Betreff
Zukunft der Pflegeberatung
Vorlage
50/124/2018
Aktenzeichen
V/50/WM021 T.2442
Art
Beschlussvorlage

Der Bericht der Verwaltung wird zustimmend zur Kenntnis genommen.


Mit den Regelungen des Pflegestärkungsgesetzes III (PSG III) soll die Rolle der Kommunen in der Pflege gestärkt werden; damit wird auch eine verstärkte Verantwortung der Kommunen bei der Pflegeberatung konstituiert. Gem. §17 Abs. 1a SGB XI sollen von den Pflegekassen mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen Richtlinien erarbeitet werden, die klare Mindestvorgaben und Qualitätsstandards für die Pflegeberatung enthalten.

Außerdem erhalten, zusätzlich zu den Pflegekassen, auch die Träger der Hilfe zur Pflege und die Träger der Altenhilfe das Initiativrecht Pflegestützpunkte einzurichten. Das Initiativrecht zur Einrichtung von Pflegestützpunkten besteht bis 31.12.2021.

Daneben hat der Gesetzgeber der Möglichkeit der Einrichtung von Modellkommunen geschaffen. In den Modellkommunen sind Aufgaben der Pflegeberatung und der Pflegestützpunkte gemeinsam mit anderen Beratungsansätzen den Kommunen federführend zugeordnet.

Um eine für die Bürger und Kommune beste Beratungsmöglichkeit anzubieten, gilt es die Vor- und Nachteile der beiden Modelle abzuwägen und die bereits etablierten Strukturen entsprechend zu berücksichtigen.

 

Pflegestützpunkt

Mit dem Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) erhielten die Pflegekassen die Möglichkeit Pflegestützpunkte „zur wohnortnahen Beratung, Versorgung und Betreuung“ einzurichten. Zudem haben seit dem 01.01.2017 grundsätzlich auch die Träger der Hilfe zur Pflege und die zuständigen Träger der Altenhilfe die Möglichkeit Pflegestützpunkte zu initiieren. Die Einrichtung selbst erfolgt jedoch durch die Pflege- und Krankenkassen.

Pflegestützpunkte übernehmen folgende Aufgaben:

  1. Umfassende und unabhängige Auskunft und Beratung zu den Rechen und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch und zur Auswahl und Inanspruchnahme der bundes- und landesrechtlich vorgesehenen Sozialleistungen und sonstigen Hilfeangebote einschließlich der Pflegeberatung nach §7a SGB XI.
  2. Koordinierung aller für die wohnortnahe Versorgung und Betreuung in Betracht kommenden gesundheitsfördernden, präventiven, rehabilitativen und sonstigen medizinischen sowie pflegerischen und sozialen Hilfs- und Unterstützungsangebote einschließlich der Hilfestellung bei der Inanspruchnahme der Leistungen
  3. Vernetzung aufeinander abgestimmter pflegerischer und sozialer Versorgungs- und Betreuungsangebote.

In Bayern gestalten sich die Verhandlungen der kommunalen Spitzenverbände mit den Kranken- und Pflegekassen sehr schwierig; seitens der Spitzenverbände werden folgende Positionen eingefordert:

  • Die Leitung wird durch ein gemeinsames Leitungsgremium erfolgen. Die Kranken- und Pflegekassen haben bereits signalisiert, dass sie einer Leitung durch die Kommune nicht zustimmen werden; allenfalls im operativen Geschäft ist eine andere Aufgabenverteilung möglich.
  • Die Fachstellen für pflegende Angehörige sollten auf jeden Fall in den Pflegestützpunkt integriert werden, da Beratung aus einer Hand angestrebt werden soll. Da die Fachstellen i.d.R. bei den Wohlfahrtsverbänden eingerichtet sind, steht die Frage der Neutralität im Raum.
  • Bei der Finanzierung der Personalkosten sollte eine Quotelung der Kosten angestrebt werden: 1/3 Krankenkassen, 1/3 Pflegekassen, 1/6 Kommune, 1/6 Bezirk
  • Das Personal wird von den Kommunen oder von den Kassen gestellt; dies kann durch Kostenbeteiligung oder Personalgestellung erfolgen.

 

Modellkommune (MoK)

Das Projekt „Modellkommune Pflege“ soll deutschlandweit in bis zu 60 Kommunen durchgeführt werden. Anträge können bis zum 31.12.2019 von den Trägern der Hilfe zur Pflege gestellt werden.

Während der fünfjährigen Laufzeit des Projektes können die Modellkommunen die Verantwortung für die Pflegeberatung nach §§ 7a bis 7c SGB XI, für die Beratung in der eigenen Häuslichkeit nach § 37 Abs. 3 SGB XI und die Organisation und Durchführung der Pflegekurse nach §45 SGB XI von den Pflegekassen übernehmen. Diese Beratungen sollen durch die Ansiedlung bei der Kommune enger mit folgenden Leistungsberatungen verbunden werden:

 

  • Leistungen der Altenhilfe
  • Leistungen der Hilfe zur Pflege
  • Leistungen der Eingliederungshilfe
  • Leistungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes
  • Rechtliche Betreuung
  • Behindertengerechte Wohnangebote
  • Öffentlicher Nahverkehr
  • Förderung des bürgerschaftlichen Engagements

Im Rahmen der Modellkommune soll eine enge Zusammenarbeit zwischen der Kommune und den gesetzlichen Pflegekassen entstehen. Zudem sollen die privaten Pflegeversicherungen in das Modellvorhaben einbezogen werden.

Da die Pflegeberatung eine Aufgabe der kommunalen Daseinsfürsorge ist, sollten die Chancen einer Modellkommune trotz schwieriger Rahmenbedingungen ernsthaft abgewogen werden; folgende Problemstellungen erschweren derzeit die Entscheidung für eine Modellkommune:

  • Modellkommunen werden von den kommunalen Spitzenverbänden nicht prioritär verhandelt.
  • Die Bezirke, die als Träger der Hilfe zur Pflege Antragsteller sein müssten, haben sich noch nicht abschließend positioniert.
  • Der Freistaat Bayern muss bis zum 31.12.2018 landesrechtliche Vorschriften zu den Anforderungen an eine Beratungsstelle sowie den Anträgen auf Zulassung als Modellkommune erlassen.
  • Die Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes über die konkreten Voraussetzungen, Ziele, Inhalte und Durchführung der Modellvorhaben sind sehr restriktiv formuliert und werfen viele Fragen auf.

 

Dennoch gibt es Kommunen wie auch die Stadt Erlangen, die das Thema Modellkommune aus folgenden Gründen ernsthaft in den Fokus nehmen:

  • Mit dem PSG III sollte die Rolle der Kommune in der Pflege gestärkt werden; in der Modellkommune liegt die Steuerung bei der Kommune.
  • Eine Stärkung der Seniorenberatung um die Pflegeberatung stellt einen echten Mehrwert für die Bürger dar.
  • In der Modellkommune erfolgt aufgrund der Verortung in der Kommune tatsächlich „Beratung aus einer Hand“
  • Mit der Beratung in der Modellkommune  gewinnt die Kommune Kenntnisse über das Versorgungsangebot oder auch fehlende Versorgungsangebote; diese Hinweise sind wichtig für eine gute Planung und Schaffung einer ausreichenden Infrastruktur.
  • Sowohl der 7. Altenbericht als auch die von der bayerischen Staatsregierung beauftragte Standortanalyse und Konzeption von Beratungs- und Unterstützungsangeboten für pflegende Angehörige (Stand 2018) sehen einen hohen Bedarf im Ausbau eines kommunalen Beratungsangebotes.

 

Ergebnis:
Bei der Modellkommune liegt die Steuerung in der Kommune. Da Erlangen pflegepolitisch bereits sehr gut aufgestellt ist, sollten die vorhandenen Potentiale genutzt werden und die Etablierung einer Modellkommune  - soweit landesrechtlich die Voraussetzungen geschaffen werden - weiter geprüft werden. 

 


Anlagen: