Betreff
Klärwerk Erlangen
- Energiewirtschaftlicher und wasserrechtlicher Ausbau 2030 -
Betr.: Zustimmung zum Vorentwurf "Neubau Energiezentrale" gem. Nr. 5.4 DA Bau
Vorlage
EBE-1/079/2014
Aktenzeichen
EBE
Art
Beschlussvorlage

Im Vollzug der DA Bau wird

1. dem aufgezeigten Vorentwurf zum Neubau einer Energiezentrale für das Klärwerk Erlangen gem. Nr. 5.4 DA Bau zugestimmt   und

2. der Entwässerungsbetrieb beauftragt, das Vorhaben mit der Entwurfsplanung fortzusetzen.


1.   Ergebnis/Wirkungen
(Welche Ergebnisse bzw. Wirkungen sollen erzielt werden?)

·            Umsetzung der energiepolitischen Zielvorgaben aus den Beschlüssen des Bau- und Werkausschusses vom 19.07.2011 und des Stadtrates vom 08.12.2011.

·            Fortsetzung des Beschlusses des Bau- und Werkausschusses vom 29.01.2013 mit der Zustimmung zum Vorentwurf der aufgezeigten Projektstruktur zur energiewirtschaftlichen und wasserrechtlichen Ausbaukonzeption bis 2030 für das Klärwerk Erlangen.

·           Neubau einer Energiezentrale mit Energiespeicherung und Sozial- und Sanitärräumen, sowie Schlammwasserteilstrombehandlung und Schlammentwässerung.

 

2.   Programme / Produkte / Leistungen / Auflagen
(Was soll getan werden, um die Ergebnisse bzw. Wirkungen zu erzielen?)

·            Energieeinsparung und schrittweise Erhöhung des Anteiles der Eigenstromerzeugung sowie der Energiespeicherung zur mittelfristigen Eigenstromdeckung des Klärwerks ohne Annahme externer Energieträger von derzeit rd. 50 % auf 100% und somit zum energieautarken Klärwerk bzw. zum PlusEnergie-Klärwerk und dadurch zu einer energieautarken Stadtentwässerung.

·           Dass die Energieeinsparung nicht zu Lasten der Abwasserreinigung erfolgt, ist hierbei oberster Grundsatz!

 

3.   Prozesse und Strukturen
(Wie sollen die Programme / Leistungsangebote erbracht werden?)

In Fortsetzung des Beschlusses des Bau- und Werkausschusses vom 29.01.2013 Energiewirtschaftlichen und wasserrechtlichen Ausbaukonzeption bis 2030“ hat der Entwässerungsbetrieb der Stadt Erlangen die Planungen zum Neubau einer Energiezentrale mit Energiespeicherung und Sozial- und Sanitärräumen, sowie Schlammwasserteilstrombehandlung und Schlammentwässerung in der Qualität eines Vorentwurfes erarbeiten lassen.

Für die Vorplanung wurden folgende Rahmenbedingungen definiert:

·            Räumliche Trennung von „Sozialräumen und Werkstätten“ und „KWK-Anlage mit Energieverteilung“ zur Sicherstellung der sozialen Qualität

·            Neubau ohne „Bauen im Bestand“, d.h. ohne Provisorien und Zuschläge

·            Erweiterbarkeit für die Schlammtrocknung

·            Ost-West-Ausrichtung der neuen Hochbauten (Photovoltaikanlagen)

 

Für die technische Umsetzung der Erneuerung der Kraft-Wärme-Kopplung wurden unter Berücksichtigung des übergeordneten Gesamtkonzeptes zum energiewirtschaftlichen Ausbau des Klärwerks Erlangen, der o. g. Rahmenbedingungen sowie der hierfür erforderlichen verfahrenstechnischen Einheiten verschiedene Varianten geprüft und im Ergebnis folgende Anlagenkomponenten ermittelt:

Maschinengebäude

·            KWK-Anlage (BHKW)

·            Energieverteilung

·            Stationäre Schlammentwässerung mit Schlammspeicherung

„Menschengebäude“ – kombiniertes Sozial- und Werkstattgebäude

·            Sanitäranlagen

·            Werkstätten (M | E | Schicht | Außenpflege)

·            Sozialräume

·            Zentrale Schaltwarte

·            Büros Meister

Energiespeicherung

·            2 Niederdruckgasbehälter

·            Gasmessraum mit Gastrocknung und Gasreinigung

Schlammwasserteilstrombehandlung

·            2 SBR-Reaktoren

·            1 Vorspeicher

 

Die Energiezentrale mit Kraft-Wärme-Kopplung und Energieverteilung bildet künftig über die Medien Faulgas, Erdgas, Strom, Wärme und Abgas den verfahrenstechnischen Knotenpunkt mit zentraler Bedeutung für die Anlagenstruktur des Klärwerks Erlangen. Die ökologisch, ökonomisch und technisch optimale Anordnung und Einbindung einer neuen Energiezentrale wird durch einen Neubau gewährleistet. Die Netzstrukturen der mit der Kraft-Wärme-Kopplung in Wechselwirkung stehenden Medien können hierbei, ihrer Priorität entsprechend, berücksichtigt werden. Gleichzeitig werden mit einem Neubau die Aufgabenstellungen aus der Energieverteilung sowie des Notstromkonzeptes „Ringeinspeisung“ abschließend gelöst. Mit der zentralen und kompakten Anordnung werden Übertragungsverluste bei der Energieverteilung auf ein Minimum reduziert.

Unter Berücksichtigung des Leistungsbedarfs im Netzersatzbetrieb in Höhe von rund 1.100 kW sowie der Anforderung ein Reserveaggregat für die Anlagenverfügbarkeit vorzuhalten, errechnet sich für einen angesetzten Faulgasanfall von 5.500 m³/d im 24h-Volllastbetrieb eine Anlagenkonzeption der KWK-Anlage mit 3 x 600 kWel. Der Anteil der Eigenstromerzeugung steigt damit von derzeit 51 % auf 78 % bezogen auf den aktuellen Jahresstromverbrauch. Für die vorgeschlagene Anlagenkonzeption beträgt die KWK-Zuschlagszahlung der BAFA nach derzeitigem Kenntnisstand mindestens 1,437 Mio. Euro.

 

Die bestehende Schlammentwässerung wurde im Jahr 1998 in Betrieb genommen. Die Entwässerungsanlage wurde in die bestehende Bausubstanz integriert. Die Bausubstanz wurde seinerzeit nicht saniert und entspricht dem energetischen Standard der Entstehungszeit aus dem Baujahr 1977/78. Die durchschnittliche Nutzungsdauer für maschinelle Schlammentwässerungen über Zentrifugen liegt gemäß Leitlinien zur Durchführung dynamischer Kostenvergleichsrechnungen der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) bei 10-14 Jahren. Der Abschreibungszeitraum ist damit überschritten.

Mit modernen Hochleistungszentrifugen ist aktuell ein spezifischer Stromverbrauch von 1,3 kWh/m³ erzielbar. Der Strombedarf für die Schlammentwässerung des Klärwerks Erlangen liegt mit neuen Hochleistungszentrifugen um 60 % bzw. 220.000 kWh/a niedriger als mit der bestehenden Anlagentechnik. Unter Berücksichtigung der Anforderungen aus der übergeordneten Projektstruktur ist der bestehende Standort der Schlammentwässerung nicht zu erhalten.

Aufgrund des Maschinenalters sowie des Zustandes der vorhandenen Bausubstanz wird vorgeschlagen, die Priorität für die Maßnahmen zur Erneuerung der stationären Schlammentwässerung von B auf A zu ändern. Die Rahmenbedingungen zur Anlagenkonzeption sehen die räumliche Trennung von „Sozialräumen und Werkstätten“ und „KWK-Anlage mit Energieverteilung“ zur Sicherstellung der sozialen Qualität vor. Es wird vorgeschlagen, die neue stationäre Schlammentwässerung in den Hochbau der Energiezentrale zu integrieren. Alle Anforderungen aus der übergeordneten Projektstruktur werden hierdurch erfüllt.

 

Die bestehenden Werkstätten des Klärwerks Erlangen sind im nördlichen Bereich in einem gemeinsamen Gebäude zusammen mit der stationären Schlammentwässerung angeordnet. Die vorhandene Bausubstanz stammt aus den Jahren 1977/78 und liegt, bedingt durch die Umstellung auf ein einstufiges, biologisches Reinigungsverfahren, rund 150 m vom Anlagenzentrum, der zentralen Leitwarte, entfernt. Die bestehenden Sozialräume sind im Maschinenhaus 1 angeordnet, wurden im Jahr 1956 errichtet und entsprechen nicht mehr den Anforderungen an die Arbeitsstättenrichtlinien. Weiterhin sind die vorhandenen Sanitäreinrichtungen veraltet.

Aufgrund der langen Wegezeiten zwischen Werkstätten, Zentraler Warte und Sozialräumen, der anstehenden energetischen Sanierungsarbeiten an der bestehenden Bausubstanz sowie im Hinblick auf die durch eine Verlegung der Werkstätten in das Anlagenzentrum entstehenden Erweiterungsflächen im Klärwerksgelände, ist der Neubau eines kombinierten Sozial- und Werkstättengebäudes mit zentraler Warte auch im Hinblick auf die zu erwartende Energie- und Betriebskostenreduzierung wirtschaftlich. Der Neubau eines Sozialgebäudes mit Werkstätten und zentraler Warte ist die konsequente Weiterführung des übergeordneten Anlagenkonzeptes und Übertragung in die genannten Arbeitsbereiche.

 

Die Faulgasspeicherung erfolgt im Klärwerk Erlangen derzeit in einem Niederdruckgasbehälter (Vgeo = 1.000 m³ | p = 30 mbar | Bj. 1997) sowie 3 Mitteldruckgasspeichern (Vgeo = 180 m³ | p = 8 bar | Bj. 1986). Der Abschreibungszeitraum der Mitteldruckgasbehälter (20a) ist bereits überschritten und wird für den Niederdruckgasbehälter im Jahr 2017 erreicht.

Im Klärwerk Erlangen schwankt der Faulgasanfall aktuell zwischen 3.200 m³/d und 7.000 m³/d. Mit der bereits installierten Überschussschlammdesintegration, der längeren Faulzeit nach Wiederinbetriebnahme des sanierten Faulbehälters 1 sowie der Inbetriebnahme der neuen mechanischen Reinigungsstufe (neues VKB | neuer PRS Abzug | Sandwäsche | Rechengutwäsche) ist eine Steigerung der Faulgasproduktion um rund 15-20% zu beobachten. Weiterhin wird, bezogen auf den Betrachtungsraum, eine Zunahme der mittleren Belastung des Klärwerks prognostiziert.

Die Speicherung von Faulgas (Regelenergie) wird in Zukunft als Primärenergiespeicher von zentraler Bedeutung für das Energiemanagement des Klärwerks Erlangen sein. Weiterhin trägt ein großer Faulgasspeicher, über den damit verbundenen stromschwankungsarmen Betrieb des Klärwerks zur Entlastung der öffentlichen Stromversorgungsnetze, bei. Die Faulgasspeicherung wird aus den vorgenannten Gründen neu, als Niederdruckgasspeicherung und unter Berücksichtigung des künftig zu erwartenden, maximalen Tagesfaulgasanfalls, für ein Gesamtspeichervolumen von 10.000 m³ (V = 2 x 5.000 m³) bemessen, was einer Volumensteigerung um 90% entspricht.

Für die Druckerhöhung an den Mitteldruckgasbehältern sowie der erforderlichen Druckerhöhung vor den Blockheizkraftwerken wird bisher ein Strombedarf in Höhe von 100.000 kWh/a ausgelöst. Durch die Umstellung auf Niederdruckspeicherung entfällt die Gasdruckerhöhung im Faulgassystem vollständig.

 

Im Nacheindicker der Schlammfaulung fällt ein Schlammwasserüberlauf an, der in den Zulauf zur Nitrifikation abgeleitet wird. Dass bei der maschinellen Schlammentwässerung anfallende Zentrat wird ebenfalls in den belüfteten Teil der Biologie abgeleitet. Die aus Schlammfaulung sowie Schlammentwässerung anfallenden Schlammwässer sind hoch mit Stickstoff und Phosphor belastet. Abwässer mit hoher Schmutzfracht und stabiler Zusammensetzung eigenen sich daher für eine getrennte Behandlung im Teilstrom. Mit der Teilstrombehandlung wird eine gezielte Regelung der Rückbelastung in den Hauptstrom, eine betriebswirtschaftlich günstigere Abwasserreinigung sowie ein wesentlicher Beitrag zur Prozessstabilität der Stickstoffelimination erzielt.

Für die Deammonifikation von Rückläufen aus der Schlammbehandlung werden sehr niedrige Energieverbrauchswerte von etwa 1-1,2 kWh/kgNeli erzielt. Im Wesentlichen ist dies durch die Einsparung von Belüftungsenergie begründet. Im Vergleich zur Stickstoffelimination im Hauptstrom ist der Energieverbrauch für die Elimination der Stickstofffracht aus dem Teilstrom der Schlammbehandlung bei Nutzung der Deammonifikation um etwa 35% niedriger als im Hauptstrom der biologischen Abwasserreinigung. Der Energieverbrauch der Gesamtanlage kann hierdurch um 5 % bzw. 400.000 kWh/a gesenkt werden.

Für die Schlammwasserteilstrombehandlung wird unverändert die Priorität A beibehalten. Für die technische Umsetzung einer Deammonifikationsanlage haben sich SBR-Reaktoren aus Stahlbeton bewährt. Aufgrund der gewählten Anordnung von Energiezentrale und Sozialräumen bietet sich für die Installation der Schlammwasserteilstrombehandlung die Fläche der bestehenden Gasspeicherung an.

 

Mit der Erneuerung der Biologischen Reinigungsstufe wurde der Planungsgrundsatz, alle Versorgungsleitungen und Kabel in begehbaren Installationsgängen anzuordnen, definiert und baulich umgesetzt. Mit dem Neubau des Faulbehälters 2 sowie der Mechanischen Reinigungsstufe wurde das Installationsgangsystem entsprechend erweitert.

Für die konsequente Weiterführung des bestehenden Installationsgangsystems wird für die Anbindung der geplanten Energiezentrale, des Sozialgebäudes, der Schlammwasserteilstrombehandlung sowie der Energiespeicherung ein Installationsgang geplant.

Zusätzlich wird bei den Neubaumaßnahmen eine Ergänzung der vorhandenen Betriebswege erforderlich und die neuen Baukörper werden über das geplante Installationsgangsystem an das bestehende Waschwassernetz angebunden.

 

Der Umgriff der vorgenannten Maßnahmen zum Neubau einer Energiezentrale für das Klärwerk Erlangen sowie die technischen Zusammenhänge werden im Bau- und Werkausschuss für den Entwässerungsbetrieb im Rahmen eines Sachvortrages als Präsentation vorgestellt!

 

4.   Ressourcen
(Welche Ressourcen sind zur Realisierung des Leistungsangebotes erforderlich?)

Die Kostenschätzung zur „Energiewirtschaftlichen und wasserrechtlichen Ausbaukonzeption bis 2030“, Beschlusses des Bau- und Werkausschusses vom 29.01.2013, ergab ein Kostenvolumen von rund 48,920 Mio. € brutto, einschl. Nebenkostenanteil.

Für die daraus nunmehr entwickelten und oben beschriebenen Maßnahmen betragen die voraussichtlichen Investitionskosten 18,640 Mio. € netto. Einschließlich 19 % Umsatzsteuer und 20 % Baunebenkosten werden die Gesamtherstellungskosten auf ca. 26,618 Mio. € geschätzt.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen sollen in den Jahren 2014 - 2019 durchgeführt werden. Das durchschnittliche Investitionsvolumen liegt somit bei ca. 5 Mio. €/Jahr und entspricht etwa dem der vergangenen 10 Jahre für den Neubau der einstufigen Biologie / Mechanik / Faulstufe / Zulaufanlagen / Installationsgang / Ablaufmessung und Verbesserung der Anlagenstruktur mit ca. 52 Mio. € bzw. ebenfalls ca.
5 Mio. €/Jahr.

 

Haushaltsmittel

             werden nicht benötigt

             sind vorhanden auf IvP-Nr.      

                        bzw. im Budget auf Kst/KTr/Sk   07009

                   sind nicht vorhanden

 


Anlagen:        Übersicht der energiewirtschaftlichen und wasserrechtlichen Maßnahmen bis 2030
                        mit den vorab beschriebenen Maßnahmen 2014 - 2019