Betreff
Crowdfunding;
Fraktionsantrag der SPD-Stadtratsfraktion Nr. 070/2015 vom 05.05.2015
Vorlage
II/088/2015
Aktenzeichen
II/WA
Art
Beschlussvorlage
  1. Der Sachbericht wird zur Kenntnis genommen.
  2. Der SPD-Fraktionsantrag Nr. 070/2015 vom 05.05.2015 ist damit abschließend bearbeitet.

 


1      Definition von Crowdfunding (aus Wikipedia)

Crowdfunding (von englisch crowd für „(Menschen-)Menge“, und funding für „Finanzierung“ selten auch Schwarmfinanzierung) ist eine Art Finanzierung. Mit dieser Methode der Geldbeschaffung lassen sich Projekte, Produkte, die Umsetzung von Geschäftsideen und vieles andere finanzieren. Ihre Kapitalgeber sind eine Vielzahl von Personen – in aller Regel bestehend aus Internetnutzern, da zum Crowdfunding meist im World Wide Web aufgerufen wird.

 

2      Bedeutung des Crowdfundings für die lokale Gründerszene

Der beigefügte Artikel „Crowdfunding für den Mittelstand“ der IHK Nürnberg für Mittelfranken vermittelt einen sehr guten Überblick über die Bedeutung des Crowdfundings (siehe Anlage). Am Beispiel der Fa. beEco GmbH in Erlangen wird u. a. aufgezeigt, dass es auch in der Region Beispiele für erfolgreiches Crowdfunding gibt. Das Energietechnik-Unternehmen hat ein System entwickelt, das bei Blockheizkraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung die Betriebskosten senkt. Das junge
Unternehmen mit Sitz im Röthelheim-Campus, das u. a. mit der Universität Erlangen-Nürnberg zusammenarbeitet und vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert wird, will den gesammelten Betrag in Höhe von 70.000 € zur Markterschließung einsetzen.

 

 

3      Etablierung einer Crowdfunding-Plattform durch die Sparkasse Erlangen

Auf Anfrage der Abteilung Wirtschaftsförderung und Arbeit hat die Firmenkundenabteilung der Sparkasse Erlangen sich zum o.g. Fraktionsantrag der SPD wie folgt geäußert:

 

Zu den ureigensten Aufgaben der Sparkassen zählt die Versorgung der regionalen Wirtschaft, insbesondere des Mittelstands, mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen. Vor diesem Hintergrund haben wir die Möglichkeit für den Einsatz von Crowdfunding neben den konventionellen Finanzierungsformen geprüft.

 

Für das Betreiben einer Crowdfunding-Plattform sind zunächst technische Voraussetzungen erforderlich, die der zentrale IT-Dienstleister der Sparkassen-Finanzgruppe, die Finanz-Informatik, derzeit nicht zur Verfügung stellen kann.

 

Unsere Geschäftsphilosophie „Sicher, Stabil und Verlässlich“ verlangt neben der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben auch grundsätzlich eine umfassende Aufklärung der Kapitalanleger über die mit der Anlage verbundenen Chancen und Risiken. Dies gilt insbesondere im Privatkundengeschäft. Da mit Crowdfunding vor allem private Anleger angesprochen werden, ist hier auf die Aufklärungspflichten ein besonderes Augenmerk zu richten. Um einen ausreichenden Schutz der möglichen privaten Anleger im Rahmen einer gebotenen objekt- und anlegergerechten Beratung zu gewährleisten, sind daher Detailkenntnisse der über die Crowdfunding-Plattform angebotenen Projekte erforderlich. In der Regel handelt es sich hier aber um ein kleinteiliges Geschäft mit einer Vielzahl von Projekten, die teils auch nicht in unserem Geschäftsgebiet liegen, so dass die Bereithaltung umfassender Kenntnisse über jedes Projekt nur sehr schwer darstellbar ist. Der unter Einhaltung unserer Beratungspflichten erforderlichen Aufklärung der Anlageinteressenten sowie der Erfüllung der Erwartungen unserer Kunden können wir demnach nicht mit der von uns gewünschten Beratungsqualität nachkommen.

 

Beim Crowdfunding handelt es sich zudem um eine relativ junge Finanzierungsart, für die es in Deutschland noch keine abschließende gesetzliche Grundlage gibt. Im Juli 2014 wurde der erste Referentenentwurf für ein Kleinanlegerschutzgesetz für die Regulierung von Crowdfunding veröffentlicht und wird seither kontrovers diskutiert. Wann hier mit einer abschließenden Gesetzgebung zu rechnen ist, ist derzeit nicht absehbar.

 

Zu einem der wichtigsten Ziele unserer Geschäftspolitik zählt bereits seit vielen Jahrzehnten die Förderung von Existenzgründern und mittelständischen Unternehmen. Die Region Erlangen/Nürnberg ist mit ihren Hochschulen ein Quell innovativer Ideen. Gerade für die Unterstützung dieser Ideen haben wir in den letzten Jahrzehnten insbesondere folgende Maßnahmen in die Wege geleitet:

 

·         Über unsere Beteiligung an der S-Refit AG engagieren wir uns – zwischenzeitlich mit weiteren 23 bayerischen Sparkassen – ohne Beschränkung auf bestimmte Branchen schwerpunktmäßig in den Bereichen Biotechnologie, Maschinenbau und Software. Wir unterstützen hier vor allem kleinere und mittelständische Unternehmen, für die der Zugang zum klassischen Kreditmarkt mitunter schwierig ist. Die S-Refit AG ist die größte von bayerischen Sparkassen getragene Beteiligungsgesellschaft. Sie verfügt über ein umfassendes Netzwerk, das jungen Unternehmern auf Wunsch auch mit finanz- und betriebswirtschaftlicher Kompetenz zur Seite steht.

·         medTech Capital Fonds GmbH/Medizintechnik

·         Unsere Mitarbeiter sind seit Jahren auf die Betreuung von Existenzgründern spzialisiert und stehen auch für Vorträge – gerne auch außerhalb der Sparkasse – zur Verfügung.

 

Dass unsere Maßnahmen eine wichtige Unterstützung für innovative Ideen und Existenzgründer darstellen, zeigt sich auch an den zahlreichen Auszeichnungen, die von uns betreute und nominierte Unternehmen beim Deutschen, Bayerischen und Mittelfränkischen Gründerpreis in den letzten Jahren gewonnen haben.

 

Abschließend stellen wir fest, dass aufgrund fehlender technischer Voraussetzungen, einer erforderlichen Abweichung von unserer erfolgreichen Geschäftsphilosophie sowie die mangelnde Gewährleistung der Einhaltung des Regionalprinzips die Realisierung einer Crowdfunding-Plattform durch die Sparkasse Erlangen zum heutigen Zeitpunkt nicht darstellbar ist. Darüber hinaus sind die vielfältigen – auch unter Risikogesichtspunkten – für die Sparkasse Erlangen zu beachtenden Rahmenbedingungen noch nicht abschließend geklärt. Wir werden daher weiter auf unsere bewährten Angebote für Existenzgründer setzen, jedoch unabhängig davon auch die Entwicklung von Crowdfunding intensiv im Auge behalten.

 


4      Einbindung der vorhandenen Gründerzentren in Erlangen

Die beiden Gründerzentren in Erlangen haben bisher unterschiedliche Erfahrungen mit Crowdfunding-Finanzierungen.

 

4.1          IGZ Innovations- und Gründerzentrum Nürnberg-Fürth-Erlangen GmbH

Nach Aussage der Geschäftsführerin, Frau Rudolph, gibt es im IGZ kein Unternehmen, das diese Finanzierungsform gewählt hat. Praktische Erfahrungen sind deshalb nicht vorhanden. Das Thema Crowdfunding stellt jedoch aus ihrer Sicht eine neue interessante Alternative zur Finanzierung von Existenzgründungen und Projekten dar. Für technisch komplizierte und erklärungsintensive Vorhaben kommen wohl nur spezialisierte Plattformen in Frage (weniger Kickstarter, Indiegogo etc.). Eine regionale Initiative zu den anderen - manchmal etwas schwierigen - Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten wäre durchaus zu begrüßen. Die Etablierung einer Crowdfunding-Plattform bei der Sparkasse Erlangen hält sie für einen guten Ansatz.

 

4.2          Medical Valley Center GmbH

Die Geschäftsführung der Medical Valley Center GmbH führt gerade ein Unternehmen in eine Crowdfinancing-Kampagne über den spezialisierten Anbieter https://www.aescuvest.de . Crowdfunding ist wichtig für die lokale Gründerszene: Es wird die Meinung vertreten, dass wir in Deutschland zu wenig Venture Capital in den ersten Phasen (Seed) und den ersten Wachstumsphasen haben; herkömmliche staatliche Instrumente wie der High-Tech Gründerfonds (HTGF) und Bayern Kapital haben sehr starre Investitionsbedingungen, hier kann Crowdfunding helfen.

Der Aufbau einer Crowdfunding-Plattform durch die Sparkasse Erlangen kann sehr sinnvoll sein, hängt aber stark vom Konzept ab. Herkömmliche Plattformen (Kickstarter, Companisto etc.) gelingt es eher für Lifestyle-Produkte Geld einzuwerben. Für MedTech bedarf es branchenfokussierter Ansätze. Die Medical Valley Center GmbH bzw. der Medical Valley EMN e.V. haben Partnerschaft mit Aescuvest.

 

5      Fazit

Crowdfunding könnte sich mittelfristig zu einer interessanten Finanzierungsalternative entwickeln. Aktuell hält die Sparkasse Erlangen jedoch dieses Projekt nicht für darstellbar. Auf die Ausführungen unter Ziffer 3 der Beschlussvorlage wird verwiesen. Auf die ersten Erfahrungen des Medical Valley Centers lässt sich aufbauen. Das Wirtschaftsreferat wird die Thematik in die regelmäßig tagende Konferenz der Wirtschaftsreferenten der Städteachse (WKS) einbringen. Darüber hinaus wird die Abt. Wirtschaftsförderung und Arbeit auch einen Erfahrungsaustausch zum Thema
„Crowdfunding“ bei der Vereinigung der Wirtschaftsförderer Süddeutscher Großstädte (VWSG) anstoßen.

 


Anlagen:

 

Anlage 1 IHK Nürnberg: Crowdfunding für den Mittelstand

Anlage 2 SPD-Fraktionsantrag Nr. 070/2015 vom 05.05.2015