Antrag der SPD zum Arbeitsprogramm 2020 der vhs vom 14.10.2019 "Ausweitung dezentraler Angebote der Erwachsenenbildung"
1.
Die
Volkshochschule (vhs) wird beauftragt, dem Bildungsausschuss bis zum Frühjahr
2021 ein detailliertes Konzept mit Ressourcenbedarf und Zeitschiene vorzulegen.
2. Bei zukünftigen Entwicklungen in den Stadtteilen wird Erwachsenenbildung möglichst frühzeitig mitgeplant.
3. Der Antrag zum Arbeitsprogramm 2020 der SPD-Fraktion vom 14.10.2019 ist bearbeitet.
Sachbericht:
Die SPD-Fraktion
beantragte zum Arbeitsprogramm 2020 der Volkshochschule (vhs):
·
Niederschwellige
Erwachsenenbildungs-Angebote in die Stadtteile auszuweiten.
·
Räume
in Schulen oder Stadtteilzentren zu nutzen.
·
Bei
der Wahl der Veranstaltungsformate auf Vereinbarkeit von Familie und
Bildungsangeboten zu achten.
·
Die
Vernetzung und Kooperation mit Stadtteilzentren und im Stadtteil aktiven
Vereinen auszubauen.
1. Einführende Gedanken zur Bedeutung von dezentralen Angeboten in der Erwachsenenbildung
Der Teilbericht
„Erwachsenenbildung in Erlangen 2019“, verschiedene Berichte der Abteilung für
Statistik, der Sozialbericht 2015 und das Seniorenpolitische Konzept Erlangen
„Alter neu denken – Teilhabe sichern“ belegen, dass Bildung im Erwachsenenalter
für die Entwicklung Erlangens einen wichtigen Faktor darstellt, und dass
niederschwellige, wohnungsnahe und daher dezentrale Angebote vonnöten sind, um
möglichst vielen Menschen von vorneherein den Zugang zu Bildungsangeboten zu
ermöglichen.
Die Ergebnisse
verschiedener statistischer Erhebungen belegen eindrücklich:
·
71%
der Bürger*innen wünschen sich vhs-Angebote in den Stadtteilen.
·
Im
Stadtwesten liegt dieser Wert bei 80%.
·
Im
Stadtwesten finden deutlich weniger Bürger*innen, dass die vhs gut mit dem Bus
erreichbar ist.
·
Unter
allen bestehenden Angeboten werden im Stadtwesten Bewegungsangebote für
Senioren und Kulturveranstaltungen am meisten genutzt, was für die vhs ein
weites Feld von eigenen Kursen, v.a. aber für Kooperationen mit Bildungsträgern/Vereinen
vor Ort bietet.
·
40%
der Befragten gaben an, aus Zeitmangel keinen Kurs der vhs besucht zu haben.
Mit Blick auf die teilweise langen Buszeiten, v.a. in den Abendstunden, sind
wohnungsnahe Angebote sinnvoll.
·
Der
Sozialindex im Stadtwesten hat eine größere Spannbreite als in anderen
Stadtteilen, was die Notwendigkeit für niederschwellige Bildungsangebote
verdeutlicht.
2. Derzeitige Aktivitäten der vhs in den Stadtteilen
2.1 Bestehendes
Angebot der vhs
Es ist
hervorzuheben, dass die vhs schon heute über das Stadtzentrum hinaus Kurse
anbietet, und z.B. in Stadtteilzentren (Treffpunkt Röthelheimpark,
Fröbelstraße, Kulturpunkt Bruck), im städtischen Gesundheitsraum in der
Nürnberger Straße, in Dreycedern, in der Apostelkirche oder im Kulturforum
etabliert ist, um nur einige zu nennen (siehe Karte, Anlage 1).
In der
Langzeitwirkung ist es ein Unterschied, ob ein Kurs außerhalb von vhs-Gebäuden
angeboten wird, oder ob vhs für die Menschen im Stadtteil erlebbar wird, ob die
vhs ein bekannter, mit der Zeit vertrauter Ort für Lernen, für Begegnung, für
gesellschaftliche, kulturelle und politische Teilhabe wird. Die Bürgerbefragung
2018 belegt, dass räumliche Nähe (Frage 39), und ein angenehmes Lernumfeld
(Frage 41) besonders wichtig sind.
