Betreff
Nahverkehrsplan Erlangen 2016-2021 - Ergänzende Informationen
Vorlage
613/116/2017
Aktenzeichen
VI/61
Art
Mitteilung zur Kenntnis

Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.


Im Rahmen der Sitzung des Stadtrates am 23.02.2017 wurden von StR Prof. Dr. G. Moll zum Top 19 „Nahverkehrsplan Erlangen 2016-2021“ folgende zwei Fragen gestellt, die nachfolgend beantwortet werden:

 

Frage 1:   Die Messlatte heißt Barrierefreiheit bis zum Jahre 2022, deren Erreichbarkeit und Gewährleistung nicht aufgeführt sei. Wie kann die Barrierefreiheit bis 2022 hergestellt werden?

 

Auf das Thema Barrierefreiheit wird in Kap. 4.1 des Nahverkehrsplanes ausführlich eingegangen. So wird in Kap. 4.1.1 erläutert, dass zwar nach Personenbeförderungsgesetz (PBefG) bis zum 01.01.2022 eine vollständige Barrierefreiheit erreicht werden soll. Gemäß § 8 Abs. 3 PBefG gelte diese Frist aber nicht, wenn im Nahverkehrsplan Ausnahmen konkret benannt und begründet werden.

 

Mit dem Nahverkehrsplan wurde daher der „Leitfaden Barrierefreiheit auf der Städteachse (Entwurf Stand 30.01.17)“ beschlossen, mit dem erstmalig ein gemeinsam mit den Nachbarstädten und dem VGN entwickelter Handlungsleitfaden zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben auf der Städteachse vorliegt.

 

In Kap. 4.1.3 wird hierbei auch deutlich darauf hingewiesen, dass es aufgrund der großen Anzahl von Haltestellen im Erlanger Stadtgebiet nicht möglich sein wird, den vollständigen barrierefreien Umbau bis 2022 abzuschließen. Diese Rahmenbedingungen gelten im Übrigen für nahezu alle Großstädte in der Bundesrepublik.

 

In Kap. 4.1.3 wird außerdem erläutert, wie während der Laufzeit des Nahverkehrsplans konkrete Fortschritte in puncto Barrierefreiheit erzielt werden sollen. Grundlage hierfür soll eine mit den Betroffenen abgestimmte Prioritätenliste sein. Aufgrund der aufwändigen (aber größtenteils bereits durchgeführten) Bestandserfassung, der engen Abstimmung und Zusammenarbeit mit den zuständigen Verbänden sowie der daraus resultierenden Infrastrukturplanung war ein abschließender Beschluss dieser Prioritätenliste bis zur Fertigstellung des Nahverkehrsplanes nicht möglich. Mit dem Beschluss des Stadtrates liegt aber ein konkreter Auftrag an die Verwaltung vor, wie die vollständige Barrierefreiheit in den kommenden Jahren erreicht werden soll.

 

 

Frage 2:   Welche finanziellen Mittel sind für die Gewährleistung einer vollständigen Barrierefreiheit des ÖPVN-Zielnetzes bis zum Jahr 2022 nötig?

 

Die bereits vorliegenden Auswertungen aus dem neu erstellten Haltestellenkataster für Erlangen zeigen, dass ein Großteil der ca. 420 Haltestellen auf Erlangen Stadtgebiet den Anforderungen an eine vollständige Barrierefreiheit (u.a. keine ausreichende Bordsteinhöhe) derzeit nicht genügt. Nach den bisherigen Erfahrungen, dass der Umbau einer Haltestelle je Richtung manchmal bis zu 100.000 € kosten kann, ist eine vollständige Barrierefreiheit nur als langfristiges Ziel realistisch. Die notwendigen finanziellen Mittel belaufen sich offensichtlich auf mehrere Millionen Euro. Detaillierte Angaben zum finanziellen Bedarf sind aber erst nach Erstellung konkreter Planungen mit zugehöriger Kostenschätzung sowie dem Verhandeln etwaiger Zuschüsse möglich. Mit den derzeit verfügbaren Haushaltsmitteln zur Sanierung von Haltestellen in Höhe von 100.000 €/a ist der barrierefreie Ausbau von ca. 1 Haltestelle pro Jahr möglich. Hinzu kommen weitere Bushaltestellen, die im Rahmen des Straßenausbaus (z.B. Schiller- / Loewenichstraße) umgebaut werden.

 

Beim Thema Barrierefreiheit sollte das Augenmerk außerdem nicht ausschließlich auf den Bereich Bushaltestelle begrenzt werden, sondern der Verkehrsraum insgesamt betrachtet werden. Hierfür sollte eine stärkere Koordination zukünftiger Verkehrsplanungen und Erhaltungsmaßnahmen angestrebt werden, damit die Verkehrsinfrastruktur insgesamt sowohl für die Allgemeinheit als auch für Behinderte verkehrssicher und barrierefrei genutzt werden kann. Zum Erhalt der Verkehrsinfrastruktur mit gleichzeitiger Schaffung der Barrierefreiheit müssten die Investitionen hierfür aber insgesamt wesentlich erhöht werden.

 

Neben den fehlenden finanziellen Mitteln ist bei der Zeitplanung auch zu berücksichtigen, dass sowohl die zugehörige Infrastrukturplanung durch die Verwaltung bzw. externe Ingenieurbüros als auch die bauliche Umsetzung nur über einen mehrjährigen Zeitraum durchführbar sind. Aufgrund der aktuellen Situation in der Baukonjunktur werden bereits jetzt zahlreiche Projekte nicht fristgerecht abgewickelt bzw. keine akzeptablen Angebote von den Baufirmen hierfür abgegeben.

 

Wichtig für die Planung der weiteren Vorgehensweise wäre für die Verwaltung, Kenntnis über die zur Herstellung der Barrierefreiheit in den kommenden Jahren verfügbaren finanziellen Ressourcen zu erhalten. Basierend hierauf kann die o.g. Prioritätenliste entwickelt und den Gremien des Stadtrates zum Beschluss vorgelegt werden.