hier: Fraktionsantrag Grüne Liste Nr. 025/2014 vom 10.02.2014
Die Ausführungen der Verwaltung werden zur Kenntnis genommen. Der Fraktionsantrag Grüne Liste Nr. 025/2014 vom 10.02.2014 ist damit bearbeitet.
Mit dem Fraktionsantrag Nr. 025/2014 beantragte die Stadtratsfraktion
Grüne Liste den Erlass einer Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von
Wohnraum durch die Stadt Erlangen nach dem Muster eines beigefügten
Satzungsentwurfs (vermutlich Übernahme der aktuellen gültigen
Wohnraumzweckentfremdungssatzung der Stadt München). Nach Auffassung der
Antragsteller müsse der aktuell schwierigen Wohnungsmarktlage – insbesondere an
bezahlbaren Mietwohnungen – mit einem umfassenden Maßnahme Paket entgegengewirkt
werden. Eine der denkbaren Maßnahmen zur Entlastung des Wohnungsmarktes in Erlangen
sei ein solcher Erlass einer Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von
Wohnraum. Eine solche Satzung trage dazu bei, die Anzahl an leerstehenden
Wohnungen bzw. deren widerrechtliche anderweitigen Nutzung zu reduzieren und
somit diese dem Wohnungsmarkt wieder zur Verfügung zu stellen.
Fakt ist, dass der Wohnungsmarkt in Erlangen derzeit tatsächlich sehr
angespannt ist, obwohl nach dem letzten Wohnungsbericht in der Stadt Erlangen
in den letzten Jahren wesentlich mehr Neubauwohnungen entstanden sind, als z.B.
in den anderen Städten der Metropolregion. Neben den Mietpreissteigerungen hat
dazu sicherlich auch der rasante Anstieg der Studentenzahlen in Erlangen
wesentlich beigetragen. Speziell bei preisgünstigem Wohnraum hat sich die
Situation auch dadurch verschärft, dass in den letzten Jahren zahlreiche
Sozialwohnungen aus der Bindung gefallen sind (derzeit gibt es in Erlangen bei
insgesamt ca. 55.000 Wohnungen nur noch ca. 3.200 Sozialwohnungen). Die Stadt
hat versucht dem entgegenzuwirken, indem der Stadtrat auf Drängen des
Sozialamts im Jahr 2010 den Ankauf von Belegungsrechten beschlossen hat.
Dadurch können für den Zeitraum von 20 Jahren 600 freifinanzierte und
ökologisch sanierte Wohnungen aus dem Gewobau Bestand durch Kunden des
Sozialamtes belegt werden bei einer vertraglich gesicherten Deckelung der
Miethöhe auf max. der Höhe der jeweils geltenden Mietobergrenze. Diese 600 sog.
Belegrechtswohnungen konnten in den vergangenen 4 Jahren komplett mit Kunden des
Sozialamts belegt werden (ca. 150 Wohnungen pro Jahr), wobei die Anzahl der
freiwerdenden und für eine Neubelegung zur Verfügung stehenden Wohnungen
aufgrund der schwierigen Wohnungsmarktlage in letzter Zeit deutlich
zurückgegangen ist (wenn eine neue Wohnung schwer zu bekommen ist, scheut man
sich auch eher, eine bestehende Wohnung aufzugeben).
Bei öffentlich gefördertem Wohnraum (Sozialwohnungen) ist ein
Zweckentfremdungsverbot automatisch durch die bestehenden gesetzlichen
Vorschriften gesichert und die Nutzung von Sozialwohnungsraum für andere Zwecke
von einer ausdrücklichen Erlaubnis des Sozialamts (Wohnungsamt) abhängig. Der
vorliegende Fraktionsantrag zielt dagegen darauf ab, für den gesamten frei
finanzierten und privaten Wohnraum in Erlangen außerhalb des Sozialwohnungsbereichs
ein Verbot der Zweckentfremdung einzuführen und von der Erteilung einer
ausdrücklichen Genehmigung durch das Wohnungsamt abhängig zu machen. Aus dem
übergeordneten Interesse der Erhaltung von Wohnraum soll allen privaten Wohnungseigentümern
in Erlangen untersagt werden, bestehenden Wohnraum anderen Nutzungen ohne
ausdrückliche Erlaubnis des Wohnungsamtes zuzuführen. Darüber hinaus soll der
längerfristige Leerstand von Wohnraum verhindert werden, die Nutzungsänderung
von privaten Wohnraum soll versagt werden können, bzw. von der Bereitstellung
von Ersatzwohnraum abhängig gemacht werden oder von Ausgleichszahlung abhängig
gemacht werden.
Es liegt auf der Hand, dass ein derartiger Eingriff von den Eigentümern
privaten Wohnraums in Erlangen als Einschränkung ihrer Eigentumsrechte
empfunden wird, bzw. von der örtlichen Wirtschaft – besonders wohl von
freiberuflich tätigen Personen und Unternehmen – als Einschränkung ihrer
wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten empfunden werden könnte.
Darüber hinaus liegt ebenfalls auf der Hand, dass die Einführung einer
solchen Zweckentfremdungsverbotssatzung einen gewissen bürokratischen Aufwand
erfordert, der einen entsprechenden Einsatz an Personal- und Sachkosten
zwingend erfordert. Denn es sind nicht nur Genehmigungen oder Versagungen
auszusprechen, sondern auch sog. Negativatteste auszustellen,
Ausgleichsmaßnahmen oder Ausgleichszahlungen anzuordnen, es sind sog.
Negativatteste auszustellen, es sind entsprechende Außendienste zu organisieren
und es sind schließlich entsprechende Ordnungswidrigkeitsverfahren
durchzuführen und entsprechende Gerichtsverfahren zu begleiten, sowie die
entsprechenden Haushaltsmittel bereitzustellen.
Nach Auffassung der Verwaltung ist deshalb vor einer entsprechenden
Entscheidung über den Erlass einer Zweckentfremdungssatzung sorgsam zwischen
den notwendigen Eingriffen gegenüber privaten Wohnungseigentümern und
Gewerbetreibenden einerseits, dem erforderlichen Verwaltungsaufwand
andererseits, sowie dem möglichen Nutzen und der möglichen Entlastung für den
Wohnungsmarkt sorgsam abzuwägen. Das Wohnungsamt hat deshalb ausführliche
Erkundigungen eingezogen über
- den möglichen
Entlastungseffekt, den eine solche kommunale Wohnraumzweckentfremdungssatzung
für die Entlastung des örtlichen Wohnungsmarktes in Erlangen bewirken
könnte und
- die mögliche
Belastung für den städtischen Haushalt, die ein solcher Beschluss einer
kommunalen Zweckentfremdungssatzung zwangsläufig mit sich bringen würde.
Zur möglichen Entlastung für den Wohnungsmarkt in Erlangen wurden
ausführliche Erkundigungen bei dem Bauaufsichtsamt, dem Statistikamt und der
Wirtschaftsförderung eingeholt. Nach Einschätzung der Wirtschaftsförderung ist
derzeit keinerlei Bedarf und keinerlei Nachfrage nach einer Umnutzung von
Wohnraum in Gewerbenutzung festzustellen; denn es ist derzeit genügend
leerstehender Büroraum am Markt verfügbar. Im Bauaufsichtsamt ist bereits jetzt
jede Umnutzung von Wohnraum in gewerblicher Nutzung gesondert zu genehmigen –
es besteht darüber jedoch keine auswertbare Statistik. In Zusammenarbeit
zwischen Bauaufsichtsamt und Statistikamt wurden jedoch alle in Frage kommenden
Bauakten der letzten zwei Jahre 2012 und 2013 daraufhin überprüft. Im Ergebnis
lässt sich feststellen, dass lediglich folgende drei Fälle von Umnutzungen von
Wohnraum in diesen beiden Jahren stattgefunden haben:
- in einem Fall
wurden 10 Wohnungen zu Hotelzimmern umgewidmet
- in einem Fall
wurden 2 Wohnungen zu Büros umgenutzt, allerdings nur zeitlich begrenzt
- in einem Fall
wurde ein Wintergarten von 40 qm² für die Nutzung durch eine Kindertagesstätte
freigegeben.
Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass die real vorgenommenen
Umnutzungen von Wohnraum in Erlangen in den letzten beiden Jahren sich in einem
sehr bescheidenen Umfang bewegen. Aus derzeitiger Sicht würde die Einführung
einer Zweckentfremdungssatzung dementsprechend auch nur einen sehr geringen
Beitrag zur Entlastung des Wohnungsmarktes in Erlangen bringen können.
Zur Einschätzung des erforderlichen Aufwandes wurden nähere Erkundigungen
bei der Stadt München eingeholt (unseres Wissens die einzige Stadt in Bayern,
die eine derartige kommunale Zweckentfremdungssatzung praktiziert). In der
Stadtverwaltung München existiert hierzu eine eigene Abteilung mit ca. 25
Mitarbeitern, davon 8 Mitarbeiter im Außendienst. Die Aufgabenstellung dieser
Abteilung Wohnraumerhaltung beschäftigt sich ca. zu 2/3 mit den Aufgaben der
kommunalen Zweckentfremdungssatzung und zu ca. 1/3 mit der Aufgabe Vollzug von
kommunalen Erhaltungssatzungen. Mit dem Vollzug der Wohnraumzweckentfremdungssatzung
sind somit in München ca. 17 Mitarbeiter beschäftigt – umgerechnet auf die
Größenverhältnisse von Erlangen würde dies die Neuschaffung von ca. 1,5 bis 2
Planstellen bedeuten. Nach Auskunft der Kollegen aus München erfordert der
Vollzug der kommunalen Zweckentfremdungssatzung für privaten Wohnraum nicht nur
einen erheblichen Verwaltungsaufwand für Genehmigungen, Ablehnungen,
Negativatteste, Ersatzzahlungen und Anordnung von Ersatzwohnraum sondern auch
für die Überwachung dieser Anordnungen, für den Außendienst und für langwierige
Ordnungswidrigkeitsverfahren und Klageverfahren. Im Ergebnis ist somit ein
nicht unerheblicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand für den Vollzug einer
solchen kommunalen Zweckentfremdungssatzung unvermeidbar.
Bei Abwägung des potenziell möglichen Nutzens für die Entlastung des
örtlichen Wohnungsmarktes einerseits und des zwingend notwendigen, zusätzlichen
Verwaltungsaufwandes und Haushaltsaufwandes für den Vollzug einer kommunalen
Zweckentfremdungssatzung spricht sich die Verwaltung deshalb dafür aus, dem
vorliegenden Fraktionsantrag nicht zu folgen.
Anlagen: 1. Fraktionsantrag Grüne Liste Nr. 025/2014 vom 10.02.2014
2. Fraktionsantrag Grüne Liste Nr. 025/2014 vom 10.02.2014 Anlage