen hydrotechnischen Berechnung zur Ermittlung
des Überschwemmungsgebietes werden Maßnahmen zum HW-Schutz vorgeschlagen. Im
Zuge einer Machbarkeitsstudie wurden zwei Varianten zum Rückhalt des
Hochwassers außerorts im Bereich des Sebalder Reichswaldes untersucht. Zum
einen ein zentraler Rückhalt parallel zur Kurt-Schumacher-Straße, zum anderen
mehrere dezentrale Rückhalte im Sebalder Reichswald. Es zeigt, dass beide
Varianten technisch umsetzbar wären und die Hochwassersituation innerorts
verbessern würden:
- Eine Erhöhung des bestehenden Rückhaltevolumens östlich der Kurt-Schumacher-Straße. Eine mögliche Rückhaltemaßnahme kann über den direkten Einstau vor dem Durchlass der Kurt-Schumacher-Straße hergestellt werden. Hierbei kommt es zu einer Vergrößerung der Überflutungsbereiche im Sebalder Reichswald. Der Eingriff befindet sich am Rand des Trinkwasserschutzgebietes Erlangen-Ost und ist verkehrstechnisch für den Baustellenverkehr und Unterhalt bereits gut erschlossen. Als bauliche Maßnahme wäre nur die Querschnittsverringerung des bestehenden Straßendurchlasses auf städtischem Grund erforderlich.
- Der Rückhalte erfolgt direkt im Sebalder Forst über verschiedene dezentrale Rückhalteflächen im Waldgebiet. Die 4 Zuflüsse, die den Röthelheimgraben speisen, werden frühzeitig einzeln in ihrem Einzugsgebiet zurückgehalten- bevor sie zum Röthelheimgraben zusammenfließen. Hierbei wurden mittels topographischer Analyse bereits vorhandene Mulden und Senken ermittelt, die mittels Ausbau für den Hochwasserrückhalt geeignet wären. Das Konzept sieht umfangreiche Verwallungen der Flächen bzw. der Wegeführung vor. Diese Rückhalteflächen liegen jedoch zum Teil im inneren Bereich des Trinkwasserschutzgebietes Erlangen-Ost, des Weiteren sind Eingriffe in den Baumbestand unumgänglich.
Bereits
am 04.04.2019 fand ein Ortstermin mit beteiligten Behörden und Einrichtungen
statt um die Rückhaltepotentiale vor Ort aufzeigen zu können. Anwesend waren
Teilnehmer folgender Gebiete:
·
Amt für Umweltschutz und Energiefragen
·
Gaul Ingenieure
·
Bayerische Staatsforsten (BaySF)
·
Erlanger Stadtwerke
·
Gesundheitsamt Erlangen- Höchstadt
·
Wasserwirtschaftsamt Nürnberg
Während
der Begehung wurden insbesondere von Seiten des Bayerischen Staatsforstes als
Grundstückseigentümer, aber auch von Seiten des Gesundheitsamtes Bedenken
gegenüber beider Varianten geäußert.
Bedenken
bzw. Forderungen des Bayerischen Staatsforstes:
·
Verwallungen werden kritisch gesehen, da eine Zufahrt vom Weg in
den Wald immer gewährleistet sein muss, d.h. bei Detailplanung muss eine
Anhebung aller Wege des gesamten Netzes im betroffenen Bereich mit vorgesehen
werden
·
Wege müssen für forstwirtschaftliche Geräte ausgelegt sein, d.h.
Wegbreite mind. 3,0m und als angelegt Dachprofil um eine Entwässerung zu
gewährleisten
·
Ggf. Kampfmitteluntersuchungen im gesamten Bereich erforderlich
·
Bannwald- ggf. separate Rodungsgenehmigung und Ausgleich
erforderlich; ggf. saP erforderlich
·
Einstaubereiche müssen genau abgestimmt werden z.B. darf eine
zusätzliche Drosselung des Kurt- Schumacher-Durchlasses nicht zu einer
Verschlechterung bzw. Einstauung des Wildschweingeheges führen
Bedenken
bzw. Anmerkungen bzgl. Wasserschutzgebiet (Gesundheitsamt Erlangen- Höchstadt):
·
Keine Maßnahmen im Wasserschutzgebiet Zone II und in den
Fassungsbereichen der Trinkwasserbrunnen gestattet
·
Maßnahmen in Wasserschutzgebiet Zone IIIa nur gemäß
Schutzgebietsverordnung, d.h. keine Abgrabungen und nur Aufschüttungen möglich
·
Dammschüttungen/ Wegebau nur mit nachweislich unbelastetem
Material
·
Kein zusätzlicher Einstau im Wasserschutzgebiet Zone II
Das
weitere Vorgehen würde eine Vorplanung mit Variantenstudie unter
Berücksichtigung der oben genannten Punkte beinhalten und eine Vermessung des
gesamten Geländes- insbesondere der Waldwege.
Fazit
Nach derzeitigem Stand stellt einzig die Drosselung mit direktem Einstau
östlich der Kurt-Schumacher-Straße eine wirtschaftliche und ökologisch sinnvolle
Lösung dar. Bei Variante 2 (dezentrale Rückhalteflächen) ist mit deutlich
höherem Aufwand zu rechnen, insbesondere was den Bauablauf, die Baukosten als
auch die Eingriffe in den Waldbestand betrifft. Es gilt abzuwägen, ob die
Sicherheit des Wildschweingeheges über den Hochwasserschutz und das Wohl der
betroffenen Anlieger entlang des Röthelheimgrabens zu stellen ist.
Möglicherweise gibt es auch hierfür eine einfache Lösung wie z.B. eine
Umwallung des Geheges oder eine Umsiedelung. Oberste Priorität sollte es sein,
die bestmöglichste Lösung für alle Beteiligte zu finden und das Stadtgebiet
wirkungsvoll vor Hochwasser und die damit verbundenen Folgen zu schützen und
vor Schaden zu bewahren. Als Vorhabensträger wird Amt 31/Kommunale
Wasserwirtschaft die Planung der Variante 1 weiterverfolgen. Hierfür werden
weitere notwendige Untersuchungen z. B. hinsichtlich Standfestigkeit und
Durchlässigkeit des Straßenkörpers beauftragt und nachfolgend eine
wasserrechtliche Plangenehmigung bei der örtlich zuständigen
Wasserrechtsbehörde beantragt.
Anlage:
Bekanntmachung Amtsblatt Nr. 11 vom 04.06.2021