Betreff
Sachstandsberichte des Sozialamts und der GGFA zur SGB II Umsetzung in der Stadt Erlangen
Vorlage
50/005/2014
Aktenzeichen
V/50/VOA T. 2249
Art
Beschlussvorlage

Der aktuelle Sachstandsbericht des Sozialamts und der GGFA zur SGB II Umsetzung in Erlangen wird zur Kenntnis genommen.


1.    Aktuelle Zahlenentwicklung

Bei der Anzahl der Personen- und Bedarfsgemeinschaften im SGB II Bezug in Erlangen setzte sich der, seit einiger Zeit konstante Trend zu einem leichten Anstieg weiter fort. Seit Ende des vergangenen Jahres ist damit die Anzahl der, auf Hartz IV-Leistungen angewiesenen Personen um ca. 150 angestiegen (ein Zuwachs um 3,3 % seit Dezember 2013).

 

Bei der Anzahl der SGB II beziehenden Arbeitslosen in Erlangen ist der Zuwachs im gleichen Zeitraum sogar etwa doppelt so hoch (+ 6,8 %). Diese Entwicklung beschränkt sich jedoch nur auf die Anzahl der Arbeitslosen im Rechtskreis SGB II – bei der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen insgesamt in Erlangen (einschließlich des Rechtskreises SGB III) war zwar ein deutlicher Anstieg zum Jahreswechsel, danach jedoch ein stetiger Rückgang zu beobachten.

 

2.    Entwicklungen bei den bereitstehenden Bundesmitteln

Bedingt durch den Regierungswechsel nach den Bundestagswahlen im vergangenen September ist derzeit der Bundeshaushalt 2014 noch nicht beschlossen. Bis zum Haushaltsbeschluss (voraussichtlich zur Jahresmitte) gelten somit die Regeln zur vorläufigen Haushaltsführung. Dies hat zwar keine Einschränkungen zur Folge für die Zahlungen an SGB II Leistungsberechtigte Bürgerinnen und Bürger (es handelt sich um gesetzliche Pflichtleistungen). Dagegen sind die sonstigen Kosten des Jobcenters (Verwaltungskosten und Eingliederungskosten) nach der Auslegung des Bundeshaushaltsrechts durch das BMAS keine gesetzlich verpflichtenden Leistungen (obwohl der Bund nach dem Gesetz zur Kostentragung verpflichtet ist). In der Folge wurden für den Zeitraum bis zur Verabschiedung des Bundeshaushalts sowohl bei den Verwaltungskosten, wie auch bei den Eingliederungsmitteln durch das BMAS lediglich ein Anteil von 45 % zur Bewirtschaftung freigegeben. Es ist absehbar, das im Laufe des Monats Juni dieses Limit – zumindest bei den Verwaltungskosten – ausgeschöpft sein wird. Die Stadt könnte deshalb im Laufe des Monats Juni in die Situation geraten, die fehlenden Bundesmittel zur Finanzierung des laufenden Jobcenter Betriebs vorfinanzieren zu müssen – es sei denn der Bund ist zu einer höheren Mittelfreigabe bereit oder der Bundeshaushalt 2014 wird schneller als geplant verabschiedet.

 

 

An dieser Situation ändert sich auch nichts dadurch, dass im Laufe des April 2014 die für heuer verfügbaren Bundesmittel geringfügig aufgestockt wurden. In der sog. Eingliederungsmittelverordnung des Bundes vom 09.12.2013 war festgelegt worden, dass – vorbehaltlich der Beschlussfassung des Bundeshaushalts 2014 – für das Jobcenter der Stadt Erlangen Verwaltungsmittel i.H.v. 2,811 Millionen Euro und Eingliederungsmittel i.H.v. 1,834 Millionen Euro bereit stehen (derzeit sind davon nur 45 % zur Bewirtschaftung freigegeben). Da in der neuen Koalitionsvereinbarung eine Anhebung dieser Bundesmittel für die Arbeit der Jobcenter, bzw. eine zusätzliche Freigabe von Haushaltsresten aus Vorjahren, angekündigt war teilte erfreulicherweise das BMAS mit Schreiben vom 07.04.2014 eine Anhebung der Bundesmittel für Jobcenter i.H.v. bundesweit 325 Millionen Euro mit. Diese zusätzlichen Bundesmittel stammen aus Haushaltsresten des Jahres 2012 und wurden etwa hälftig auf Verwaltungskosten und Eingliederungskosten aufgeteilt. Für das Jobcenter der Stadt Erlangen ergab sich dadurch eine Erhöhung der Verwaltungsmittel des Bundes um 115.789,- € und eine Erhöhung der Eingliederungsmittel des Bundes um 88.085,- € für das Haushaltsjahr 2014.

