Betreff
Bereitstellung einer Sammelhaftpflichtversicherung für Asylbewerberinnen und Asylbewerber; Fraktionsantrag Nr. 052/2016 vom 30.05.2016
Vorlage
502/007/2016
Aktenzeichen
V/50/MG009 T. 2998
Art
Beschlussvorlage

1. Die Verwaltung wird beauftragt, eine Privat-Sammelhaftpflichtversicherung für die Asylbewerber, die Leistungen nach § 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) beziehen, abzuschließen. Hierzu sind zusätzliche Mittel in Höhe von 30.000,00 € erforderlich und im Versicherungshaushalt 2017 zum Haushalt nachzumelden.

 

2. Die Verwaltung wird beauftragt, die Voraussetzungen und Ressourcen zur Abwicklung von Schadensersatzforderungen aus der allgemeinen Haftpflichtversicherung für diese Personengruppe zu schaffen.

 

3. Der Fraktionsantrag der CSU-Fraktion Nr. 052/2016 vom 30.05.2016 ist damit bearbeitet.


Konditionen einer Sammelversicherung für die Asylbewerber und Flüchtlinge im Zuständigkeitsbereich der Stadt Erlangen:

Gemäß den Versicherungsbedingungen würde die entsprechende Haftpflichtversicherung die gesetzliche Haftpflicht der Asylbewerber als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens umfassen.  

Nicht versichert wären im Rahmen des Sammelvertrags aber Schäden durch deliktsunfähige Kinder und Schäden durch Schlüsselverlust. Außerdem wären Ansprüche der Stadt Erlangen als Versicherungsnehmerin gegen versicherte Personen und Ansprüche der Versicherten untereinander nicht versichert.

Die Versicherungssummen der Sammelversicherung je Schadenereignis würden 5.000.000 EUR pauschal für Personen-/Sachschäden und/oder Vermögensschäden betragen.

Der Jahresbeitrag würde sich je Einzelperson (zu versichernde Asylbewerber bzw. Flüchtling über 18. Jahre) auf 35,00 EUR zuzüglich 19% Versicherungssteuer (= gesamt 41,65 EUR) belaufen. Kinder bis zum 18. Lebensjahr wären beitragsfrei mitversichert.

Bei Abschluss einer entsprechenden Haftpflichtversicherung müssten zweimal im Jahr (zum 30.06. und zum 31.12.) die (Durchschnitts-)Zahl der zu versichernden Asylbewerber und Flüchtlinge gemeldet werden.

 

In Deutschland sind rund 15 Prozent aller Haushalte nicht privathaftpflichtversichert. Um den Schaden auch dann ersetzt zu bekommen, wenn der Schadenverursacher keine Privathaftpflichtversicherung hat und zahlungsunfähig ist, kann jeder Versicherungsnehmer eine Forderungsausfalldeckung in der eigenen Privathaftpflichtversicherung vereinbaren. Seit 2011 ist dieser Schutz Bestandteil der unverbindlichen Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Ein Forderungsausfallschutz gehört allerdings nicht zum Standard im Versicherungsvertrag und muss extra vereinbart und bezahlt werden. Manche Versicherungsgesellschaften bieten eine Forderungsausfalldeckung an, andere wiederum nicht.

 

 

Bezieher von Leistungen nach dem AsylbLG können zwar bei allen Anbietern Privathaftpflichtversicherungen abschließen. Um das Privathaftpflichtrisiko abzusichern, ist die Herkunft kein Kriterium für die Versicherer. Es kann aus der risikotechnischen Bewertung hier auch kein Grund erkannt werden, der gegen die Absicherung des Privathaftpflichtrisikos für Flüchtlinge spricht.
Die erst kurz in Deutschland angekommenen Flüchtlinge, die hauptsächlich mit der Bewältigung des Alltages und mit dem Ankommen in der Unterkunft in Erlangen beschäftigt sind, sehen natürlich keine Notwendigkeit, in dieser Phase eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. Die Verwaltung, die Asylsozialberater, die Migrationsberater und auch ehrenamtliche Helfer versuchen hier zu sensibilisieren; jedoch wird die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit des Abschlusses einer Haftpflichtversicherung oftmals durch gesundheitliche, aufenthaltsrechtliche und alltägliche Probleme überlagert und nebensächlich.

 

In den letzten Monaten häufen sich die Fälle, die im Amt für Soziales, Arbeit und Wohnen bekannt werden, in denen Leistungsbezieher nach dem AsylbLG, aber auch Bezieher von SGB II-Leistungen Fremdschäden verursacht haben. Hauptsächlich handelt es sich dabei um Unfallschäden als Fußgänger bzw. Fahrradfahrer, aber auch Schäden an der angemieteten Wohnung aufgrund Fehlverhaltens. In den vergangenen Jahren wurden in einem Jahr ein bis zwei Fälle im Jahr bekannt. Im Jahr 2016 ist die Verwaltung bereits über ca. fünf Fälle  informiert. Im Verhältnis zu der um das fast zehnfache gestiegenen Anzahl der Betroffenen hält sich der Anstieg der bekannten Haftpflichtfälle derzeit noch in Grenzen.

Die Anzahl der nicht bekannt gewordenen Fälle kann jedoch von hier aus leider nicht eingeschätzt werden.

 

In den vergangenen Jahren wurde die Schadensregulierung durch Einsatz von Mitteln außerhalb des Sozialhilferechtes durch die Verwaltung unterstützt, da sich die Schadenshöhe in einem absehbaren Rahmen (weniger als 400 €) gehalten hat. Der Einsatz dieser Mittel wurde jedoch auch an eine nicht schuldhafte Verursachung des Schadens gebunden. Da sich die Schadensereignisse in der letzten Zeit jedoch auf Verkehrsunfälle konzentrierten und die Schadenssummen weit über dem Limit der vergangenen Jahre lagen, konnte die Regulierung über den Einsatz von Mitteln außerhalb des Sozialhilferechtes nicht mehr erfolgen.

Das Amt für Soziales, Arbeit und Wohnen sieht es als gesamtgesellschaftliche Aufgabe hier Bürger Erlangens vor Schadensregulierungsausfällen und wirtschaftlichen Schaden zu schützen.

 

Ref. V/Amt 50 rät zu einer Sammelversicherung der Bezieher von Leistungen nach § 3 AsylbLG. Dabei wären alle Asylsuchenden in den ersten 15 Monaten nach der Ankunft in Erlangen/Deutschland versichert. Nach 15 Monaten erhalten die Betroffenen dann bereits Analogleistungen in Anlehnung an das SBG XII, die auch in der Höhe dazu befähigen, für die eigene Absicherung zu sorgen. Innerhalb der 15 Monate können die Betroffenen auch entsprechend sensibilisiert und aufgeklärt werden. Die Absicherung der Betroffenen in diesem Zeitraum führt auch nach Ansicht von Amt 50 nicht zu einer Besserstellung gegenüber anderen Leistungsbeziehern, da in diesem Zeitraum die Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes monatlich ca. 50 € gegenüber SGB II und SGB XII gemindert sind und Neuankömmlinge in den ersten 15 Monaten mit ganz anderen Problemen zu tun haben, als mit einer Absicherung für einen eventuellen Schadensfall. Die Absicherung in diesem Zeitraum des Ankommens ist sinnvoll und vertretbar.

Derzeit beziehen ca.720 volljährige Personen in Erlangen Leistungen nach § 3 AsylbLG. Darin sind auch die Bewohner der Notunterkunft Tennenlohe enthalten, da diese in der Notunterkunft bis zu einem halben Jahr verweilen und auch Schulen, Sprachkurse besuchen und somit im Gegensatz zu früher vermehrt am Leben im Erlangen teilnehmen.
Eine Versicherung würde im Jahr derzeit noch 30.000,00 € kosten. Die Neuankömmlinge ab August 2015 erhalten jedoch schon ab Ende 2016 Leistungen nach § 2 AsylbLG bzw. wurden und werden anerkannt, so dass sich die Anzahl der zu Versichernden sich bereits vorher und insbesondere ab Ende 2016 reduzieren würde. Auch werden weiterhin monatlich ca. 30 Personen anerkannt, die dann durch den Bezug von SGB II-Leistungen auch aus der Sammelversicherung herausfallen.

 

Es ist jedoch auch darauf hinzuweisen, dass es sich beim Abschluss einer derartigen (zivilrechtlichen) Versicherung für Asylbewerberinnen und Asylbewerber nicht um eine städtische Aufgabe handelt. Dies mag u. a. auch der Grund sein, warum von den ca. 2100 Kommunen in Bayern lediglich 40 eine solche Versicherung abgeschlossen haben, davon keine einzige bayerische Großstadt.

 

Wenn die Stadt eine derartige Versicherung abschließt, werden die zu bearbeitenden Schadensfälle  zunehmen. Die Betreuung des Versicherungsvertrages und die Bearbeitung der gemeldeten Schadensfälle können vom Rechtsamt mit dem vorhandenen Personal dann abgedeckt werden, wenn die Anzahl der zu bearbeitenden Schadensfälle nur ganz geringfügig zunimmt. Ansonsten müssten Stellenanteile neu geschaffen werden.

 

 

Haushaltsmittel

                 werden nicht benötigt

                 sind vorhanden auf IvP-Nr.      

                               bzw. im Budget auf Kst/KTr/Sk        

                         sind nicht vorhanden


Anlagen:             1. Antrag der CSU-Fraktion Nr. 052/2016 vom 30.05.2016