Betreff
Antrag aus der Bürgerversammlung "Gesamtstadt" bzgl. Einführung eines Tempolimits von 30 km/h in der Schenkstraße
Vorlage
32-1/054/2017
Aktenzeichen
III/32-1
Art
Beschlussvorlage

Eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h wird in der Schenkstraße nicht eingeführt.
Der Antrag aus der Bürgerversammlung ist bearbeitet.


Sachverhalt

In der Bürgerversammlung für das Versammlungsgebiet "Gesamtstadt" wurde u. a. beantragt, die Schenkstraße zwischen Nürnberger Straße und Hartmannstraße alternativ den Bereich zwischen Nürnberger Straße und Zeppelinstraße als Tempo 30-Zone auszuweisen.

Obwohl in der Bürgerversammlung darauf hingewiesen wurde, dass in Tempo 30-Zonen Lichtsignalanlagen (LSA) unzulässig sind und die LSA an der Kreuzung Schenkstraße/Zeppelinstraße abgebaut werden müsste, wurde der Antrag mit Mehrheit der anwesenden Bürgerinnen und Bürger angenommen.

Rechtliche Beurteilung


Um die Geschwindigkeit in der Schenkstraße auf 30 km/h zu beschränken, sieht die StVO die Instrumente "Tempo 30-Zone" bzw. "Streckenverbot 30 km/h" vor. 


Tempo 30-Zone

 

Die Schenkstraße unterscheidet sich insbesondere auf Grund der vorhandenen Fahrbahnbreiten von den angrenzenden Wohnstraßen. Vom optischen Erscheinungsbild vermittelt sie den Eindruck einer Wohnsammelstraße mit Verbindungsfunktion. Beim Durchfahren der Straße besteht das Empfinden, dass es sich eher um eine Hauptstraße als um eine Wohnstraße handelt.

Mit Ausweisen als Tempo 30-Zone müsste in der Schenkstraße die Vorfahrtsregelung "Rechts vor Links" gelten. Nach Einschätzung der Verwaltung und der Polizei wäre bei Änderung der Vorfahrtsregelung mit einer Zunahme von Unfällen auf Grund von Vorfahrtsverletzungen zu rechnen. Aus Gründen der Verkehrssicherheit kann – ohne umfangreiche Umbauten - eine Vorfahrtsregelung "Rechts vor Links" in der Schenkstraße nicht eingeführt werden.
Zudem sind nach den maßgeblichen Vorschriften der StVO Lichtsignalanlagen in Tempo 30-Zonen unzulässig, so dass die LSA im Kreuzungsbereich Schenkstraße/Zeppelinstraße zurückgebaut werden müsste.

 

Streckenverbot 30 km/h


Zur Ausweisung eines Streckenverbots 30 km/h muss eine besondere Gefahrenlage vorliegen. Nach Mitteilung der Polizei ist das Unfallgeschehen in der Schenkstraße unauffällig, so dass eine besondere Gefahrenlage nicht begründet werden kann. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung eines Streckenverbots liegen daher nicht vor.

 

Stellungnahme der Polizei und der städtischen Fachdienststellen:

Im Rahmen des Anhörverfahrens wurden die Polizei, das Tiefbauamt als Straßenbaulastträger und die Abteilung Verkehrsplanung um Stellungnahme zum Antrag gebeten.

Polizei

Nach Beurteilung der Polizei ist von einer Ausweisung der Schenkstraße als Tempo 30 Zone
– oder auch in Teilen eine Reduzierung der erlaubten Geschwindigkeit auf 30 km/h durch Zeichen 274 –, wie in der Bürgerversammlung Gesamtstadt gefordert, dringend abzuraten.

 

Insbesondere verbietet  sich der Rückbau der Lichtsignalanlage an der Kreuzung Zeppelinstraße/Schenkstraße. Diese Kreuzung stellte früher als einzige Stelle im Verlauf der Schenkstraße einen Unfallhäufungspunkt dar, bis durch den Bau der Lichtsignalanlage sehr erfolgreich Abhilfe geschaffen wurde. Seit dem ist dort keine auffällige Unfallhäufung mehr vorhanden. Es wäre ein Widerspruch, für den Preis einer aus Kapazitätsgründen nur sehr selten zu überwachenden Geschwindigkeitsreduzierung, diese Gefahrenstelle erneut zu schaffen. Die Anordnung einer Geschwindigkeitsreduzierung würde eine Überwachung wegen der hohen Verkehrszahlen jedoch dringend erfordern.  Auch sonstige Rückbauten an der Straße würden eine Verschlechterung der Verkehrssituation für alle Verkehrsarten darstellen. Wegen der Eignung als Umleitungsstrecke ist die ausreichende Fahrbahnbreite für den Begegnungsverkehr und die Nutzung durch Schwerverkehr von besonderer Bedeutung (siehe unten).

 

Darüber hinaus sind in der Schenkstraße in ihrem gesamten Verlauf keine besonderen Gefahrenstellen vorhanden, die eine Geschwindigkeitsreduktion für den Fahrzeugverkehr rechtfertigen würde. Eine Auffälligkeit bei den Unfallzahlen ist nicht erkennbar. Das reine Wohngebiet östlich der Hartmannstraße wurde bereits auf 30 km/h beschränkt, was wegen der überwiegenden Wohnbebauung dort zu rechtfertigen ist. An der Schenkstraße befinden sich im weiteren Verlauf insbesondere keine Schulen oder Kindergärten. Es bestehen zwei Tankstellen an der Zeppelin- und Gebbertstraße, die den Zielverkehr anziehen und an deren Existenz an diesen Stellen sich die verkehrliche Bedeutung dieser Ost-West-Achse ablesen lässt. Im Bereich der Einmündung Liebigstraße existiert ein Schulwegübergang, der nötigenfalls durch Schulweghelfer betreut wird und der bisher völlig problemlos funktioniert.

 

Die Schenkstraße stellt in ihrem gesamten Verlauf neben der Komotauer Straße eine wichtige Hauptverbindung in Ost-West-Richtung in der Innenstadt dar. Bereits bei den Anhörungen zum Verkehrsentwicklungskonzept führten die Fachplaner aus, dass insbesondere die wenigen Ost-West-Verbindungen in der Innenstadt ein großes Problem darstellen, weil dort die Verkehrsbelastung extrem hoch sei (Henkestraße, Werner-v.-Siemens-Str., Neue Straße).

 

Im südlichen Stadtgebiet bestehen als einzige Hauptverkehrslinien die Schenkstraße und die Komotauer Straße neben der Paul-Gossen-Straße. Im Hinblick auf die geplante Ausweisung der gesamten Innenstadt zwischen Henke- und Werner-v.-Siemens-Str. als „Tempo 30 Zone“ verbietet sich nach unserer Auffassung jede weitere Erschwernis für den MIV. Die Pendler aus dem östlichen Landkreis haben bereits jetzt nur wenige gut nutzbare Umfahrungsmöglichkeiten für die Innenstadt und die zu Zeiten des Berufsverkehrs stark befahrene Paul-Gossen-Straße. Zudem weisen wir darauf hin, dass die Schenkstraße auch die geeignetste Umleitungsstrecke darstellt, falls es in der Werner-v.-Siemens-Str. zwischen Nürnberger- und Henkestraße zu Verkehrsproblemen oder –sperrungen kommen würde. In diesem Fall ist verstärkt auch mit überörtlichem Verkehr und Schwerverkehr zu rechnen, dem eine geeignete Umleitungsstrecke angeboten werden muss.

 

Aus polizeilicher Sicht besteht zusammenfassend kein Handlungsbedarf. Eine Geschwindigkeitsreduzierung oder ein Rückbau der Schenkstraße ist deshalb abzulehnen.

 

Tiefbauamt

 

Das Tiefbauamt schließt sich uneingeschränkt der Stellungnahme der Polizei aus verkehrlicher Sicht an. Straßenbautechnisch können keine Aussagen getroffen werden, da weder Planungen noch Anmerkung für die Umgestaltung in eine Tempo 30-Zone vorliegen.

 

Abteilung Verkehrsplanung

 

Die Abteilung Verkehrsplanung nimmt zum Antrag wie folgt Stellung:

 

"Die Schenkstraße stellt zwischen der Nürnberger Straße und der Hartmannstraße eine durchgängige Achse dar. Das bauliche Umfeld ist gekennzeichnet von Wohnbebauung mit einer hohen Wohndichte (Geschosswohnungen). Die Verkehrsbelastung im Bereich zwischen Nürnberger Straße und Zeppelinstraße beträgt rund 2.800 Kfz/24 h, zwischen Zeppelinstraße und Gebbertstraße rund 3.500 Kfz/24 h und zwischen Gebbert- und Hartmannstraße rund 3.800 Kfz/24 h. Die Straße dient in den jeweiligen Abschnitten sowohl der Erschließung als auch dem Durchgangsverkehr.

 

Mit Berücksichtigung des Wohnumfeldes und der hohen Wohndichte entlang der Schenkstraße äußert sich die Abteilung Verkehrsplanung nicht grundsätzlich ablehnend gegen die Durchführung eine Verkehrsberuhigungsmaßnahme in Form einer Tempo-30-Zone. Eine komplette Ausweisung des Gebietes zwischen Komotauer Straße, Nürnberger Straße, Werner-von-Siemens-Straße und Mozartstraße ist denkbar, zumal mit der südlichen Zeppelinstraße bereits eine Achse in die umliegenden Tempo-30-Zone integriert wurde. Für die nördliche Zeppelinstraße liegt ein Prüfauftrag durch den Stadtrat vor (613/062/2015).

 

Um die rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung einer Tempo-30-Zone zu schaffen, wären jedoch umfangreiche Maßnahmen notwendig: Nachdem in Tempo-30-Zonen gemäß § 45 1c StVO keine mit Lichtzeichen geregelten Kreuzungen zulässig sind, müsste die Lichtzeichenanlage am Knotenpunkt Schenkstraße/Zeppelinstraße rückgebaut werden. Um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten, wäre eine Umplanung des Knotenpunktes mit entsprechender aufwändiger baulicher Umgestaltung zwingend notwendig. Um die mit Einführung der Tempo-30-Zone entstehenden Rechts-vor-links-Regelungen an den Kreuzungen mit der Liebigstraße, Haydnstraße, Verbindung Schenkstraße/Am Röthelheim, Österreicher Straße und Zenkerstraße zu verdeutlichen, wären auch dort Maßnahmen zur Fahrbahneinengung der Schenkstraße erforderlich. Ähnlich wie in der südlichen Zeppelinstraße müsste der komplette Straßenzug dergleichen gestaltet sein, dass die Attraktivität für den Durchgangsverkehr nicht mehr gegeben ist. Eine entsprechende Verkehrsverlagerung auf die parallel zur Schenkstraße verlaufenden Ost-West-Achsen (insbes. Komotauer Straße und Mozartstraße) wäre zu erwarten.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Erstellung des Verkehrsentwicklungsplanes derzeit Überlegungen zur Kategorisierung des Straßennetzes stattfinden. Die verkehrlichen Funktionen der Ost-West-Verbindungen im Bereich Erlangen Südost werden auch untersucht (v. a. Stintzingstraße, Komotauer Straße, Schenkstraße etc.). Eine Rolle spielt hierbei auch die Hilpertstraße. Es wird empfohlen, zunächst die vorgenannten Untersuchungen sowie auch die Erstellung des integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzeptes Erlangen Südost abzuwarten, um Aussagen über das Straßennetz und die verkehrliche Funktion der Schenkstraße tätigen zu können."

 

 

 

 

Resümee

Auf Grund des teilweise sehr breiten Straßenraumes könnte die Einbeziehung in die Tempo 30-Zone nur durch Umgestaltung des Straßenraumes erfolgen. Ohne eine solche Umgestaltung wäre die in Tempo 30-Zonen vorgeschriebene Vorfahrtsregelung "Rechts vor Links" für die Verkehrsteilnehmer nicht erkennbar und würde mit sehr großer Wahrscheinlichkeit zu Unfällen mit Vorfahrtsverletzungen führen.

 

Nachdem in Tempo 30-Zonen Lichtsignalanlagen unzulässig sind, müsste zudem die LSA am Knotenpunkt Schenk-/Zeppelinstraße zurückgebaut werden. Um die Verkehrssicherheit an diesem Punkt zu gewährleisten, wäre eine Umplanung und aufwändige bauliche Umgestaltung zwingend notwendig. Eine Planung zur Umgestaltung des Straßenraumes kann auf Grund der Priorität der anstehenden Planungen aktuell nicht geleistet werden.

 

Zusammenfassend kommen die Verwaltung und Polizei zum Ergebnis, dass gegenwärtig die gesetzlichen Voraussetzungen weder für das Ausweisen eines Streckenverbots noch einer Tempo 30-Zone erfüllt sind und der Antrag aus der Bürgerversammlung nicht befürwortet werden kann.


Anlagen:        Auszug aus der Niederschrift Bürgerversammlung