Betreff
Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
hier: Stellenschaffungen beim Jugendamt
Vorlage
51/031/2014
Art
Mitteilung zur Kenntnis

Der Bericht der Verwaltung dient zur Kenntnis.


 

1. IST-Zustand

 

Die Zahlen der nach Bayern einreisenden unbegleiteten Minderjährigen sind massiv gestiegen. (2010-2013: jeweils 500 -700 Jugendliche/Jahr, im Oktober 2014 bereits über 3000 Personen). In Bayern gibt es derzeit insgesamt etwa 7000 Plätze in der stationären Jugendhilfe, die alle belegt sind. Für unbegleitete Minderjährige gibt es derzeit keine Aufnahmemöglichkeiten mehr. Es müs-sen umgehend in allen Kommunen und Landkreisen zusätzliche Unterbringungsplätze geschaffen werden.

 

2. Gesetzliche Regelung

 

Rechtsgrundlage für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ist das Kinderschutzübereinkommen der Vereinten Nationen (KSÜ) und das SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz). Beide stellen das Kind und sein Wohl unabhängig von der jeweiligen Nationalität in den Mittelpunkt. Danach ist es unbestritten, dass jeder unbegleitete Minderjährige grundsätzlich einen Hilfebedarf hat, der für jedes Kind/jeden Jugendlichen individuell festgestellt werden muss.

Aufgrund der Regelungen des SGB VIII haben Jugendliche, die unbegleitet als Minderjährige ein-gereist sind, auch mit Eintritt der Volljährigkeit weiterhin Anspruch auf eine Hilfe bei Vorliegen des entsprechenden Bedarfs (§ 41 SGB VIII).

Die Unterbringung in einer Sammelunterkunft ist nicht zulässig. Die Betreuungseinrichtungen müssen dem Standard von Jugendhilfeeinrichtungen entsprechen und brauchen eine Betriebser-laubnis (zuständig: Regierung für Mittelfranken).

 

3. Problem

 

Die Zunahme der unbegleiteten Minderjährigen hat dazu geführt, dass das Bayer. Sozialministeri-um das Verteilungsverfahren geändert hat. Mit Schreiben vom 25.09.2014 werden nun unbeglei-tete Minderjährige nach einem Schlüssel zur verpflichtenden Übernahme zugewiesen. Erlangen ist nach diesem Schlüssel für 28 Minderjährige zuständig. Steigt die Zahl der Einreisenden, steigt auch die Quote entsprechend. Die Aufnahme unbegleiteter Minderjährigen wird auf die Quote der erwachsenen Asylbewerber angerechnet.

 

 

Um die Versorgungsquote erfüllen zu können, müssen die Unterbringungsplätze jeweils im eigenen Zuständigkeitsbereich geschaffen werden. Derzeit fehlen in Erlangen diese Plätze, auch konnte bislang nur eine Pflegefamilie für diesen Personenkreis gewonnen werden.

Die Zuweisung ist verwaltungsrechtlich höchst problematisch, da SGB VIII und Asylrecht nicht aufeinander abgestimmt sind. Nach der Zuweisung besteht die Verpflichtung zum Handeln, aber es kann sein, dass die Zuständigkeit nach SGB VIII nicht gegeben ist. Ohne schuldhaftes Handeln kann es dadurch passieren, dass das Jugendamt entstandene Kosten nicht erstattet bekommt. Zu bedenken ist, dass es sich hier nicht nur um Lebenshaltungs- und Betreuungskosten handelt, sondern oft auch um Krankenhilfe, da diese Jugendlichen oft nicht versichert sind.

 

4. Lösungsansätze, Bedarf an Ressourcen und Unterstützung

 

Neben dem dringenden Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten sowie der Beschulung ist die Ein-leitung und Begleitung der Hilfe vom Jugendamt analog sonstigen Hilfen sicher zu stellen. Dies erfordert zusätzliche Personalressourcen. Die Mehrbelastung entsteht im Sozialdienst, in der Amtsvormundschaft und der Wirtschaftlichen Jugendhilfe. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es hier nicht nur um eine Fallmehrung geht. Vielmehr ist festzustellen, dass diese Fälle mit einem außergewöhnlichen Arbeitsaufwand verbunden sind. So geht es auch um die Überwindung von Sprach- und Kulturbarrieren; teilweise sind diese jungen Menschen schwer traumatisiert. Es geht nicht nur um die Unterbringung selbst, sondern es müssen im Rahmen der Fallarbeit neue Unter-bringungsmöglichkeiten mit den freien Trägern gesucht und gefunden werden. Allein dies bindet außergewöhnlich viele Zeitressourcen.

 

Notwendig sind deshalb:

 

Amtsvormundschaft              0,5 Vollzeitstellen

Sozialdienst                            1,0 Vollzeitstelle

Wirtschaftliche Jugendhilfe   0,5 Vollzeitstellen

 

Im Bereich der Amtsvormundschaft ist gesetzlich geregelt, dass eine Vollzeitkraft nicht mehr als  50 (reguläre) Vormundschaften führen darf. Hinsichtlich der unbegleiteten Flüchtlinge geht darüber hinaus z.B. das Landesjugendamt davon aus, dass höchstens 20 bis 30 Vormundschaften von einer Vollzeitkraft betreut werden können. Ausgehend von der Tatsache, dass in Erlangen eine begrenzte Zahl an Berufsbetreuern zu Verfügung steht, wird die Schaffung einer 0,5 Stelle notwendig ist.

 

Im Bereich des Sozialdienstes werden derzeit ca. 90 Heimunterbringungen betreut. Hierzu stehen 3 Vollzeitstellen zur Verfügung. Dies ergibt bei 28 neuen Fälle den Bedarf einer weiteren Vollzeit-stelle. Es sind dabei nicht nur der Wohnraum und die materielle Versorgung sicher zu stellen, sondern auch die soziale Eingliederung zu unterstützen, der Spracherwerb zu fördern, schulische bzw. berufliche Integration anzubieten und ggf. weitere Hilfebedarfe (Traumatisierungen, Kran-kenbehandlung u. ä.) abzudecken.

 

Im Bereich der Wirtschaftlichen Jugendhilfe ist der Personalbedarf eng an den der Sozialen Dienste gekoppelt. D.h., dass eine Fallmehrung beim ASD zu einer entsprechenden Mehrarbeit in der Wirtschaftlichen Jugendhilfe führt. Die 28 Fälle werden voraussichtlich Kosten i.H.v. 1.500.000,00 Euro verursachen. Nicht eingerechnet sind hierbei weitere Kosten für Krankenbehandlung oder Traumatherapien. Die genannte Summe kann fast vollständig im Rahmen der Kostenerstattung wieder eingenommen werden. Allerdings ist es so, dass für jeden betroffenen jungen Menschen ein anderer kostenerstattungspflichtiger Träger zuständig ist, der im Einzelfall bestimmt wird. Auch hier ist der Arbeitsaufwand wesentlich höher als bei einem „normalen“ Fall. In diesem Bereich wird eine halbe Stelle für notwendig erachtet.

Wie dringend notwendig diese Stellenschaffungen sind, ergibt sich auch aus der neuesten Prog-nose, die zwischenzeitlich schon von etwa 4000 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen im Jahr 2014 ausgeht. Dies würde einer Quote von 36 Personen entsprechen.

 


Anlagen: