Dem Vorschlag der Verwaltung wird zugestimmt. Die Leistungsempfänger nach SGB II und SGB XII werden sowohl durch den beigefügten Infoflyer, wie auch mündlich bei persönlichen Vorsprachen auf die Möglichkeiten eines Wechsels in den günstigsten Stromtarif der EStW hingewiesen.
Auf Wunsch von Herrn Stadtrat Dr. Richter sollte – nach dem Vorbild der
Stadt Nürnberg – auch in Erlangen darauf hingewirkt werden, dass möglichst
flächendeckend für alle Leistungsempfänger die Stromkostenabschläge an den
Energieversorger EStW durch das Sozialamt direkt überwiesen werden. Zur
Begründung wurde angeführt, dass in Nürnberg nach den Tarifbestimmungen der
N-ERGIE solche Direktüberweisungen seitens des Sozialamtes als ausreichend für
den Wechsel in den günstigeren Stromtarif anerkannt werden.
- Gesetzliche
Ausgangslage
Nach der Intention des Gesetzgebers sollen die Leistungsberechtigten nach
dem SGB II und SGB XII die Stromabschläge selbst an den Stromlieferanten zahlen
(Wahrung der Selbstbestimmung des Hilfeempfängers, Verzicht auf unnötige
Einschränkungen dieser Selbstbestimmung im Alltag).
Eine Direktzahlung an den Stromversorger darf nur auf ausdrücklichen
Wunsch erfolgen (durch formlosen Antrag) oder dann, wenn die zweckentsprechende
Verwendung der Gelder nicht anderweitig sichergestellt werden kann (§ 22 Abs. 7
SGB II). Dies trifft dann zu, wenn Energiekostenrückstände bestehen, die zu
einer Unterbrechung der Stromversorgung führen könnten (§ 22 Abs. 7 Nr. 2 SGB
II).
Im Jobcenter der Stadt Erlangen werden in ca. 15 % der Fälle die
Stromabschläge direkt an die Stadtwerke überwiesen.
- Tarifsituation
in Erlangen
Bei den EStW gibt es neben den Grundversorgungstarifen (Stichwort:
Versorgungspflicht!) für Strom und für Gas sog. Sonderprodukte der
ERconomy-Familie (Voraussetzung ist separater Vertragsabschluss). Ein neuer
Kunde wird regelmäßig nicht automatisch in diesen günstigsten (ERconomy),
sondern in den Grundversorgungstarif (ClassicER) eingeordnet.
Die Preisunterschiede zwischen beiden Tarifen liegen bei einem
1-Personen-Haushalt (durchschnittlicher Verbrauch etwa 1.500 kWh) bei etwa 21 €
im Jahr und bei einem 3-Personen-Haushalt (durchschnittlicher Verbrauch etwa
3.500 kWh) bei etwa 49 € pro Jahr.
Jeder Kunde kann jedoch jederzeit auf Antrag vom ClassicER-Tarif in ein
ERconomy Produkt wechseln. Voraussetzung hierfür ist, dass er für die
Begleichung seiner Stromrechnungen eine Abbuchungserlaubnis
(SEPA-Lastschriftmandat) unterschreibt.
Des Weiteren ist in Erlangen auch durch einfachen Antrag bei den EStW ein
Wechsel in den günstigeren ERconomy-Tarif auch ohne Abbuchungsermächtigung
möglich; allerdings wird in diesem Fall eine zusätzliche
Verwaltungskostengebühr von 15,00 € im Jahr zusätzlich fällig, die den
tariflichen Preisvorteil zu einem Teil wieder aufzehrt.
Fallen diese Voraussetzungen für diesen günstigsten Tarif weg (z.B. Konto
nicht gedeckt und damit Abbuchung nicht möglich) dann erfolgt in Erlangen nicht
automatisch eine Umstufung in den teureren ERClassic-Tarif. Der Kunde bleibt
vielmehr dennoch im günstigeren ERconomy-Tarif, es fällt jedoch die zusätzliche
Verwaltungskostengebühr von 15,00 € pro Jahr an (siehe oben).
Eine Überweisung der Stromkosten durch das Sozialamt erkennen die EStW
(im Gegensatz zu Nürnberg) nicht als gleichwertige oder als Ersatzbedingung für
die fehlende Abbuchungserlaubnis an. Wenn ein Kunde in den günstigsten
ERconomy-Tarif eingestuft werden möchte, so ist dies jederzeit möglich gegen
Erteilung einer Abbuchungserlaubnis oder gegen Anfall der zusätzlichen
Verwaltungskostengebühr von 15,00 € pro Jahr. Dies gilt auch dann, wenn die
Stromkosten vom Sozialamt überwiesen werden.
- Behandlung
im SGA am 06.10.2015
Da nach den in Erlangen geltenden EStW Tarifbestimmungen eine
Direktüberweisung der Stromkostenabschläge durch das Sozialamt – im Gegensatz
zu den Tarifbestimmungen der N-ERGIE in Nürnberg – nicht zu einem Wechsel in
den günstigsten Tarif führen kann, schlug die Verwaltung in der Vorlage für den
SGA am 06.10.2015 vor, der Anregung von Herrn Stadtrat Dr. Richter (Hinwirkung
auf eine möglichst flächendeckende Direktüberweisung der Stromkostenabschläge
durch das Sozialamt) nicht zu folgen.
Stattdessen sollten nach dem Verwaltungsvorschlag die Leistungsempfänger
durch einen (mit den EStW abgestimmten) Infoflyer und durch mündliche Beratung
auf die in Erlangen gegebenen, einfacheren Möglichkeiten eines Wechsels in den
günstigsten Stromtarif hingewiesen werden (einfacher Antrag auf Tarifwechsel
gegen Gebühr oder Erteilung einer Abbuchungserlaubnis).
Auf Wunsch von Herrn Stadtrat Dr. Richter wurde über diese Vorlage jedoch
nicht entschieden. Sie wurde vielmehr nur als eingebracht angesehen. Insb.
wurde die Verwaltung aufgefordert durch Nachverhandlungen mit den EStW zu
erreichen, dass
- die in
Erlangen geltenden Stromtarife – entsprechend den N-ERGIE Tarifen – so geändert
werden, dass eine Direktüberweisung der Stromabschläge durch das Sozialamt
für einen Wechsel in den günstigsten Stromtarif als ausreichend angesehen
wird (zuständig für eine solche Entscheidung wäre allein der
EStW-Aufsichtsrat) oder
- zumindest,
dass die Verwaltungskostengebühr von 15,00 €, die dann anfällt wenn die
Abbuchung der Stromabschläge wegen fehlender Deckung des Kontos scheitert,
bei Stromkunden im SGB II oder SGB XII Bezug generell von den EStW nicht
in Rechnung gestellt wird, bzw. generell von den EStW übernommen wird.
- Ergebnis
der Nachverhandlungen
Wunschgemäß wurde über diese Ziele mit den Erlanger Stadtwerken gesprochen:
- zu einer
Änderung der Tarife wurde keine Bereitschaft signalisiert – die
Entscheidung hierüber sei alleine dem Aufsichtsrat vorbehalten
- der generelle
Verzicht auf die evtl. anfallende Verwaltungsgebühr von 15,00 € bei
Sozialleistungsempfängern, wird von den EStW abgelehnt. Die Erbringung von
Sozialleistungen wäre steuerlich als verdeckte Gewinnausschüttung zu
werten, da sie nicht Aufgabe der EStW, sondern Aufgabe der Stadt sei.
- Erneuter Vorschlag der Verwaltung
Nach allem schlägt die Verwaltung erneut vor den Anregungen von Herrn Stadtrat Dr. Richter nicht zu folgen, da die in Erlangen geltenden Tarifbestimmungen den gewünschten Wechsel in den günstigsten Stromtarif allein durch Direktüberweisung der Stromabschläge durch das Sozialamt nicht bewirken können. Dies ist vielmehr nur möglich durch einfachen Antrag des Kunden an die EStW auf Tarifwechsel oder durch Einräumung einer Abbuchungserlaubnis durch den Kunden.
Darüber hinaus wäre eine Realisierung der Vorstellungen von Herrn Stadtrat Dr. Richter auch für alle Beteiligten in mehrfacher Hinsicht nachteilig:
- die
Leistungsempfänger sollen wie andere Einkommensbezieher auch selbst und eigenverantwortlich
mit ihren vorhandenen Mitteln wirtschaften und mögliche Einsparungen
selbst realisieren können
- beim
Ausscheiden aus dem Hilfebezug würde die Abschlagszahlung durch das Sozialamt
automatisch enden. Es bestünde somit die Gefahr, dass mit dem Ausscheiden
aus dem Hilfebezug automatisch die zusätzliche Verwaltungsgebühr von 15,00
€ anfällt.
- Nicht alle
Leistungsempfänger beziehen ihren Strom von den EStW. Bei jeder Antragstellung
müsste deshalb zusätzlich der jeweilige Stromversorger ermittelt und in
die Datensätze eingegeben werden
- Die zu
leistenden Stromabschläge werden regelmäßig jährlich neu festgesetzt entsprechend
dem tatsächlichen Verbrauch des Vorjahres. Es ergäbe sich demnach ein
permanenter Änderungsbedarf bei den einzugebenden Abschlagszahlungen – und
damit gleichzeitig auch das Risiko von Überzahlungen, die wiederum zu
zusätzlichem Verwaltungsaufwand durch Rückforderungen oder Aufrechnungen
führen würden.
- Der Überblick
des Kunden über den jeweils für die Direktüberweisung des Abschlags
einbehaltenen Betrag, der die an den Kunden auszubezahlende Leistungssumme
mindert, würde schwieriger und intransparenter (was erfahrungsgemäß häufig
zu vermeidbaren Streitigkeiten führt).
Anlagen: 1. Flyer „Strom“ der Erlanger Stadtwerke