Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.
1.
Sachverhalt
Menschen ab 60 Jahren gelten als Risiko-Gruppe in der Corona-Pandemie. Ihnen wurde deshalb in besonderem Maße angeraten, während der kritischen Zeit der Kontaktbeschränkungen i.S. des „social distancing“ außerhäusliche Aktivitäten und Situationen so weit als möglich zu begrenzen oder ganz zu vermeiden.
Alltägliche Besorgungen und Erledigungen erfordern jedoch auch Wege außerhalb der Wohnung. Dazu gehören etwa Einkäufe, Arztbesuche, Besorgungen in der Apotheke oder Besuche bei Krankengymnastik oder Physiotherapie. Ältere Menschen sind für solche Anforderungen durch Kontaktbeschränkungen bzw. ein erhöhtes Infektionsrisiko verstärkt abhängig von fremder Hilfe und erleben diese Situation als starke Einschränkung ihrer Lebensführung. Notwendige Arztbesuche werden aus Sorge vor einer Infektion zum Teil vermieden und die gesundheitliche Vorsorge vernachlässigt.
Mit Unterstützung durch eine private Spende an die Stadt Erlangen wurde deshalb – vermittelt über das Bürgermeister- und Presseamt / Bürgerschaftliches Engagement - für diese Zielgruppe seit Frühjahr 2020 die Möglichkeit für kostenlose Taxifahrten mit dem „Senioren-Taxi“ für die genannten Zwecke geboten. Damit sollten notwendige Alltagserledigungen selbständig durchgeführt werden können und gleichzeitig die Gefahr einer Infektion durch Wege im öffentlichen Raum oder die Nutzung des ÖPNV reduziert werden.
Nach der Information der Taxigenossenschaft wurden diese Fahrten bis zum Sommer 2020 aber nur in sehr geringem Umfang in Anspruch genommen (Stand Juli 2020).
2. Weiterführung und Erweiterung
des Angebots
Aus Sicht des Sozialamtes wäre die Weiterführung des Angebots ab dem Herbst jedoch sinnvoll, zumal derzeit eine zweite „Infektionswelle“ nicht mehr ausgeschlossen werden kann und somit erhöhter Bedarf entstehen könnte. Aufgrund der besonderen Risikosituation wäre das Angebot weiterhin ein sehr hilfreicher Beitrag für die ältere Bevölkerung, um trotz möglicher Einschränkungen eine weitgehend selbstbestimmte und selbständige Alltagsbewältigung aufrecht zu erhalten.
Außerdem soll das Angebot konzeptionell erweitert werden, um neben der Unterstützung für alltägliche Besorgungen und Wege auch die Teilhabemöglichkeiten am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben für die Älteren möglichst weit aufrechtzuerhalten und damit einer drohenden sozialen Isolation entgegenzuwirken.
Das Angebot soll sich gezielt an Ältere mit geringen finanziellen Mitteln wenden, die ansonsten keine Möglichkeit hätten, Taxifahrten in Anspruch zu nehmen und die von Einschränkungen deshalb in besonders starkem Maß betroffen sind. Berechtigt für dieses Angebot sind die ErlangenPass-Inhaber*innen, die mittels eines Informationsschreibens unterrichtet werden.
Durch ein persönliches Anschreiben wird eine höhere Akzeptanz und Inanspruchnahme erwartet. Ggfs. könnten auch alle Bezieher*innen von Grundsicherung im Alter angeschrieben werden und somit ein Anreiz geschaffen werden, den Erlangen Pass zu beantragen und die Inanspruchnahme von Vergünstigungen zu erhöhen.
3.
Umsetzung des Angebots (Eckpunkte)
1.
Zielgruppe |
Nutzer*innen des ErlangenPasses ab 60 Jahren |
2.
Bewerbung des Angebots |
direkte Anschreiben an die Zielgruppe Flyer, Information auf der Website des ErlangenPasses und des
Seniorenamtes ggfs. Presseartikel |
3. Zeitraum
des Angebots |
Erprobungsphase von ca. Oktober 2020 bis März 2021 |
4. Ziel |
Durch das Angebot werden die älteren Menschen als Risikogruppe für
eine Corona-Infektion unterstützt, trotz pandemiebedingter Einschränkungen -
Termine
beim Arzt, bei der Krankengymnastik, Physiotherapie o.ä. wahrnehmen zu
können, -
alltägliche
Erledigungen wie Einkaufen oder Besorgungen (z.B. Apotheke) zu bewältigen, -
am
gemeinschaftlichen Leben teilhaben zu können (z.B. Besuch einer
Seniorengruppe, Veranstaltungen für Senior*innen), -
am
kulturellen Leben teilhaben zu können (z.B. Besuch eines Konzerts). |
5.
