Fraktionsantrag der FDP Stadtratsfraktion Nr. 108/2015
Der Antrag auf Einspeisung der längerfristigen und
verkehrsrelevanten Baustellendaten im Stadtgebiet Erlangen in die bekannten
GeoInformations- sowie Navigationssysteme ist nicht weiter zu verfolgen.
Der Fraktionsantrag der FDP Stadtratsfraktion Nr. 108/2015 ist damit
abschließend bearbeitet.
Mit Antrag vom 6.7.2015 Nr. 108/2015 (Anlage 1) fordert die
FDP Stadtratsfraktion die Einspeisung der längerfristigen und verkehrsrelevanten
Baustellendaten im Stadtgebiet Erlangen in die bekannten GeoInformations- sowie
Navigationssysteme. Begründet wird diese Forderung mit der Einschätzung, dass
für Ortsfremde Navigationssysteme einen maßgeblichen Anteil an der Bereitschaft
haben in die Stadt Erlangen zu fahren. Aktualität sei hierbei unerlässlich und
muss von Seiten der Verwaltung gewährleistet sein.
Einleitend wird darauf hingewiesen, dass das Ordnungs- und
Straßenverkehrsamt über keine fachliche Kompetenz zur Beurteilung der
beantragten Maßnahmen verfügt. Aus diesem Grunde wurde das eGovernment-Center um fachliche
Stellungnahme gebeten. Das eGovernment-Center schätzt die Situation wie folgt
ein:
"Das GIS Team im
eGovernment-Center stellt die technische GIS-Infrastruktur für die
Dienststellen der Stadt Erlangen zur Verfügung, entwickelt die Plattformen
weiter, beschafft Software und Daten von externen Anbietern, erstellt
Web-Applikationen und leistet Support in Anwendungsfragen oder bei technischen
Problemen. Daten werden ausschließlich von den jeweils sachlich zuständigen
Fachbereichen erfasst und gepflegt. Die Abteilung Vermessung und Bodenordnung
ist die zuständige Dienststelle für die Abgabe von städtischen Geodaten an
Dritte.
Eine vom Tiefbauamt
mit Unterstützung des GIS Teams erstellte interaktive Baustellen-Karte ist seit
März online (seitdem >31.700 Aufrufe). Darin werden die wichtigsten
Baumaßnahmen im Stadtgebiet dargestellt, die sich auf den Straßenverkehr stark
behindernd auswirken (i. d. R. nur Vollsperrungen oder Teilsperrungen). Zu den
einzelnen Baumaßnahmen sind weitere Informationen über den Veranlasser,
Sperrungen und die Bauzeit sowie ggf. ein weiterführender Link erfasst. Die
Daten werden i. d. R. vom Ordnungs- und Straßenverkehrsamt an das Tiefbauamt
übermittelt.
Die Karte wird über
erlangen.de und das Online-Kartenportal der Stadt bereitgestellt. Auch in der
Erlangen-App ist sie enthalten. Alle Angebote sind mobilfreundlich, d. h. sie
können auch unterwegs genutzt werden.
Über die Social Media
Kanäle wird immer wieder auf die vorhandenen Informationsangebote zu den
Baumaßnahmen hingewiesen. Wer sich also für die aktuelle und künftige Baustellensituation
im Stadtgebiet interessiert, wird auf den Kommunikationsplattformen der Stadt umfassender
und aktueller informiert, als es über Drittangebote zu erwarten ist.
Alle Baumaßnahmen im
Stadtgebiet Erlangen, die erhebliche Verkehrsbehinderungen verursachen,
zuverlässig und vollständig zu erfassen, zeitnah zu veröffentlichen sowie allen
möglicherweise interessierten Unternehmen - die Reise- und
Verkehrsinformationsdienste anbieten - zur Verfügung zu stellen ist u. E. eine
große Herausforderung, die von keiner Dienststelle ohne Bereitstellung von
personellen Ressourcen ad hoc zusätzlich geleistet werden kann.
Eine Nachfrage im
Arbeitskreis ‚Vermessung und Geoinformation‘ des Bayerischen Städtetags hat
übrigens ergeben, dass keine der dort vertretenen Kommunen Baustellendaten an
Dritte abgibt.
Navigationsdienste
basieren auf aktuellen Verkehrslagebildern, die zum einen in Echtzeit über
Bewegungsdaten der Mobil- und Navigationsgeräte der Nutzerinnen und Nutzer ermittelt
und zum anderen über die gespeicherte Bewegungsdatenhistorie prognostiziert
werden. Diese Daten werden bei der Routenberechnung variabel herangezogen.
Unserer Einschätzung nach. bringen Lage- und Sachinformationen zu stationären
Baustellen den Nutzerinnen und Nutzern bei der Navigation keinen Mehrwert und
es wird stark bezweifelt, dass diese, bspw. direkt vor Fahrtantritt überhaupt
nachgesehen werden.
Das GIS Team im
eGovernment-Center hat trotzdem am 25.08.2015 bei Google München angefragt
(persönlicher Ansprechpartner, am 15.09. und 24.09.2015 nachgefragt), ob Google
Baustellen-Daten direkt von der Stadt Erlangen beziehen will, in welcher Weise
diese ggf. im Paket oder automatisiert abgeben werden könnten, ggf. Sachdaten
und Links mit angezeigt werden könnten, Google Baustellen-Daten von
Drittanbietern bezieht und ob die Stadt Erlangen ggf. dorthin liefern soll.
Nach Auskunft von
Google München, die mit der zuständigen Person gesprochen haben, die das Thema
‚Verkehrslage‘ in Deutschland verantwortet, lässt sich der Prozess nicht
manuell beeinflussen. D. h. es besteht keine Möglichkeit die Baustellen in
GoogleMaps direkt zu editieren (oder sonstwie ggf. automatisiert zu ergänzen).
Derzeit ist bei der
Google Maps ‚Verkehrslage‘ nur eine Straßensperrung im Stadtgebiet Erlangen
(doppelt) eingetragen. Es ist aber nicht ersichtlich, wer diese Baustelle
eingetragen hat und auf welchem Weg. Auch Google München konnte offenbar noch
nicht in Erfahrung bringen, wie diese Vollsperrung erfasst wurde.
Die Werkzeuge die
Google für private Nutzerinnen und Nutzer zur Verbesserung der Kartengrundlage
(Map Maker) und Übermittlung von verkehrsrelevanten Ereignissen (Waze App und
Editor) bereitstellt sind für die Stadtverwaltung nach Prüfung nicht geeignet.
Mit Google Map Maker können nach Aufhebung der monatelangen Bearbeitungsperre
zwar wieder Geometrien in der Google-Grundkarte erzeugt werden
(Freigabeverfahren dauert dann oft sehr lang), aber der Verkehrslage-Layer kann
damit nicht editiert werden. Die Waze-Anwendungen können u. a. von der
Funktionslogik her von der Stadt nicht verwendet werden.
Sollte man dem
Fraktionsantrag dennoch folgen wollen, käme evtl. die Hinterlegung im „MobilitätsDatenMarktplatz“
der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) in Frage, um neutral allen
interessierten Unternehmen den Zugang zu unseren Baustellendaten zu
ermöglichen:
http://service.mdm-portal.de/mdm-portal-application/
Mit der MDM-Initiative
hat die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) eine universelle Plattform genau
für den im Fraktionsantrag angestrebten Zweck - zum Austausch von Verkehrsdaten
zwischen Straßenverkehrsbehörden und potentiellen Datenabnehmern - geschaffen.
Dieser kostenfreien Abgabe von städtischen Geodaten als Open Data
[nichts anderes wäre die Bereitstellung georeferenzierter Sachdaten über Baumaßnahmen ohne Nutzungsbeschränkungen auch für
kommerzielle Zwecke], also ohne Erhebung von Nutzungsentgelten, könnte u. E.
die gültige Entgeltordnung der Abteilung Vermessung und Bodenordnung entgegenstehen,
die aber 2016 neu gefasst werden soll.
Verkehrsinformationen der Kommunen als Open Data
„Mit Open Data verbindet sich die Forderung nach freiem
Zugang zu aktuellen öffentlichen Daten und Informationen im Internet, die jeder
nutzen, zusammenführen und weiterverwenden kann. Das Spektrum von Open Data ist
so breit wie die Vielzahl der Daten, die die öffentliche Hand erhebt und
vorhält“ (DStGB et al. 2014). In diesem
Sinne sind auch Verkehrsdaten als offene Daten zu betrachten, deren Veröffentlichung
notwendig ist, um die in unterschiedlichen Gesetzen und Richtlinien
aufgestellten Forderungen nach interoperablen Systemen und der Bereitstellung
von multimodalen Reise- und Verkehrsinformationsdiensten zu erfüllen.
[MobilitätsDatenMarktplatz – welche Chancen
ergeben sich für Städte und Gemeinden? AGIT 2015, Tagungsband Seite 207]
Die Distribution der
von den zuständigen Fachbereichen erfassten und gepflegten Baustellendaten in
maschinenlesbarer Form als OpenData wäre - alternativ zum MDM - auch zum
Download oder als Server-Dienst technisch möglich. Für Open Data gibt es
allerdings weder einen politischen Auftrag noch eine gesamtstädtische Konzeption.
Auf ein solches Angebot müsste u. E. aus wettbewerbsrechtlichen Gründen
öffentlich hingewiesen werden."
Resümee:
Auf den städtischen Seiten wird bereits seit März 2015 mit Hilfe der interaktiven Baustellenkarte
(vgl. Anlage 2), in der die wichtigsten Baustellen (mit erheblichen
Auswirkungen auf den Verkehr) dargestellt sind, informiert. Seit diesem
Zeitpunkt wurden Stand 13.11.2015 mehr als 33.200 Aufrufe registriert.
In der fachlichen Stellungnahme des eGovernment-Centers wird
zudem der Mehrwert durch Übermittlung von Lage- und Sachinformationen zu
stationären Baustellen bezweifelt. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass keine
städtische Dienststelle - ohne Bereitstellung von zusätzlichen personellen
Ressourcen - in der Lage ist, alle Baumaßnahmen im Stadtgebiet mit erheblichen
Auswirkungen auf den Verkehr zuverlässig und vollständig zu erfassen und Interessenten
zeitnah zur Verfügung zu stellen.
Auch muss darauf hingewiesen werden, dass eine
Bereitstellung von Daten ohne Erhebung von Nutzungsentgelten mit der gültigen
Entgeltordnung der Abteilung Vermessung und Bodenordnung in Konflikt stehen
könnte.
Auf Grund der o. g. Aspekte kann der Fraktionsantrag seitens der Verwaltung nicht befürwortet werden.
Anlagen: Fraktionsantrag Nr. 108/2015 (Anlage 1)
Baustellenkarte
Stand 31.8.2015 (Anlage 2)