In den statistischen
Bezirken westlich des Kanals wohnen 27.934 Einwohner*innen, nimmt man
Alterlangen noch hinzu, sind es 38.110. (Stand: Internetauftritt der Abteilung
Statistik 7/2020). Die Einwohner*innen des Bezirkes 82 bleiben in dieser
Vorlage unberücksichtigt. Daher erscheint es sinnvoll und angemessen, mit der
Ausweitung von dezentralen Angeboten im Stadtwesten zu beginnen.
Seit
SPD-Antragstellung im Herbst 2019 hat die vhs zunächst konkretisiert, welcher
Stadtteil als Pilot für mehr dezentrale Bildungsangebote geeignet wäre und dann
vor Ort Gespräche mit Key-workern und möglichen Partnern geführt.
2.2
Kooperationsmanagement
Ziel der vhs ist
es, mit den Schulen, Vereinen und Einrichtungen in Büchenbach Kooperationen zu
vereinbaren. Die Zusammenarbeit kann dabei von der einfachen Anmietung von
Räumen bis zu gemeinsam konzipierten Angeboten reichen. Die Verwaltung hat in
den vergangenen Monaten bereits Gespräche mit dem AWO-Sozialzentrum und dem
diakonischen Zentrum geführt. Mit dem Albert-Schweizer-Gymnasium wird bereits
eine Zusammenarbeit vereinbart.
2.3
Stadtteilhaus Büchenbach-West
Die vhs ist
intensiv in die Planung des barrierefreien Stadtteilhauses Büchenbach-West
eingebunden. Gemeinsam mit weiteren Ämtern können in diesem Haus den
Bürger*innen im Stadtwesten vielfältige Angebote der Erwachsenenbildung,
insbesondere in den Programmbereichen Gesundheit und Kultur, gemacht werden.
2.4 Neubau der
GewoBau in der Odenwaldallee
Die GewoBau plant
an der Odenwaldallee nicht nur Wohnungen, sondern auch städtische
Einrichtungen, die den Bewohner*innen der Wohnblocks und des Stadtteils
Möglichkeiten zu Austausch und Begegnung, zu Beratung und Weiterbildung geben
sollen. Auch hier sind vhs-Angebote - eigenständig oder in Kooperation - in
Planung. Das Seniorenamt plant hier u.a. Migrationsberatung und
Seniorenberatung.
2.5 Ausblick:
Die Mönauschule als „Stadtteilschule“
Das
Stadtplanungsamt blickt im Rahmen des ISEK-Verfahrens sehr aufmerksam auf
Büchenbach-Nord, auf die vorhandenen Strukturen, auf die dort lebenden Menschen
und auf das Potential, das die Gebäude der Mönauschule für alle Generationen
bieten. Langfristig können hier nicht nur Raumprobleme der Hedenus- und
Mönauschule gelöst werden, sondern die Schule als Begegnungsort konzipiert
werden, wo auch wertige, einladende Erwachsenenbildung möglich ist.
Fazit
Der Stadtwesten
bietet schon jetzt gutes Potential für Angebote und Kooperationen im
Erwachsenenbildungsbereich und in der Zukunft wird dies durch die Bauvorhaben
Odenwaldallee und Stadtteilhaus in der Lindnerstraße noch besser werden. Wenn
Erwachsenenbildung in immer mehr Stadtteilen ein immer besseres und offeneres
Angebot unterbreiten soll, ist Erwachsenenbildung von Anfang an mitzudenken.
Die vhs steht bei zukünftigen Stadtentwicklungen gerne bereit, von Anfang an
den Planungen mitzuwirken.
3. Kriterien für Leben und Lernen im Quartier
2001 und 2014 gab
es bereits zwei planungsintensive Anläufe, vhs in Büchenbach zu etablieren, die
wegen zu geringen Zulaufs eingestellt werden mussten. Wichtig ist daher, die
Ursachen zu klären und künftig zu vermeiden. Hier ist ein Blick auf nachhaltige
Planung im Stadtteil notwendig.
Der
Quartiersgedanke ist in Stadtplanungsprozessen zentral.
Begegnungsmöglichkeiten, Erledigung von Arztbesuchen oder sogar Behördengänge
in Wohnungsnähe steigern die Lebensqualität, sie schenken Lebenszeit und sind
daher fundamental für die Attraktivität des Stadtteils.
Nachhaltige und
ganzheitliche Planung im Kontext Lernen, die alle Lebenssituationen umfasst,
muss vorschulische, schulische und außerschulische Lernphasen, formales,
non-formales und informelles Lernen und somit auch Erwachsenenbildung zentral
beinhalten. Weiterlernen für (junge) Menschen, die in der Schule nicht zu einem
Abschluss gefunden haben, gehört genauso dazu, wie Kurse zu Bewegung, gesunder
Ernährung, also ein wohnungsnahes und vielfältiges Gesundheitsprogramm.
Wenn im Quartier
„Lernen“ für Arbeit und Freizeit in den Phasen von Kindheit, Jugend, Familie
und Alter stattfinden soll, wenn Fragen von Gesundheit, Krankheit und
Prophylaxe ihren Platz finden sollen, dann sind Angebote der Erwachsenenbildung
hilfreich. Erwachsenenbildung kann Fragen beantworten, Interesse wecken,
Fähigkeiten fördern, berufliches Fortkommen begünstigen, bei der Erziehung
unterstützen, politische Partizipation und Demokratiebildung ermöglichen und
somit insgesamt Teilhabe fördern. Begegnungen und neue Freundschaften quer
durch alle Lebenswelten werden ebenso begleitet wie intergenerationelles
Lernen.
Dezentrale
Bildungsangebote:
·
stärken
die Bindung an den eigenen Stadtteil
·
verkürzen
Wegzeiten für die Kursteilnehmer
·
vereinfachen
die Vereinbarkeit von Familie und Bildungsangeboten
·
beseitigen
daher viele Barrieren von vorneherein
·
können
durch einander ergänzende Angebote für Eltern und Kinder Familien stärken
·
stärken
Vernetzung im Stadtteil
·
eröffnen
auch den Vereinen im Stadtteil neue Möglichkeiten der Kooperation
·
vermeiden
Verkehr ins Zentrum
·
unterstützen
die Geschäfte im Stadtteil
·
sind
niederschwellig, weil in bekannter Umgebung
·
ermöglichen
Beratung in den zuständigen Institutionen vor Ort
·
entlasten
die zentralen Standorte der vhs, da hier die Räume überlastet sind
·
stärken
die Schulen im Stadtteil
4. Umsetzung dezentraler Bildung im Quartier
Analyse: Dezentrale Bildung im Stadtwesten ist kein
Selbstläufer. Es braucht Analyse und Konzeption, eine durchdachte mittel- und
langfristige Planung, gründliche Zielgruppenarbeit für diesen Stadtteil, wo
Jahrhunderte alte Tradition auf Migration, Neubau und Fluktuation stößt.
Zeithorizont: Das Konzept muss möglichst genau auf die
Bedürfnisse im Stadtteil ausgerichtet sein. Die Anlaufphase wird 3 – 5 Jahre
umfassen. Um die Teilnehmer*innen an die vhs zu binden, müssen die Kurse nicht
nur organisatorisch gelingen, die Dozenten zufrieden stellen und die
Erwartungen der Teilnehmer*innen erfüllen. Zugleich wird ein
Kommunikationskonzept erstellt. In eine prozessbegleitende Evaluation werden
städtische Dienststellen einbezogen. Die Bürger*innen werden einbezogen,
angedacht ist eine Bildungswerkstatt im ersten Jahr.
Lernorte: Erwachsenenbildung braucht attraktive und
hochwertige Lernorte, das Lernambiente muss einladend sein. Die repräsentative
Umfrage „Leben in Erlangen 2018“ zeigt, das hier durchaus noch Luft nach oben
ist. 95% der Befragten halten die Qualität der Lernumgebung für wichtig und nur
12 % stimmen der Aussage, dass die Unterrichtsräume zeitgemäß gestaltet und in
gutem Zustand sind, völlig zu.
5. Konzept
für gelingende „Dezentrale Bildungsangebote“ im Stadtwesten
Im Folgenden werden
im Rahmen eines Sollkonzeptes ausgehend von den Bedürfnissen (aus den
Erkenntnissen aus Berichten und statistischen Erhebungen) und aus den
Erfahrungen der vergangenen Anläufe Versuche Lösungsansätze für „Dezentrale
Erwachsenenbildung“ in Büchenbach dargestellt.
Den Analysen der Gründe, warum Angebote nicht wahrgenommen wurden,
werden Lösungsvorschläge zugeordnet.
