Betreff
Jugendsozialarbeit an Schulen –Sachstandsbericht und Ausblick
Vorlage
511/047/2017
Aktenzeichen
IV/51/SW009
Art
Beschlussvorlage
  1. Der Jugendhilfeausschuss nimmt die Ausführungen zur Kenntnis.
  2. Der Jugendhilfeausschuss stellt grundsätzlich den Bedarf für einen weiteren Ausbau Jugendsozialarbeit an Schulen fest.
  3. Die Verwaltung wird beauftragt, ein Konzept für den weiteren Ausbau mit JaS zu entwickeln.

Sachbericht:

Historie:

      Das Bayerische Staatsministerium förderte ab 1999 ein Modellprojekt „Schulbezogene Jugendsozialarbeit“. Das Stadtjugendamt hat sich auf die Ausschreibung beworben und erhielt als eine Modellkommune die Förderung einer Ganztagesstelle. In diesem Modellprojekt, das begleitend evaluiert wurde, galt es zu klären, ob Jugendsozialarbeit an Schulen direkt im Kultusbereich, mit Dienst- und Fachaufsicht im Schulbereich, oder im Bereich der Jugendhilfe anzusiedeln wäre. Die Auswertung der Ergebnisse ergab die Verortung von Jugendsozialarbeit an Schulen in der Jugendhilfe. Ab dem Schuljahr 2002/03 führte der Freistaat die Regelförderung  „Jugendsozialarbeit an Schulen“ (JaS) ein. Unser Modellstandort in der Hermann-Hedenus-Hauptschule wurde als erste Schule in Erlangen in die Regelförderung überführt. Als Förderung wurde für eine Ganztagesstelle 16.360 Euro pauschal festgelegt. Die Förderhöhe wurde seit der Einführung nicht angehoben.

            JaS…

·        ist die intensivste Form der Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule,

·        leistet niedrigschwellige und individuelle Hilfe für die Zielgruppe nach §13 SGB VIII (siehe Abschnitt „Zielgruppe der JaS),

·        arbeitet an den Schnittstellen zu Familie – Schule – Umfeld – Berufseinmündung,

·        verfügt über ein breites Netzwerk und Kooperationen zur spezifischen Unterstützung der Zielgruppe.

Die Schwerpunkte in der täglichen  JaS-Arbeit:

Direkte Kooperation und Abstimmung mit Schulleitung und Lehrkräften zur Unterstützung bei Themen der Schulentwicklung, bei der Förderung von Schüler*innen, in der Elternarbeit und in den unterschiedlichen Übergangssituationen

Beratung von Kindern, Jugendlichen und Eltern in allen lebensrelevanten Fragen oder in Konflikt- und Krisensituationen.

Kompetenzentwicklung von Kinder und Jugendlichen im Rahmen von (erlebnispädagogischen) Projekten, Fahrten und Aktionen.

Krisenintervention im Kontext des § 8a Kindeswohlgefährdung. Direkte Zusammenarbeit mit insoweit erfahrenen Fachkräften (Erziehungsberatungsstelle) und den Fachkräften des Allgemeinen Sozialdienstes (ASD).

Dabei ergeben sich inhaltliche und thematische Unterschiede in den verschiedenen Schul-typen. In den Grundschulen sind dominierende Themen in der JaS Arbeit Konflikt und Streit, Persönlichkeitsentwicklung, Regelverstöße und auffälliges Verhalten. In der Mittelschule und Förderzentrum Beziehung und Freundschaft, Mobbing, Abwesenheit vom Unterricht, familiäre Situation (Trennung der Eltern), auffälliges Verhalten (u.a. Adoleszenz bedingt). In der Berufsschule dominieren die Themen Ausbildung und Beruf, psychische Situation (u.a. Suizidät) und Gesundheitsthemen.

 

In den Förderrichtlinien beschreibt das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales,  Familie und Integration die Zielegruppe und die Arbeitsweise von JaS wie folgt:

     

      Zielgruppe der JaS:

JaS wendet sich an junge Menschen 

  • die unter sozio-ökonomisch schwierigen Bedingungen aufwachsen und denen es an Unterstützung durch das Elternhaus mangelt,
  • die Verhaltensauffälligkeiten zeigen, z. B. gehäuftes Fernbleiben vom Unterricht,
  • die wegen ihrer individuellen oder sozialen Schwierigkeiten voraussichtlich keine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle finden,
  • aus Zuwandererfamilien, deren Integration erschwert ist,
  • mit erhöhtem Aggressionspotential und Gewaltbereitschaft,
  • mit Drogenproblemen,
  • mit Versagens- oder Schulängsten,
  • mit mangelndem Selbstwertgefühl etc. 

Wie arbeitet JaS?

JaS bringt in der Arbeit mit der Zielgruppe nicht nur sozialpädagogische Kompetenz ein, sondern agiert mit dem gesamten System der Jugendhilfe. Dies geschieht durch:

  • Beratung und sozialpädagogische Hilfen: In Einzel- oder auch Gruppengesprächen mit den jungen Menschen werden deren Probleme im Alltag, in der Familie, in der Schule oder auch im Übergang in die Ausbildung und in den Beruf besprochen und gemeinsam Lösungswege entwickelt.
  • Soziale Gruppenarbeit zur Stärkung sozialer Kompetenzen, insbesondere der Kommunikations- und Konfliktfähigkeit.
  • Elternarbeit: Innerfamiliäre, erzieherische und/oder schulische Probleme erfordern eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern und deren Beratung, um gemeinsam Wege zur Verbesserung zu finden. Hierbei können auch weitere Leistungen der Jugendhilfe oder anderer Leistungserbringer angeregt bzw. letztere einbezogen werden.
  • Zusammenarbeit mit dem Jugendamt (Allgemeiner Sozialdienst, Jugendgerichtshilfe etc.) und mit den Einrichtungen und Diensten der Jugendhilfe (z. B. Erziehungsberatungs-stellen, Horten, Jugendzentren) und anderen sozialen Einrichtungen insbesondere mit Angeboten der schulischen Ganztagsbetreuung (offene und gebundene Ganztagsschule), dem Gesundheitswesen (z. B. Drogenberatungsstellen) sowie mit Polizei und Justiz.
  • Im Zusammenhang mit dem Übergang von der Schule in den Beruf ist die Kooperation mit der Agentur für Arbeit unverzichtbar.

 

 

 

Aktueller Ausbaustand der Jugendsozialarbeit an Schulen in Erlangen

 

Tabelle mit Schule, Umfang

Schule-Schulart

Stunden

Sonstiges

 

Eichendorff-Mittelschule

 

30

28,5

 

 

Hermann-Hedenus- Mittelschule-West

Hermann-Hedenus- Mittelschule-Nord

 

39

39

 

 

Ernst-Penzoldt- Mittelschule

 

39

 

 

Ernst-Penzoldt- Mittelschule-Übergangsklassen ganztags

 

39

ESF-Förderung

 

Berufsschule

 

39

 

 

Werner von Siemens-Realschule

 

39

 

 

Grundschule an der Brucker Lache

 

39

 

 

Max und Justine Elsner Schule

 

30

 

 

Hermann-Hedenus-Grundschule

 

33

 

 

Mönauschule

 

30

 

 

Friedrich-Rückert-Grundschule

 

39

 

 

Pestalozzischule

 

39

 

 

Sonderpädagogisches Förderzentrum, Mittelschulalter

 

39

 

 

 

 

 

 

 

     

      Für alle Schulen und Stellen in der obigen Tabelle ist das Jugendamt zuständig. Die Mitarbeiter*innen sind beim Stadtjugendamt, die Dienst- und Fachaufsicht liegt beim Jugendamt im Sachgebiet 511-6.

      In der Eichendorffschule sind im Rahmen des ESF-Projekts Übergangsklassen im Ganztag  zwei weitere Fachkräfte tätig. Hier wurde als Träger die Volkshochschule gewählt, die Fachkräfte sind bei JAZ e.V. angestellt.

Interessenbekundungen bzw. Neuanträge auf JaS von Schulen

      Im Frühjahr 2016 wurden die Grund-, die Realschulen, die Wirtschaftsschule und die Erlanger Gymnasien als Vorarbeit zu einem eventuellen Masterplan zu einem Informationsgespräch über Jugendsozialarbeit an Schulen eingeladen. Das Interesse war sehr groß, fast alle eingeladenen Schulen konnten an diesen Gesprächen teilnehmen. Im Anschluss wurden Interesse und Bedarf an der Einrichtung JaS mit Hilfe einer Informationsabfrage erhoben. Telefonisch wurde bei allen oben beschriebenen Schulen im Juni 2017  der aktuelle Stand abgefragt.

     

 

      Folgende Grundschulen haben starkes Interesse bzw. wurde teils hoher Bedarf an einer Jas-Fachkraft rückgemeldet:

      GS Tennenlohe, GS Frauenaurach, Stifter-Schule, GS Büchenbach, Poeschkeschule und Förderzentrum-Grundschulalter

      Interessenbekundungen aus den Bereichen Realschule, Wirtschaftsschule und Gymnasien:

Marie-Therese- , Ohm- und  Emmy-Noether-Gymnasium; Realschule am Europakanal

 

      Die Berufsschule und die Pestalozzigrundschule, beide mit  einer Ganztagskraft JaS ausgestattet, meldeten aufgrund eines erhöhten Bedarfs an ihren Schulen schriftlich zusätzlichen Bedarf an einer weiteren Fachkraft an.

Fachliche Bewertung des Jugendamtes

      Jugendsozialarbeit an Schulen ist ein Erfolgsmodell. Alle Schulen, die bereits mit einer solchen Fachkraft ausgestattet sind, äußern hohes Lob und Anerkennung für diese Arbeit des Jugendamtes an den jeweiligen Schulen. Die wichtige Schnittstelle Schule/ Jugendhilfe wird durch diese Arbeit zum Wohle der Schüler*innen sehr gut bearbeitet, weiterführende Hilfen sind aufgrund der Feldkenntnisse der Fachkräfte niederschwellig vermittelbar, der Zugang zu dieser Unterstützung ist für die Schüler*innen an jedem Schultag ohne größeren Vorlauf möglich. So können oft schon weit im Vorfeld von individuellen Einzelhilfen die erforderliche Beratung und unterstützende Begleitung wirken. Vor allem auch in Übergangssituationen (z.B. Grundschule in weiterführende Schulen oder Übergang Schule-Beruf) bzw. in der Bearbeitung der hier entstehenden individuellen Dynamiken sind die JaS Fachkräfte eine wichtige, professionelle Unterstützung für die jungen Menschen und für ihre Familien.

      Das Jugendamt sieht aufgrund der beobachtbaren zunehmenden Komplexität  des Aufwachsens und den einhergehenden Verunsicherungen und Problematiken den Bedarf von Jugendsozialarbeit an Schulen an allen Schulen als fachlich  erforderlich.

Verfahren für die staatliche Förderung durch das Land

      Der Antrag muss an die Regierung von Mittelfranken gestellt werden und besteht aus dem Beschluss des Jugendhilfeausschusses, einer aussagekräftigen Konzeption mit Bedarfsanalyse, der Leistungs- und Stellenbeschreibung, der Kooperationsvereinbarung sowie einem Kosten- und Finanzierungsplan gemäß der Förderrichtlinie. Er ist bis zum 1. Oktober des Vorjahres der örtlich zuständigen Regierung zu zuleiten.

      Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat im Benehmen mit dem jeweiligen Schulamt bzw. bei Berufs- und Förderschulen mit der jeweiligen Regierung, bei Realschulen mit den Ministerialbeauftragten den Bedarf für die JaS an öffentlichen Schulen mittels einer Bedarfsanalyse im Rahmen seiner planerischen Tätigkeiten festzustellen. Dieser ist anhand relevanter sozialräumlicher Indikatoren aus dem Einzugsgebiet der Schule sowie aus Sicht der Schule zu belegen. Indikatoren sind insbesondere soziale Belastungsfaktoren wie Arbeitslosenquote, Sozialleistungsbezug, Scheidungsrate, Anteil der jungen Menschen mit Migrationshintergrund, Häufigkeit erzieherischer Hilfen, Maßnahmen nach dem Jugendgerichtsgesetz etc. und bei Grundschulen ein Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund von über 20 %. Der Bedarf ist durch den Jugendhilfeausschuss zu bestätigen.

      Das Verfahren für den Antrag auf staatliche Förderung und das Verfahren für die Schaffung neuer Planstellen bei der Stadt Erlangen ist nicht harmonisiert, so dass es an dieser Schnittstelle zu erheblichen pragmatischen Umsetzungsproblematiken kommen kann. Weiter legt sich die Stadt bei Feststellung des Bedarfs insoweit fest, da Planung auf Umsetzung und Zukunftsgestaltung ausgerichtet ist.

 

1.   Ergebnis/Wirkungen
(Welche Ergebnisse bzw. Wirkungen sollen erzielt werden?)

      Der Ausbau mit JaS-Stellen soll sachgerecht vorangetrieben werden.

 

 

2.   Programme / Produkte / Leistungen / Auflagen
(Was soll getan werden, um die Ergebnisse bzw. Wirkungen zu erzielen?)

       Information des Bildungs- und Jugendhilfeausschuss über die aktuelle Ausstattung der Schulen in Erlangen mit JaS-Fachkräften und den Bedarfen, die von den Schulen gemeldet werden.

 

3.   Prozesse und Strukturen
(Wie sollen die Programme / Leistungsangebote erbracht werden?)

      Entwicklung eines mehrjährigen Umsetzungsplans.

 

 

4.   Ressourcen
(Welche Ressourcen sind zur Realisierung des Leistungsangebotes erforderlich?)

      Eine Ganztagesstelle für eine JaS-Fachkraft kostet nach den Personaldurchschnittskosten, Eingruppierung S 12,  58.200,00 €, nach Abzug der Förderung entstehen  jährliche  Gesamtkosten für die Stadt in Höhe 41.840,00 €.

 


Anlagen: keine