Betreff
Änderung der Satzung für die städtischen Verfügungswohnungen sowie Neufassung der Gebührensatzung für die städtischen Verfügungswohnungen
Vorlage
30-R/025/2015
Aktenzeichen
III/30/KSC T. 2776
Art
Beschlussvorlage
  1. Die Änderung der Satzung für die städtischen Verfügungswohnungen wird gemäß dem Entwurf vom 10.03.2015 -Anlage 1- beschlossen.

 

  1. Die Gebührensatzung zur Satzung für die städtischen Verfügungswohnungen wird gemäß dem Entwurf vom 09.03.2015  -Anlage 2- beschlossen.

 


1. Aufgabenstellung der Stadt als Obdachlosenbehörde

Die Stadt ist als Obdachlosenbehörde zur Vermeidung von Obdachlosigkeit im Stadtgebiet zuständig (Art. 53 Bayerische Verfassung).

Diese Aufgabe wird von der Abteilung 503 im Sozialamt wahrgenommen. Tritt ein Fall von Obdachlosigkeit im Stadtgebiet auf, muss die Stadt zur Verhinderung der Obdachlosigkeit die betroffenen Personen in städtischer Verantwortung (auf Kosten der Stadt) kurzfristig mit Wohnraum versorgen. Zu diesem Zweck können die betroffenen Personen entweder vorübergehend in Beherbergungsbetrieben (Hotels, Gasthöfe, Pensionen) untergebracht werden, oder die betroffenen Personen werden in von der Stadt angemietetem Wohnraum (Mietwohnungen, Verfügungswohnungen, Notunterkünfte) untergebracht. Die Beschaffung des benötigten Wohnraums ist Sache der Stadt – die Einweisung der betroffenen Personen erfolgt nicht durch Vertrag, sondern auf Grund eines sicherheitsrechtlichen Einweisungsbescheides.

Durch die Bereitstellung zu diesem Zweck erhalten diese Wohnungen und Unterkünfte den Status einer öffentlichen Einrichtung im Sinne des Art. 21 Gemeindeordnung, deren Benutzung im Einzelnen in der Satzung für die städtischen Verfügungswohnungen geregelt ist (Stammsatzung). Nach § 19 dieser Stammsatzung ist die Benutzung dieses zugewiesenen Wohnraumes als Benutzung einer öffentlichen Einrichtung gebührenpflichtig – Art, Entstehung, Umfang usw. dieser anfallenden Gebühren sind in einer gesonderten Gebührensatzung zur Satzung für die städtischen Verfügungswohnungen (Gebührensatzung) geregelt.

Diese, seit dem Jahr 1975 existierende Gebührensatzung wurde anlässlich der Umstellung von DM auf Euro im Jahr 2001 zum letzten Mal geändert. Allein auf Grund dieser langen Zeitdauer ist eine Aktualisierung der Gebührensatzung angezeigt. Darüber hinaus haben in den letzten Jahren umfangreiche bauliche und energetische Verbesserungsmaßnahmen in den städtischen Verfügungswohnungen stattgefunden, die auch nicht ohne Einfluss auf den von der Stadt aufzubringenden Mietkostenaufwand geblieben sind, so dass auch aus diesem Grund eine Aktualisierung der Gebührensatzung zur Satzung für die städtischen Verfügungswohnungen erforderlich ist.

 

2. Entwicklungen der letzten Jahre bei den städtischen Verfügungswohnungen in Erlangen

Seit den 60-er Jahren hatte die Stadt Erlangen mehr als 300 Wohnungen von der Gewobau angemietet und mit obdachlosen Personen belegt. Im Vergleich zu anderen Städten war dies eine relativ hohe Anzahl von Verfügungswohnungen und auch eine relativ hohe Belastung für den städtischen Haushalt. Denn viele Bewohner empfanden diese Unterkünfte nicht als Notunterkünfte zur Verhinderung einer zeitweisen Obdachlosigkeit, sondern als dauerhafte „Wohnungen von der Stadt“.

In den 90-er Jahren gab es erste ernsthafte und erfolgreiche Bemühungen zur Reduzierung der hohen Haushaltsbelastung durch die Vorhaltung von Verfügungswohnungen. So wurden die Gebühren für die Benutzung von Verfügungswohnungen gleich mehrfach angehoben. Als deutlich wirkungsvoller erwiesen sich jedoch die Bemühungen der Abt. 503, die anfallenden Benutzungsgebühren durch möglichst konsequente Ausschöpfung aller bestehenden Sozialleistungsansprüche der Bewohner wieder hereinzuholen und so den Kostendeckungsgrad zu verbessern. Letztlich führten diese Bemühungen jedoch nur zu einer Kostenverschiebung, nicht jedoch zu einer Verringerung der Anzahl an benötigten Verfügungswohnungen.

 

Ab 2008 nahmen sozialpädagogische Fachkräfte in der Abt. 503 ihre Arbeit auf mit der Zielsetzung

  • Bewohner von Verfügungswohnungen möglichst zum Umzug in normale Mietwohnungen zu motivieren (z.B. durch intensive Einzelfallbetreuung, das Projekt „2. Chance-Wohnungen“ usw.)
  • Durch präventive Aktivitäten das Entstehen neuer Obdachlosigkeit möglichst zu verhindern (z.B. durch Mietschulden-Beratung, durch Betreuung aller Fälle von Zwangsräumung, enge Vernetzung mit diversen städtischen Ämtern, Gewobau, EstW, Sonderfonds usw.)

 

Diese neue Schwerpunktsetzung erwies sich nicht nur als sehr arbeitsintensiv, sondern auch als sehr erfolgreich. So konnte in dem kurzen Zeitraum von Ende 2008 bis Ende 2011 die Anzahl der benötigten Verfügungswohnungen in Erlangen von 308 auf 261 verringert werden. Gleichzeitig sank die Anzahl der in Verfügungswohnungen untergebrachten Personen von 471 auf 312 Personen (insb. Familien mit Kindern konnten aus den Obdachlosenunterkünften herausgebracht werden).

Von Mitte 2012 bis Ende 2013 nahm die Gewobau die Sanierung und Modernisierung der Wohnquartiere in Bruck und Büchenbach in Angriff, wo sich auch ca. 230 unserer Verfügungswohnungen befanden. Dieses 15-Millionen-Projekt der Gewobau hat die Wohnverhältnisse und die sozialen Strukturen für alle Beteiligten grundlegend verbessert. Die ehemals stadtbekannten klassischen „Obdachlosenviertel“ existieren in dieser Form nicht mehr.

Diese etappenweise durchgeführte Sanierung hat unsere Abt. 503 – insb. die sozialpädagogischen Fachkräfte – bis aufs Äußerste gefordert, mussten doch die Bewohner der Verfügungswohnungen im Regelfall mindestens zweimal umziehen. Auf der anderen Seite konnten dabei so viele weitere Bewohner zum Umzug in normale Mietwohnungen bewegt werden, dass von ursprünglich 230 nur noch 98 Verfügungswohnungen im Sanierungsgebiet verblieben (deren Miete jedoch auch deutlich höher liegt als vor der Sanierung).

Gegenwärtig (Februar 2015) sind 248 Personen in unseren insgesamt 182 Verfügungswohnungen untergebracht. Dabei handelt es sich um die 98 Gewobau-Wohnungen im Sanierungsbereich, um 12 stadteigene Wohneinheiten, um 40 von Privat angemieteten Wohnungen sowie um 32 einfache Einzelzimmer im Gewobau-Anwesen Schenkstr.

Seit einiger Zeit zeichnet sich wieder ein Trend zu steigenden Fallzahlen ab (nach Entlassung aus Haft- oder Klinikaufenthalt, nach Familientrennung, nach Zwangsräumung, Unterbringung mittelloser älterer oder kranker Personen, von jungen Erwachsenen oder von Flüchtlingsfamilien usw.). Bei der stark reduzierten Zahl von Verfügungswohnungen sind wir als Obdachlosenbehörde längst an unsere Kapazitätsgrenzen gestoßen, so dass wir uns aktuell nur mit vermehrter Anmietung von privaten Mietwohnungen behelfen können (mit entsprechend hoher Kostenbelastung).

 

3. Änderungsbedarf in der Stammsatzung

In der Stammsatzung werden der Nutzungszweck der Verfügungswohnungen, die Einweisung sowie im Einzelnen die Rechte und Pflichten der Bewohner bei der Nutzung von Verfügungswohnungen geregelt.
Zum Geltungsbereich dieser Stammsatzung legte § 3 fest, dass diese Stammsatzung für alle, zum Zweck der Behebung von Wohnungsnotfällen von der Stadt gewidmeten Gebäude und Wohnungen Gültigkeit hat, die in einer Anlage namentlich aufgeführt sind – diese Anlage war gleichzeitig Bestandteil der Stammsatzung.

Nachdem bekanntermaßen das Verfahren zur förmlichen Änderung einer Satzung relativ schwerfällig und sehr zeitaufwendig ist (nach der Anmietung: Erstellung einer Vorlage zur Änderung der Stammsatzung, Begutachtung im Sozialbeirat, Sozial- und Gesundheitsausschuss und Haupt- und Finanzausschuss, sowie Beschlussfassung im Stadtrat sowie öffentliche Bekanntmachung der Satzungsänderung im städtischen Amtsblatt) hat sich diese Regelung als wenig praktikabel erwiesen. Die Obdachlosenbehörde muss grundsätzlich dem tagesaktuellen Bedarf entsprechend handeln und beim Auftreten von Obdachlosigkeit den betreffenden Personen unverzüglich einen Wohnraum zuweisen, notfalls auch einen tagesaktuell neu angemieteten Wohnraum – völlig unabhängig davon, ob dieser Wohnraum in der Anlage zur Stammsatzung aufgeführt ist oder wie viel Zeit eine Satzungsänderung zur namentlichen Aufführung dieses Wohnraums in die Anlage zur Stammsatzung benötigt.
Umgekehrt ist die Verwaltung auch verpflichtet, nicht mehr zur Vermeidung von Obdachlosigkeit benötigten Wohnraum aus dieser Zweckbindung als öffentliche Einrichtung wieder freizugeben und die Streichung dieses Wohnraums aus der Anlage zur Stammsatzung zu veranlassen.

Es dürfte einleuchten, dass dieses schwerfällige Erfordernis einer formalen Satzungsänderung, bevor ein Wohnraum den Status einer öffentlichen Einrichtung im Sinne der Artikel 21 der Gemeindeordnung erhält und dann auch für die Benutzung Gebühren nach der Gebührensatzung erhoben werden können, den Bedürfnissen einer flexiblen Praxis bei der Unterbringung von Obdachlosen und bei der Vermeidung von Obdachlosigkeit in keiner Weise entspricht.

Die Verwaltung schlägt deshalb vor, den § 3 der Stammsatzung („Die für die Behebung von Wohnungsnot gewidmeten Gebäude sind in der Anlage zu dieser Satzung aufgeführt. Diese Anlage bildet einen Bestandteil dieser Satzung.“) ersatzlos zu streichen. Aus dem gleichen Grund sollte auch die Anlage zur Satzung für die städtischen Verfügungswohnungen, in der bisher die Verfügungswohnungen namentlich aufgeführt wurden, ebenfalls gestrichen werden.

Den Status einer gewidmeten Einrichtung im Sinne des Art. 21 GO erhält, bzw. verliert die betreffende Wohnung ohnehin allein durch die zweckbestimmte Bereitstellung durch die Obdachlosenbehörde, bzw. durch Freigabe für eine anderweitige Verwendung. Die förmliche Aufnahme in - oder Herausnahme aus – der Anlage, bzw. der Stammsatzung ist dafür nicht erforderlich.

 

4. Änderungsbedarf bei der Gebührensatzung

Die Gebührensatzung wurde letztmals im Jahr 2001 in Zuge der Euroeinführung geändert. Seitdem konnte nicht nur die Anzahl der benötigen Verfügungswohnungen drastisch verringert werden. Durch die Sanierungsprojekte der Gewobau wurde auch der Qualitätsstandard des als Verfügungswohnung genutzten Wohnraumes deutlich verbessert und angehoben (insbesondere konnten die Quartiere mit niedrigstem Wohnstandard in den letzten Jahren komplett aufgelöst werden). Dies hatte selbstverständlich auch Auswirkungen auf den Kostenaufwand der Stadt zur Anmietung der Verfügungswohnungen, der in die Kalkulation der Gebührenhöhe einfließen muss. Es sind somit mehrere Gründe vorhanden, die eine Neugestaltung der Gebührenstruktur und der Gebührenhöhe zwingend erfordern.

Darüber hinaus schlägt die Verwaltung aber auch vor, den Text der Gebührensatzung insgesamt zu überarbeiten und neu zu fassen. Dabei sollen insbesondere auch textliche Veränderungen und Ergänzungen  eingebaut werden, die sich nach den Erfahrungen der Nachbarstädte bewährt haben und an manchen Stellen für eine größere Klarheit einzelner Satzungsbestimmungen sorgen.

In der Anlage 2 wird deshalb der Textvorschlag für eine neue, überarbeitete Gebührensatzung vorgestellt. Dem folgt in der Anlage 3 eine Synopse der Texte von alter Gebührensatzung und neu vorgeschlagener Gebührensatzung.

 

5. Zu den Änderungsvorschlägen im Einzelnen werden folgende Erläuterungen gegeben:

 

Zu § 1 (neu)

Lediglich redaktionelle Zusammenfassung der bisherigen Abs. 1 und 2

 

Zu § 2 (neu)

Redaktionelle Umformulierung der bisherigen §§ 3 und 4 (genauere Festlegung des Gebührenschuldners, sowie von Entstehen und Fälligkeit der Gebührenschuld)

 

Zu § 3 Abs. 1 (neu)

Ergänzung des Gebührenmaßstabes um die Wohnfläche

 

Zu § 3 Abs. 2 (neu)

Das bayerische Kommunalabgabengesetz (KAG) verlangt für die Gebührenkalkulation die Einhaltung des Kostendeckungsgrundsatzes, aber auch des Äquivalenzprinzips und des Übermaßverbotes. Die Gebührensätze werden deshalb nicht nur nach der Wohnungsgröße, sondern auch nach verschiedenen Wohnungskategorien je nach Art, und Ausstattung gestaffelt. Deshalb wird nach folgenden Wohnungskategorien und –Standards unterschieden:

A         normaler Standard nach energetischer Sanierung (darunter fallen derzeit die Anwesen                Max-Planck-Str. 38 - 40                                                                                                                Eggenreuther Weg 32 – 36                                                                                                              Marienstr. 21 – 25                                                                                                                           Bachfeldstr. 16/28                                                                                                                           Bayreither Str. 66/68)

B         Wohnungen mit einfacher Ausstattung, aber mit Zentralheizung, Aufzug, Balkon (darunter       fallen derzeit die Anwesen                                                                                                            Keltschstr. 1                                                                                                                                     Gerhard-Hauptmann-Str. 15)

C         Wohnungen mit einfacher Ausstattung, aber Ofenheizung, Toilette innerhalb der Wohnung   (darunter fallen derzeit die Anwesen                                                                                                Nägelsbachstr. 55                                                                                                                 Hartmannstr. 8)

D         Einfacher Wohnraum in Einzelzimmern mit sanitären Gemeinschaftseinrichtungen (darunter      fällt derzeit das Anwesen                                                                                                            Schenkstr. 166)

E         Unterbringung in einem Beherbergungsbetrieb

 

Die Kalkulation der jeweiligen Grund-, Heizungs- und Nebenkostengebühr orientiert sich bei den Kategorien A bis D an den tatsächlich von der Stadt an den jeweiligen Eigentümer zu entrichtenden Miet- und Mietnebenkosten dieser Wohnungen (Stand 2014). Die Kalkulation im Einzelnen ergibt sich aus dem als Anlage 4 angefügten Tabellenblatt.

Die Gebühr für die Kategorie E (Unterbringung in Beherbergungsbetrieben) orientiert sich an dem niedrigsten Preis, der nach einer aktuellen Marktabfrage (Februar 2015) in Erlangen für eine Unterbringung in Gasthöfen, Pensionen oder Hotels zu entrichten ist.

 

 

Zu § 3 Abs. 3 (neu)

Privater Stromverbrauch soll vom Nutzer jeweils selbst mit dem Versorgungsunternehmen abgerechnet werden. Dies gilt nicht, wenn die Wohnung nicht mit einem Stromzähler ausgestattet ist (dann sind die Stromkosten mit der Nebenkostengebühr abgegolten) oder bei Mehrfachbelegung einer Unterkunft (dann pauschale Stromgebühr von 10 € pro Person und Monat).

Zu § 3 Abs. 4 (neu)

In den Nachbarstädten Nürnberg und Fürth hat es sich bewährt, bei Blockierung einer nicht mehr benötigten Unterkunft mit der Möglichkeit eines angemessenen Verteuerungszuschlags den Druck zur zügigen Freimachung der nicht mehr benötigten Verfügungswohnung erhöhen zu können.

Die bisherige Anlage zur Gebührensatzung mit der namentlichen Auflistung der aktuell gebührenpflichtigen Unterkünfte, sowie der bisherige § 2 Abs. 3, der diese Anlage zum förmlichen Bestandteil der Gebührensatzung erklärte, sollten ersatzlos entfallen.

 

Zu § 4 (neu)

Inkrafttreten

 


Anlagen:        1. Satzung zur Änderung der Satzung für die städtischen Verfügungswohnungen (Anlage 1)

2. Gebührensatzung zur Satzung für die städtischen Verfügungswohnungen
(Anlage 2)

                        3. Synopse Gebührensatzung alt/neu (Anlage 3)
                        4. Gebührenkalkulation