Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.
In der Sitzung des Sozial- und
Gesundheitsausschusses am 23.09.2020 wurde ein Bericht über die Chancen und
Durchgriffsmöglichkeiten der Zweckentfremdungsverbotssatzung und die
Ausarbeitung genauerer Zahlen bzgl. der Durchsetzung der Zweckentfremdungssatzung
und dem Wohnungsleerstand beantragt. Andernfalls kann die Notwendigkeit der
zusätzlichen Stellen nicht beurteilt werden.
Am 07.02.2020 trat die Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbotssatzung ZwEVS) in Kraft.
Der Vollzug der Satzung wurde dem Referat für Planen und Bauen zugeordnet und wird derzeit von Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern aus dem Bereich des Referates für Planen und Bauen zusätzlich übernommen. Die Materie ist komplex und aufwändig, die bei diesen Fallzahlen mit dem derzeitigen Personalstand (Aushilfsregelung) nur sehr langsam abgearbeitet werden kann. Der organisatorische Aufbau, die Eingliederung in bestehende Prozesse und die Umsetzung der neuen Aufgabe erfolgt derzeit ohne zusätzliche Personalkapazitäten.
Für den Vollzug der Zweckentfremdungsverbotssatzung wurden für das Stellenplanverfahren 2021 durch das Referat für Planen und Bauen 1,5 VzÄ Planstellen (1,0 Innen- und 0,5 Ermittlungstätigkeit) beantragt.
Als Maßstab für die Personalbemessung wurde die Personalausstattung der Stadt Nürnberg herangezogen. Die Stadt Nürnberg hat für den Innen- und (zentralen) Ermittlungsdienst 13 Planstellen (3,0 VzÄ für den Innendienst und 10,0 VzÄ für den (zentralen) Ermittlungsdienst, der jedoch überwiegend für andere Bereiche tätig ist).
Um einer Wohnraum-Zweckentfremdungssatzung Wirksamkeit zu verschaffen, bedarf es entsprechender personeller Ressourcen, da ansonsten sich kaum Erfolg einstellt.
Es bedarf Personal im
Innendienst, das Genehmigungsanträge bearbeitet, aber vor allem die Fälle
aufgreift und abarbeitet, in denen ohne Genehmigung verbotswidrig vermietet
wird, und zum Beispiel Anordnungen zur Unterlassung verbotswidriger Nutzungen
erlässt. Insbesondere in Fällen verbotswidriger Vermietung zur
Fremdenbeherbergung muss die Stadt dem Eigentümer bzw. Vermieter nachweisen,
dass die Fremdenbeherbergung mehr als acht Wochen im Kalenderjahr erfolgt.
Es bedarf
verwaltungsrechtlichen Sachverstands und juristischer Unterstützung, allein
wegen der besonderen Grundrechtsrelevanz der Wirkungen einer
Zweckentfremdungssatzung (Art. 14 GG: Eingriff in die Eigentumsfreiheit oder -
im Hinblick auf die Betretungsrechte für städtische Bedienstete bei Kontrollen
- Art.13 GG: Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung). Wie die
Erfahrungen aus München und auch Nürnberg zeigen, kann es zu juristischen
Auseinandersetzungen und Streitsachen vor Gericht kommen. Auch ist der
Einfallsreichtum im Hinblick auf Umgehungsversuche groß.
Es bedarf einer proaktiven Ermittlungstätigkeit.
Bürgermeldungen als alleinige Informationsquelle reicht nicht aus und führt
dazu, dass nur die Fälle infolge von Meldungen, die zumeist aus der
Nachbarschaft kommen, überprüft werden. Um aber dem Sinn der
Zweckentfremdungssatzung als Instrument gegen Wohnraummangel ganzheitlich
nachkommen zu können, bedarf es einer adäquaten Personalausstattung. So soll
eine Gleichbehandlung der verschiedenen Fallkonstellationen gewährleistet
werden.
