- Die Änderung der Satzung für die städtischen Verfügungswohnungen wird gemäß dem Entwurf vom 10.03.2015 -Anlage 1- beschlossen.
- Die Gebührensatzung zur Satzung für die städtischen Verfügungswohnungen wird gemäß dem Entwurf vom 09.03.2015 -Anlage 2- beschlossen.
1. Aufgabenstellung der Stadt als Obdachlosenbehörde
Die Stadt ist als Obdachlosenbehörde zur Vermeidung von Obdachlosigkeit
im Stadtgebiet zuständig (Art. 53 Bayerische Verfassung).
Diese Aufgabe wird von der Abteilung 503 im Sozialamt wahrgenommen. Tritt
ein Fall von Obdachlosigkeit im Stadtgebiet auf, muss die Stadt zur
Verhinderung der Obdachlosigkeit die betroffenen Personen in städtischer
Verantwortung (auf Kosten der Stadt) kurzfristig mit Wohnraum versorgen. Zu
diesem Zweck können die betroffenen Personen entweder vorübergehend in
Beherbergungsbetrieben (Hotels, Gasthöfe, Pensionen) untergebracht werden, oder
die betroffenen Personen werden in von der Stadt angemietetem Wohnraum
(Mietwohnungen, Verfügungswohnungen, Notunterkünfte) untergebracht. Die
Beschaffung des benötigten Wohnraums ist Sache der Stadt – die Einweisung der
betroffenen Personen erfolgt nicht durch Vertrag, sondern auf Grund eines
sicherheitsrechtlichen Einweisungsbescheides.
Durch die Bereitstellung zu diesem Zweck erhalten diese Wohnungen und
Unterkünfte den Status einer öffentlichen Einrichtung im Sinne des Art. 21
Gemeindeordnung, deren Benutzung im Einzelnen in der Satzung für die
städtischen Verfügungswohnungen geregelt ist (Stammsatzung). Nach § 19 dieser
Stammsatzung ist die Benutzung dieses zugewiesenen Wohnraumes als Benutzung
einer öffentlichen Einrichtung gebührenpflichtig – Art, Entstehung, Umfang usw.
dieser anfallenden Gebühren sind in einer gesonderten Gebührensatzung zur
Satzung für die städtischen Verfügungswohnungen (Gebührensatzung) geregelt.
Diese, seit dem Jahr 1975 existierende Gebührensatzung wurde anlässlich
der Umstellung von DM auf Euro im Jahr 2001 zum letzten Mal geändert. Allein
auf Grund dieser langen Zeitdauer ist eine Aktualisierung der Gebührensatzung
angezeigt. Darüber hinaus haben in den letzten Jahren umfangreiche bauliche und
energetische Verbesserungsmaßnahmen in den städtischen Verfügungswohnungen
stattgefunden, die auch nicht ohne Einfluss auf den von der Stadt
aufzubringenden Mietkostenaufwand geblieben sind, so dass auch aus diesem Grund
eine Aktualisierung der Gebührensatzung zur Satzung für die städtischen
Verfügungswohnungen erforderlich ist.
2. Entwicklungen der letzten Jahre bei den städtischen
Verfügungswohnungen in Erlangen
Seit den 60-er Jahren hatte die Stadt Erlangen mehr als 300 Wohnungen von
der Gewobau angemietet und mit obdachlosen Personen belegt. Im Vergleich zu
anderen Städten war dies eine relativ hohe Anzahl von Verfügungswohnungen und
auch eine relativ hohe Belastung für den städtischen Haushalt. Denn viele
Bewohner empfanden diese Unterkünfte nicht als Notunterkünfte zur Verhinderung
einer zeitweisen Obdachlosigkeit, sondern als dauerhafte „Wohnungen von der
Stadt“.
In den 90-er Jahren gab es erste ernsthafte und erfolgreiche Bemühungen
zur Reduzierung der hohen Haushaltsbelastung durch die Vorhaltung von
Verfügungswohnungen. So wurden die Gebühren für die Benutzung von
Verfügungswohnungen gleich mehrfach angehoben. Als deutlich wirkungsvoller
erwiesen sich jedoch die Bemühungen der Abt. 503, die anfallenden
Benutzungsgebühren durch möglichst konsequente Ausschöpfung aller bestehenden
Sozialleistungsansprüche der Bewohner wieder hereinzuholen und so den
Kostendeckungsgrad zu verbessern. Letztlich führten diese Bemühungen jedoch nur
zu einer Kostenverschiebung, nicht jedoch zu einer Verringerung der Anzahl an
benötigten Verfügungswohnungen.
Ab 2008 nahmen sozialpädagogische Fachkräfte in der Abt. 503 ihre Arbeit
auf mit der Zielsetzung
- Bewohner von Verfügungswohnungen
möglichst zum Umzug in normale Mietwohnungen zu motivieren (z.B. durch
intensive Einzelfallbetreuung, das Projekt „2. Chance-Wohnungen“ usw.)
- Durch präventive Aktivitäten das
Entstehen neuer Obdachlosigkeit möglichst zu verhindern (z.B. durch
Mietschulden-Beratung, durch Betreuung aller Fälle von Zwangsräumung, enge
Vernetzung mit diversen städtischen Ämtern, Gewobau, EstW, Sonderfonds
usw.)
Diese neue Schwerpunktsetzung erwies sich nicht nur als sehr
arbeitsintensiv, sondern auch als sehr erfolgreich. So konnte in dem kurzen
Zeitraum von Ende 2008 bis Ende 2011 die Anzahl der benötigten
Verfügungswohnungen in Erlangen von 308 auf 261 verringert werden. Gleichzeitig
sank die Anzahl der in Verfügungswohnungen untergebrachten Personen von 471 auf
312 Personen (insb. Familien mit Kindern konnten aus den
Obdachlosenunterkünften herausgebracht werden).
Von Mitte 2012 bis Ende 2013 nahm die Gewobau die Sanierung und
Modernisierung der Wohnquartiere in Bruck und Büchenbach in Angriff, wo sich
auch ca. 230 unserer Verfügungswohnungen befanden. Dieses 15-Millionen-Projekt
der Gewobau hat die Wohnverhältnisse und die sozialen Strukturen für alle Beteiligten
grundlegend verbessert. Die ehemals stadtbekannten klassischen
„Obdachlosenviertel“ existieren in dieser Form nicht mehr.
Diese etappenweise durchgeführte Sanierung hat unsere Abt. 503 – insb.
die sozialpädagogischen Fachkräfte – bis aufs Äußerste gefordert, mussten doch
die Bewohner der Verfügungswohnungen im Regelfall mindestens zweimal umziehen.
Auf der anderen Seite konnten dabei so viele weitere Bewohner zum Umzug in
normale Mietwohnungen bewegt werden, dass von ursprünglich 230 nur noch 98 Verfügungswohnungen
im Sanierungsgebiet verblieben (deren Miete jedoch auch deutlich höher liegt
als vor der Sanierung).
Gegenwärtig (Februar 2015) sind 248 Personen in unseren insgesamt 182
Verfügungswohnungen untergebracht. Dabei handelt es sich um die 98 Gewobau-Wohnungen
im Sanierungsbereich, um 12 stadteigene Wohneinheiten, um 40 von Privat
angemieteten Wohnungen sowie um 32 einfache Einzelzimmer im Gewobau-Anwesen
Schenkstr.
Seit einiger Zeit zeichnet sich wieder ein Trend zu steigenden Fallzahlen
ab (nach Entlassung aus Haft- oder Klinikaufenthalt, nach Familientrennung,
nach Zwangsräumung, Unterbringung mittelloser älterer oder kranker Personen,
von jungen Erwachsenen oder von Flüchtlingsfamilien usw.). Bei der stark
reduzierten Zahl von Verfügungswohnungen sind wir als Obdachlosenbehörde längst
an unsere Kapazitätsgrenzen gestoßen, so dass wir uns aktuell nur mit
vermehrter Anmietung von privaten Mietwohnungen behelfen können (mit
entsprechend hoher Kostenbelastung).
3. Änderungsbedarf in der Stammsatzung
In der Stammsatzung werden der Nutzungszweck der Verfügungswohnungen, die
Einweisung sowie im Einzelnen die Rechte und Pflichten der Bewohner bei der
Nutzung von Verfügungswohnungen geregelt.
Zum Geltungsbereich dieser Stammsatzung legte § 3 fest, dass diese Stammsatzung
für alle, zum Zweck der Behebung von Wohnungsnotfällen von der Stadt gewidmeten
Gebäude und Wohnungen Gültigkeit hat, die in einer Anlage namentlich aufgeführt
sind – diese Anlage war gleichzeitig Bestandteil der Stammsatzung.
Nachdem bekanntermaßen das Verfahren zur förmlichen Änderung einer
Satzung relativ schwerfällig und sehr zeitaufwendig ist (nach der Anmietung:
Erstellung einer Vorlage zur Änderung der Stammsatzung, Begutachtung im
Sozialbeirat, Sozial- und Gesundheitsausschuss und Haupt- und Finanzausschuss,
sowie Beschlussfassung im Stadtrat sowie öffentliche Bekanntmachung der
Satzungsänderung im städtischen Amtsblatt) hat sich diese Regelung als wenig
praktikabel erwiesen. Die Obdachlosenbehörde muss grundsätzlich dem tagesaktuellen
Bedarf entsprechend handeln und beim Auftreten von Obdachlosigkeit den
betreffenden Personen unverzüglich einen Wohnraum zuweisen, notfalls auch einen
tagesaktuell neu angemieteten Wohnraum – völlig unabhängig davon, ob dieser
Wohnraum in der Anlage zur Stammsatzung aufgeführt ist oder wie viel Zeit eine
Satzungsänderung zur namentlichen Aufführung dieses Wohnraums in die Anlage zur
Stammsatzung benötigt.
Umgekehrt ist die Verwaltung auch verpflichtet, nicht mehr zur Vermeidung von
Obdachlosigkeit benötigten Wohnraum aus dieser Zweckbindung als öffentliche
Einrichtung wieder freizugeben und die Streichung dieses Wohnraums aus der
Anlage zur Stammsatzung zu veranlassen.
Es dürfte einleuchten, dass dieses schwerfällige Erfordernis einer
formalen Satzungsänderung, bevor ein Wohnraum den Status einer öffentlichen
Einrichtung im Sinne der Artikel 21 der Gemeindeordnung erhält und dann auch
für die Benutzung Gebühren nach der Gebührensatzung erhoben werden können, den
Bedürfnissen einer flexiblen Praxis bei der Unterbringung von Obdachlosen und
bei der Vermeidung von Obdachlosigkeit in keiner Weise entspricht.
Die Verwaltung schlägt deshalb vor, den § 3 der Stammsatzung („Die für
die Behebung von Wohnungsnot gewidmeten Gebäude sind in der Anlage zu dieser
Satzung aufgeführt. Diese Anlage bildet einen Bestandteil dieser Satzung.“)
ersatzlos zu streichen. Aus dem gleichen Grund sollte auch die Anlage zur
Satzung für die städtischen Verfügungswohnungen, in der bisher die
Verfügungswohnungen namentlich aufgeführt wurden, ebenfalls gestrichen werden.
Den Status einer gewidmeten Einrichtung im Sinne des Art. 21 GO erhält,
bzw. verliert die betreffende Wohnung ohnehin allein durch die zweckbestimmte
Bereitstellung durch die Obdachlosenbehörde, bzw. durch Freigabe für eine
anderweitige Verwendung. Die förmliche Aufnahme in - oder Herausnahme aus – der
Anlage, bzw. der Stammsatzung ist dafür nicht erforderlich.
4. Änderungsbedarf bei der Gebührensatzung
Die Gebührensatzung wurde letztmals im Jahr 2001 in Zuge der
Euroeinführung geändert. Seitdem konnte nicht nur die Anzahl der benötigen
Verfügungswohnungen drastisch verringert werden. Durch die Sanierungsprojekte
der Gewobau wurde auch der Qualitätsstandard des als Verfügungswohnung
genutzten Wohnraumes deutlich verbessert und angehoben (insbesondere konnten
die Quartiere mit niedrigstem Wohnstandard in den letzten Jahren komplett
aufgelöst werden). Dies hatte selbstverständlich auch Auswirkungen auf den
Kostenaufwand der Stadt zur Anmietung der Verfügungswohnungen, der in die
Kalkulation der Gebührenhöhe einfließen muss. Es sind somit mehrere Gründe
vorhanden, die eine Neugestaltung der Gebührenstruktur und der Gebührenhöhe
zwingend erfordern.
Darüber hinaus schlägt die Verwaltung aber auch vor, den Text der
Gebührensatzung insgesamt zu überarbeiten und neu zu fassen. Dabei sollen
insbesondere auch textliche Veränderungen und Ergänzungen eingebaut werden, die sich nach den Erfahrungen
der Nachbarstädte bewährt haben und an manchen Stellen für eine größere
Klarheit einzelner Satzungsbestimmungen sorgen.
In der Anlage 2 wird deshalb der Textvorschlag für eine neue,
überarbeitete Gebührensatzung vorgestellt. Dem folgt in der Anlage 3 eine
Synopse der Texte von alter Gebührensatzung und neu vorgeschlagener
Gebührensatzung.
5. Zu den
Änderungsvorschlägen im Einzelnen werden folgende Erläuterungen gegeben:
Zu § 1 (neu)
Lediglich redaktionelle Zusammenfassung der bisherigen Abs. 1 und 2
Zu § 2 (neu)
Redaktionelle Umformulierung der bisherigen §§ 3 und 4 (genauere
Festlegung des Gebührenschuldners, sowie von Entstehen und Fälligkeit der
Gebührenschuld)
Zu § 3 Abs. 1 (neu)
Ergänzung des Gebührenmaßstabes um die Wohnfläche
Zu § 3 Abs. 2 (neu)
Das bayerische Kommunalabgabengesetz (KAG) verlangt für die
Gebührenkalkulation die Einhaltung des Kostendeckungsgrundsatzes, aber auch des
Äquivalenzprinzips und des Übermaßverbotes. Die Gebührensätze werden deshalb
nicht nur nach der Wohnungsgröße, sondern auch nach verschiedenen Wohnungskategorien
je nach Art, und Ausstattung gestaffelt. Deshalb wird nach folgenden
Wohnungskategorien und –Standards unterschieden:
A normaler Standard nach
energetischer Sanierung (darunter fallen derzeit die Anwesen Max-Planck-Str. 38 - 40 Eggenreuther Weg 32 – 36 Marienstr.
21 – 25 Bachfeldstr.
16/28 Bayreither
Str. 66/68)
B Wohnungen mit einfacher
Ausstattung, aber mit Zentralheizung, Aufzug, Balkon (darunter fallen
derzeit die Anwesen Keltschstr.
1 Gerhard-Hauptmann-Str.
15)
C Wohnungen mit einfacher
Ausstattung, aber Ofenheizung, Toilette innerhalb der Wohnung (darunter fallen derzeit die Anwesen Nägelsbachstr.
55 Hartmannstr.
8)
D Einfacher Wohnraum in
Einzelzimmern mit sanitären Gemeinschaftseinrichtungen (darunter fällt derzeit das Anwesen Schenkstr.
166)
E Unterbringung in einem
Beherbergungsbetrieb
Die Kalkulation der jeweiligen Grund-, Heizungs- und Nebenkostengebühr orientiert sich bei den Kategorien A bis D an den tatsächlich von der Stadt an den jeweiligen Eigentümer zu entrichtenden Miet- und Mietnebenkosten dieser Wohnungen (Stand 2014). Die Kalkulation im Einzelnen ergibt sich aus dem als Anlage 4 angefügten Tabellenblatt.
Die Gebühr für die Kategorie E (Unterbringung in Beherbergungsbetrieben) orientiert sich an dem niedrigsten Preis, der nach einer aktuellen Marktabfrage (Februar 2015) in Erlangen für eine Unterbringung in Gasthöfen, Pensionen oder Hotels zu entrichten ist.
Zu § 3 Abs. 3 (neu)
Privater Stromverbrauch soll vom Nutzer jeweils selbst mit dem Versorgungsunternehmen abgerechnet werden. Dies gilt nicht, wenn die Wohnung nicht mit einem Stromzähler ausgestattet ist (dann sind die Stromkosten mit der Nebenkostengebühr abgegolten) oder bei Mehrfachbelegung einer Unterkunft (dann pauschale Stromgebühr von 10 € pro Person und Monat).
Zu § 3 Abs. 4 (neu)
In den Nachbarstädten Nürnberg und Fürth hat es sich bewährt, bei Blockierung einer nicht mehr benötigten Unterkunft mit der Möglichkeit eines angemessenen Verteuerungszuschlags den Druck zur zügigen Freimachung der nicht mehr benötigten Verfügungswohnung erhöhen zu können.
Die bisherige Anlage zur Gebührensatzung mit der namentlichen Auflistung der aktuell gebührenpflichtigen Unterkünfte, sowie der bisherige § 2 Abs. 3, der diese Anlage zum förmlichen Bestandteil der Gebührensatzung erklärte, sollten ersatzlos entfallen.
Zu § 4 (neu)
Inkrafttreten
Anlagen: 1. Satzung zur Änderung der Satzung für die städtischen Verfügungswohnungen (Anlage 1)
2. Gebührensatzung zur Satzung
für die städtischen Verfügungswohnungen
(Anlage 2)
3.
Synopse Gebührensatzung alt/neu (Anlage 3)
4.
Gebührenkalkulation