Betreff
Unterstützung bei der Alltagsbewältigung und der Teilhabe von Senior*innen durch Taxigutscheine
Vorlage
50/012/2020
Aktenzeichen
V/50/WM021
Art
Mitteilung zur Kenntnis

Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.


 

1. Sachverhalt

Menschen ab 60 Jahren gelten als Risiko-Gruppe in der Corona-Pandemie. Ihnen wurde deshalb in besonderem Maße angeraten, während der kritischen Zeit der Kontaktbeschränkungen i.S. des „social distancing“ außerhäusliche Aktivitäten und Situationen so weit als möglich zu begrenzen oder ganz zu vermeiden.

Alltägliche Besorgungen und Erledigungen erfordern jedoch auch Wege außerhalb der Wohnung. Dazu gehören etwa Einkäufe, Arztbesuche, Besorgungen in der Apotheke oder Besuche bei Krankengymnastik oder Physiotherapie. Ältere Menschen sind für solche Anforderungen durch Kontaktbeschränkungen bzw.  ein erhöhtes Infektionsrisiko verstärkt abhängig von fremder Hilfe und erleben diese Situation als starke Einschränkung ihrer Lebensführung. Notwendige Arztbesuche werden aus Sorge vor einer Infektion zum Teil vermieden und die gesundheitliche Vorsorge vernachlässigt.

Mit Unterstützung durch eine private Spende an die Stadt Erlangen wurde deshalb – vermittelt über das Bürgermeister- und Presseamt / Bürgerschaftliches Engagement - für diese Zielgruppe seit Frühjahr 2020 die Möglichkeit für kostenlose Taxifahrten mit dem „Senioren-Taxi“ für die genannten Zwecke geboten. Damit sollten notwendige Alltagserledigungen selbständig durchgeführt werden können und gleichzeitig die Gefahr einer Infektion durch Wege im öffentlichen Raum oder die Nutzung des ÖPNV reduziert werden.

Nach der Information der Taxigenossenschaft wurden diese Fahrten bis zum Sommer 2020 aber nur in sehr geringem Umfang in Anspruch genommen (Stand Juli 2020).

 

2. Weiterführung und Erweiterung des Angebots

Aus Sicht des Sozialamtes wäre die Weiterführung des Angebots ab dem Herbst jedoch sinnvoll, zumal derzeit eine zweite „Infektionswelle“ nicht mehr ausgeschlossen werden kann und somit erhöhter Bedarf entstehen könnte. Aufgrund der besonderen Risikosituation wäre das Angebot weiterhin ein sehr hilfreicher Beitrag für die ältere Bevölkerung, um trotz möglicher Einschränkungen eine weitgehend selbstbestimmte und selbständige Alltagsbewältigung aufrecht zu erhalten.

Außerdem soll das Angebot konzeptionell erweitert werden, um neben der Unterstützung für alltägliche Besorgungen und Wege auch die Teilhabemöglichkeiten am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben für die Älteren möglichst weit aufrechtzuerhalten und damit einer drohenden sozialen Isolation entgegenzuwirken.

Das Angebot soll sich gezielt an Ältere mit geringen finanziellen Mitteln wenden, die ansonsten keine Möglichkeit hätten, Taxifahrten in Anspruch zu nehmen und die von Einschränkungen deshalb in besonders starkem Maß betroffen sind. Berechtigt für dieses Angebot sind die ErlangenPass-Inhaber*innen, die mittels eines Informationsschreibens unterrichtet werden.

Durch ein persönliches Anschreiben wird eine höhere Akzeptanz und Inanspruchnahme erwartet. Ggfs. könnten auch alle Bezieher*innen von Grundsicherung im Alter angeschrieben werden und somit ein Anreiz geschaffen werden, den Erlangen Pass zu beantragen und die Inanspruchnahme von Vergünstigungen zu erhöhen.

 

3. Umsetzung des Angebots (Eckpunkte)

 

1. Zielgruppe

 

Nutzer*innen des ErlangenPasses ab 60 Jahren 

2. Bewerbung des Angebots

 

direkte Anschreiben an die Zielgruppe

Flyer, Information auf der Website des ErlangenPasses und des Seniorenamtes

ggfs. Presseartikel

 

3. Zeitraum des Angebots

Erprobungsphase von ca. Oktober 2020 bis März 2021

 

4. Ziel

Durch das Angebot werden die älteren Menschen als Risikogruppe für eine Corona-Infektion unterstützt, trotz pandemiebedingter Einschränkungen

 

-          Termine beim Arzt, bei der Krankengymnastik, Physiotherapie o.ä. wahrnehmen zu können,

-          alltägliche Erledigungen wie Einkaufen oder Besorgungen (z.B. Apotheke) zu bewältigen,

-          am gemeinschaftlichen Leben teilhaben zu können (z.B. Besuch einer Seniorengruppe, Veranstaltungen für Senior*innen),

-          am kulturellen Leben teilhaben zu können (z.B. Besuch eines Konzerts).

 

5. Umsetzung

Der teilnehmende Personenkreis (Erlangen Pass-Inhaber*innen) wird schriftlich über das Angebot informiert und erhält auf Anforderung einen Gutscheinwert über 25,- € (gestückelt nach Einzelgutscheinen zu 3 x 5,- € und 1 x 10,- €).

Die Gutscheine können nach Bedarf einzeln oder miteinander kombiniert für Taxifahrten eingelöst werden. Die betreffende Person kann damit selbst entscheiden, ob sie für eine Taxifahrt einen eigenen Kostenanteil trägt oder mehrere Gutscheine für die Gesamtkosten einlöst. Ein möglicher Differenzbetrag zwischen tatsächlichen Kosten und dem eingelösten Gutscheinwert verfällt allerdings.

 

Nach Bedarf und Verfügbarkeit können Personen auch mehrfach einen Gutscheinwert über 25,- € erhalten. Dies ist abhängig von der Gesamtzahl der Personen, die das Angebot in Anspruch nehmen (s. 6.).

 

 

 

Die Abrechnung der tatsächlichen Kosten erfolgt über die Taxigenossenschaft. Die Taxifahrer*innen geben die Gutscheine bei der Taxizentrale ab. Sollten die tatsächlichen Kosten für eine Fahrt unter dem Gutscheinwert liegen, wird dies vom Fahrer auf dem Gutschein vermerkt. Die Taxigenossenschaft erhält vom Sozialamt die tatsächlichen Fahrtkosten erstattet.

 

6. Kosten, Finanzierung

 

 

 

 

 

Für das Angebot soll zur Erprobung zunächst ein Gesamtbudget von 5.000,- € zur Verfügung gestellt werden.

Bei einem Wert von 25,- € je Gutschein können damit 200 Gutscheine vergeben werden.

Die Zielgruppe der Erlangen Pass-Inhaber*innen ab 60 Jahren umfasst ca. 400 Personen (Stand: Juli 2020).

Angenommen wird eine Quote von 10% der betreffenden Personen, die das Angebot in Anspruch nehmen, somit rund 40 Personen.

Damit können im Durchschnitt bis zu 5 Gutscheine á 25 € pro Person vergeben werden (somit eine Einzelfallförderung von bis zu 125,- €).

 

Für die Finanzierung werden in der Erprobungsphase beim Sozialamt zur Verfügung stehende Spenden-/Drittmittel eingesetzt (z.B. Fördermittel des Freistaats Bayerns aus dem Programm „Unser Soziales Bayern. Wir helfen zusammen!“ für die Unterstützung von Älteren in der Pandemie; s. Rundschreiben des Bayer. Städtetages Nr. S 044/2020 vom 25.03.2020; www.unser.soziales.bayern.de)

 

7. Perspektiven

Die Entscheidung über eine mögliche weitere Verlängerung erfolgt je nach Inanspruchnahme des Angebots, der Entwicklung und Dauer der Pandemie sowie der ggfs. künftig zur Verfügung stehenden Finanzierungsmöglichkeiten.

 

Über eine weitere Verlängerung (auch über die Zeit der Pandemie hinaus) sowie eine Erweiterung der Zielgruppe kann deshalb erst nach den Erfahrungen der Erprobungsphase entschieden werden.

 

Ggfs. könnte das Angebot dauerhaft in das Spektrum des Erlangen Passes aufgenommen werden. d.h. auch außerhalb der pandemiebedingten Beschränkungen. Auch eine Erweiterung der Zielgruppe auf jüngere Personengruppen (z.B. chronisch kranke Menschen) soll nach der Erprobungsphase geprüft werden.

 

8. Abgrenzung zu gesetzlichen Ansprüchen

 

Eine Abgrenzung des Angebots soll gegenüber den Fahrdiensten für Menschen mit Behinderung (Leistung der Eingliederungshilfe des Bezirks) sowie gegenüber Taxifahrten zu notwendigen Behandlungen und Untersuchungen als Leistung der Krankenkassen anhand der hierfür geltenden gesetzlichen Kriterien erfolgen (s. Anlage).

 

Die Teilnehmenden werden hierauf hingewiesen; in der Erprobungsphase soll zunächst aber keine detaillierte Prüfung oder Kontrolle erfolgen, um das Angebot möglichst niedrigschwellig zu halten.

 


Anlagen: Übersicht über gesetzliche Ansprüche für (Taxi-)Fahrten (Leistungen der Eingliederungshilfe durch den Bezirk; Krankenkassenleistungen) zur Abgrenzung