Selbst wenn Online-Plattformen, Nachbarn, Initiativen etc. Fälle melden, müssen diese geprüft, Eigentümer bzw. Vermieter angeschrieben und angehört, etwaige Genehmigungs- und Bußgeldverfahren oder Verfahren zur Beendigung der Zweckentfremdung und damit verbundene juristische Auseinandersetzungen geführt werden.
Das
Zweckentfremdungsrecht dient der Erhaltung des Gesamtwohnraumangebots in
Gebieten,
in denen die
Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen
Bedingungen besonders gefährdet ist (Gemeinden mit Wohnraummangel) und in denen
dem Wohnraummangel nicht mit anderen Mitteln abgeholfen werden kann. Damit kann
vor allem Gebieten, in denen fortlaufend Wohnraummangel herrscht, die
Umwandlung von Wohn- in Gewerberaum oder zum Zwecke der Fremdenbeherbergung
sowie dessen Abriss oder Leerstand verhindert werden.
Eine Zweckentfremdung liegt vor, wenn der Wohnraum
überwiegend anderen als Wohnzwecken dient. Das Zweckentfremdungsgesetz nennt
dafür in Art. 1 Abs. 2 als Beispiele für
eine Zweckentfremdung, wenn der Wohnraum
·
zu mehr als 50 %
der Gesamtfläche für gewerbliche oder berufliche Zwecke verwendet oder
überlassen wird,
· baulich derart verändert oder in einer Weise genutzt wird, dass er für Wohnzwecke nicht mehr geeignet ist,
·
mehr als
insgesamt acht Wochen im Kalenderjahr für Zwecke der Fremdenbeherbergung
genutzt wird,
·
länger als drei
Monate leer steht oder
·
beseitigt wird.
Auch
andere Fälle, die nicht ausdrücklich im Gesetz genannt sind, können eine
Zweckentfremdung von Wohnraum darstellen. Wird ein Einfamilienhaus z. B. als
Schlafunterkunft genutzt, in der sich dort Arbeiter nur nachts aufhalten und
auf ausgelegten Matratzen übernachten, ohne dass ihnen etwas Privatsphäre möglich ist, dann
ist das ebenfalls eine Nutzung zu anderen als Wohnzwecken.
Neben der Vermietung als Ferienwohnung zur Fremdenbeherbergung (teils auch an Geschäftsreisende und Handwerker), d.h. hier wird Wohnraum mehr als insgesamt acht Wochen im Kalenderjahr für Zwecke der Fremdenbeherbergung genutzt (Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 ZwEWG), wären Maßnahmen gegen Wohnungsleerstand als ein wichtiger Anwendungsfall der Satzung zu nennen.
Auch hier muss aber von Amts wegen der Sachverhalt stichhaltig ermittelt werden können, ob eine verbotswidrige Zweckentfremdung vorliegt. Hier ist insbesondere zu prüfen, ob geeignete und über längere Zeit Bemühungen zur Vermietung nachgewiesen werden können, der Wohnraum lediglich vorübergehend unbewohnbar ist (z.B. wegen Modernisierung) oder ob in dem Wohnraum möglicherweise dauerndes Bewohnen zwischenzeitlich unzulässig oder unzumutbar geworden ist. Die Ermittlungstätigkeit kann sich in diesen Fällen aufgrund der zu ermittelnden und zu prüfenden Umstände des Einzelfalls oder auch des mangelnden Mitwirkungsinteresses der Wohnungseigentümer ebenfalls langwierig gestalten.
Mit Gesetz zur
Änderung des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum vom 19.
Juni 2017 (GVBl. S. 182) wurde der Anwendungsbereich einer Zweckentfremdung
konkretisiert und das Vorliegen einer genehmigungspflichtigen
Fremdenbeherbergung durch Festlegung einer Obergrenze (8 Wochen) klargestellt.
Darüber hinaus wurde der Kreis der Auskunftspflichtigen auf Verwalter und
Vermittler sowie Diensteanbieter im Sinne des Telemediengesetzes erweitert,
eine neue Anordnungsbefugnis (Aufforderung zur Beendigung der Zweckentfremdung)
eingeführt sowie der Bußgeldtatbestand geändert und dessen Rahmen erhöht.
Die
Zweckentfremdungssatzung der Stadt Erlangen regelt u.a.:
·
Nutzungen
von Wohnungen zu anderen als Wohnzwecken sind grundsätzlich verboten und
werden nur mit einer Genehmigung der Gemeinde zugelassen (Art. 2 ZwEWG).
Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn vorrangige öffentliche
Interessen oder schutzwürdige private
Interessen das Interesse an der Erhaltung des Wohnraums überwiegen.
Ferner kann die
Genehmigung erteilt werden, wenn dem Interesse an der Erhaltung des Wohnraums
durch Ausgleichsmaßnahmen in verlässlicher und angemessener Weise Rechnung
getragen wird; dies kann durch Bereitstellung von Ersatzwohnraum oder durch
eine Ausgleichszahlung geschehen.
· Die dinglich Verfügungsberechtigten, Besitzer, Verwalter und Vermittler der Wohnung sind gegenüber der Gemeinde zur Erteilung von Auskünften und Vorlage von Unterlagen verpflichtet, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Vorschriften des Gesetzes zu überwachen. Sie haben dazu auch den von der Gemeinde beauftragten Personen zu ermöglichen, zu angemessener Tageszeit Grundstücke, Gebäude, Wohnungen und Wohnräume zu betreten. Die Auskunftspflichtigen haben auch Tatsachen zu offenbaren, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen (Art. 3 Abs.1 ZwEWG).
· Die Gemeinde kann anordnen, dass eine nicht genehmigungsfähige Zweckentfremdung beendet und der Wohnraum wieder Wohnzwecken zugeführt wird (Art. 3 Abs. 2 ZwEWG).
· Mit Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro kann belegt werden, wer ohne die erforderliche Genehmigung Wohnraum für andere als Wohnzwecke verwendet oder überlässt (Art. 4 ZwEWG).
· Mit Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro kann belegt werden, wer entgegen § 11 Abs. 1 ZwEVS Auskünfte nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erteilt oder Unterlagen nicht oder nicht vollständig vorlegt.
Übersicht der Zweckentfremdungsvorgänge:
Seit Inkrafttreten der Satzung liegen 91 Zweckentfremdungsvorgänge vor (Stand: 31.10.2020).
Das Referat für Planen und Bauen vollzieht derzeit die Zweckentfremdungsverbotssatzung im Rahmen der begrenzten personellen Möglichkeiten und arbeitet die vorliegenden Fälle nach Priorität ab.
Die o.g. Fälle gliedern sich wie folgt auf:
Fallkategorie
|
Anträge |
Aufgriffe |
Anfragen |
Insgesamt |
Nutzungsänderung |
16 |
11 |
13 |
39 |
Beseitigung |
30 |
|
|
30 |
Leerstand |
|
20 |
|
20 |
Negativattest |
2 |
|
|
2 |
Summe |
46 |
32 |
13 |
91 |
Insgesamt wurden 27 Vorgänge abgeschlossen (13 Nutzungsänderungen, 12 Beseitigungen und 2 Negativatteste). Die Leerstandmitteilungen sowie die weiteren Vorgänge sind noch in Bearbeitung.
Die Fallbearbeitung erfolgt derzeit durch eine Abordnung mit 8 Wochenstunden und durch die Anordnung Mehrarbeit von einer Mitarbeiterin. Mit dem derzeit zur Verfügung stehenden Stundenmaß konnten erst rd. 30 % der vorliegenden Fälle bearbeitet werden. Um die weiteren vorliegenden Fälle, aber auch die eingehenden Fälle, die umfassende Recherche und Nachverfolgung für Leerstand, Ferienwohnungen, Abbruch etc. vornehmen zu können, ist die beantragte Personalausstattung zwingend erforderlich.
Anlagen: Anlage 1: Protokollvermerk vom 23.09.2020