Betreff
Ergebnisse und Umsetzung der Klimanotstandsstudie für Erlangen
Vorlage
31/006/2020
Aktenzeichen
VII/31
Art
Beschlussvorlage

1)    Der Stadtrat nimmt die Klimanotstand-Studie zur Kenntnis.

2)    Die Stadtverwaltung wird beauftragt, einen Vorschlag vorzulegen, bis zu welchem Jahr die Stadt Erlangen klimaneutral werden muss, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Dabei soll der weitere Weg zur Klimaneutralität skizziert werden.

3)    Der Stadtrat beauftragt die Stadtverwaltung, die Ausschreibung des Klimanotstand-Plans verbunden mit einem breit aufgestellten Beteiligungsprozess für Bürger*innen und Interessensgruppen vorzunehmen.

 


1.    Ergebnis/Wirkungen
(Welche Ergebnisse bzw. Wirkungen sollen erzielt werden?)

In der Bürgerversammlung Gesamtstadt am 27.03.2019 hat die Initiative Fridays for Future Erlangen zwei Anträge eingebracht, die Anträge wurden mehrheitlich angenommen. Der Antrag 1 „Ausrufung des Klimanotstands“ wurde am 29.05.2019 im Erlanger Stadtrat beschlossen. Damit wurde die Eindämmung des Klimawandels und seiner schwerwiegenden Folgen als Aufgabe von höchster Priorität anerkannt. Der Antrag 2 „Die Umsetzung folgender Maßnahmen“ wurde am 25.07.2019 im Stadtrat behandelt und vorgeschlagene Maßnahmen beschlossen. Dazu zählt die Vergabe einer vorbereitenden Studie zum „Klimanotstand-Plan“. Die Ergebnisse der Studie werden nachfolgend behandelt.

 

Erlangen war die erste Stadt in Bayern, die im Mai 2019 den Klimanotstand ausgerufen hat. Im Zuge dessen hat die Stadt Erlangen bereits erste Maßnahmen beschlossen. Die Bewältigung des Klimanotstands bleibt jedoch in vielerlei Hinsicht Neuland, denn es gibt hierfür kein standardisiertes Vorgehen. Aus diesem Grund wurde eine vorbereitende Kurzstudie in Auftrag gegeben, die erste richtungsweisende Ergebnisse für die Auftragsvergabe des Klimanotstand-Plans liefern sollte.

 

Die im Rahmen der Studie gewonnenen Erkenntnisse gehen über das Format einer „Kurzstudie“ hinaus. Eine fundierte Grundlagenstudie zum Klimanotstand ist entstanden. Kernaussagen dieser Grundlagenstudie sind in der Kurzbroschüre „Transformation gestalten. Bausteine einer Klimanotstandspolitik in Erlangen“ festgehalten (siehe Anhang 1). Die Grundlagenstudie befindet sich in der finalen Ausarbeitung und wird im August 2020 auf der städtischen Webseite zur Verfügung gestellt.

 

Folgende zentrale Fragestellungen werden in der Grundlagenstudie und Kurzbroschüre (nachfolgend als „Studie“ bezeichnet) behandelt:

 

-       Bis zu welchem Jahr muss für Erlangen Klimaneutralität erreicht sein, um die Ziele des Klimaschutz-Übereinkommens von Paris heruntergebrochen für die Stadt Erlangen zu erreichen?

-       Wie kann Klimaneutralität in Erlangen erreicht werden? Welche Handlungsfelder und Reduktionspfade sind dafür geeignet?

-       Mit welchen Strukturen können konkrete Maßnahmen zur Umsetzung gemeinsam mit der Erlanger Stadtgesellschaft erarbeitet und verankert werden?

-       Welche gesellschaftspolitischen Transformationsprozesse können und müssen forciert werden?

 

Die Studie befasst sich intensiv mit aktuellen Erkenntnissen der Klimaforschung, mit Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgase und mit einer Strategie zur Akteursbeteiligung. Sie schafft eine Grundlage, um im nächsten Schritt die konkrete Umsetzung zu initiieren. Im dritten Quartal 2020 wird eine Ausschreibung in die Wege geleitet, die die Realisierung von Klimaschutz-Maßnahmen mit einer intensiven Beteiligung relevanter Stakeholder (Bürger*innen, Politik, Wirtschaft, Verbände, Vereine, Verwaltung etc.) verknüpft (Klimanotstand-Plan). Auf diese Weise verliert die Stadt Erlangen keine wertvolle Zeit. Wichtige Klimaschutz-Maßnahmen aus der Studie können gemeinsam mit den betroffenen Interessensgruppen konkretisiert und realisiert werden.

 

2.    Programme / Produkte / Leistungen / Auflagen
(Was soll getan werden, um die Ergebnisse bzw. Wirkungen zu erzielen?)

Der Beitrag Erlangens zu den Pariser Klimaziele

Die Grundlagenstudie zeigt deutlich, dass wir uns weltweit auf einem Pfad zu einer Erderwärmung um +4 °C bis 2050 befinden, der einhergeht mit erheblichen Risiken für den Fortbestand der menschlichen Zivilisation. Politische Entscheidungen und Maßnahmen bleiben bisher auf allen Ebenen sowohl in ihren Zielsetzungen (Ambitionslücke) als auch in den dahinterliegenden Maßnahmenprogrammen (Umsetzungslücke) deutlich hinter den wissenschaftlich begründeten Erfordernissen zurück. Deutschland ist völkerrechtlich dazu verpflichtet, die Ziele des Pariser Klimaabkommens, die Erderwärmung auf unter 2 °C (1,75 °C) und möglichst unter 1,5 °C zu beschränken, einzuhalten.

 

Aktuelle Berechnungen unterstreichen, dass die Bundesregierung mit ihrem derzeitigen Ansatz, in Deutschland bis zum Jahr 2050 die Klimaneutralität zu erreichen, die Pariser Klimaziele eindeutig verfehlen wird. Bereits spätestens bis zum Jahr 2037 muss Deutschland klimaneutral werden, um das 1,75 °C zu erreichen. Die deutschen Anteile am internationalen Luftverkehr und Schiffsverkehr sind hierbei noch nicht einberechnet und ein hohes Risiko für gravierende Klimafolgen bleibt bestehen.

 

Die Stadt Erlangen hat sich bisher noch kein konkretes Ziel gesetzt, welchen Beitrag sie zu den Pariser Klimazielen leisten will. Ein Entscheidungsprozess ist daher anzustoßen, der eine konkrete Jahreszahl zum Ergebnis hat, bis wann die Stadt auf ihrem Territorium klimaneutral sein will. Anschließend wird ein konkreter Fahrplan zur Treibhausgasreduktion in Erlangen aufgestellt.

 

Wege zur Reduzierung der Treibhausgase

Die Studie unterscheidet zwischen fünf zentralen Handlungsfeldern kommunaler Klimaschutzpolitik, um den Treibhausgasausstoß zu reduzieren:

1)    Energiewende

2)    Mobilitätswende

3)    Wohnen, Wärmewende und Stadtökologie

4)    Wirtschaft: Industriewende – Produktion und Konsum

5)    Ernährungswende: Landwirtschaft und nachhaltige Landnutzung

 

Die in der Studie aufgeführten Klimaschutz-Maßnahmen sind noch nicht gezielt für die Stadt Erlangen ausgelegt. Eine Konkretisierung der Maßnahmen für die Stadt Erlangen erfolgt im nächsten Schritt und dann jeweils unter Beteiligung der relevanten Stakeholder (s.o.).

 

Die Stadt Erlangen kann heute schon wichtige Klimaschutz-Maßnahmen in den aufgeführten Handlungsfeldern vorweisen. Exemplarisch werden nachfolgend einige wenige Maßnahmen aufgeführt:

 

Im Handlungsfeld Energiewende kann festgehalten werden, dass die Stadtwerke Erlangen verstärkt in den Ausbau der Nahwärmeversorgung investieren. Zudem bietet die Stadt Erlangen bereits seit vielen Jahren Energieberatungen und Förderprogramme für Hauseigentümer*innen an.

Mit dem Verkehrsentwicklungsplan (VEP) wird der Ausbau des Umweltverbunds und zugleich die Reduzierung des Pendlerverkehrs strategisch angegangen und forciert. Ein wichtiger Baustein für die Mobilitätswende ist auch die Stadtumlandbahn. Die Wärmewende forciert die Stadt Erlangen u.a. im Bereich der Bestandssanierung. Die städtischen Standards gehen über die gesetzlichen Standards hinaus. Ebenso verfolgt die GEWOBAU in der Sanierung ihrer Gebäude ambitionierte Klimaziele. Das im Juni 2020 beschlossene Klimaanpassungskonzept beinhaltet weitreichende Maßnahmen zur Förderung der Stadtökologie. So gibt es Maßnahmen zur Pflege und zum Schutz des Stadtgrüns. Der Einfluss der Stadt Erlangen auf die Wirtschaft ist ausbaufähig. Über Formate wie die „Klimaallianz“ und die „Lenkungsgruppe EnergieeffizientER“ wird versucht, die Unternehmen noch mehr für den Klimaschutz zu gewinnen. Die Stadt Erlangen engagiert sich seit langer Zeit für einen nachhaltigen und fairen Handel und wurde bereits 2012 als „Fairtrade Town“ ausgezeichnet. Im Juli 2019 wurde beschlossen, den Anteil an vegetarischen Gerichten in Schulen und städtischen Kindertagesstätten möglichst zu erhöhen, um so einen Beitrag zur Ernährungswende zu leisten. Des Weiteren ist beim Mittagessen in den Spiel- und Lernstuben der Mindestanteil an Biokost auf 25 Prozent festgelegt worden. Die Stadt Erlangen ist zudem Mitglied des deutschlandweiten Bio-Städte-Netzwerks.

 

An den ausgewählten Beispielen wird deutlich, dass die Stadt Erlangen in keinem Handlungsfeld einen blinden Fleck hat. Die Bemühungen sind jedoch noch bei weitem nicht ausreichend, um die Pariser Klimaziele einzuhalten. Es gilt die entscheidenden Maßnahmen anzugehen, also jene Maßnahmen bei denen die Stadt Erlangen großen Gestaltungsspielraum hat und zugleich große Klimaschutzeffekte erzielen kann. Diese Klimaschutz-Maßnahmen sind ggf. teurer und erscheinen teilweise unwirtschaftlich, sind politisch möglicherweise umstritten und/oder der Bevölkerung nicht leicht zu vermitteln, aber auf langer Sicht sind sie höchst wirkungsvoll für den Klimaschutz. Zeitgleich müssen jene Praktiken konsequent abgeschafft oder erschwert werden, die klimaschädlich sind. Die in der Studie beschriebene Politik des „sowohl als auch“ (z.B. sowohl den Ausbau des Umweltverbunds forcieren als auch weiterhin den motorisierten Individualverkehr weitgehend uneingeschränkt lassen) muss gezielt beendet werden.

 

In der Studie haben die in den fünf Handlungsfeldern beschriebenen Klimaschutz-Maßnahmen noch keine Gewichtung erfahren. Zum Beispiel steht der Ausbau des Umweltverbundes gleichwertig in einer Aufzählung mit Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit zur suffizienten Lebensweise.

Ebenso wenig wird auf die Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung eingegangen. Zum Beispiel ist im Handlungsfeld Wohnen und Wärmewende beschrieben, dass es einer Erhöhung der Sanierungsrate von 1% auf 5% bedarf. Eine Kommune hat allerdings keine rechtlichen Möglichkeiten private Gebäudeeigentümer*innen dazu zu verpflichten.

 

Für Erlangen sollten die Maßnahmen Priorität haben, bei denen die Einflussmöglichkeiten der Stadt am größten sind und welche die größten Klimaschutzeffekte haben. Die Maßnahmen mit hoher Wirkkraft für den Klimaschutz sind nicht von einem Tag auf den anderen Tag zu erreichen. Jedoch bedarf es zunächst einer klaren Zielsetzung, um die Schritte dorthin gestalten zu können.

 

 

Strukturen zur Umsetzung des Klimanotstands und Handlungsspielraum der Kommune

Die Stadt Erlangen verfügt bereits über zentrale strategische Konzepte mit einer Vielzahl von Maßnahmen, u.a.:

·         Klimaanpassungskonzept der Stadt Erlangen (2019)

·         Klimapakt der Europäischen Metropolregion (2017)

·         Energiebericht für städtische Gebäude und Einrichtungen (2017)

·         Integrierte Klimaschutzkonzept (2016)

·         Abfallwirtschaftskonzept der Stadt Erlangen (2015)

·         Energieeffizienzstrategie Erlangen 2050 (2014)

Es gibt für Teilbereiche also bereits Zielsetzungen. Um bei der Umsetzung eines umfassenden Ziels wie der Klimaneutralität bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht zu scheitern, ist es notwendig Bürger*innen und andere Akteursgruppen aktiv zu beteiligen. Auch die Studie legt einen Fokus auf die Umsetzung und zeigt entsprechende Strukturen auf. Der Transition-Management-Ansatz und ein städtischer Gesellschaftsvertrag werden in der Studie als zentrale Instrumente gesehen.

 

Der Stadt Erlangen ist es bereits heute ein wichtiges Anliegen ihre Bürger*innen in Entscheidungsprozessen zu beteiligen und kann somit an bestehenden Strukturen anknüpfen. Allein auf das freiwillige Engagement der Bürger*innen und anderer Akteursgruppen zu setzen, würde jedoch zu kurz greifen. Die Stadt Erlangen wird auch versuchen über Beschlüsse und Verträge einen verbindlichen Rahmen für den Klimaschutz zu schaffen. Der Gestaltungsspielraum einer Kommune ist jedoch begrenzt, weshalb auch das Land und der Bund aufgefordert sind, über entsprechende Gesetzgebung die klimaneutrale Transformation zu beschleunigen.

 

Insgesamt besteht bei der Umsetzung der Maßnahmen die Herausforderung einerseits möglichst schnell zu handeln, andererseits eine möglichst breite Akzeptanz in der Bevölkerung zu entwickeln. Bei vielen konkreten Projekten können die Belange Einzelner beziehungsweise widerstreitende Interessen zu erheblichen Verzögerungen führen. Prominente Beispiele dafür sind der Netzausbau vom windreichen Norden in den Süden oder der Kohleausstieg, der für einige Regionen einen großen Strukturwandel auslösen wird.

Auch kleinere Projekte wie der Bau eines Radschnellweges oder der Bau einer Straßenbahn können durch formalisierte Beteiligungswege wie z.B. dem Planfeststellungsverfahren häufig nicht schnell umgesetzt werden.

Eine gezielte und intensive Beteiligung der Bürger*innen und Bürger und der Akteursgruppen kann hier unterstützen, ist aber auch zeit- und personalintensiv.

 

3.    Prozesse und Strukturen
(Wie sollen die Programme / Leistungsangebote erbracht werden?)

Die Studie zeigt Möglichkeiten auf, wie der Klimanotstand-Beschluss mit Leben gefüllt werden kann. Im nächsten Schritt hat die Stadt Erlangen zur Aufgabe, sich mit den verschiedenen Ansätze auseinanderzusetzen, ein Übereinkommen und Zeitplan für die Umsetzung des Klimanotstands zu finden und nachfolgend mit mutigen Entscheidungen den Klimaschutz voranzutreiben.

 

Folgende Leistungen sind zeitnah zu erbringen:

 

Der Beitrag Erlangens zu den Pariser Klimazielen

Die Stadtverwaltung bringt einen Vorschlag ein, bis zu welchem Jahr die Stadt Erlangen klimaneutral wird. Vor- und Nachteile von Kompensationsmöglichkeiten werden hierbei berücksichtigt. Die konkrete Zielsetzung ist notwendig, um einen entsprechenden Fahrplan mit Controlling zu entwickeln.   

 

Wege zur Reduzierung der Treibhausgase

Die Stadtverwaltung schlägt Wege zur effizienten Treibhausgasreduktion vor. Beiträge werden von den involvierten Ämtern und Stellen in Abstimmung vorbereitet. Nach Bedarf werden Expert*innen zu Rate gezogen, um Klimaschutz-Maßnahmen mit hoher Hebelwirkung zu identifizieren.

 

Strukturen zur Umsetzung des Klimanotstands

Bestehende Beteiligungsstrukturen werden von der Stadtverwaltung dahingehend geprüft, ob sie sich für den Transformationsprozess im Zuge des Klimanotstands eignen. Im Klimaschutz aktive Organisationen werden eingebunden.

 

Die Ausschreibung für den Klimanotstand-Plan wird so konzipiert, dass konkrete Klimaschutz-Maßnahmen, Umsetzungsstrukturen, Akteursbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit zusammengedacht werden.

 

4.    Klimaschutz:

 

Entscheidungsrelevante Auswirkungen auf den Klimaschutz:

 

                ja, positiv*

                ja, negativ*

                nein

 

Wenn ja, negativ:

Bestehen alternative Handlungsoptionen?

 

                 ja*

                 nein*

 

*Erläuterungen dazu sind in der Begründung aufzuführen.

 

 

Falls es sich um negative Auswirkungen auf den Klimaschutz handelt und eine alternative Handlungsoption nicht vorhanden ist bzw. dem Stadtrat nicht zur Entscheidung vorgeschlagen werden soll, ist eine Begründung zu formulieren.

 

 

5.    Ressourcen
(Welche Ressourcen sind zur Realisierung des Leistungsangebotes erforderlich?)

Investitionskosten:

bei IPNr.:

Sachkosten:

bei Sachkonto:

Personalkosten (brutto):

bei Sachkonto:

Folgekosten

bei Sachkonto:

Korrespondierende Einnahmen

bei Sachkonto:

Weitere Ressourcen

 

 

Haushaltsmittel

                 werden nicht benötigt

                 sind vorhanden auf IvP-Nr.      

                               bzw. im Budget auf Kst/KTr/Sk        

                         sind nicht vorhanden


Anlagen: 1. Kurzbroschüre „Transformation gestalten. Bausteine einer Klimanotstandspolitik in Erlangen“