Das will die vhs
zukünftig tun:
a)
Die
Angebote für den Erlanger Westen werden zielgerichtet beworben und
kommuniziert. Die Angebote werden im vhs Programm im Fließtext,
b)
als
eigenes Kapitel „Kurse im Stadtwesten“ und
c)
als
eigenes Druckwerk mit Aufforderungscharakter verbreitet.
d)
Vereine,
Apotheken, Bäcker, städtische Einrichtungen und andere Multiplikatoren werden
frühzeitig einbezogen.
e)
Informationen
über Social Media, die EN, die Herbstzeitlose und andere Zeitungen runden die
Informationskampagne ab.
f)
Die
vhs setzt auf Kooperation statt Konkurrenz. Das Kursangebot wird in Kooperation
mit den Anbietern vor Ort entwickelt. Die Stärken der vhs werden mit dem
Erfahrungswissen des Anbieter vor Ort vereint.
g)
Kooperation mit Keyworkern vor Ort als
Türöffner zu Gruppen, die bisher von der vhs nicht erreicht werden konnten.
h)
Einbezug
der Stadtteilbewohner*innen durch eine Bildungswerkstatt.
Antworten der
vhs auf bekannte Gründe für Nicht-Teilnahme an vhs-Angeboten
·
Keine
Kursteilnahme, weil Wegezeit zu lang und Kurszeit bei Dunkelheit
Fahrzeiten
ab ca. 40 Minuten ( + Weg von und zur Bushaltestelle + Wartezeit) werden ungern
akzeptiert. Insbesondere für Alleinerziehende und Senior*innen erleichtert
Wohnortnähe die Entscheidung für ein Angebot der vhs. Der PKW als
Verkehrsmittel ist wegen schwieriger Parkplatzlage in vhs-Nähe unattraktiv und
die Fahrt mit dem Fahrrad ist in den Abendstunden nicht jedem oder jeder
zumutbar.
Die
vhs wird zukünftig mehr
wohnortnahe Bildungsangebote, beginnend im Stadtwesten, später auch für andere
Stadtteile anbieten. Kursbeginn auf Bedürfnisse der Zielgruppen abstimmen
·
Keine
Kursteilnahme, weil Kursräume im Zentrum oft nicht barrierefrei
Die vhs wird zukünftig Angebote vor Ort mit und bei Partnern mit
barrierefreien Räumen. Neben baulichen werden auch Sinnes-Barrieren, u.a. in
Kooperation mit Kommune Inklusive bedacht werden.
·
Keine
Kursteilnahme, weil Angebot der vhs unbekannt
Die vhs wird zukünftig ausgehend
von der Bevölkerungsbefragung des Bildungsbüros 23% der Befragten können keinen
Anbieter von Erwachsenenbildung nennen, aber 55% wünschen mehr Beratung und
Information zu Erwachsenenbildung). In Büchenbach sind dies sogar 63,3%. Die
bestehenden Beratungs- und Kommunikationsangebote kommen offensichtlich bei den
Ratsuchenden nicht zuverlässig an. Dass vor-Ort Beratung wirkungsvoll und
niederschwellig sein kann, zeigen zum Beispiel die Senioren-Anlaufstellen. Die
vhs wird im Stadtwesten, entweder bei einem der Kooperationspartner, später im
geplanten Stadtteilzentrum in Büchenbach oder im Bauvorhaben der GewoBau Beratung
anbieten, was in den (gemeinsam mit Amt 41 zu nutzenden) Büros auch machbar
wäre.
·
Keine
Kursteilnahme, weil zu teuer
Die vhs wird zukünftig noch deutlicher auf die Ermäßigungen durch den
ErlangenPass hinweisen. Die letzten Umfrageergebnisse stammen noch aus der Zeit
vor Start des ErlangenPasses. Seit dessen Einführung sind die vhs-Kurse um 50%
rabattiert, ab dem WS20/21 sogar um 75%. Das Projekt Erlangen-Pass plus wird
die Gruppe der Berechtigten nochmals vergrößern. Zudem sind viele Angebote, wie
oben geschildert, kostenlos.
6. Zusammenfassung:
Die vhs hat
analysiert warum die Versuche 2001 und 2014 vhs im Westen zu etablieren, nicht
gelangen. Ein neuer Versuch lohnt sich, und kann erfolgreich sein,
·
wenn
Beratung vor Ort zumindest stundenweise angeboten wird,
·
wenn
die vhs mit bestehenden Strukturen und Einrichtungen kooperiert,
·
wenn
das Angebot auf die Bedürfnisse im Stadtteil zugeschnitten ist,
·
wenn
die Angebote niederschwellig sind,
·
wenn
zielgruppen-gerechte Ansprache erfolgt und
·
wenn
die vhs im Stadtteil verortet wird und erkennbar ist.
7. Ressourcen:
Für die Konzepterstellung selbst werden
keine zusätzlichen Personalkosten und Haushaltsmittel benötigt.
Anlagen:
Anlage 1_Karte
vhs-Standorte
Anlage 2_Antrag SPD-Fraktion_14.10.2019