 

3.    Bundesmittel für Sprachkurse

Die berufsbezogene Sprachförderung für Menschen mit Migrationshintergrund im SGB II erfolgt im Wesentlichen über die ESF – BAMF – Sprachkurse. Wegen der intensiven Inanspruchnahme dieser Sprachkurse hatte das BAMF mit Schreiben vom 01.04.2014 mitgeteilt, dass die verfügbaren Bundesmittel für das laufende Jahr aufgebraucht seien und deshalb ab sofort keine neuen berufsbezogenen Sprachkurse mehr bewilligt werden könnten. Erfreulicherweise kam Anfang Mai die Nachricht aus Berlin, wonach das BMAS zusätzliche ESF Mittel i.H.v. rund 34 Millionen Euro für die Fortführung des Programms zur Finanzierung von Sprachkursen bis zum 31.12.2014 bereitgestellt hat.

 

4.    Aktuelle Gesetzgebungsvorhaben im Bereich des SGB II

·         Entwurf eines 8. Gesetzes zur Änderung des SGB II

Dieser Gesetzentwurf beinhaltet im Wesentlichen drei Änderungen:
Zum Einen wird die Befristung von Personalzuweisungen an gemeinsame Einrichtungen geändert (betrifft Erlangen nicht).
Zum Zweiten werden Erstattungsansprüche der Jobcenter z.B. gegen die Rentenversicherung neu geregelt, wenn das Jobcenter korrekt Leistungen ausgezahlt hatte, von der Rentenversicherung dann aber nachträglich rückwirkend eine Rentenzahlung bewilligt wurde. Die nach der bisherigen Rechtslage in Anspruch genommenen Erstattungsansprüche der Jobcenter gegenüber der Rentenversicherung hatte das Bundessozialgericht in einer Entscheidung vom Oktober 2012 für unwirksam erklärt, sodass es zu Doppelzahlungen in nicht unerheblichem Umfang gekommen war. Mit dieser Gesetzesänderung wird ein neuer, ausdrücklicher Erstattungsanspruch der Jobcenter neu geschaffen.
Zum Dritten werden durch diesen Gesetzesentwurf Ordnungswidrigkeiten und Straftatbestände in das SGB II eingefügt für den Fall der Verletzung von datenschutzrechtlichen Vorschriften durch Beschäftigte der Jobcenter. In diesen Fällen werden Beschäftigte des Jobcenters mit einer Geldbuße bis zu 300.000,- €, in Sonderfällen mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bedroht.

 

·           Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FQWE)

Im Rahmen eines umfangreichen Gesetzgebungsvorhabens aus dem Bundesgesundheitsministerium sind auch Regelungen zur Vereinfachung des Kranken- und Pflegeversicherungsschutzes für Bezieher von SGB II Leistungen vorgesehen. Inwieweit damit tatsächlich Verwaltungsvereinfachungen für die Jobcenter entstehen werden – insb. im Fall der Erhebung von Zusatzbeiträgen und der dann entstehenden Frage der Verpflichtung zur Wahrnehmung eines evtl. Sonderkündigungsrechts – bleibt abzuwarten. In ihrer Stellungnahme vom 18.02.2014 haben sich die kommunalen Spitzenverbände dazu relativ skeptisch geäußert. Ein in Kraft treten dieser neuen gesetzlichen Regelungen ist nicht vor 2016 geplant.

 

·           Entwurf eines Tarifautonomie-Stärkung-Gesetzes (Mindestlohngesetz)

Mit diesem 26-seitigen-Gesetzentwurf (den kommunalen Spitzenverbänden waren zur Stellungnahme gerade einmal drei Arbeitstage eingeräumt worden) soll die Einführung eines bundesweit einheitlichen Mindestlohnes von 8,50 € bewerkstelligt werden. Die nach Veröffentlichung einsetzende Diskussion über Ausnahmeregelungen zeigt, dass auch hier „der Teufel im Detail steckt“ (z.B. Umsetzung für die Taxifahrer und für die kommunal festgesetzten Taxitarife). Es bleibt daher abzuwarten, ob und in welchem Umfang die Einführung des Mindestlohns dazu beitragen kann, existenzsichernde Erwerbstätigkeit zu ermöglichen und damit vielleicht auch SGB II Transferleistungsempfänger aus dem Bezug herauszubringen. Nach der letzten, uns bekannten Fassung des Gesetzentwurfs sind Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn nicht nur für Praktikanten, Auszubildende und ehrenamtlich Tätige vorgesehen, sondern auch für den Zeitraum der ersten sechs Monate für Personen, die „unmittelbar vor Beginn der Beschäftigung Langzeitarbeitslos im Sinne des § 18 des dritten Buches Sozialgesetzbuch waren“. Bei dieser Regelung bliebe z.B. abzuwarten, ob zur Klärung des Geltungsbereichs des Mindestlohns das Jobcenter verpflichtet ist dem Arbeitgeber gegenüber Auskunft über den bisherigen Arbeitslosenstatus zu geben (trotz Sozialdatenschutz). Eine ernsthafte Diskussion hierüber wird sich aber wohl erst nach endgültiger Verabschiedung des § 22 Mindestlohngesetz ergeben.

§  Darüber hinaus gibt es seit einiger Zeit regelmäßig tagende Bund-Länder-Arbeitskreise, die an Vorschlägen für eine Verwaltungsvereinfachung des SGB II (sowohl im Leistungsbereich, wie auch im Eingliederungsbereich) arbeiten. Zwischenergebnisse hierzu werden jedoch nicht veröffentlicht. Gelegentlich in der Presse erscheinende Meldungen (z.B. einerseits: keine unterschiedliche Behandlung von jüngeren und älteren SGB II Beziehern im Bereich der Sanktionen, andererseits: für alle aber schärfere Sanktionen bei Terminversäumnissen) lassen jedoch befürchten, dass „kein großer Wurf“ zu erwarten sein dürfte.

 

5.    Zum Stand der Jahresabrechnungen mit dem Bund

·         Jahresabrechnungen 2010 und 2011

Wie in den letzten Sachstandsberichten mitgeteilt, besteht hier Streit zwischen der Stadt Erlangen und dem BMAS, ob die seinerzeitige Tätigkeit zweier Mitarbeiterinnen im Jobcenter wie in den Vorjahren spitz abgerechnet werden durfte oder bereits durch die Gemeinkostenpauschale abgedeckt sei (es geht hier um eine – nach unserer Auffassung nicht berechtigte – Rückforderung des Bundes i.H.v. ca. 52.000,- €). Um die Erfüllung dieser Forderung zu erzwingen hat der Bund mit Schreiben vom 13.12.2013 eine fällige Zahlung laufender Betriebskosten für das Jobcenter in Erlangen i.H.v. ca. 170.000,- € einbehalten. Gleichzeitig wurde mitgeteilt dass diese fälligen Betriebskosten aus dem Jahr 2013 sofort in vollem Umfang freigegeben würden, wenn die Stadt Erlangen bei der Rückforderung des Bundes in den Abrechnungen 2010 und 2011 nachgeben würde. Eine derartige Strafaktion des Bundes ist nach Auffassung der Verwaltung nach den geltenden Abrechnungsvorschriften nicht zulässig. Der Stadtrat hat deshalb in seiner Sitzung vom 10.04.2014 einstimmig die Erhebung einer Klage gegen diese „Sanktion“ beschlossen. Die entsprechende Klage wurde am 09.05.2014 beim zuständigen Landessozialgericht Bayern, Zweigstelle Schweinfurt, eingereicht.

 

·         Jahresabrechnung 2012

Die entsprechende Jahresabrechnung des Jobcenters für 2012 liegt dem Bund bereits seit längerer Zeit vor. Das BMAS befindet sich derzeit in der Prüfung – ein Prüfungsergebnis liegt noch nicht vor.

 

·         Jahresabrechnung 2013

Die Abrechnung des Jobcenters für das Jahr 2013 wurde zwischenzeitlich erstellt und an das BMAS zur Prüfung übersandt.

 

 

 

6.    Entwicklungen im Jobcenter Erlangen

Im Bereich der SGB II Leistungssachbearbeitung ist in den kommenden Monaten wieder einmal ein ernster personeller Engpass zu überbrücken (siehe hierzu auch die Vorlage zur heutigen SGA-Sitzung zur Änderung der Publikumsöffnungszeiten, 11/007/2014). Insgesamt 5 von 22 Leistungssachbearbeiterinnen und Leistungssachbearbeiter sind bereits, bzw. werden in Kürze aus dem Dienst ausscheiden (wegen Mutterschutz, Umsetzung in andere städtische Ämter oder wegen Gewaltandrohung von Kunden). Bisher konnte lediglich die Wiederbesetzung einer Stelle gesichert werden, eine externe Ausschreibung läuft zurzeit. Da selbst im Fall einer raschen Wiederbesetzung zeitaufwändige Einarbeitungsphasen für neue Mitarbeiter bestehen, müssen zumindest im nächsten halben Jahr sämtliche verfügbaren Kräfte in der Sachbearbeitung unmittelbar eingesetzt werden und andere Aufgaben zurückgestellt werden (z.B. Aufbau von internen Controlling- und Überprüfungsverfahren).

 


Anlagen:        1. Eckwerte

                        2. Mittelverbrauch

                        3. Sachstandsbericht GGFA