Betreff
Fraktionsantrag Grüne Liste Stadtratsfraktion Nr. 021/2015 vom 11.02.2015;
Nitratbelastung im Grundwasser
Vorlage
31/061/2015
Aktenzeichen
I/31
Art
Beschlussvorlage

Der Bericht der der Erlanger Stadtwerke AG wird zur Kenntnis genommen.
Der Fraktionsantrag der Grünen Liste Stadtratsfraktion Nr. 021/2015 vom 11.02.2015 ist bearbeitet.

 


Bericht der der Erlanger Stadtwerke AG

 

Zur Nitratbelastung im Grund- bzw. Rohwasser der ESTW hatten wir bereits vorab mitgeteilt, dass anhand des Fragenkataloges die doch komplizierte Situation nicht ausreichend detailliert dargestellt werden kann. Daher erhalten Sie die nachfolgend ausführlicher erläuterte Beschreibung der Verhältnisse in unseren Schutzgebieten.

 

Die ESTW betreiben zur Sicherung der Trinkwasserversorgung zwei Gewinnungsgebiete „Erlangen Ost“ und „Erlangen West“ mit zugehörigen Schutzgebieten und insgesamt 69 Brunnen.

 

Das Wasserschutzgebiet Erlangen Ost ist vorwiegend durch forstwirtschaftliche Nutzungen geprägt, die Brunnen erschließen den etwas tiefer gelegenen Grundwasserleiter „Sandsteinkeuper“. In diesem Schutzgebiet traten in der Vergangenheit lediglich im Bereich einer landwirtschaftlich geprägten Teilfläche erhöhte Nitratkonzentrationen auf. Diese konnten jedoch durch privatrechtliche Vereinbarungen mit dem Bewirtschafter bereits ab 2008 reduziert werden. Im Rohmischwasser und auch im abgegebenen Trinkwasser dieser Brunnen liegen die Nitratkonzentrationen Beginn der Messungen vor ca. 40 Jahren < 7 mg/l.

 

Durch die ansonsten forstwirtschaftliche Nutzung in Verbindung mit ausreichenden Deckschichten ist in diesem Gewinnungsgebiet keine auffällige Nitratproblematik zu verzeichnen.

 

Die engere Schutzzone im Schutzgebiet West hingegen wird zu ca. 70 % landwirtschaftlich genutzt. Hiervon werden 71 ha als Dauergrünland genutzt, die übrigen 130 ha fallen unter Ackerstatus.

 

In diesem Schutzgebiet befinden sich zwei Wasserwerke, das Wasserwerk West 1 sowie das Wasserwerk West 2.

Die Brunnen des Wasserwerkes West 2 liegen eher im forstwirtschaftlich genutzten Bereich und haben insofern keine auffälligen Nitratwerte. Im Rohmischwasser und auch im abgegebenen Trinkwasser dieser Brunnen liegen die Nitratkonzentrationen seit Messbeginn < 7 mg/l.

Die im Regnitztal gelegenen Brunnen, welche in das Wasserwerk West 1 einspeisen, haben dagegen ihr Einzugsgebiet vorwiegend in den landwirtschaftlich genutzten Bereichen des Schutzgebietes West.

 

Hier handelt es sich zudem nahezu ausschließlich um Gewinnungsanlagen im quartären Aquifer, der sehr oberflächennah gelegen ist, und nur gering wirksame Deckschichten aufweist.

 

Betrachtet man in nachfolgender Grafik den Konzentrationsverlauf von Nitrat im Rohwasser am Eingang des Wasserwerkes West 1 seit 40 Jahren, wird deutlich, dass sich sowohl in der Nord- als auch in der Südfassung seit etwa 20 Jahren ein Wert von 30 mg/l Nitrat unterschritten wird:

 

Titel: Grenzwert der TrinkwV 2012

      Anmerkung: SF = Abkürzung für Rohmischwasser der Südfassung- NF= Abkürzung für Rohmischwasser der Nordfassung

 

Für das Rohwasser der Nordfassung ist festzuhalten, dass die Trendlinie einen kontinuierlichen Rückgang über den Messzeitraum von 1975 bis 2015 aufweist.

 

Seit 1997 unterschreitet der Wert im Rohmischwasser der Nordfassung konstant 20 mg/l und hält damit den vorgeschlagenen Grenzwert der EU ein.

 

Über den Messzeitraum zeigt die Trendlinie im Mittel im Rohmischwasser der Südfassung einen konstanten Mittelwert von ca. 17 mg/l Nitrat. Allerdings treten etwas stärkere Schwankungen auf, es wird aber ebenfalls bis auf wenige Ausnahmen (bis max. 25 mg/l) der empfohlene Grenzwert seit 2002 unterschritten.

 

Im Fraktionsantrag wurde explizit der Brunnen SF 10 als problematisch benannt. Daher haben wir auch hier exemplarisch eine Auswertung erstellt:

 

Textfeld: Nit-rat (mg/l)

 

Es zeichnet sich ab, dass der langjährige Trend in Brunnen SF10 doch eher absteigend bzw. in den letzten Jahren konstant ist. Die Nitratkonzentration sank von über 60 mg/l (1993) auf unter 40 mg/l.

 

Generell ist festzuhalten, dass die rückläufige Tendenz der Nitratkonzentrationen im Rohmischwasser der ESTW-Brunnen im Wasserschutzgebiet West auch auf dem gestiegenen Umweltbewusstsein vieler Landwirte beruht. Es sind allerdings auch verschiedene Maßnahmen der ESTW maßgeblich für diesen erfreulichen Rückgang auf unter die Hälfte des Grenzwertes der Trinkwasserverordnung.

 

Unter anderem wurden verschiedene Kooperationsmodelle mit den Landwirten ausgearbeitet. Es handelt sich hier um freiwillige privatrechtliche Vereinbarungen, welche über die Vorgaben der Wasserschutzgebietsverordnung hinausgehen. So zahlen die ESTW beispielsweise den Landwirten für den Anbau von Zwischenfrüchten einen Ausgleich. Da der Zeitpunkt des Umbruchs von Zwischenfrüchten (je später, je besser) maßgeblich für den Nitrataustrag ist, wird die Höhe der Zahlung dem Umbruchszeitpunkt angepasst.

 

Nach Beendigung der Vegetationsperiode lassen die ESTW ausgewählte Flächen auf Rest-Stickstoffgehalte im Boden untersuchen. Die Ergebnisse werden den Landwirten mitgeteilt. Gegebenenfalls wird eine Düngeberatung angeboten.

 

In den letzten 25 Jahren wurden durch die ESTW AG in sensiblen Bereichen ca. 15 ha Ackerland durch Aufkauf, Tausch, Vereinbarungen oder Förderungen in Dauergrünland mit deutlich geringerem Nitrat-Emissionspotential umgewandelt.

 

Die ESTW haben zudem auf etwa 10 ha Ackerfläche Aufforstungen durchgeführt und auf weiteren ca. 7 ha Ackerflächen in Sandmagerrasen bzw. ökologisch wertvolle Flächen umgewandelt.

Grundsätzlich befinden wir uns daher innerhalb des Schutzgebietes auf einem guten Weg.

Die Kosten hierfür lassen sich schwer quantifizieren, da die Flächenaufkäufe naturgemäß nicht jedes Jahr das gleiche Ausmaß erreichen, die Umwandlungsmaßnahmen zu extensiver Bewirtschaftung ebenfalls unterschiedliche Kosten verursachen, und die freiwilligen Kooperationen jährlich kündbar sind.

 

Alleine für die rechtlich festgelegten Ausgleichsleistungen entstehen den ESTW derzeit ca. Kosten von etwa 15.000,- € jährlich. Die zusätzlichen freiwilligen Ausgleichsleistungen für unsere privatrechtlichen Vereinbarungen beliefen sich beispielsweise im Jahr 2013 auf insgesamt ca. 10.000 €.

 

 

Allerdings merken auch wir, dass in einigen Fällen - in denen eine Kooperation über die Schutzgebietsverordnung hinaus nicht möglich ist - die geltenden Richtlinien keinen ausreichenden Schutz des Grundwassers vor einer durch Düngemittel verursachten Nitratbelastung bieten.

 

So zeigen einige Messstellen in der Nähe intensiv bewirtschafteter Flächen nach einer bis ca. 2010 erfreulich niedrigen Tendenz seit ein paar Jahren wieder einen Anstieg der Nitratgehalte:

 

Textfeld: Nitrat (mg/l)

 

Messstellen A und B liegen neben Flächen, welche bis 2004 als Ackerfläche, und dann im Zeitraum von ca. 2004-2009 als Brachland genutzt wurden. Etwa seit 2009 werden hier regenerative Energiepflanzen angebaut.

 

Zum Vergleich ist der Konzentrationsverlauf von Nitrat in Messstelle C eingefügt, welche neben Flächen gelegen ist, in deren Umgebung sukzessive ab 1998 alle Ackerflächen in Dauergrünland umgewandelt wurde.

 

Die einzelnen Nutzungsvarianten lassen sich sehr gut anhand der Nitratkonzentrationsganglinien verfolgen- eine erhöhte Düngung zeichnet sich z.T. bereits innerhalb weniger Wochen im Grundwasser ab.

 

So wurden beispielsweise in Messstelle B im Februar 2013 ca. 10 mg/l NO3 gemessen, im Juni 2013 waren es bereits 86 mg/l, im Februar 2014 war ein Rückgang auf 40 mg/l zu verzeichnen, im Juni 2014 erfolgte ein erneuter Anstieg auf 85 mg/l.

 

Dies zeigt, wie sensibel das Grundwasser hier auf die Bewirtschaftung reagiert.

 

Was darüber hinaus Sorgen macht, sind die Grundwasserverhältnisse außerhalb des Schutzgebietes, die im Zustrom der ESTW-Gewinnungsanlagen liegen.

 

Gemäß der Vorgaben der Bayerischen Staatsregierung wird in Bayern nicht das gesamte Einzugsgebiet eines Trinkwasserbrunnens als Schutzgebiet ausgewiesen. Demzufolge haben die Trinkwasserversorger für den außerhalb liegenden Bereich wenige Einflussmöglichkeiten auf die Bewirtschaftung.

 

Nach Kenntnis der ESTW werden in nicht als Trinkwasserschutzgebiet ausgewiesenen landwirtschaftlich intensiv genutzten Regionen häufig Werte bis zu 100 mg/l Nitrat  und mehr erreicht.

Selbst innerhalb des Schutzgebietes werden z.T. in Messstellen bei intensiver Nutzung und ungünstigen Bodenverhältnissen derartige Werte erreicht:

 

Textfeld: Nitrat (mg/l)

 

Dies bedeutet, dass aus ESTW-Sicht die allgemein gültigen Regelungen für eine gute landwirtschaftliche Praxis derzeit nicht ausreichend Schutz für die oberflächennahen Grundwasservorkommen im Hinblick auf Nitratbelastungen bieten.

 

Insgesamt konnte durch oben dargestellte Maßnahmen sowie Beimischung von 33 % Rohwasser aus Tiefbrunnen der Nitratgehalt im Reinwasser des Wasserwerkes West 1 seit 2000 nachweislich wöchentlicher Untersuchungen bis auf 2 Ausnahmewerte auf unter 20 mg/l gesenkt werden.

 

Die ESTW sehen jedoch mit Sorge der weiteren Entwicklung entgegen, da gemäß vorheriger dargestellter Grafiken derzeit wieder ein Anstieg der Nitratbelastungen zu erwarten ist.

 

 


Anlagen: