Betreff
ÖDP Fraktionsantrag Nr. 227/2015 vom 17.11.2015 - Eruierung des Bedarfes und Bericht über "Schulkindergartenplätze" in Erlangen / Vortrag Pilotprojekt: Mathematischer Zahlenraum für Kinder im Vorschulalter
Vorlage
512/071/2016
Aktenzeichen
IV/512/BBT T. 2132
Art
Beschlussvorlage

1.            Der Bericht der Verwaltung des Jugendamts wird z. K. genommen.

 

2.         Der ÖDP Fraktionsantrag 227/2015 ist damit abschließend bearbeitet.


Der Fraktionsantrag gliedert sich in folgende drei Themenbereiche:
1. Bedarfsermittlung für die Förderung vor allem von motorisch-sprachentwicklungsverzögerten 

    Vorschulkindern, sowie von Vorschulkindern mit einer (diagnostizierten) Rechenschwäche

2. Themenbereich Schulkindergärten

3. Themenbereich Präventionsprojekte mit Krankenkassen

 

 

1.    Bedarfsermittlung von motorisch- und sprachentwicklungsverzögerten und rechenschwachen Kindern im Vorschulalter:

 

Es bestehen vielfältige Möglichkeiten im Kindergarten, bei Kindern im Vorschulalter oder früher, durch frühzeitiges Erkennen und rechtzeitige Behandlung, einer Entwicklungsverzögerung entgegen zu wirken. Die Kindertageseinrichtungen arbeiten intensiv mit dem für die Förderung verantwortlichen Stellen zusammen und binden eng das Elternhaus mit ein.

 

Es wurde eine qualitative Bedarfsermittlung durch die Sachgebietsleitung Personal/Konzept bei den Einrichtungsleitungen der städtischen Kindergärten durchgeführt, da eine quantitative Bedarfsermittlung mittels psychometrischer Testverfahren bei Kindertageseinrichtungen in städtischer und freier Trägerschaft mit erheblichen personellen, zeitlichen und finanziellen Ressourcen verbunden wäre. Die Bedarfsermittlung bei den städt. Einrichtungsleitungen hat gezeigt, dass für Kinder im Vorschulalter im motorisch und sprachverzögerten Bereich ein geringer Bedarf an neuen Förderangeboten besteht, da betroffene Kinder aktuell bereits durch die Einrichtungen, auch in Kooperation mit der Frühförderung, intensiv gefördert werden.

 

In den Einrichtungen ERBA-Haus für Kinder (Am Anger), Rasselbande (Büchenbach) und Haus der kleinen Strolche (Am Anger) sind zusätzlich Sprachförderkräfte eingesetzt. Allerdings wird die Aufnahme von Flüchtlingskindern in Zukunft eine zusätzliche Herausforderung sein.

 

 

 

Im mathematisch/naturwissenschaftlichen Bereich gibt es in den Erlanger Kindertagestätten Förderangebote für Kinder im Vorschulalter. Zu diesen Angeboten gehören z. B. „Zahlenland“ oder das „Haus der kleinen Forscher“, das in allen städtischen Kindergärten und in Kindergärten freier Träger als Impuls für die Förderung des Entdeckergeist von Mädchen und Jungen umgesetzt wird.

 

Die Befragung der Einrichtungsleitungen hat ergeben, dass im mathematischen Bereich ein Interesse an einem verbesserten Angebot besteht. Um die frühen mathematischen Kompetenzen noch intensiver zu fördern, läuft seit November 2015 ein Pilotprojekt in Kooperation mit der Integrierten Beratungsstelle der Stadt Erlangen in der städtischen Kindertageseinrichtung „Kriegenbrunner Fröschla“. Nach der Pilotphase werden ab März 2016 alle Einrichtungsleitungen über dieses neue Konzept informiert und für eine eigene Durchführung geschult.

Eine inhaltliche Ausführung zum Pilotprojekt erfolgt in Form einer Kurzpräsentation im Bildungsausschuss /Jugendhilfeausschuss am 18.02.2016.

 

Dies entspricht auch dem Auftrag aus dem Bildungsausschuss vom 01.10.2015 und dem Jugendhilfeausschuss von 15.10.2015, wonach die städtische Beratungsstelle in Zusammenarbeit mit der Abt. Kindertageseinrichtungen geeignete Förderangebote im vorschulischen Bereich für von Dyskalkulie betroffenen Kindern erarbeiten soll.

 

2.    Schulkindergartenplätze

 

Wie bekannt und im Fraktionsantrag erwähnt, wurden bei Einführung des Bayerischen Kinderbildungs- und –betreuungsgesetzes (BayKiBiG) Schulkindergärten abgeschafft. Dem liegt ein  Selbstverständnis zugrunde, dass alle Kinder eine entwicklungsangemessene Betreuung und Förderung in (Regel-)Kindertageseinrichtungen erfahren. In Art. 10, Satz 1 BayKiBiG heißt es dazu:

„Kindertageseinrichtungen bieten jedem einzelnen Kind vielfältige und entwicklungsangemessene Bildungs- und Erfahrungsmöglichkeiten, um beste Bildungs- und Entwicklungschancen zu gewährleisten, Entwicklungsrisiken frühzeitig entgegenzuwirken sowie zur Integration zu befähigen.“ Dazu wird im Gesetzeskommentar (Dunkl/Eirich, 2015) folgendes erläutert: „Leitlinie der pädagogischen Arbeit jeder Einrichtung muss es sein, die Kinder in ihrer Entwicklung individuell zu unterstützen und zu begleiten und dabei ihren Entwicklungsstand zu berücksichtigen. Nicht die Abarbeitung eines wie auch immer gearteten Programms, sondern jedes einzelne Kind mit seinen speziellen Bedürfnissen steht im Vordergrund der pädagogischen Bemühung. Daraus ergibt sich zwingend die Notwendigkeit eines vielfältigen pädagogischen Angebots. Die Vermeidung von Entwicklungsrisiken ist weit zu verstehen. Sie umfasst nicht nur die Abwendung drohender Behinderung durch den Versuch, extrem ungünstigen Einflüssen des familiären oder Herkunftsmilieus oder den Effekten von Minderbegabung durch ressourcenorientierte pädagogische Maßnahmen gegenzusteuern, sondern schließt die Festigung der Stärken und den Abbau der Schwächen des normal oder hochbegabten Kindes mit ein.“

 

Diese differenzierten Arbeitsanforderungen an das pädagogische Personal werden unterstützt durch standardisierte Beobachtungsbögen und regelmäßige Entwicklungsgespräche mit den Eltern, um fortlaufend das Kind mit seinem individuellen Entwicklungsstand im Blick zu haben und gemeinsam die bestmöglichen Maßnahmen zur Bildung und Erziehung abzustimmen und umzusetzen. Diese Aufgaben werden in allen Kindergärten der Stadt Erlangen sehr ernst genommen und gut erfüllt. Dass die ebenfalls durch das BayKiBiG geforderte Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Kindergärten und Grundschulen immer besser gelingt, zeigen die Einschulungszahlen der letzten Jahre: 

 

·         Nach Auskunft des staatlichen Schulamtes wurden in Erlangen bei weit über 900 Erstklässern pro Schuljahr in den vergangenen vier Jahren lediglich fünf Kinder ausgeschult.

 

·         In den städtischen Einrichtungen werden in gemeinsamer Absprache mit der Schule und den Eltern ca. 1-2 Kinder pro Jahr je Einrichtung vom Schulbesuch zurück gestellt. Es ist aus der Entwicklungspsychologie bekannt, dass die kindliche Entwicklung innerhalb sog. Entwicklungsfenster erfolgt und nicht statisch ist. Die Zurückstellung ist für diese Kinder oft ein wertvoller Zeitgewinn für den natürlichen Reifeprozess. Zusammen mit einer gezielten Förderung in der Kindertageseinrichtung erleben diese Kinder dann i. d. R. einen erfolgreichen Schulbesuch. Eine Steigerung der Zurückstellungen ist bis dato nicht zu erkennen.

 

Aus Sicht der Fachabteilung bedarf es deshalb keiner speziellen Einrichtungsform für Vorschulkinder. Dies steht im Einklang mit der UN-Menschenrechtskonvention, die die Integration und Inklusion von Kindern in Regeleinrichtungen und -schulen zum Ziel hat. Danach sind Kinder mit einem besonderen Förderbedarf in Regelgruppen zu integrieren.

 

Für Vorschulkinder bilden die meisten Einrichtungen im regelmäßigen Tagesablauf kleine Gruppen für spezielle Angebote, die sich dann ausschließlich an die Vorschulkinder richten. Bei Entwicklungsverzögerung mit drohender Behinderung arbeiten die Kindertageseinrichtungen eng mit Beratungsstellen und Fachdiensten (z. B: Frühförderung) zusammen. Diese ergänzenden Förderleistungen werden vom Bezirk zusätzlich zum erhöhten Basiswert finanziert. Die Möglichkeit zur Refinanzierung des höheren Personaleinsatzes ist in Regeleinrichtungen durch die höheren Gewichtungsfaktoren für Kinder mit bspw. drohender Behinderung bei der Betriebskostenförderung nach BayKiBiG gegeben. Allerdings ist eine generelle Absenkung der Gruppenstärke im Kindergarten und Hort wünschenswert, um die individuelle Förderung weiter zu verbessern.

 

3.    Präventionsgesetz - Kooperation mit Kranken- bzw. Gesundheitskassen

 

Mit Verweis auf das neue Präventionsgesetz soll geprüft werden, inwieweit von der Verwaltung ein Projekt für entwicklungsverzögerte Kinder mit Krankenkassen initiiert werden kann.

 

Krankenkassen erbringen bei entwicklungsverzögerten Kindern eine Vielzahl von Leistungen im Bereich der Frühförderung. Schwierigkeiten ergeben sich teilweise aufgrund der formalen Vorgaben und mangelnder Abstimmung zwischen den unterschiedlichen Leistungsträgern (Krankenkassen, Bezirk, usw.). Um die Einrichtungen im Stadtgebiet besser unterstützen zu können (Beratung/Vermittlung von Fachdiensten, Beratung der Eltern bei Einzelintegration etc.), hatte die Fachabteilung für den Stellenplan 2016 eine Stelle für Beratung und Förderung der Inklusion in Regeleinrichtungen beantragt, die leider nicht bewilligt wurde.

 

Verschiedene Kindertageseinrichtungen kooperieren bereits mit unterschiedlichen Partnern aus dem Gesundheitsbereich. U. a  bieten auch die Krankenkassen eine Reihe von Projekten zur Gesundheitsförderung an.

  • Beispielsweise nahmen städtische Kitas an dem Programm „Papilio“ teil. Das Projekt will Sucht und Gewaltbereitschaft vorbeugen will und es soll Kindern auf spielerische Weise helfen, Gefühle und Konflikte zu verstehen.
  • Die städt. Krippe in der Isarstraße hat sich an dem Coaching-Projekt „Kita-Verpflegung“ beteiligt. Das Projekt wurde vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über ein Jahr begleitet und die Einrichtung wurde am Ende mit einer Urkunde ausgezeichnet. 
  • Wie der Zeitung zu entnehmen war, arbeitet die Kindertageseinrichtung Regenbogen der AWO zusammen mit einer Krankenkasse an einem Projekt zur Gesundheitsförderung. Ziel dieses Programms ist gesundheitsfördernde Maßnahmen in den Alltag von Kindertageseinrichtungen zu integrieren und dauerhaft zu verankern. Im Mittelpunkt stehen Ernährung, Bewegung und seelisches Wohlbefinden und die Gesundheit der Erzieherinnen (Nürnberger Nachrichten vom 18. 12. 2015).
  • Die Sachgebietsleitung der Lernstuben ist derzeit mit einer Ernährungsmedizinerin im Gespräch für ein Gesundheits-/ Ernährungsprojekt. Kinder und Jugendliche lernen über Workshops etwas über gesunde Ernährung und wirken bei der Zusammenstellung der Menüs für das Mittagessen mit. Die Mittagskräfte werden geschult und zertifizert und können dann selbst Speisepläne nach den Richtlinien der deutschen Gesellschaft für Ernährung erstellen. Start ist voraussichtlich April 2016 und steht unter der Vorbehalt, dass die dafür notwendigen Spendenmittel zur Verfügung stehen.

 

Über die Mitarbeit im Projekt „Gesundheitsregion plus“ steht das Jugendamt mit der Geschäftsstelle der Gesundheitsregion der Stadt Erlangen in Kontakt. So wurde ein gesonderter Termin mit Frau Zsuzsanna Majzik von der Geschäftsstelle vereinbart, wo es u. a. auch um das Präventionsgesetz gehen soll. Aussagen, in wieweit mit dem Präventionsgesetz auch Finanzmittel für konkrete Präventionsprojekte zur Verfügung stehen – gerade auch im Hinblick auf die Förderung entwicklungsverzögerter Kinder - können derzeit noch nicht gemacht werden. Auch dies ist ein Punkt, der zusammen mit der Geschäftsstelle geklärt werden soll.

 

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Anlagen: