Betreff
Semesterticket
Vorlage
OBM/002/2014
Aktenzeichen
OBM/CG001
Art
Mitteilung zur Kenntnis

Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.


Ausgangssituation

 

In Absprache zwischen Studierenden, Studentenwerk, der Friedrich-Alexander-Universität und der Technischen Hochschule Nürnberg sowie den im Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) organisierten Verkehrsunternehmen beruht das einzuführende Semesterticket-Modell auf zwei Komponenten: einem für alle Studierenden verpflichtenden Solidarbeitrag (dem sog. Sockelbetrag), der mit zeitlichen Einschränkungen zu Fahrten im gesamten VGN-Gebiet berechtigt, sowie einem fakultativ erwerbbaren Zusatzticket, mit dem zeitlich unbegrenzt im Gesamtraum des VGN gefahren werden kann (das sog. „Münchner Modell“).

 

Grundlage für die Preisgestaltung des Angebots waren die Daten der verbundweiten Fahrgasterhebung 2012 des VGN sowie folgende Prämissen:

 

1.    Der Tarifraum des VGN ist außergewöhnlich groß und zeichnet sich zudem durch seine Polyzentralität aus. Beide Faktoren wirken sich maßgeblich auf die Preisgestaltung aus. Nach den Verbundregeln des VGN dürfen außerdem keine Tarife eingeführt werden, die zu Mindereinnahmen bei den Verkehrsunternehmen führen würden, es sei denn, ein Dritter kommt für den Verlustausgleich der Verkehrsunternehmen auf. Das derzeitige Mobilitätsverhalten der rund 53.000 Studierenden in Nürnberg, Fürth und Erlangen wurde im Rahmen einer Verkehrserhebung untersucht. Das Ergebnis bildet die Basis für die Kalkulation des Semestertickets auf Grundlage der Nichtschlechterstellungsgarantie der Verkehrsunternehmen.

 

2.    Die meisten Semestertickets in Deutschland sind reine Solidarmodelle und keine sog. Sockelmodelle wie hier im Verbundgebiet (und in München), d.h. in den Verkehrsverbünden der anderen Bundesländer wird in der Regel ein Gesamtsolidarbeitrag von allen Studierenden erhoben. Vertragspartner der Verkehrsverbünde ist normalerweise die jeweilige verfasste rechtsfähige Studierendenschaft. Aufgrund der hochschulrechtlichen Rahmenbedingungen gibt es in Bayern keine demokratisch legitimierten Studierenden-Parlamente. Vertragspartner des VGN ist daher das Studentenwerk als Anstalt des öffentlichen Rechts (Art. 95 Abs. 4 Satz 2 BayHSchG).

 

3.    Nach Vorgabe des Studentenwerks muss die Höhe des Sockelbetrags unterhalb einer durch Gerichtsurteile definierten Zumutbarkeitsgrenze liegen. Andernfalls bestünde das Risiko einer erfolgreichen Klage, wenn Studierende, die nicht vom Semesterticket profitieren, sich gegen die verpflichtende Zahlung wehren möchten. Die Erfolgsaussichten können nicht abgeschätzt werden. Im ungünstigsten Fall müsste das Studentenwerk aber allen Studierenden, die geklagt haben bzw. dies nach einer entsprechenden – negativen – Gerichtsentscheidung noch tun könnten, den Beitrag zurückzahlen, obwohl diese in der Zwischenzeit die Möglichkeit hatten, das Semesterticket zu nutzen. Diese Situation stellt sich für alle bayerischen Hochschulstandorte gleich dar. Aus diesem Grund kann der VGN an Stelle eines reinen, für alle Studierenden verpflichtenden Solidarmodells nur ein Sockelmodell anbieten. Die Zumutbarkeitsgrenze liegt nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1999 in einem einzelnen Fall bei anteilig 1,62 % des monatlichen BAföG-Höchstsatzes. Der Preis für den Sockelbetrag darf demzufolge nicht mehr als 65,12 Euro betragen.

 

4.    Die preislichen Gestaltungsspielräume des Semestertickets werden durch die Limitierung des Sockelbetrags stark eingeschränkt. Deshalb hängt die wirtschaftliche Tragfähigkeit vor allem von der Kaufquote des fakultativen Zusatztickets ab. Diese lässt sich für die Hochschulstandorte in Nürnberg, Fürth und Erlangen mit einer gewissen Bandbreite nur abschätzen.

 

Angebot

 

Der notwendige, obligatorisch zu entrichtende Sockelbetrag liegt zum Einführungszeitpunkt im Wintersemester (WS) 2015/2016 bei 65 Euro für das gesamte Semester. Damit erhalten alle Studierenden ohne Altersbegrenzung eine Fahrtberechtigung von Montag bis Freitag in der Zeit von 19 Uhr bis 6 Uhr am Folgetag sowie samstags, sonntags und an Feiertagen durchgehend von 0 bis 24 Uhr. Der Preis für das Zusatzticket, das eine zeitlich unbegrenzte Nutzung beinhaltet, wird für das Wintersemester 2015/2016 bei 193 Euro angesetzt. Für den vollen Leistungsumfang im gesamten Studienhalbjahr liegt der Betrag damit bei 258 Euro.

 

Der VGN ging zunächst von einer angenommenen Kaufquote für das Zusatzticket von ca. 27 % aus. Vor dem Hintergrund dieser sehr zurückhaltenden Erwartungen des VGN und der deutlich größeren Erwartungen auf Seiten der Studierendenschaft und des Studentenwerks gehen die Kommunen davon aus, dass rund 37,7 % der ca. 53.000 Studierenden in Nürnberg, Fürth und Erlangen das Zusatzticket kaufen werden. Um einerseits den Einführungspreis für das Semesterticket zu garantieren, aber andererseits auch potentielle Verluste der Verkehrsbetriebe auszugleichen, falls weniger Studierende als erwartet das Zusatzticket erwerben, haben die Oberbürgermeister von Nürnberg, Fürth und Erlangen – vorbehaltlich der Zustimmung ihrer Entscheidungsgremien –erklärt, dass die Kommunen eine Ausfallbürgschaft für die Startphase zu übernehmen würden. Diese beträgt für das Wintersemester 2015/2016 nach Berechnungen des VGN 860.060 Euro, für das Sommersemester (SS) 2016 860.060 Euro zzgl. anteilig der jährlichen Tarifanpassung des VGN (Index). Gemessen an den Anteilen der Gebietskörperschaften an den Einnahmen, die der VGN im Jahr 2012 durch Studierende erzielte, liegt der Anteil der Stadt Erlangen bei 14,76 %, also insgesamt ca. 254.000 Euro. Dieser Anteil und der entsprechende Betrag können noch leicht variieren, da die Verhandlungen mit den Landkreisen noch nicht abgeschlossen sind.

 

Ergänzend dazu ist ein sog. Anreizmodell vorgesehen: Nach der Einführung im WS 2015/2016 wird im Frühjahr 2016 auf Basis der beiden Kaufquoten des WS 2015/2016 und des SS 2016 ein neuer Preis für die folgenden beiden Semester festgelegt. Sollten zwischen 37,7 % und 50 % der Studierenden das Zusatzticket gekauft haben, so fließt dies preismindernd in die Preiskalkulation des Semestertickets für die folgenden beiden Semester ein. Voraussetzung für das Funktionieren des Anreizmodells ist die jährliche Überprüfung der Kaufquoten. In die Preisfortentwicklung fließt außerdem die jährliche Anpassung der VGN-Tarife gemäß der Kostensteigerungen (VGN-Warenkorbindex) ein. Aufgrund des geringen Spielraums beim Sockelbetrag (Abhängigkeit vom BAföG-Höchstsatz) sind Veränderungen des Preises lediglich beim Zusatzticket wahrscheinlich.

 

Weiteres Vorgehen

 

Die Studierenden bereiten derzeit eine Urabstimmung vor, die zwischen dem 12. und dem 21. Januar 2015 durchgeführt werden soll. Die Modalitäten der Abstimmung (nötige Wahlbeteiligung, nötige Zustimmungsquote etc.) werden derzeit vom Studentenwerk in Abstimmung mit den Studierenden geklärt.

 


Anlagen: