Betreff
Erweiterter Anwendungsbereich der Stellplatzsatzung der Stadt Erlangen für Gewerbe
Vorlage
63/245/2018
Aktenzeichen
VI/63
Art
Mitteilung zur Kenntnis

Der Bericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.


Die derzeitige Stellplatzsatzung (StS) der Stadt Erlangen eröffnet in § 2 Abs. 4 StS der Verwaltung die Möglichkeit, von der Richtzahlenliste der StS auch nach unten abzuweichen, wenn von der Antragstellerin/vom Antragsteller nachgewiesen wird, dass aufgrund objektiver Umstände weniger Stellplätze erforderlich sind als die Richtzahlenliste vorschreibt.

 

Diese Regelung beschränkte sich auf Wohnbauvorhaben mit mindestens 10 Wohneinheiten. Dabei wird zur Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes und aus Gründen der Transparenz eine Reduzierung des Stellplatzschlüssels an bestimmte Kriterien sowie an die Vorlage eines schlüssigen Mobilitätskonzeptes geknüpft. Zudem sind Sicherungsmaßnahmen erforderlich. Grundlage hierfür bildet der Beschluss 63/117/2016 vom 20.09.2016 „Verwaltungsinterne Regelungen zum Vollzug der Stellplatzsatzung“.

Das hierbei vorzulegende Mobilitätskonzept muss darlegen, dass durch geeignete Maßnahmen sichergestellt wird, dass eine Reduzierung des ruhenden Verkehrs auf andere Weise nachgewiesen werden kann, wie z.B. durch Carsharing-Angebote, sehr gute ÖPNV Anbindung, konkrete Förderung der Fahrradnutzung und dem Angebot für Vergünstigungen bzw. kostendeckende ÖPNV-Tickets, oder dass auf ihn dauerhaft verzichtet werden kann. Auch eine Kombination von Maßnahmen ist möglich oder manchesmal notwendig.

 

In letzter Zeit erreichten die Bauverwaltung immer wieder Anfragen von Bauherren, die darauf abzielten, auch bei gewerblichen Bauvorhaben die oben beschriebene Möglichkeit der Stellplatzreduzierung anzuwenden.

 

Auf Grundlage der sog. Öffnungsklausel gemäß § 2 Abs. 4 StS wurde vom Referenten für Planen und Bauen folgende Richtlinie für gewerbliche Bauvorhaben erlassen:

 

1.    Bauvorhaben für Gewerbebetriebe ab 20 Mitarbeitern.

 

  1. Das Baugrundstück wird durch den öffentlichen Nahverkehr gut erschlossen.

 

  1. Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens wird von der Antragstellerin/vom Antragsteller ein schlüssiges Mobilitätskonzept vorgelegt, das geeignet ist, den bewussten Verzicht auf die Nutzung eines eigenen Kfz zu fördern. Hierbei sind folgende Kriterien und Sicherungsmaßnahmen zu berücksichtigen:

 

a)    Angebot eines Corporate Car-Sharings, d. h. die firmeneigene Car-Sharing-Flotte kann auch privat von den Mitarbeitern genutzt werden (ergänzt mit einer von allen Mitarbeitern nutzbaren Buchungsplattform). Hierfür werden zusätzliche Stellplätze in geeigneter Anzahl errichtet und bereitgestellt, die ausschließlich für Car-Sharing genutzt werden. Je 20 Mitarbeitern ist ein 1 Car-Sharing-PKW nachzuweisen.

 

b)    Arbeitgeber bietet den Mitarbeitern ein Firmen-Abo oder Job-Ticket für den ÖPNV an;
alternativ kann der Arbeitgeber eine Mobilitätspauschale anbieten (z. B. 20 €/Monat für jeden Mitarbeiter, die dieser für den Kauf eines ÖPNV-Abos nutzen kann. Fährt er mit dem Kfz zur Arbeit, kann er mit der Pauschale einen Parkplatz mieten).

 

c)    Der Arbeitgeber stellt Serviceangebote zur Verfügung, die der Förderung des Radfahrens dienen: z. B. Umkleidemöglichkeiten mit persönlichen Spinden, Duschen, Fahrradleasing, Lademöglichkeiten für Elektrofahrräder, hochwertige Abstellanlagen für Fahrräder (überdachte Fahrradständer mit Bügeln, an denen der Rahmen angeschlossen werden kann und abschließbare Fahrradboxen).

 

d)    Lademöglichkeiten für E-Fahrzeuge mit entsprechend reservierten Stellplätzen.

 

  1. Liegen diese Voraussetzungen vor, kann auf Antrag im Baugenehmigungsverfahren der Stellplatzschlüssel reduziert werden. In welchem Umfang reduziert wird, muss dann im Einzelfall unter Berücksichtigung des jeweiligen Mobilitätskonzeptes beurteilt werden.

 

  1. Für den Fall des Scheiterns des Konzeptes müssen vor bzw. mit Erteilung der Baugenehmigung Sicherungsmaßnahmen getroffen werden. Hierbei kommen insbesondere in Betracht:

 

a)    Die Differenz zwischen dem für das Vorhaben ermittelten regulären Stellplatzbedarf nach Richtzahlenliste und dem vergünstigten Bedarf wird „gestundet“.

b)    Die Bedingungen sind in der Baugenehmigung zu nennen.

c)       Bei Scheitern des Konzeptes sind die „gestundeten“ Stellplätze entweder auf dem Baugrundstück nachzurüsten oder abzulösen. Mit den Bauantragsunterlagen soll dargestellt werden, wo und wie die Stellplätze nachgerüstet werden können. Sollte dies nicht möglich sein, ist ein bedingter Ablösevertrag mit der Stadt Erlangen zu schließen, dessen Forderung durch geeignete Sicherungsmittel (z. B. mittels Bankbürgschaft) abgesichert werden muss.

 

  1. Die Antragstellerin/der Antragsteller hat sich vertraglich gegenüber der Stadt Erlangen zu verpflichten, jährlich über die Umsetzung des Mobilitätskonzeptes zu berichten.

 

 

Diese Richtlinie soll es der Verwaltung ermöglichen, individuelle Lösungsmöglichkeiten für gewerbliche Bauvorhaben anbieten zu können, ohne dass der Parkdruck auf den öffentlichen Raum verlagert wird. Die Stellplatzreduzierung soll einen finanziellen Anreiz dafür bieten, neue umweltfreundliche Mobilitätskonzepte zu entwickeln. Die Sicherungsmaßnahmen sind erforderlich, um im Falle des Scheiterns des Mobilitätskonzeptes stellplatzsatzungskonforme Zustände herstellen zu können.

 

Eine Änderung der Stellplatzsatzung ist nicht erforderlich.