Vorlage
51/166/2018
Art
Mitteilung zur Kenntnis

Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.


 

Ausgangslage:

Vor dem Hintergrund des nach wie vor hohen Personalbedarfs im Erziehungsdienst sollen pa-rallel zu den bestehenden bewährten Varianten der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung neue Zielgruppen für die Ausbildung gewonnen werden. Der weitere Ausbau von Kindertageseinrichtungen und der demographische Wandel, der in den nächsten Jahren die geburtenstarken Jahrgänge altersbedingt aus dem Erwerbsleben führt, verschärfen auf absehbare Zeit den großen Bedarf in dieser Berufsgruppe zusätzlich. Um dem Mangel an Fachkräften entgegenzuwirken und weiterhin die Qualität der Betreuung in den Kindertageseinrichtungen sicherzustellen, müssen alle Möglichkeiten genutzt werden, fachliches Personal zu gewinnen und zu halten.

 

Mit dem Schuljahr 2016/2017 startete der Modellversuch „Erzieherausbildung mit optimierten Praxisphasen“ (OptiPrax) des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMBW).  Die Studierenden in Ausbildung erhalten dabei von Beginn der Ausbildung an eine arbeitsvertraglich geregelte Ausbildungsvergütung durch ihre Praxisstelle. Ziel des Modellversuchs ist es, herauszufinden, inwieweit eine Erzieherausbildung, in der die Praxis in die theoretische Ausbildung integriert ist und für welche eine Vergütung bezahlt wird, die Ausbildung zur „staatlich anerkannten Erzieherinnern“ / zum „staatlich anerkannten Erzie-her“ attraktiver macht und auch andere Bewerbergruppen (z.B. Männer, Fach-/Abiturient*innen, Quereinsteiger*innen) für die Ausbildung gewonnen werden können.

 

Für die Umsetzung stehen drei Varianten für unterschiedliche Zielgruppen zur Auswahl: 

 

Variante 1:

           Bewerber*innen mit mittlerem Bildungsabschluss: Ausbildungsdauer vier Jahre

(sozialpädagogisches Einführungsjahr + drei Studienjahre)

           Bewerber*innen mit mittlerem Schulabschluss und abgeschlossener Berufsausbildung in einem sozialpädagogischen, pädagogischen, sozialpflegerischen, pflegerischen oder rehabilitativen Beruf mit Regelausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren  können direkt in das zweite Jahr (= 1. Studienjahr) der Variante 1 aufgenommen werden.

 

Variante 2:

           Bewerber*innen mit (Fach-)Abitur und Nachweis über eine sechswöchige Tätigkeit in einer sozialpädagogischen Einrichtung: Ausbildungsdauer drei Jahre

 

 

Variante 3:

           Bewerber*innen mit einer fachfremden Berufsausbildung und Nachweis über eine sechswöchige Tätigkeit in einer sozialpädagogischen Einrichtung: Ausbildungsdauer drei Jahre

 

Die Stadt Erlangen nimmt seit 01.09.2016 mit der Variante 3 ebenfalls an dem Modellversuch

OptiPrax teil.

 

 

Erfahrungsbericht:

Nach nunmehr eineinhalb Jahren Modell-Projekt kann man erste Erfahrungen zusammenfassen. Die Ausbildung verläuft in einem direkten Theorie-Praxis-Bezug. Das bedeutet, dass die Auszubildenden den Schul- und Praxisbesuch im Wechsel, drei Tage Schule und zwei Tage Praxis pro Woche, absolvieren. Das stellt in der Umsetzung eine große Herausforderung dar. Zum einen wird dieser Wechsel als gute Chance gesehen, die Praxis eng mit der Theorie zu verzahnen. Auf der anderen Seite erleben die Studierenden aber selten eine ganze, alltägliche Woche in einer Einrichtung. Sie müssen sich immer wieder neu einarbeiten und sich die In-formationen über die Geschehnisse in ihrer Abwesenheit einholen. Eine kontinuierliche Beziehung zu Kindern und Eltern, aber auch zu Kolleg*innen und Anleitung ist nur eingeschränkt möglich. Die Ausbildung ist durch die Verkürzung um zwei Jahre inhaltlich sehr verdichtet, was nicht nur in der Praxisstelle, sondern auch in den schulischen Anforderungen eine große Herausforderung für die Auszubildenden darstellt.

 

Für die Ausbilder vor Ort und die Verwaltung war diese erste Zeit geprägt von einem hohen zeitlichen Aufwand, da die dahinterstehenden Strukturen erst noch geschaffen und sich die Abläufe erst einspielen mussten. Die neue Form der Ausbildung erfordert insofern mehr Aufmerksamkeit und Aufwand von Seiten der Ausbildungsstelle, da hier eine größere Verantwortung für den Erfolg und die Qualität der Ausbildung verortet ist, als bei der bestehenden fünf-jährigen Ausbildung, bei der die Hauptverantwortung bei den Fachakademien liegt. Dies ist ein Grund dafür, dass im Stellenplan 2018 eine zusätzliche Anleiterstelle in der Verwaltung ge-schaffen wurde.

 

 

Keine Anrechnung auf den Personalschlüssel in städtischen Kindertageseinrichtungen:

Wenn die Studierenden einen Ausbildungsvertrag mit einem Träger einer Kindertageseinrichtung abschließen, ist im Rahmen der Experimentierklausel nach Art. 29 BayKiBiG eine stufenweise Einrechnung in der vertraglich festgelegten Arbeitszeit als Ergänzungskraft in den nach dem BayKiBiG förderrelevanten Anstellungsschlüssel möglich. Die Einrechnung in den Anstellungsschlüssel ist je Ausbildungsvariante unterschiedlich. Die Entscheidung hierüber obliegt dem jeweiligen Träger.

 

Die Praxisstellen vor Ort tragen mit den jeweiligen Anleitungen eine große Verantwortung. Hier werden die Ausbildungsinhalte umgesetzt, findet die Anleitung und Reflexion in der Praxis statt. Bei Anrechnung in den förderrelevanten Anstellungsschlüssel würden die Studierenden in den Pool der pädagogischen Kräfte mit einfließen. Hierbei findet die Tatsache,  dass die Studierenden jedoch nur zwei Praxistage dafür aber drei Schultage haben keine Berücksichtigung. Im Hinblick auf den ausbildungsrelevanten Mehraufwand für Anleitung, Reflexion und Organisation fehlen dadurch bereits ausgebildete Kräfte bei der täglichen pädagogischen Arbeit in der Kindertageseinrichtung.

 

Zum Vergleich: In der fünfjährigen Ausbildung zum Erzieher / zur Erzieherin können die Stu-dierenden während der beiden SPS-Jahre nicht in den Anstellungsschlüssel eingerechnet werden. Erst im letzten Ausbildungsjahr (Berufspraktikanten) können diese als Ergänzungs-kräfte in den Anstellungsschlüssel eingerechnet werden. Bei der Stadt Erlangen werden Berufspraktikanten einheitlich mit 25 Wochenstunden in den Anstellungsschlüssel eingerechnet.

 

Um die Ausbildung im Modelversuch OptiPrax weiterhin attraktiv zu gestalten und qualitativ wertvoll umsetzen zu können, wird auf eine Anrechnung im Anstellungsschlüssel verzichtet. Damit stehen die Studierenden während der Praxistage den Einrichtungen zusätzlich zur Verfügung ohne auf pädagogisch bereits ausgebildete Kräfte verzichten zu müssen. Dadurch wird die Anleitung und sowie gesamte Einrichtung qualitativ verbessert. Das ist ein Anreiz für die Einrichtungen, die verantwortungsvolle Tätigkeit der Ausbildung zu übernehmen.

 

Insgesamt kann auf dem Bewerbermarkt ein großes Interesse an der Ausbildung im Modelver-such OptiPrax festgestellt werden. Die Bewerberlage unterscheidet sich sehr zu den sonstigen Bewerbungsrunden. Viele „Umsteiger“ zeigen Lust, eine berufliche Neuausrichtung vorzunehmen. Die Quote der Abschlüsse und Abbrüche, sowie die Quote eventueller Übernahme nach Ausbildungsende sind noch offen, genauso wie die Ergebnisqualität der Ausbildungsform. Eine Evaluation am Ende des Modellzeitraumes wird von Seiten des Ministeriums und des Personalamtes durchgeführt.

 

 

Mögliche Perspektive:

Durch eine Erweiterung auf Variante 2 würde die Möglichkeit bestehen, weitere Zielgruppen für die Ausbildung zum/zur Erzieher*in zu erschließen, die sich unter Umständen sonst nicht für diesen Weg entscheiden würden. Aus diesem Grund befindet sich das Jugendamt aktuell in Gesprächen mit möglichen kooperierenden Fachakademien um eine Erweiterung um Variante 2 für Erlangen prüfen zu können.

 

Im Bereich der freien Träger erfolgt aktuell noch keine Unterstützung seitens der Stadt Erlangen in Bezug auf den Modellversuch OptiPrax. Im Rahmen der gewünschten Evaluierung der neuen Zuschussrichtlinie zur qualitativen Unterstützung freier Träger von Kindertageseinrichtungen im Jahr 2020 wäre dies eine mögliche Erweiterung der Richtlinie.

 

Die Rahmenbedingungen der verkürzten Ausbildung in den Kindertageseinrichtungen werden durch die Nichteinrechnung der Studierenden im Modellversuch OptiPrax verbessert. Dadurch steigt auch die Bereitschaft der Einrichtungen, Fachkräfte in diesem Modellversuch auszubilden.

 

Die Stadt Erlangen stellt jährlich bis zu sechs Ausbildungsplätze für die Erzieherausbildung mit optimierten Praxisphasen (Ausbildungsdauer drei Jahre) zur Verfügung. Die Stellen wurden zu-letzt mit Beschluss vom 26.04.2017 im Haupt-, Finanz- und Personalausschuss beschlossen.  

 


Anlagen: