Die Verwaltung wird beauftragt, eine offene digitale
Werkstatt als Pilotprojekt in Erlangen während des Digital Festivals Nürnberg
zu unterstützen. Die Mehrkosten für die Projektleitung und das Programm (ca.
30.000 €) sollen durch Rückgriff auf die Rücklage (ca. 20.000 €) und
Einsparungen im Personalkostenbudget im 1. Quartal 2019 finanziert werden.
1. Ergebnis/Wirkungen
(Welche Ergebnisse bzw. Wirkungen sollen erzielt
werden?)
Ziel ist eine offene digitale Werkstatt mitten in der Stadt, um
- ein kreatives, urbanes Experimentierfeld zu schaffen,
- Innovationen der Wissenschaft, Technik und Wirtschaft in die Bevölkerung zu tragen,
- ein Diskussions- und Vernetzungsforum zu schaffen,
- die digitale kulturelle Bildung zu fördern,
- gesellschaftliche Veränderungen mitzuverfolgen, Kompetenzen zu erlangen, Gefühle der Machtlosigkeit zu überwinden,
- die Schnittstellen zur Architektur, Kunst und Stadtplanung sichtbar zu machen und zu bespielen.
Interessierte Bürgerinnen und Bürger der Stadt erhalten niederschwellige Zugänge zu wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen. Motor ist die Freude am Gelingen und das Weitergeben von Know-how.
Der Weg zu einer festen offenen, digitalen Werkstatt wird über eine Pilot-Werkstatt gegangen.
Der Pilotort wird während des Digital Festivals (12.07.2019 - 22.07.2019) in der Dreikönigstraße sein. Da an gleichem Ort vorher ein Teppichladen war, hat der temporäre Ort den Arbeitstitel exTeppich. Während der zehn Tage in exTeppich werden Sponsoren- und Partnergespräche geführt, die zur Verstetigung der digitalen Werkstatt führen sollen.
Die Vision ist ein Möglichkeitsraum, in dem Wissenschaftskommunikation mit
unterschiedlichen Menschen stattfindet. Der Möglichkeitsraum macht Spaß,
erweitert den Horizont und animiert zum Mitmachen. Er belebt die Altstadt, in
dem er sich in ein aufkeimendes kreatives Umfeld begibt (Lesecafé Anständig essen,
Unverpackt-Laden „ZeroHero“, Coworkingspace Kreativlabor Schiffstraße). Er fügt
sich in bestehende Strukturen und Räume pragmatisch ein und trägt zu einer
interessanten Mischnutzung der Innenstadt bei.
Durch einen „dauerhaften exTeppich“ wird das kreative Umfeld in der Altstadt gestärkt. Im Maker-Jargon könnte man sagen, dass eine optimierte Version der schönen Altstadt angestrebt wird.
2. Programme / Produkte / Leistungen / Auflagen
(Was soll getan werden, um die Ergebnisse bzw.
Wirkungen zu erzielen?)
In vielen Städten ist die Idee der Maker-Orte bereits Realität. Die tollwerkstatt in Nürnberg bietet beispielsweise „kreative Tech-Events“ an, das „Lernlabor Technikland“ in Nürnberg ist zumindest temporär ein Ort für Kinder, der am Museum Industriekultur angesiedelt ist. Gemeinsam ist beiden, wie vielen anderen ähnlichen Orten auch, die Ausrichtung auf technische Innovationen. exTeppich möchte seine Schwerpunkte ein wenig anders setzen. Im Bewusstsein, dass man sich in Erlangen in dem Umfeld von Medical Valley, der FAU und Siemens Healthineers befindet, sieht exTeppich im Biohacking einen Schwerpunkt – aufgrund der Fragen, die die Digitalisierung im Gesundheitswesen und der revolutionären Entwicklungen im Bereich der Molekularbiologie aufwerfen.
Zudem haben sich für die Vernetzungsgruppe (s. 3. Prozesse und Strukturen) die Themen Nachhaltigkeit und Gestaltung der eigenen Umwelt als Themen herauskristallisiert.
Das Programm für die zehn Tage im Juli (exTeppich-Tage) ist folgendermaßen aufgebaut (s. auch Anhang):
a. Struktur
- Vormittags: Programme für Gruppen / Schulklassen: Workshops
- Nachmittags: freie Angebote / open digital lab
- Abends: Diskussionen, Treffen, Workshops
b. Inhalte (vorläufig)
-
Ein
Schwerpunkt von exTeppich wird das Biohacking sein. Biohacker sind häufig auf
der Suche nach Selbstoptimierung. Diesen Trend wollen wir hinterfragen. Dazu
muss man wissen, worum es geht. Am eindrücklichsten erfährt man dieses Wissen
durch Selbermachen. Biohacker tüfteln an Organismen und nicht an technischen
Herausforderungen. Sie nutzen einfaches, z. T. selbst hergestelltes Werkzeug.
„Make your own CRISPR
Baby“ heißt ein Workshop in der Biohacker-Szene – eine provokative Aussage und
ein dringend zu diskutierendes Themenfeld. ExTeppich wird in dieser Richtung
mit
Alessandro Volpato und Marc Dusseiller zwei Hacker einladen, die am Puls der
Zeit entsprechende Workshops anbieten werden. Angefragt ist auch
Self-Tracking-Pionier
Florian Schumachcher („quantified self“).
-
In
das Themenfeld „Bio“ gehört im weiteren Sinne auch das Selbermachen von EKG,
Alkotester, Pulsoxymeter oder Basteln eines Videomikroskops, DNA-Demo u.a.m.
-
Medienkompetenz,
digiale kulturelle Bildung: Basteln mit Arduino / LED-Programmierung /
webchecker / krypto-party (Sicher im Netz unterwegs) / Wikipedia-Editier-Workshop
/ PC-Beratung / „How to be a digital designer?“ / Lego mindstorm –
Programmieren / Kultur trifft digital (in digitale Welten eintauchen und sie
erforschen)
-
Gesellschaftsbereich
(Nachhaltigkeit, Stadtentwicklung, Mobilität, Trends): „Wir bauen die ideale
Altstadt“ – minecraft-Bautreff / Kunststoffschmiede (Bring dein altes
Plastikteil und bau ein neues) / Magic City „bauhaus“ – verrückte Architekturen
/ repaircafé / e‑Scooter-Testfahrten durch die Stadt / Lastenrad-Bau /
create your city (VR-Brillen im kreativen Einsatz) / eSports-Stadtmeisterschaft
-
Kunst:
Modenschau / scribblebots – Malmaschinen / Comiczeichnen am Computer /
Mikroskopfotografie / Dome und Kuppeln bauen / Filmproduktion / „analoge
Bücher“ zum Thema
Die
Durchführung der Workshops geschieht zum Teil durch Mitarbeiter*innen der
beteiligten Institutionen, zum Teil über Werkverträge mit Künstler*innen oder
Menschen aus der Hacker-Szene.
3. Prozesse und Strukturen
(Wie sollen die Programme / Leistungsangebote
erbracht werden?)
2017
gründete sich auf Initiative des Kulturamts eine Vernetzungsgruppe. Ziel war
der Austausch der Akteure, die sich im weiteren Sinne mit dem Thema digitale
kulturelle Bildung auseinandersetzen.
Die
Teilnehmenden der Vernetzungsgruppe sind folgenden Einrichtungen zugeordnet
(gegenwärtiger Stand):
-
SeniorenNetz
-
FabLab
der FAU
-
Amt für
Soziokultur
-
Stadtbibliothek
-
Volkshochschule
-
Jugendkunstschule
-
Jugendparlament
-
Digital
Festival Nürnberg
-
E-Werk
-
Kulturamt
/ Abt. Festivals und Programme
-
health
hackers
-
Stadtjugendring
Einzelpersonen
sind aus den Berufsgruppen Recht, Kunst und Design/Architektur in der
Vernetzungsgruppe. Kommune Inklusiv ist mit im Verteiler.
Die
Grundidee der Gruppe war die gegenseitige Kenntnis der Tätigkeiten und mögliche
daraus entstehende Projekte oder Programme. In Erlangen geschieht auf diesem
Feld bereits Vieles:
In
der vhs können Kurse und Vorträge zum Erlernen und Anwenden neuer Techniken
besucht werden. Digitale kulturelle Bildung ist Teil des Auftrags der vhs. Dies
gilt gleichermaßen für die Stadtbibliothek, die mit spielerischen Angeboten wie
VR-Brillen-Test für Jedermann oder Gaming ihre Angebote für Erwachsene
(„Digitaler Salon“) erweitert. Die Jugendkunstschule widmet sich dem Feld Kunst
und Digitalisierung, also der Verbindung analog/digital, der Stadtjugendring
baut mit Kindern Roboter oder plant die Stadt spielerisch um. Das E-Werk ist
Gaming-Hochburg und Ausrichter der Science Week, beim SeniorenNetz ist der Name
Programm, das FabLab hilft bei der Anwendung von 3-D-Druck und Lasercutting
etc. Das Kulturamt formulierte das Ziel eines Vernetzungsprojekts Digitalkunst
(vgl. Arbeitsprogramm 2019).
Die
Vernetzung brachte rasch neue Partnerschaften zuwege, beispielsweise bei der
Nürnberg Web Week 2018.
Das
Ergebnis mehrerer Diskussionen war, dass in Erlangen eine niederschwellige,
offene „Werkstatt“ fehlt, an der für jeden erkenntlich die unter 1.
Ergebnis/Wirkungen beschriebenen Visionen gelebt werden könnten. Man findet in
Erlangen mit dem FabLab der Universität oder dem d.hip (digital health
innovation platform) des Medical Valley Räume mit in Teilen ähnlicher
Ausrichtung, doch diese sind der breiten Öffentlichkeit nicht zugänglich. Man
findet temporäre Werkstätten wie die Science Week im E-Werk, das CoderDojo in
der vhs, die Makerspaces in der Stadtbibliothek. Das erste große temporäre
Makerspace war „Ich kann! Das temporäre Museum der Kreativität“ im April 2011
im Rahmen des Festivals „made in …“ der ARGE Kultur im Großraum, welches damals
im Altstadtmarkt stattfand.
Auf
Forschungsebene erweitern und ergänzen spannende Initiativen wie die health
hackers, die eng mit dem Medical Valley verbunden sind, die FAU und die großen
Forschungsinstitutionen. Erlangen hat eine unnachahmlich anregende
Forschungslandschaft.
Diese
sollte nach Ansicht der Vernetzungsgruppe nun langfristig und nachvollziehbar
mit der interessierten Bevölkerung verknüpft werden und auch auf diesem Gebiet
Teilhabe geschaffen werden. Digitale kulturelle Teilhabe ist eine Voraussetzung
dafür, exTeppich geht jedoch noch einen Schritt weiter und verortet sich
zwischen den Polen Wissenschaft, Technik und Kunst – und beharrt auf dem
Ansatz, dass Selbermachen zu Erkenntnis führt („Medical Valley für alle“). Ziel
ist demnach, dass der Möglichkeitsraum, die digitale Werkstatt, von allen
Generationen genutzt wird und so verschiedene Fähigkeiten und Sichtweisen
aufeinandertreffen.
Außerdem
kann nur ein innovatives Umfeld den Nachwuchs generieren, den eine Stadt wie
Erlangen benötigt.
Die
Vernetzungsgruppe ist deshalb im Gespräch mit der FAU, dem Fraunhofer Institut
und möglichen weiteren Partnern, um gemeinsame Programmideen für exTeppich und
darüber hinaus zu entwerfen und die Bedarfe für Erlangen herauszufinden. Bisher
ist die Resonanz in allen Bereichen positiv, denn auch die
Forschungseinrichtungen haben das Interesse – Stichwort
Wissenschaftskommunikation –, neueste Entwicklungen in die Bürgerschaft zu
tragen und die Diskussion über Möglichkeiten und Folgen von Veränderungen zu
diskutieren.
Mit
Jochen Hunger (http://jochenhunger.com/) konnte das Kulturamt einen Experten auf dem
Gebiet gewinnen, der die Projektleitung und die Programmgestaltung in
Zusammenarbeit mit den oben genannten Akteuren übernimmt. Gemeinsam mit der
Vernetzungsgruppe entstand ein Exposé für exTeppich einerseits, doch
andererseits auch für eine dauerhafte, offene digitale Werkstatt mitten in der
Stadt (s. Anhang = Auszüge aus dem Exposé).
Inwieweit
der temporäre Experimentierraum die Initialzündung für ein dauerhaftes Angebot
ist, wird sich am Ende zeigen („Wie lernt der Teppich fliegen?“ am 22.07.2019
ab 17 Uhr). Der Weg zu einer Verstetigung eines solchen Raumes ist, mit
Interessenten über eine Vereinsgründung oder ein anderes sinnvolles
Organisationsmodell zu sprechen. In dem Exposé wurden mögliche Organisationsmodelle
herausgearbeitet.
Zudem
sind Sponsoren und Partner zum Treffen am 22.07. eingeladen, die an einer
Verstetigung und einem dauerhaften Betrieb Interesse haben.
Die
Öffentlichkeitsarbeit für exTeppich läuft über das Digital Festival Nürnberg,
aber natürlich auch über die Verteiler des Kulturamtes (KS:ER), da ein nicht
unerheblicher Teil des Programms während der zehn Tage für Schulklassen
angeboten wird.
In
Nürnberg entsteht mit dem Zukunftsmuseum eine Institution mit großer
Strahlkraft und inhaltlich in Teilen ähnlicher Ausrichtung wie eine mögliche
Fortsetzung von exTeppich. Hier sehen wir Potenzial für die Bewerbung zur
Kulturhauptstadt, auch in der Vernetzung mit anderen Akteuren der
Metropolregion.
4. Ressourcen
(Welche Ressourcen sind zur Realisierung des
Leistungsangebotes erforderlich?)
20.000 € aus Beschluss
„Budgeterhöhung für Vernetzungsprojekt digitale Kunst / Bildung
20.000 € aus den Rücklagen Amt 47 und ca. 10.000 € Einsparungen Personalkostenbudget 1. Quartal 2019. Die Rücklagen sind damit aufgebraucht. Amt 47 hat als Folge keine Reserven für die defizitären Bereiche / Festivals.
Investitionskosten: |
€ |
bei IPNr.: |
Sachkosten: |
€ |
bei Sachkonto: |
Personalkosten (brutto): |
€ |
bei Sachkonto: |
Folgekosten |
€ |
bei Sachkonto: |
Korrespondierende Einnahmen |
€ |
bei Sachkonto: |
|
Haushaltsmittel
werden nicht benötigt
sind vorhanden auf IvP-Nr.
bzw. im Budget auf Kst/KTr/Sk
sind nicht vorhanden
Anlagen:
Teil-Exposé zum Experimentierort