Die Ausführungen der Verwaltung werden zur Kenntnis genommen.
1. Aktuelle
Zahlenentwicklung
Bei der Anzahl der
Personen und Bedarfsgemeinschaften, die in der Stadt Erlangen SGB II Leistungen
beziehen, zeichnet sich in den letzten Monaten ein leichter Anstieg ab. Dafür
ist sicherlich zum Teil der wachsende Zugang von anerkannten Asylberechtigten in
den Rechtskreis SGB II verantwortlich. Zum anderen sollte die jüngste
Entwicklung der Empfängerzahlen immer mit einer gewissen Zurückhaltung
betrachtet werden, da bekanntlich die BA-Zahlen für die letzten drei Monate
noch der Revision unterliegen und erfahrungsgemäß sich noch verändern können.
Bei der Entwicklung
der Arbeitslosigkeit in Erlangen dagegen sind die vorliegenden aktuellen Zahlen
und Quoten endgültig und unterliegen nicht mehr der Revision durch die BA.
Dabei fällt auf, dass die Arbeitslosquoten seit Jahresbeginn sowohl für den
Bund (von 6,7 % auf 6,0 % ), wie auch für Bayern (von 4,1 % auf 3,4 %) sich
jeweils um 0,7 % Punkte verringert haben. In der Stadt Erlangen gab es dagegen
im gleichen Zeitraum nur einen Rückgang der Arbeitslosenquote um 0,2 % - bei
der SGB II-Arbeitslosenquote sogar einen Anstieg um 0,1 %.
2. Entwicklung
bei den Rechtskreiswechslern
Mit der Anerkennung als Asylberechtigte oder der Zuerkennung von internationalem Schutz erwerben Flüchtlinge die Leistungsberechtigung nach dem SGB II.
Bis Ende Januar war die Anzahl der Flüchtlinge, die die Zugangsvoraussetzungen für das SGB II erfüllten noch relativ gering. Seit Mitte Februar 2016 steigt die Anzahl der Antragsteller auf Leistungen nach dem SGB II kontinuierlich an, da immer mehr Flüchtlinge durch das BAMF anerkannt werden. Derzeit werden 236 Bedarfsgemeinschaften in der Leistungsabteilung des Jobcenters betreut; ca. 90 % der leistungsberechtigten Flüchtlinge kommen aus Syrien. Weiter auffällig ist auch, dass eine große Anzahl der Flüchtlinge im SGB II bereits in den umliegenden Jobcentern Leistungen nach dem SGB II bezogen hat und nach Erlangen umgezogen sind.
Die weitere Entwicklung der Zahl der Rechtskreiswechsler ist
schwierig abzuschätzen; einen Anhaltspunkt gibt jedoch die neueste Auswertung
der Anzahl der Asylbewerber nach Staatsangehörigkeiten (siehe Anlage).
Insbesondere der angespannte Erlanger Wohnungsmarkt und die Anmietung von
angemessenem Wohnraum stellt für die Flüchtlinge eine große Herausforderung
dar. Konsequenz ist, dass eine nicht geringe Anzahl von Flüchtlingen, die zwar
anerkannt sind und grundsätzlich eigenen Wohnraum anmieten können, mangels
eines geeigneten Mietangebots weiter in den Gemeinschaftsunterkünften wohnen
muss.
Dies ist für die Flüchtlinge häufig ein nicht sehr befriedigender Zustand, da diese nach ihrer Anerkennung auf Wohnungsverhältnisse außerhalb von Gemeinschaftsunterkünften warten.
Inwieweit das geplante Integrationsgesetz und die Verordnung hierzu Entlastung bringen, bleibt abzuwarten. Mit diesem Integrationsgesetz soll u.a. die sog Wohnsitzauflage für Flüchtlinge, die ab dem 01.01.2016 anerkannt wurden, eingeführt werden; mit der Wohnsitzauflage soll die Freizügigkeit anerkannter Flüchtlinge im SGB II – Bezug beschränkt werden und so auch das massive Drängen in die Städte eingeschränkt werden.
3. Flüchtlingsbedingte
Zusatzmittel
Zur Finanzierung der
„Flüchtlingsbedingt zu erwartenden Mehrbedarfe im Jahr 2016“ wurden im
Bundeshaushalt Zusatzmittel für die
Jobcenter in Höhe von insgesamt 575 Mio. € bereitgestellt (davon 250 Mio. € zur
Verstärkung der Eingliederungsmittel und 325 Mio. € für Verwaltungskosten).
Nach der maßgeblichen Eingliederungsmittelverordnung 2016 werden diese
Zusatzmittel in zwei Tranchen ausbezahlt: 60 % (345 Mio. €) wurden bereits zum
Jahresbeginn ausgezahlt, nachdem die Jobcenter darauf gedrungen hatten, um eine
gewisse Planungssicherheit zu haben. Die Verteilung der zweiten Tranche in Höhe
von 250 Mio. € erfolgte im April – auf das Jobcenter der Stadt Erlangen
entfielen dabei zusätzlich Eingliederungsmittel in Höhe von 28.000 € sowie
36.400 € zusätzliche Verwaltungsmittel.
Als
Verteilungsmaßstab diente dabei die zwischenzeitlich eingetretene
Bestandsveränderung an erwerbsfähigen Leistungsberechtigten aus den acht
zugangsstärksten nicht europäischen Asylherkunftsländern. Die relativ
bescheidene nach Erlangen verteilte Summe von insgesamt 64.400 € zeigt, dass
bei uns der Zugang von anerkannten Flüchtlingen in den Rechtskreis SGB II noch
ziemlich zögerlich erfolgt (so hat z. B. die Stadt Schweinfurt alleine aus der
zweiten Tranche Zusatzmittel in Höhe von 818.110 € erhalten).
4. Zum
Stand der Jahresabrechnungen mit dem Bund
a. zur Jahresabrechnung 2009
Aus der
Jahresabrechnung 2009 hatte der Bund seinerzeit Ausgaben der GGFA für
Eingliederungsmaßnahmen in Höhe von 12.172,98 € nicht als rechtmäßig anerkannt
und zurückgefordert. Da für vergleichbare Sachverhalte bereits Musterprozesse
zwischen dem Bund und anderen Optionskommunen anhängig waren, verzichtete die Stadt
Erlangen auf die Einrede der Verjährung – und der Bund vorerst auf eine
zwangsweise Durchsetzung seiner behaupteten Rückzahlungsansprüche.
Die Musterprozesse
wurden durch Urteile des Bundessozialgerichts vom 02.07.2013 beendet – allesamt
zu Gunsten der Optionskommunen. Im Laufe des Jahres 2015 entschloss sich der
Bund, diese neue höchst richterliche Rechtsprechung zu akzeptieren (allerdings
nur, soweit es um Eingliederungsmittel geht – siehe hierzu auch zu den
Abrechnungen für 2010 bis 2013). Mit Schreiben vom 19.04.2016 hat das BMAS nun
auch für das Jahr 2009 die gegen das Jobcenter Erlangen geltend gemachten
Rückzahlungsforderungen endgültig fallen gelassen. Die Prüfung der
Jahresabrechnung 2009 ist damit abgeschlossen.
b. zu den Jahresabrechnungen 2010 bis 2013
Hier hatte der Bund
die Abrechenbarkeit von Personalkosten für zwei Leistungssachbearbeiterinnen
für bestimmte Tätigkeiten verweigert, die nach Auffassung des Bundes als
typische Aufgaben der Querschnittverwaltung anzusehen seien. Im Einzelnen
handelte es sich dabei um folgende Tätigkeiten:
- Unterstützung der Abteilungsleitung bei der Formulierung von
detaillierten Entscheidungshinweisen zur SGB II Umsetzung für die
Leistungssachbearbeiter des Jobcenters
- Unterstützung der Abteilungsleitung bei der Formulierung von
Anfragen an die Aufsichtsbehörde
- Unterstützung der Abteilungsleitung bei internen Schulungen und
Informationen der Leistungssachbearbeiter im Jobcenter über Neuerungen
durch Gesetzgebung und Rechtsprechung
- Unterstützung der Abteilungsleitung bei der Einarbeitung neuer
Mitarbeiter
- Unterstützung der Abteilungsleitung bei der planmäßigen und
stichprobenhaften Überprüfung der Korrektheit der von den
Leistungssachbearbeitern erlassenen SGB II-Bescheide
- Bei Außenprüfungen durch Bereitstehen als Ansprechpartner für
externe Prüfer von Krankenkasse, Rentenversicherung oder
Bundesrechnungshof.
Diese Auffassung
wurde von der Stadt nicht geteilt, weshalb der Bund im Dezember 2013 - erstmals
überhaupt in Deutschland - von der Sanktionsnorm des § 32 KoAVV gegen eine
Optionskommune Gebrauch machte und wegen „mehrfacher, massiver
Falschabrechnung“ Zahlungen zur Finanzierung es laufenden Jobcenterbetriebes in
Höhe von ca. 170.000 € der Stadt Erlangen vorenthielt. Dagegen erhob die Stadt
Erlangen im Mai 2014 Klage zum Landessozialgericht Bayern. Nach einer
zwischenzeitlich erfolgten Teilzahlung ist derzeit noch ein Betrag in Höhe von
ca. 122.000 für die vier Jahre 2010 – 2013 streitig.
Eine
Gerichtsverhandlung hat hierzu noch nicht stattgefunden. Im Gegensatz zur Stadt
Erlangen hat der Bund sogar erst kürzlich die Anregung des Gerichts zur
Einschaltung eines Güterichters abgelehnt (Begründung: grundsätzliche Bedeutung
der Streitigkeit für alle Optionskommunen in Deutschland). Inzwischen sind
diese zu Grunde liegenden Auslegungsfragen zur KoAVV auch wichtige Themen in
der regelmäßig tagenden Bund-Länder-Arbeitsgruppe-Verwaltungskosten (angeblich
wurde dort vom BMAS die Absicht signalisiert, in dieser Sache eine höchst richterliche
Entscheidung des Bundessozialgerichts anzustreben). Die Stadt Erlangen steht
bei der Führung dieses Prozesses in enger und ständiger Abstimmung mit den
kommunalen Spitzenverbänden.
c. zur Jahresabrechnung 2014
Hier geht es um
einen Betrag in Höhe von ca. 5.000 €, der innerhalb der Angestelltengehälter
für die Pauschalsteuer auf tarifliche Zusatzversorgungsbeiträge angefallen ist.
Der Bund ist nicht bereit diese Pauschalsteuer anzuerkennen und abzurechnen, da
diese Pauschalsteuer in § 10 Abs. 2 KoAVV nicht namentlich aufgeführt ist und
verlangt die Zuordnung der Pauschalsteuer zu den Personalnebenkosten (in deren
Rahmen eine Abbrechung nicht möglich ist, da hierfür eine Pauschale vom Bund
gezahlt wird). Nach Auffassung der Stadt handelt es sich bei § 10 Abs. 2 KoAVV
um eine beispielhafte und nicht abschließende Aufzählung von
Gehaltsbestandteilen – wie die allgemeine Lohnsteuer müsse auch die
Pauschalsteuer auf tarifliche Zusatzversorgungsbeiträge als Gehaltsbestandteil
anerkannt werden.
Vor 2014 hat der
Bund diese Pauschalsteuer deutschlandweit als Gehaltsbestandteil anerkannt und
abgerechnet. Dementsprechend betrifft diese geänderte KoAVV Auslegung durch den
Bund alle Optionskommunen in Deutschland. Auch dieses Problem ist mittlerweile
Gegenstand in den Sitzungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe-Verwaltungskosten. In
Abstimmung mit den anderen Optionskommunen und den kommunalen Spitzenverbänden
hat die Stadt Erlangen die vom Bund erhobenen Rückzahlungsforderung nicht
anerkannt. Es bleibt abzuwarten gegen welche Optionskommunen der Bund einen
Musterprozess anstrengen wird.
d. Jahresabrechnung 2015
Die Fertigstellung
der Unterlagen für die Jahresabrechnung 2015 befindet sich derzeit in Arbeit –
die Vorlage in Berlin wird fristgerecht zum 30.06.2016 erfolgen.
5. Aktivitäten
des Gesetzgebers
Wie schon häufig berichtet, haben die für die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (passive Leistungen) im SGB II anzuwendenden Vorschriften teilweise zu umfangreichen Verwaltungsabläufen und in einigen Punkten zu einer Vielzahl von Widersprüchen und Klagen geführt. Grund für die rechtlich komplexe Ausgestaltung des Leistungsrechts sind vielfältige Beziehungen zu anderen Rechtsgebieten insbesondere aufgrund der notwendigen Nachrangigkeit der Leistungen des SGB II. In der Rechtspraxis ist ein erheblicher Umsetzungsaufwand bei Bürgerinnen und Bürgern sowie bei der Verwaltung entstanden.
Aus diesem Grunde wurde bereits im Jahr 2013 das sog. Rechtsvereinfachungsgesetz auf den Weg gebracht. Ziel dieses Gesetzes ist, dass leistungsberechtigte Personen künftig schneller und einfacher Klarheit über das Bestehen und den Umfang von Rechtsansprüchen erhalten und die von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Jobcentern anzuwendenden Verfahrensvorschriften vereinfacht werden.
Die speziell eingerichtete Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Vereinfachung des Leistungsrechts, einschließlich des Verfahrensrechts im SGB II (AG Rechtsvereinfachung) hat von Juni 2013 bis Juni 2014 Vorschläge erarbeitet, welche im neuen Gesetz Eingang finden sollen.
Zwischenzeitlich liegt ein Gesetzesentwurf vor, der in einer 1. Lesung vom Bundestag am 15.04.2016 beraten wurde. Sämtliche über den Bundesrat eingebrachten Vorschläge wurden jedoch von der Bundesregierung nicht berücksichtigt. Die Anhörung der Experten im Ausschuss für Arbeit und Soziales am 30.05.2016 wurde abgebrochen und für den 22.06.2016 neu terminiert.
Trotz dieser sehr kontroversen Positionen und Diskussionen ist man fest entschlossen, dass das Gesetz zum 01.08.2016 in Kraft tritt. Nach heutigem Stand werden im Leistungsrecht folgende wesentliche Änderungen beschlossen werden:
· Neuregelung bei den Auszubildenden (weitgehende Einbeziehung Auszubildender in die grundsätzliche Berechtigung zum ergänzenden Bezug von Alg II)
· Klarstellungen bezgl. des Leistungsausschlusses von EU-Bürgern
· Zulassung einer Gesamtangemessenheitsgrenze bei den Kosten der Unterkunft
· Änderungen bei der Anrechnung von Einkommen (Mutterschaftsgeld, Anrechnung von Nachzahlungen etc.)
· Verlängerung des Regelbewilligungszeitraumes auf zwölf Monate
· Neue Regelungen für die vorläufige Bewilligung
·
Neue Regelungen im Bereich der Flüchtlinge
(Gemeinschaftsunterkünfte ohne Selbstversorgung und Umzüge)
Die geforderte Entschärfung der Sanktionsregelungen wird nicht in das Änderungsgesetz aufgenommen werden; ebenso erscheint es derzeit sehr unwahrscheinlich, dass die dringend erforderlichen Veränderungen zur temporären Bedarfsgemeinschaft noch beschlossen werden.
Eine konkrete endgültige Berichterstattung über die
tatsächlichen Regelungen kann erst im Herbst erfolgen. Der bundesweit
anerkannte Sozialwissenschaftler Prof Dr. Stefan Sell gab bei einer Fachtagung
sinngemäß folgende Einschätzung ab:
Bei diesem Änderungsgesetz handelt es sich nicht um ein Gesetz zur
Rechtsvereinfachung, sondern um ein Gesetz zu Rechtsverschärfung. Eine
zeitgerechte Implementierung wird aufgrund des zeitlichen Ablaufs nicht möglich
sein, die Umsetzung wird zu Mehrarbeit führen und zusätzlich Widersprüche und
Klagen produzieren.
6. BuT – Zwischenabrechnung Bildungskarte
Seit 01.04.2016 werden die Bildungs- und Teilhabeleistungen über den ErlangenPass bewilligt und abgerechnet. Die Zentrale Stelle – Bildung und Teilhabe - hat ab Anfang Februar 2016 alle Bewilligungen auf die ErlangenPässe der Kinder übertragen. Die Eltern wurden angeschrieben und über die Umstellung informiert. Wenn für das Kind noch kein ErlangenPass ausgestellt war, wurde dieser mit dem Informationsschreiben an die Eltern verschickt.
Am 02.03.2016 fanden Schulungen für die Leistungsanbieter (Schulen, Kindertageseinrichtungen, Vereine usw.) statt. Alle Leistungsanbieter haben außerdem ein Benutzerhandbuch zur Abrechnung der Bildungs- und Teilhabeleistungen erhalten. Es haben sich bereits viele Leistungsanbieter (insbesondere Schulen und Kindertageseinrichtungen) im Abrechnungsportal registriert. Für die Monate April und Mai 2016 wurden insgesamt 44.537,99 € über die Firma Syrcon abgerechnet. Parallel dazu werden noch die restlichen Gutscheine abgerechnet, die von den Leistungsanbietern noch eingereicht werden.
Anlagen: 1. Eckwerte
2. Mittelverbrauch
3. Anzahl der Asylbewerber nach Staatsangehörigkeit
4. GGFA Sachstandsbericht