Betreff
Erlass der Satzung der Stadt Erlangen über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbotssatzung - ZwEVS); Antrag der Erlanger Linke vom 04.01.2020
Vorlage
30/123/2020
Aktenzeichen
III/30; VI/61
Art
Beschlussvorlage

1. Die Satzung der Stadt Erlangen über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbotssatzung - ZwEVS) (Entwurf vom 03.01.2020, Anlage) wird beschlossen.

2. Der Antrag der Stadtratsgruppe Erlanger Linke Nr. 001/2020 vom 04.01.2020 ist damit bearbeitet. 


1.   Rechtliche Ausgangssituation:

Die Ermächtigungsgrundlage für die Satzung findet sich in Art. 1 des bayerischen Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsgesetz- ZwEWG).

Hiernach können Gemeinden für maximal fünf Jahre Satzungen für bestimmte Gebiete erlassen, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, wenn die Gemeinde dem Wohnraummangel nicht auf andere Weise mit zumutbaren Mitteln und in angemessener Zeit abhelfen kann.

Durch die Satzung kann die Gemeinde bestimmen, dass Wohnraum nur mit Genehmigung überwiegend anderen als Wohnzwecken zugeführt werden darf.

Voraussetzung für den Erlass der Zweckentfremdungsverbotssatzung ist ein Wohnraummangel. Ob entsprechender Wohnraummangel vorliegt, hat die Gemeinde nach eigenem Ermessen zu beurteilen

 

2.   Begründung einer Wohnraummangellage in Erlangen

Die Situation auf dem Erlanger Wohnungsmarkt ist seit Jahren angespannt. Insbesondere die Nachfrage nach preisgünstigem Wohnraum übersteigt regelmäßig das vorhandene Angebot. Immer mehr Haushalte haben Probleme, sich in Erlangen angemessen mit Wohnraum zu versorgen. Erlangen wird daher in der Mieterschutzverordnung der Bayerischen Staatsregierung vom 16.07.2019 als Gebiet aufgeführt, in dem die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen im Sinne von §§ 556d, 558 und 577a BGB besonders gefährdet ist.

 

Des Weiteren wird Erlangen vom Bayerischen Staatsministerium für Finanzen in der Verordnung zur Durchführung des Wohnungsrechts und des Besonderen Städtebaurechts (Durchführungsverordnung Wohnungsrecht – DVWoR, Fassung vom 08.05.2007) als „Gebiet mit erhöhtem Wohnungsbedarf“ ausgewiesen.

Wichtigste Ursachen für den angespannten Wohnungsmarkt sind:

 

2.1   Einwohnerentwicklung:

Die Stadt Erlangen ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. In den letzten fünf Jahren ist die Zahl der Einwohner um 5,4 % bzw. 5.743 Einwohner gestiegen. Grund für das Bevölkerungswachstum sind überregionale Wanderungsgewinne.

 

2.2   Entwicklung der Zahl der Haushalte und erhöhter Flächenbedarf

Einhergehend mit der Einwohnerentwicklung ist auch die Zahl der Haushalte in Erlangen gestiegen. In den letzten fünf Jahren ist die Zahl der Haushalte um 5,2 % bzw. 2.783 Haushalte gestiegen. Die Zahl der Einpersonenhaushalte nimmt dabei weiter zu.

Die Wohnflächenversorgung lag im Jahr 2017 bei 40,4 m² Wohnfläche je Einwohner und ist in den letzten Jahren gestiegen. Diese Entwicklung hängt insbesondere mit der steigenden Zahl der Einpersonenhaushalte zusammen.

 

2.3   Steigende Miet- und Kaufpreise

Die Verknappung von Wohnraum aufgrund der steigenden Nachfrage hat in den letzten Jahren zu einem deutlichen Anstieg der Miet- und Kaufpreise geführt. Die Miet- und Kaufpreise in Erlangen gehören zu den höchsten in Bayern.

 

2.4 Zahl der Wohnungsvermittlungen, Vormerkungen für geförderte Mietwohnungen und Rückgang der belegungsgebundenen Wohnungen

Die starken Preissteigerungen auf dem freien Wohnungsmarkt führen zu einem steigenden Druck auf bezahlbare Mietwohnungen. Die Nachfrage nach geförderten Mietwohnungen übertrifft das Angebot bei Weitem. Im Jahr 2017 waren 1.811 berechtigte Haushalte als wohnungssuchend vorgemerkt. Nur 323 dieser Haushalte konnte eine entsprechende Mietwohnung vermittelt werden. Im Jahr 2018 konnten 338 wohnungssuchende Haushalte mit Berechtigungsschein mit einer Wohnung versorgt werden. Zum Jahresende 2018 waren 1.604 Haushalte gemeldet, denen keine Wohnung vermittelt werden konnte. Der Rückgang des belegungsgebundenen Wohnungsbestands durch Ablauf der Sozialbindung verschärft die Lage auf dem Wohnungsmarkt noch weiter. Die Zahl der geförderten, belegungsgebundenen Wohnungen verringerte sich seit dem Jahr 2000 kontinuierlich von 5.378 auf 2.922 im Jahr 2016. Seit 2017 ist ein leichter Anstieg zu verzeichnen; 3.031 Wohnungen im Jahr 2017 und 3.128 Wohnungen im Jahr 2018. Die Prognose bis Ende 2022 zeigt, dass bis dahin mindestens weitere 400 Wohnungen aus der Bindung fallen werden.

 

2.5   Obdachlose Personen

Die Zahl der obdachlosen Menschen stieg in den letzten Jahren verstärkt an, da diese Menschen auf dem sehr angespannten Wohnungsmarkt keine Wohnung finden. Trotz intensiver Bemühungen der Verwaltung waren Ende 2018 386 wohnungslose Personen in insgesamt 232 städtischen Verfügungswohnungen untergebracht, Tendenz steigend.

 

2.6   Wohnungspolitische Maßnahmen

Die derzeitige Phase eines angespannten Wohnungsmarktes wird auf Grund des anhaltenden Bevölkerungswachstums, der Abnahme des belegungsgebundenen Wohnungsbestandes und des kontinuierlich hohen Preisniveaus in den nächsten Jahren weiter andauern und noch zunehmen.

Neben zahlreichen Maßnahmen zur Sicherung und Erhaltung von Wohnraum hat die Stadt Erlangen folgende wohnungspolitische Maßnahmen, die das Wohnungsangebot vergrößern sollen, auf den Weg gebracht:

·           Akquise von (leerstehendem) Wohnraum für obdachlose Menschen.

·           Umwidmung von Flüchtlingsunterkünften in Wohnraum für obdachlose Menschen.

·           „Wohnen für Hilfe“ (Wohnraum wird gegen eine Dienstleistung zur Verfügung gestellt).

 

Des Weiteren ist die Stadt Erlangen seit Jahren bemüht, der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt mit verschiedenen Maßnahmen entgegenzuwirken und den Wohnungsneubau zu stimulieren. Beispielhaft zu nennen sind hierfür die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme Erlangen-West II, die eingeführten Quoten für geförderten Wohnungsbau und zahlreiche Wohnbauprojekte der Innenentwicklung.

Die hier dargestellten Punkte bestätigen insgesamt einen dringenden Wohnraumbedarf für Erlangen.

Die vorgenannten Maßnahmen und Instrumente reichen jedoch nicht aus, um in angemessener Zeit Abhilfe gegen den in Erlangen vorliegenden Wohnraummangel zu schaffen.

 

3.   Wohnraumzweckentfremdung in Erlangen

In Erlangen ist, wie in anderen Großstädten auch, zu beobachten, dass Wohnraum leer steht und zudem Privatwohnungen zur Fremdbeherbergung zweckentfremdet werden. Daher ist es aufgrund der angespannten Wohnungssituation erforderlich, den aktuellen Wohnungsbestand zu erhalten und der Zweckentfremdung Einhalt zu gebieten. Wie in allen Großstädten ist insbesondere auch in Erlangen davon auszugehen, dass die Anzahl der Vermietungen zur Fremdenbeherbergung über Internetportale noch weiter zunehmen wird.

 

Mit der vorliegenden Satzung wird die rechtliche Grundlage geschaffen, vor allem die gewerbsmäßige Fremdbeherbergung von mehr als acht Wochen im Jahr unter einen Genehmigungsvorbehalt zu stellen.

Keine Zweckentfremdung i. S. der Satzung stellt die Nutzung von Wohnraum zu Wohnzwecken durch die Verfügungs- oder Nutzungsberechtigten selbst dar, auch wenn dieser Wohnraum
(z. B. Zweitwohnung, Einliegerwohnung, Werkwohnung) längerfristig leer steht.

 

Geltungsbereich der Satzung ist das gesamte Stadtgebiet.

 

Mit anderen Mitteln kann der Zunahme von Leerständen, gewerblicher Nutzung bzw. Nutzung als Ferienwohnung und den damit verbundenen städtebaulichen und sozialpolitisch unerwünschten Folgen nicht ebenso wirksam entgegengewirkt werden.

 

Anlage:     Entwurf der Satzung der Stadt Erlangen über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbotssatzung –ZwEVS) vom 03.01.2020

 

 

4.   Entscheidungsrelevante Auswirkungen auf den Klimaschutz:

 

             ja, positiv*

             ja, negativ*

X             nein

 

 


Anlagen:        - Entwurf der Satzung der Stadt Erlangen über das Verbot der Zweckentfremdung
                         von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbotssatzung –ZwEVS) vom 03.01.2020

                        - Antrag der Erlanger Linke vom 04.01.2020