Umsetzung |
Der teilnehmende Personenkreis (Erlangen Pass-Inhaber*innen) wird
schriftlich über das Angebot informiert und erhält auf Anforderung einen
Gutscheinwert über 25,- € (gestückelt nach Einzelgutscheinen zu 3 x 5,- € und
1 x 10,- €). Die Gutscheine können nach Bedarf einzeln oder miteinander kombiniert
für Taxifahrten eingelöst werden. Die betreffende Person kann damit selbst
entscheiden, ob sie für eine Taxifahrt einen eigenen Kostenanteil trägt oder
mehrere Gutscheine für die Gesamtkosten einlöst. Ein möglicher
Differenzbetrag zwischen tatsächlichen Kosten und dem eingelösten
Gutscheinwert verfällt allerdings. Nach Bedarf und Verfügbarkeit können Personen auch mehrfach einen
Gutscheinwert über 25,- € erhalten. Dies ist abhängig von der Gesamtzahl der
Personen, die das Angebot in Anspruch nehmen (s. 6.). Die Abrechnung der tatsächlichen Kosten erfolgt über die
Taxigenossenschaft. Die Taxifahrer*innen geben die Gutscheine bei der
Taxizentrale ab. Sollten die tatsächlichen Kosten für eine Fahrt unter dem
Gutscheinwert liegen, wird dies vom Fahrer auf dem Gutschein vermerkt. Die
Taxigenossenschaft erhält vom Sozialamt die tatsächlichen Fahrtkosten
erstattet. |
6. Kosten,
Finanzierung |
Für das Angebot soll zur Erprobung zunächst ein Gesamtbudget von
5.000,- € zur Verfügung gestellt werden. Bei einem Wert von 25,- € je Gutschein können damit 200 Gutscheine
vergeben werden. Die Zielgruppe der Erlangen Pass-Inhaber*innen ab 60 Jahren umfasst
ca. 400 Personen (Stand: Juli 2020). Angenommen wird eine Quote von 10% der betreffenden Personen, die das
Angebot in Anspruch nehmen, somit rund 40 Personen. Damit können im Durchschnitt bis zu 5 Gutscheine á 25 € pro
Person vergeben werden (somit eine Einzelfallförderung von bis zu 125,- €). Für die Finanzierung werden in der Erprobungsphase beim Sozialamt zur
Verfügung stehende Spenden-/Drittmittel eingesetzt (z.B. Fördermittel des Freistaats
Bayerns aus dem Programm „Unser Soziales Bayern. Wir helfen zusammen!“ für
die Unterstützung von Älteren in der Pandemie; s. Rundschreiben des Bayer.
Städtetages Nr. S 044/2020 vom 25.03.2020; www.unser.soziales.bayern.de) |
7.
Perspektiven |
Die Entscheidung über eine mögliche weitere Verlängerung erfolgt je
nach Inanspruchnahme des Angebots, der Entwicklung und Dauer der Pandemie
sowie der ggfs. künftig zur Verfügung stehenden Finanzierungsmöglichkeiten. Über eine weitere Verlängerung (auch über die Zeit der Pandemie
hinaus) sowie eine Erweiterung der Zielgruppe kann deshalb erst nach den
Erfahrungen der Erprobungsphase entschieden werden. Ggfs. könnte das Angebot dauerhaft in das Spektrum des Erlangen Passes
aufgenommen werden. d.h. auch außerhalb der pandemiebedingten Beschränkungen.
Auch eine Erweiterung der Zielgruppe auf jüngere Personengruppen (z.B.
chronisch kranke Menschen) soll nach der Erprobungsphase geprüft werden. |
8.
Abgrenzung zu gesetzlichen Ansprüchen |
Eine Abgrenzung des Angebots soll gegenüber den Fahrdiensten für
Menschen mit Behinderung (Leistung der Eingliederungshilfe des Bezirks) sowie
gegenüber Taxifahrten zu notwendigen Behandlungen und Untersuchungen als
Leistung der Krankenkassen anhand der hierfür geltenden gesetzlichen
Kriterien erfolgen (s. Anlage). Die Teilnehmenden werden hierauf hingewiesen; in der Erprobungsphase
soll zunächst aber keine detaillierte Prüfung oder Kontrolle erfolgen, um das
Angebot möglichst niedrigschwellig zu halten. |
Anlagen: Übersicht über gesetzliche Ansprüche für (Taxi-)Fahrten (Leistungen der Eingliederungshilfe durch den Bezirk; Krankenkassenleistungen) zur Abgrenzung